Kooperation mit der Unfallversicherung

  • Online-Diskussion „Das neue SGB IX in der Praxis“
    Fragen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
    Vorbemerkung:
    Folgende Fragen beruhen auf den Gesprächen im Wahlfach „Kooperation bei Kausalität – BTHG“ in der Hochschule der gesetzlichen Unfallversicherung (HGU). Im Kurs wurden Probleme analysiert, die die UV-Träger bei der Umsetzung des neuen SGB IX beschäftigen. Da der Unterricht darauf ausgerichtet ist, Bewusstsein in der UV zu schaffen für mehr Kooperation, erwarten die Fragesteller Antworten, die dabei helfen, die weit verbreitete Auffassung zu relativieren, dass die Vorschriften des SGB IX zur Zusammenarbeit der Reha-Träger nicht für die UV-Träger gelte, weil sie ohnehin schon alles aus einer Hand leisten. Dennoch gibt es drei Fallkonstellationen, die im Wesentlichen einer Kooperation mit anderen Reha-Trägern bedürfen:

    • Kalte Abbrüche: Nach Beginn der Reha durch UV-Träger – kein Arbeitsunfall
    • Fremder Reha-Bedarf: Nicht mit dem Arbeitsunfall zusammen hängender Bedarf
    • Ko-Faktoren: Der Reha-Bedarf beeinflusst die Teilhabe nach Arbeitsunfällen.

    Fragen-Komplexe:
    Worauf müssen UV-Träger achten, wenn sie in der obigen Fallgestaltung 1. Maßnahmen zur Teilhabe abbrechen, etwa wenn schon eine EAP nach den Grundsätzen des SGB VII begonnen hat? Muss eine solche Leistung „mit allen geeigneten Mitteln“ weitergeführt werden und muss der übernehmende Reha-Träger nach den Honorar-Maßstäben der UV erstatten oder nur nach den Grundsätzen des „ausreichenden und zweckmäßigen“ Leistungsmaßstabs?
    Wenn die Gutachter den Teilhabe-Bedarf umfassend beschreiben und Empfehlungen liefern sollen, dann bedarf es eines darauf ausgerichteten Gutachtenauftrags. Wie sollen die Gutachter in den UV-Trägern, die keinen Gutachtendienst unterhalten, sondern sich Ärzten (meist Unfallchirurgen) in der Praxis (D-Ärzte) bedienen, angeleitet werden mittels für alle UV-Träger einheitliche Fragen zum fremden Teilhabe-Bedarf oder zu Ko-Faktoren (2./3.)?
    Welche Konsequenzen haben die Leistungsberechtigten, die in den Fällen 2./3. gegenüber dem UV-Träger die Einwilligung in das Weiterleiten des Teilhabe-Bedarfs verweigern? Ist dabei zu unterscheiden, ob die Berufsausübung von Unfallverletzten mit etwa einem Beinbruch ohne Behandlung eines Diabetes den Beruf im Verkauf (Stehen) gefährdet ist oder ob es sich bei dem Teilhabe-Bedarf um eine psychische Störung handelt, die unabhängig von der Behandlung der Verletzung die Motivation, wieder gesund und arbeitsfähig zu werden, berührt?
    Warum schalten andere Reha-Träger die UV-Träger fast nie ein, wenn es um Reha-Bedarf geht, sondern nur wenn der Verdacht auf einen UV-Leistungsfall besteht? Wieso werden die UV-Träger nicht einbezogen, wenn auf regionaler Ebene Netzwerk-Treffen gemäß dem SGB IX konzipiert werden? Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung sind geeignet, um die Kooperation mit den UV-Träger mehr in das Bewusstsein anderer Reha-Träger zu rücken?
    Dr. jur. Friedrich Mehrhoff (drmehrhoff@gmx.de)(0173 2792774)

  • Das sind sehr gute Fragen. Gerade unterschiedliche Vergütungssysteme für Gutachter und Leistungserbringer sind Barrieren für trägerübergreifende Bedarfsfeststellung und Leistung. Hierzu bedarf es Vereinbarungen zwischen den Rehabilitationsträgern und den Leistungserbringern, um Nahtlosigkeit zu sichern. Grundlage dafür ist § 26 Abs. 3 SGB IX, wonach die Rehabilitationsträger über den Inhalt ihrer Leistungserbringungsverträge gemeinsame Grundsätze und Rahmenvereinbarungen beschließen können. Davon wird noch zu wenig Gebrauch gemacht.
    Rückfrage: Kommt es häufig vor, dass Leistunsgberechtigte die Eiwnilliugung in die Weiterleitung verweigern? Oder wissen die Leistungsberechtigten zu wenig über diese Möglichkeiten?
    Kritische Anmerkung: Die offiziellen Sprecher von UV-Trägern erklären bei vielen Gelegenheiten, dass sie ein abgeschlossenes System sind, in dem alles funktioniert. Das könnte dazu beigetragen haben, dass auch anderen Trägern die Notwendigkeit nicht bewusst ist, die UV-Träger in Kooperationsstrukturen einzubinden.