Entwicklungen von zu leistenden Zuzahlungen an Sanitätshäuser / Qualität

  • Aufgrund einer Schwerbehinderung und damit in Zusammenhang stehenden Probleme und Erschwernisse, die sich auch finanziell auswirken - frage ich mich, wie der Entwicklung von Zuzahlungen an die Sanitätshäuser (zusätzlich zur Zuzahlung, die schon an die GKV geleistet werden muss) Einhalt geboten werden kann.


    Ich ärgere ich mich über die hohen und immer weiter steigenden Zuzahlungen sehr - nicht nur an bzw. für die Krankenkasse, sondern zusätzlich an das jeweilige Sanitätshaus - etwa bei Kompressionsstrumpfhosen, von denen ich 2 pro Jahr in Maßanfertigung benötige und ärtlicherseits verschrieben bekomme. Zusätzlich zur GKV-Zuzahlung (die über die 1% bzw. 2%-Regelung immerhin für Versicherte bzw. versicherte chronisch Kranke gedeckelt ist) muss ich unterschiedlich hohe (für mich persönlich sehr einschneidende) Beiträge an die jeweiligen Sanitätshäuser zahlen.


    Die Sanitätshäuser erheben die Zuzahlung, weil sie nach eigener Aussage sonst nichts wirtschaftlich arbeiten könnten. Nachfragen bei der GKV und Recherchen im Internet ergeben, dass die Sanitätshäuser hier leider eine Art Kartell gegründet aufrecht erhalten und es in meinem Umfeld kein Sanitätshaus gibt, dass keine gesonderte Zuzahlung erheben würde. Einzige Möglichkeit: die Versorgung in einer Apotheke bestellen. Damit habe ich jedoch schlechte Erfahrungen gemacht - hier scheint keine entsprechende Ausbildung/Erfahrung beim Abmessen der zu versorgenden Körperteile vorzuliegen.


    Zur Info: Aktuell beträgt die Zuzahlung in meinem Fall allein an das Sanitätsfachgeschäft beträgt 55 Euro pro Strumpfhose (im jeweiligen Sanitätshaus).


    Gibt es hier Entwicklungen, in dem Sinne, dass gegen die vermuteten Absprachen der Sanitätsfachhäuser untereinander vorgegangen wird?
    Und damit zusammehängend - wenn ich davon ausgehe, dass die Sanitätshäuser tatsächlich nicht wirtschaftlich arbeiten können - deren Leistungen seitens der GKV ausreichend bezahlt wird?

  • Eine parallele Problematik hat im Bereich der Hörgeräte schon lange die Rechtsprechung beschäftigt. Auch hier mussten (und müssen) viele Betroffene im Gesetz nicht vorgesehene "Zuzahlungen" leisten. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist insoweit eindeutig:


    - Anspruchsgegner der Versicherten ist die Krankenkasse. Sie hat sicherzutellen, dass der Leistungsanspruch ohne gesetzlich nicht vorgesehene Zuzahlungen sichergestellt werden kann.
    - Die Krankenkasse ist auch für die Realisierbarkeit des Anspruchs verantwortlich.


    Wettbewerbswidrige Absprachen von Leistungserbringern müssten von den Kartellbehörden unterbunden werden.
    Festbeträge und Vertragspreise der Krankenkassen müssen angemessen sein. Im Falle der Festbeträge sind die Verbände behinderter Menschen beratend zu beteiligen (§ 140f Abs. 4 SGB V). Die Krankenkassen haben den Sicherstellungsauftrag (§ 17 SGB I). Daher müssen sie sowohl eine bedarfsgerechte wie auch wirtschaftliche Versorgung sicherstellen.

  • Grundsätzlich müssen hier die Zuzahlungen und Eigenanteile der Versicherten von den sogenannten "wirtschaftlichen Aufzahlungen" unterschieden werden.


    Zuzahlungen: Hilfsmittel sind für den Versicherten in Form einer Sachleistung zur Verfügung zu stellen mit der eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung gewährleistet wird. Gemäß § 61 in Verbindung mit § 33 SGB V hat grundsätzlich jeder Versicherte, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, zu jedem Hilfsmittel eine Zuzahlung zu leisten. Hierbei ist zwischen zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln und nicht zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln zu unterscheiden. Grundlage für die Berechnung der Zuzahlung ist der von der Krankenkasse zu übernehmende Betrag, also der von der Kasse an den Leistungserbringer gezahlte Vertragspreis gemäß § 127 SGB V. Vertagspreis bedeutet, dass der Leistungserbringer als r den Vertrag mit der Krankenkasse abgeschlossen hat, dass er das Hilfsmittel mit allen Nebenleistungen (siehe unten), also die gesamte Versorgung so zur Verfügung stellen muss, dass der Versicherte keine "wirtschaftliche Aufzahlung" Leisten muss.
    Die Zuzahlung berechnet sich aus den Kosten für die gesamte Versorgung für das jeweilige Hilfsmittel, also unter Einbeziehung aller Kosten für Zubehör-, Zurüst- oder Zusatzteile sowie die Auslieferung, Anpassung oder Erprobung des Hilfsmittels. Preise für Hausbesuche und Wegegeld werden ebenfalls dem Preis für das Hilfsmittel zugeschlagen, da sie dazu dienen, das Hilfsmittel gebrauchsfertig zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch für Verbrauchsmaterialien, die im - ggf. vertraglich vereinbarten – Lieferumfang eines nicht zum Verbrauch bestimmten Basisproduktes enthalten sind und in einer Versorgung ausgeliefert werden. In diesem Fall wird für das Verbrauchsmaterial keine gesonderte Zuzahlung berechnet. Die Kosten werden der Grundleistung (dem Grundprodukt) zugeschlagen und die Zuzahlung gemäß den Regelungen für nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel berechnet. Diese gesetzliche Zuzahlung liegt - voreiligen wenigen Ausnahmen abgesehen - zwischen 5 Euro und maximal 10 Euro. Besondere Regelungen gibt es z.B. für paarweise Versorgungen (etwa bei orthopädischen Schuhen). Zuzahlungen sind also per Gesetz vorgeschrieben und dürfen nicht erlassen werden. Die Zahlung wird direkt an den Leistungserbringer (z.B. Sanitätshaus) gezahlt, dieser verrechnet diese Summe dann mit der Krankenkasse.


    Wirtschaftliche Aufzahlung: Grundsätzlich ist es der Krankenkasse nicht möglich und auch nicht erlaubt, zusätzliche Leistungen die über das Maß des Notwendigen hinausgehen zu übernehmen, denn gemäß § 12 Absatz 1 SGB V heißt es, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und sie das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. § 33 SGB V erlaubt aber dem Versicherten den Bezug eines höherwertigen Hilfsmittels bzw. zusätzlicher Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen (also nicht erforderlich wären, sogenannte Luxusversorgung), wenn er die Mehrkosten selbst trägt. Diese Zahlung wird direkt vom Versicherten an den Leistungserbringer geleistet und als ‚wirtschaftliche Aufzahlung‘ bezeichnet. wirtschaftliche Aufzahlungen sind also Zahlungen für Leistungen die der Versichert zusätzlich zur Hilfsmittelleistung (das was die Krankasse bis auf 5 - 10 Euro übernimmt) bestellt.


    Da vielen Menschen dieser Unterschied nicht bekannt ist, verlangen Leistungserbringer häufig nur eine zusätzliche Zahlung und bezeichnen diese insgesamt (also Zuzahlung und wirtschaftliche Aufzahlung) als "Zuzahlung". Es ist ja auch einfach für den Leistungserbringer, den schwarzen Peter auf die Krankenkassen zu schieben und dann zu behaupten, die Kasse würde das Hilfsmittel nur zum Teil erstatten. Oftmals werden aber gar keine zusätzlichen Leistungen vom Versicherten bestellt oder gewollt, sondern nur das "Kassenprodukt" abgegeben und auf diesem Weg der Gewinn für den Leistungserbringer angehoben. Sollte man Ihnen also solch eine "Zuzahlung" in Rechnung stellen, fragen Sie genau nach, wofür diese zu leisten ist. Fragen Sie sodann bei der Krankenkasse nach, ob dies eine gesetzliche Zuzahlung oder eine wirtschaftliche Aufzahlung ist. Denken Sie immer daran, die Krankenkasse muss Ihnen eine ausreichendes und zweckmäßiges Hilfsmittel mit allen notwendigen Eigenschaften und Funktionen zur Verfügung stellen. Wenn Sie nicht mehr verlangen, brauchen Sie auch keine zusätzlichen Zahlungen leisten.


    Ulrike, in Ihrem Beitrag führen Sie das Beispiel der Kompressionsstrumpfhose an. Diese muss Ihnen (wie die ärztliche Verordnung es auch vorsieht) als Maßprodukt aufzahlungsfrei (bis auf die o.g. gesetzliche Zuzahlung) vom Sanitätshaus zur Verfügung gestellt werden. Dazu hat sich das Sanitätshaus vertraglich mit der Krankenkasse verpflichtet. Wenn der ausgehandelte Betrag aber für das Sanitätshaus nicht kostendeckend ist, so darf man dies nicht auf Sie abwälzen, dass ist einzig und allein zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer zu klären. Ihr Anspruch besteht weiterhin auf ein vollständiges und funktionsfähiges Hilfsmittel und wenn erforderlich, auch in Maßanfertigung. Diese durch die Krankenkassen oftmals geduldete und von den Leistungserbringern durchgeführte Art der Quersubventionierung auf Kosten der Patienten ist nicht zu tolerieren, zerstört letztendlich das Solidaritätsprinzip der Krankenkasse und setzt nur eine Preisspirale in Gang, die allein zu lasten der Versicherten geht. Wie Herr Welti schon vollkommen korrekt angeführt hat, für Sie ist die Krankasse der Ansprechpartner. Weisen Sie das Sanitätshaus auf diesen Umstand hin. Wird weiter eine Aufzahlung über die gesetzliche Zuzahlung hinaus verlangt, informieren Sie ihre Krankenkasse und verlangen Sie eine aufzahlungsfreie Versorgung, wie sie gemäß § 33 SGB V vorgesehen ist.