Wie gut wird die Schwerbehindertenvertretung (SBV) inzwischen in „Corona-Krisenstäbe“ integriert?

    • Offizieller Beitrag

    In vielen Betrieben wurden Krisenstäbe oder -Ausschüsse eingerichtet, um Fragen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu besprechen. Im ersten Lockdown im Frühjahr wurden dabei die Schwerbehindertenvertretung (SBV) häufig nicht einbezogen. Wie sieht es derzeit aus?

    • Wurde ein Prozess installiert zur Beteiligung der SBV?
    • Nimmt die SBV teil an digitalen Austauschrunden zur Pandemie mit Geschäftsführung und Interessenvertretung?
    • Haben Betriebsrat bzw. Personalvertretungen die SBV im Blick?

    Dies ist eine Impulsfrage des Teams von Fragen - Meinungen - Antworten

    • wurde ein Prozess installiert zur Beteiligung der SBV? JA
    • Nimmt die SBV teil an digitalen Austauschrunden zur Pandemie mit Geschäftsführung und Interessenvertretung? Nein
    • Haben Betriebsrat bzw. Personalvertretungen die SBV im Blick? Ja, dies läuft reibungslos. Wir haben ein Jourfix-Termin, immer Montags, nachdem der Krisenstab Freitagsnachmittag getagt hat. Die bisherigen Info´s sind für die Arbeit der SBV ausreichend. Aufgrund der Lage hätte ich auch keine Kapazitäten frei, regelmäßig an den Treffen des Krisenstabes teilzunehmen.
    • Wurde ein Prozess installiert zur Beteiligung der SBV? -> NEIN
    • Nimmt die SBV teil an digitalen Austauschrunden zur Pandemie mit Geschäftsführung und Interessenvertretung? -> NEIN
    • Haben Betriebsrat bzw. Personalvertretungen die SBV im Blick? -> nur wenn von SBV reklamiert wird
    • Wurde ein Prozess installiert zur Beteiligung der SBV? -> NEIN
    • Nimmt die SBV teil an digitalen Austauschrunden zur Pandemie mit Geschäftsführung und Interessenvertretung? -> NEIN
    • Haben Betriebsrat bzw. Personalvertretungen die SBV im Blick? -> nur wenn von SBV reklamiert wird
    • So ist das auch in unserem Betrieb. Ein besonderes Augenmerk, auf unsere Behinderten Mitarbeiter, ist nicht vorhanden. Der Arbeitgeber versucht alles, um zu verhindern des bei einem Ausbruch von Corona, der Betrieb nicht geschlossen wird. Wenn Mitarbeiter in Quarantäne müssen, des trotzdem eine Produktion weiter aufrecht erhalten werden kann. Dieses muss nicht als verwerflich ansehen werden. Aber man sollte nicht versuchen der Industrie einen Heiligenschein aufzusetzen. Für mich macht man sich dann unglaubwürdig.
  • Wir führen seit Mai regelmäßige digitale SBV-Fortbildungen durch und dort wird regelmäßig von Problemen mit der Beteiligung der SBV an "Krisenstäben" berichtet. Das ist rechtlich und praktisch zu kritisieren und zu korrigieren.
    In schwierigen Lagen, so z.B. der jetzigen Corona-Pandemie, ist der Arbeitsschutzausschuss (ASA) als "runder Tisch des Arbeitsschutzes" sehr wichtig, denn hier können sich die Akteure der betrieblichen Gesundheitspolitik über die verschiedenen zu treffenden Maßnahmen und die Prioritäten austauschen. Zu diesen Akteuren gehört nach § 178 Abs. 4 SGB IX auch die SBV. Gerade die schwierige Frage der "Risikogruppen" (§ 4 Nr. 6 ArbSchG) kann nicht ohne die SBV geklärt werden.
    Der ASA tagt nach § 11 ASiG mindestens einmal im Quartal; das ist in der Pandemie zu wenig. Eine einfache Möglichkeit ist es, dass der ASA häufiger zusammentritt; man kann den "Krisenstab" auch als eine Art "Unterausschuss des ASA" organisieren, so dass die SBV ebenso jede Einladung erhält.
    Schnelligkeit darf nicht mit Hektik verwechselt werden; daher ist es unverzichtbar, den Sachverstand der SBV und der Interessenvertretungen einzubeziehen. Wenn dies bisher nicht der Fall war, sollte diese Frage spätestens in der nächsten regulären Sitzung des ASA erörtert werden. Außerdem ist die SBV nach § 178 Abs. 5 SGB IX an den Monatsgesprächen zwischen Arbeitgeber und BR/ PR nach §§ 74 BetrVG, 66 BPersVG zu beteiligen. Hier könnte das nächste Gespräch genutzt werden, um die Einbeziewhung der SBV zu verbessern.

  • Die SBV ist nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unverzüglich zu unterrichten und in allen Angelegenheiten vor dem Treffen eriner Entscheidung anzuhören, bevor der Arbeitgeber eine Entscheidung in einer Angelegenheit erwägt, die die Gruppe der schwerbhinderten Beschäftigten berührt. Da viele schwebehinderte Beschäftigte zu Risikogruppen im Sinne des RKI gehören, muss die SBV vor dem Aufstellen eines Hygienekonzepts betreiligt werden. Ist das unterblieben ist das eine Verletzung des Beteiligungsrechts und eine Ordnungswidrigkeit nach § 238 Abs. 1 Nr.8 SGB IX. Die Betreiligung muss nach § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX nachgeholt werden. Der Arbeitgeber ist auf der sicheren Seite, der kontinierlich die Vertrauensperson in die Entscheidungsprozesse einbindet.

  • Sehr geehrter Herr Düwell,
    Sehr geehrter Herr Kohte,
    ich möchte mich für ihre Beiträge bedanken. Seit 2018 (beginn Schwerbehindertentätigkeit) habe ich schon einige gute Beiträge von Ihnen gelesen.
    Als selbst Schwerbehinderter, macht es Mut, wenn solche bekannte Persönlichkeiten, sich für uns Schwerbehinderte einsetzen.
    Danke


    Bitte bedenken Sie aber des es ein Kampf (David gegen Goliath) ist.
    Wenn man mit 50-60 Jahren seine Arbeitsstelle verliert, bedeutet das den persönlichen Ruin, in der freien Wirtschaft.
    Gegen eine physische Belastung hilft auch kein Kündigungsschutz.
    Wenn man schon eine körperliche Einschränkung hat, benötigt man nicht noch eine physische zusätzlich.


    Gerne würde ich Sie bei einem Mail (welches im Januar geplant ist) als CC oder Bcc einmal anhängen,
    da dieses wahrscheinlich, ihrem beruflichen Interesse entsprechen würde.
    Wenn Sie Interesse daran haben, können Sie mir gerne eine Mailadresse zukommen lassen.

  • Weixel schreibt, dass der Arbeitgeber auf der "sicheren Seite" ist, wenn er die SBV nicht rechtzeitig beteiligt. Dieser Eindruck ist gut nachvollziehbar, weil die Rechtsdurchsetzung der SBV kompliziert geregelt ist. Trotzdem gibt es einige Beispiele. Ich hatte schon am 27. November auf das Recht der SBV nach § 178 Abs. 5 SGB IX hingewiesen, an den Monatsgesprächen zwischen BR/PR und dem Arbeitgeber teilzunehmen und sich so in diese Kommunikation einzuklinken.
    In einem intensiven Streitfall hatte eine nordhessische SBV im Weg der einstweiligen Verfügung durchgesetzt, dass sie an den Monatsgesprächen zu beteiligen ist - LAG Frankfurt 05.07.2012 - 9 TaBVGa 158/12. Solche Verfahren sind sehr zügig (bedürfen allerdings einer passenden rechtlichen Vertretung). Nicht selten reicht es schon, wenn mit Hinweis auf diese gerichtlichen Perspektiven das Recht geltend gemacht wird. Letztlich geht es darum - und da stimme ich Weixel zu -, dass die SBV beteiligt wird, bevor endgültige Ergebnisse fixiert sind.
    Dies ist nur ein Beispiel für eine kurzfristige Rechtsdurchsetzung. Effektiver ist es, wenn BR/PR dazu gewonnen werden, sich regelmäßig auf die Seite der SBV zu stellen.