PB und Budget für Arbeit

  • Spannende Frage, die ich hier nicht abschließend beantworten kann.
    Ich glaube aber, dass "ja" zu kurz greift.
    Denn das sog. "Budget für Arbeit" in § 61 SGB IX ist eigentlich gar kein "Budget", denn nicht der/die Leistungsberechtigte erhält das Geld (wie sonst beim Budget), sondern der Arbeitgeber erhält einen Lohnkostenzuschuss. Es ist eigentlich also genau das: Ein Lohnkostenzuschuss.
    Allerdings kann man sich aus meiner Sicht den Teil "erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz" budgetieren lassen. Die Kosten werden dann nicht von einem (externen) Leistungserbringer direkt mit der EGH abgerechnet, sondern der/die Arbeitnehmer(in) bezahlt mit dieser Summe (PB) einen Anleiter/Begleiter, den/sie er/sie selbst aussucht.
    Eine andere Frage ist - und die ist höchst umstritten - ob neben dem Budget für Arbeit noch ein Persönliches Budget der Werkstattleistung "Arbeit" möglich ist: Ob ich also die Summe, die die EGH einer WfbM für den Arbeitsbereich zahlt (für den F und B-Bereich, so es ihn gibt, ist es unstrittig möglich, weil soziale Teilhabe) auch selbst erhalten kann und ich mir mit dem Geld den Arbeitsbereich praktisch selbst organisieren kann. Problem sind hier immer die Rentenzahlungen... Aber das nur am Rande.

  • Das Budget für Arbeit ist zunächst eine Geldleistung (§ 105 SGB IX). Der entscheidende § 61 Abs. 1 S. 2 SGB IX lautet: „Das Budget für Arbeit umfasst einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz.”


    Es setzt sich also zusammen aus zwei Teilbudgets, nämlich:
    1. Geldleistung „an den Arbeiter” (= Lohnkostenzuschuss) und
    2. Geldleistung an die leistungsberechtigte Person (= Aufwendungen für Anleitung und Begleitung)


    Die 2. Geldleistung steht der leistungsberechtigten Person zu (§ 47 SGB I).


    Teil 2 der Geldleistung unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von Teil 1. Neben dem Unterschied, der darin liegt, dass Teilbudget 1 direkt an den Arbeitgeber gezahlt wird, liegt der wohl wichtigste Unterschied darin, dass Teil 2 nicht gedeckelt ist. Den § 61 Abs. 2 S. 2 SGB IX bezieht sich ausdrücklich nur auf den Lohnkostenzuschuss. Teil 2 unterscheidet sich damit durch folgenden Punkte von einem persönlichen Budget:


    1. Anders als das persönliches Budget, das durch § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX gedeckelt ist, gilt für das Teilbudget 2 keine Obergrenze. Sie ergibt sich nur aus der Begrenzung des Wunsch- und Wahlrechts aus § 104 Abs. 2 SGB IX (unverhältnismäßige Mehrkosten, aber nur dann, wenn der Bedarf duch eine Leistung, für die eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach § 125 SGB IX besteht, ebenso gedeckt werden kann, wie durch die gewünschte Leistung).


    2. Für das Budget für Arbeit ist eine Zielvereinbarung nicht erforderlich.


    Damit stellt sich die Frage, welchen Vorteil es haben kann, das Budget für Arbeit durch eine persönliches Budget zu ersetzen. Grundsätzlich kann eine Budget für Arbeit natürlich auch mit einem persönlichen Budget kombiniert werden - allerdings nur, wenn das persönliches Budget Bedarfe deckt, die das Budget für Arbeit nicht deckt.

  • Letzte Frage:
    Bei einem PB könnte man zB auch tageweise bei unterschiedlichen Arbeitgebern im Einsatz sein...



    Zum Lohnkostenzuchuss und der Geldleistung an die leistungsberechtige Person:
    Sie wissen natürlich, dass BaWü all das in seinen "Grundsätzen zum Förderprogramm" (Link war schon weiter oben) modifiziert hat:
    Zum einen den Lohnkostenzuschuss auf 70% begrenzt (bei befristeten Verträgen nur 60%). Im Gesetz steht hier ja nur "bis zu 75 %".
    Und auch in § 11 der Meinung ist: "Mit dem Lohnkostenzuschuss sollen sowohl die Leistungsminderung als auch die Aufwendungen des Arbeitgebers für die erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz abgegolten sein." (das ist eine eher sportliche Sichtweise).
    Zwar ist dann im Weiteren von einer "im Einzelfall" notwendigen externen personalen Unterstützung am Arbeitsplatz die Rede, aber: Die Kosten dafür "werden jeeoch bei der maximalen Gesamtförderung
    für das Budget für Areit durch den Träger der Eingliederungshilfe angerechnet". Und: "Die maximale Gesamtförderung für das Budget für Arbeit durch den Träger der EGH soll i.d.R. die individeull
    erforderlichen Kosten für den Arbeitsbereich der WfbM nicht übersteigen."
    Also: Jede Menge Einschränkungen und Rechenexempel.
    Natürlich kann man in BaWü nicht durch eine Vereinbarung KVJS/Träger der EGH das Gesetz ändern. Es hat es aber in einer Weise ausgelegt, die im Einzelfall doch viel Diskussionsstoff geben kann (über die Abgrenzung zum Landesförderprogramm "Arbeit inklusiv" hinaus, aber das ist eine andere Baustelle).

  • Tja - hier bin ich Rechtswissenschaftler, der sich leidenschaftlich dem Demokratieprinzip verpflichtet fühlt. Heißt: Wenn die Verwaltung sich ohne Ermächtigung anmaßt, Normen zu setzen oder Gesetze zu unterlaufen, ist es an der Zeit, die Gerichte anzurufen, um solchem Treiben ein Ende zu setzen.


    Ganz grundsätzlich ist mein Eindruck, dass es der Sache dienlich wäre, wenn alle Akteurinnen udn Akteure mehr ins Gesetz und weniger auf das Verwaltungshandeln schauen würden.

  • Klar. Aber das heißt nicht, dass der Verwaltung die Kompetenz zur eigenmächtigen Normsetzung zukäme. Natürlich ist es bequemer, sich mit rechtsfernen Tendenzen im Verwaltungshandeln zu arrangieren. Aber die Frage, ob man solche Tendenzen akzeptiert, ist nicht nur eine pragmatische Frage. Sie ist durchaus grundsätzlicher Natur. Es geht um nicht weniger als um die Frage, ob der demokratische Rechtsstaat nur für Privilgierte (wie zB Steuerbürger) oder für alle gilt.

  • Hallo Frau Ehrhardt,


    leider kann ich ihrer These aus ihrem letzten Beitrag nicht zustimmen - zumindest bezogen auf die EGH. 95% der Erstkontakte laufen dort weiterhin über die Leistungserbringer und um es mal platt runterzubrechen: Wenn ich beim "Asiaten" frage, was er mir zu essen empfiehlt, kommt selten Pizza dabei raus.
    Andererseits sind die Leistungsträger bei weitem noch nicht so aufgestellt (weder personell, noch inhaltlich), dass sie diesen Part übernehmen könnten - dies macht die EUTBs umso wichtiger (wenn diese nicht gerade ausgerechnet so unabhängig sind, dass das Personal direkt vom LE kommt...und selbst die eigenen Mitarbeiter des Trägers dankend eine Beratung durch die Ex-Kollegen ablehnen - habe ich auch schon so erlebt...).

  • Was für eine These?
    Die Menschen, die zu unserer EUTB kommen, kommen, weil Sie eine Leistung beantragen wollen. Oder eine haben, die nicht reicht. Oder eine haben, die sie gar nicht wollen. Von Leistungserbringern kommen sie nicht. Mit denen wir im Übrigen auch Null "verbandelt" sind. Ich weiß, dass das bei anderen EUTBs anders ist. Umso wichtiger ist es aus meiner Sicht die Unabhängigkeit der EUTBs von Leistungsträgern und Leistungserbringern zu stärken.

  • Hallo Frau Ehrhardt,


    ich bezog mich auf ihre Aussage:
    "Tja, es ist das Verwaltungshandeln, mit dem unsere Ratsuchenden zuerst in Kontakt kommen..."
    So wie sie es jetzt beschreiben, besteht kein Dissenz zwischen uns: Die meisten Menschen wenden sich erstmal an die bekannten Leistungserbringer vor Ort und der bietet halt an, was er hat - und dies in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, eben bevor eine Beratung durch die EUTB oder den Leistungsträger stattgefunden hat.
    Daher kommen auch die ganzen Anträge, wo nicht nur der Bedarf schon klar festgelegt ist (etwa besondere Wohnform), sondern auch schon ein Einzugsdatum benannt wird. Und leider ist es in sehr vielen Fällen so, dass man dem eigentlich nur folgen kann, weil es keinen anderweitigen Wohnplatz (ein Thema, dass ich anderweitig ja schon erwähnt hatte) gibt, an dem man eine ambulante Leistung - ob PB oder BW - durchführen könnte...

  • Ja, beim Wohnen mag das oft so sein. Wir in der EUTB beraten allerdings auch viele Menschen, die nicht in einer Wohnform wohnen, sondern zB allein oder zu Hause und nach mehr Möglichkeiten für soziale Teilhae suchen, um nicht immer zu Hause zu sitzen. Da gilt es, ersteinmal zu überlegen, was in welchem Umfang gewünscht ist und dann einen EGH-Antrag zu stellen.