Behinderungsgerechtes Arbeitsumfeld – wo endet die Pflicht des Arbeitgebers?

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    "In § 81 Absatz 4 Nr. 4 steht, dass auch das Arbeitsumfeld behinderungsgerecht eingerichtet werden muss. Wo endet (räumlich) meine entsprechende Pflicht als Arbeitgeber? Trifft mich als Arbeitgeber auch eine Verantwortung beim Arbeitsweg?"


    Diese Frage erreichte das Team im Vorfeld per E-Mail.

  • Als Arbeitgeber erstreckt sich Ihre Verpflichtung ausschließlich auf die Arbeitsstätte, d.h. man könnte es als Betriebsgelände umschreiben. Als "Arbeitsumfeld" gelten hierbei entsprechend Einrichtungen wie z.B. Pausenräume, Ankleideräume, sanitäre Anlagen, Wege, etc. die von dem / der Mitarbeiter/in mit Behinderung genutzt werden können. Es ist damit also das weitere Umfeld um den konkreten Arbeitsplatz dieser Person herum gemeint.
    bezüglich des Arbeitsweges kann der / die betroffene Mitarbeiter/in Leistungen zur Erreichung des Arbeitsplatzes beantragen.

    • Offizieller Beitrag

    Zum Thema "Arbeitsweg" und "Fürsorgepflichten" von Arbeitgebern gibt es auch einen Fachbeitrag. Im Beitrag Meier: Behindertengerechte Beschäftigung auch als Frage des Arbeitsweges (Beitrag B13-2015) diskutiert die Autorin das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamburg vom 15.04.2015 (5 Sa 107/12) zum Arbeitsplatzwechsel im Rahmen einer behinderungsgerechten Beschäftigung. Ihre Thesen: Die Versetzung an einen anderen Arbeitsort zähle zu den zumutbaren Arbeitgeberpflichten, wenn der Arbeitsweg zur aktuellen Arbeitsstelle für den schwerbehinderten Menschen aufgrund seiner Behinderung nachweisbar nicht mehr möglich ist. Die Ausweitung der behinderungsgerechten Beschäftigung gemäß § 81 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IX auf den Arbeitsort wäre dann angebracht.


    Wie schätzen die Diskussionsteilnehmer das ein?


    Kerstin Roth: Könnten Sie ausführen, bei welchen Reha-Trägern man die Leistungen zur Erreichung des Arbeitsplatzes beantragen sollte?

  • Guten Tag,


    einen sehr guten Überblick zu dieser Frage bietet eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 19.5.2010. Das Bundesarbeitsgericht spricht in diesem Zusammenhang übrigens immer vom "leidensgerechten Arbeitsplatz"für den er dann Sorge zu tragen hat, wenn es ihm organisatorisch und wirtschaftlich zumutbar ist; es dürfen wie in anderen Fällen auch, etwa bei der Teilzeitbeschäftigung, betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Es ist also immer eine konktrete Interessenabwägung vorzunehmen. Hier der Link zur Entscheidung


    http://juris.bundesarbeitsgeri…richt=bag&Art=en&nr=14591


    Grüße von Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Dr. Martin Theben
    http://www.dr-theben.de