Klient mit einer Behinderung aus dem Autismusspektrum hat deswegen einen FuBstatus

  • Ein Klient in unserer EUTB Beratung hat aufgrund seiner Behinderung ( Autismus) einen FUB status,d.h. er bekommt auch kein Budget für Arbeit und es greift auch nicht das andere Programm von BW.
    Er ist körperlich recht fit und ist auch recht selbstständig - fährt alleine mit dem ÖPNV und ähnliches - ist aber nicht, wie so häufig bei der Behinderung, nicht integrierbar in einer Werkstatt.
    Was schlagen sie vor, wie wir ihn weiter begleiten können, im Moment lebt er zu Hause und hat keinerlei Alltagsstruktur.


    Leider ist dieser "Fall" exemplarisch für viele Menschen aus dem Autismusspektrum.

  • Das ist ja die Konstellation, die hier schon dargestellt wurde: FuB als PB.
    Plätze suchen, wo er (begleitet) sein kann (also Tagesstruktur selbst organisieren), Begleitung übers PB bezahlen. Dieses Konzept dem EHG-Träger vorlegen.
    Wenn die "Plätze" auch einen Bezug zu Arbeit haben (zB eine Cafe, wo er mithilft ohne den Druck der "wirtschaftlich verwertbaren Arbeit" oder ein landwirtschaftlicher Betrieb, wo er erst mal "sein kann" und mit rumwerkeln) kann er sich ggf. doch auch in Richtung Arbeitsbereich entwickeln. Dann könnte man beim Budget für Arbeit schauen, wie viel Anleitung man finanzieren kann und ob das für ihn reicht. Idealerweise an einem der "Plätze", die man jetzt findet, wenn einer der AG sagt: "Mensch, der schafft doch hier richtig mit. Den kann ich mir auch als "normalen" AN (übers Budget für Arbeit) vorstellen. Die Arbeitsleistung ist nicht wie bei anderen (deshalb dann ja die Förderung), aber er ist für den Betrieb inzwischen wichtig und nicht nur "dabei"". Evtl. muss man dann noch die Klippe "nicht absolvierter BBB" umschiffen, aber da gibt es auch Ausnahmen bzw. Konstruktionen, die das ersetzen.

  • danke für die Antwort, nur ist damit meine Frage nicht ganz beantwortet.
    Der Klient ist in der FuB aufgrund seines Autismus, d.h. er kann nicht in der Werkstatt arbeiten - im BBB war er und war auch in der Paulinenpflege die ihm dann den FuB Status verliehen hat. Er könnte aber wunderbar, nach Gespräch mit einer Mitarbeiterin seiner BBB in einem Bereich arbeiten, wo er alleine mit strukturgebenden Maßnahmen - auch Jobcoach - arbeiten könnte.
    Mit dem PB bekommt er keinen Lohn - ich würde ihn gerne wiede aus dem FuB status raus haben damit er ein Budget für Arbeit bekommen kann und somit sein Arbeitgeber ihm Lohn bezahlt.
    Das ist leider immer wieder ein Thema, dass Menschen mit Behinderungen aus dem Autismusspektrum überall raus fallen.

  • Der Begriff "nicht integrierbar in einer Werkstatt" klingt wie ein grosses Kompliment. welch eine Glück nicht für ein Taschengeld und ohne Arbeitnehmeransprüche tagtäglich sinnlosen Beschäftigungen nachgehen zu müssen. Die Kritik der Betroffen an den Werkstätten sollte man auch hier ernst nehmen!

  • Hier kennt man viele Menschen aus dem Autismus Spektrum, die zufrieden und erfüllt und oftmals sehr erfolgreich MINT Fächern studieren, in der Physik und Mathematik und Informatik tummeln sich massenhaft Menschen mit AS/S.

  • Liebe Frau Schade,
    liebe vorangegangene Diskussionsteilnehmerinnen,



    hier kann und soll natürlich keine konkrete Einzelberatung stattfinden, aber ich wollte das Thema noch mal aus einer ganz anderen Perspektive ergänzen, die noch nicht sehr bekannt ist und zu dem von Ihnen genannten Beispiel ganz gut passen könnte und auf jeden Fall eine Betrachtung wert ist, wenn es um die Diskussion WfbM-Status vs. FuB-Status geht... :|


    Ihrer Schilderung entnehme ich, dass der Klient in Baden-Württemberg lebt? Es gibt in Baden-Württemberg die Möglichkeit, für Menschen nach Abschluss des BBB oder auch im Arbeitsbereich der WfbM durch die Aufnahme in den sogenannten "Werkstatt-Transfer" nach Möglichkeit einen Wechsel in die FuB zu verhindern - oder ggf. auch wieder aus dieser zurück in den Arbeitsbereich zu wechseln. Der Name ist vielleicht etwas eigentümlich, eigentlich handelt es sich dabei um den ganz regulären Arbeitsbereich, wenn einige Aspekte und Vorrausetzungen für einen besonderen Mehrbedarf gegeben sind.


    Der Werkstatt-Transfer ist auch im neuen Landesrahmenvertrag für das SGB IX aufgenommen und hat als Ziel den "Erhalt der Leistungs- und Erwerbsfähigkeit solcher Leistungsberechtigten, die aufgrund ihrer besonderen individuellen Beeinträchtigungen (noch) nicht bzw. nicht mehr mit den vorhandenen Ressourcen im Arbeitsbereich der WfbM ... gefördert werden können". Ein "Abrutschen" in die FuB bzw. den FuB-Status soll dadurch wenn möglich verhindert werden.


    Diese Leistung ist also für Menschen gedacht, die wegen "besonderen Beeinträchtigungen zur Sicherung ihrer Teilhabe am Arbeitsleben (in der WfbM) zusätzliche Leistungen benötigen", dazu kann im Einzelfall auch ein Mehrbedarf an Kommunikation oder Anleitung gehören. Vom Status und Inhalt der Leistung entspricht der "Werkstatt-Transfer" dem Arbeitsbereich.

  • ...um genau zu sein, handelt es sich dabei nicht zwingend um Gruppen: der zu Grunde liegende Gedanke ist es, diesen Personenkreis in den regulären Gruppen des Arbeitsbereichs zu betreuen und dabei ihren Mehrbedarfen gerecht zu werden, ohne weitere Subgruppierungen innerhalb der Beschäftigten des Arbeitsbereichs zu begründen. In der Praxis werden wohl aber auch Gruppen innerhalb des Arbeitsbereichs gebildet.


    Und zu der Frage, ob es dieses Angbeot in jeder WfbM in Baden-Würtemberg gibt: Die Möglichkeit zu diesem Angebot gibt es in jeder WfbM hier, Voraussetzung ist, dass dieses Angebot in die entsprechende Leistungsvereinbarung zwischen Leistungserbringer und Leistungsträger aufgenommen und dort geregelt wird... :)

  • Hmm,
    also in Hessen gibt es siet mehr als 20 Jahren die sog. Fördergruppen. Da die Finanzierung auch dort via Metzler läuft, stellt sich die Frage, was so ein Angebot mit meist stärker beeinträchtigten Personen bringen soll. Klar bringt eine höhere Refinanzierung mehr Personal, aber decken die denn offen gesagt ab, all die Bedarfe ab, die durch das Setting entstehen? Die Frage richtet sich insbesondere an Fr. Süßmilch.

  • Hallo Süßmilch,
    ihre letzte Antwort überschnitt sich mit meinem Beitrag. Ich sehe für Menschen aus dem AS-Spektrum eigentlich keinerlei Mehrbedarf, sondern nur einen anderen Bedarf, wenn ich personenorientiert vorgehe. Der "Mehrbedarf" ist m.E. rein institutioneller Natur - in der Realität ist der Zug hinsichtlich einer Werkstattgruppe mit 10 Personen mit "Intelligenzminderung", 2er mit "Sozialisationschäden", 5 mit körperlichen Beeinträchtigung und dem "Rest", welcher Art auch immer, schon lange abgefahren.
    Kurz Diversifizierung ist ein alter Hut und begründet keinen "Mehrbedarf", sondern steht im Stammbuch der Werkstattträger seit mind. 25 Jahren....

  • Hmm,
    also in Hessen gibt es siet mehr als 20 Jahren die sog. Fördergruppen. Da die Finanzierung auch dort via Metzler läuft, stellt sich die Frage, was so ein Angebot mit meist stärker beeinträchtigten Personen bringen soll. Klar bringt eine höhere Refinanzierung mehr Personal, aber decken die denn offen gesagt ab, all die Bedarfe ab, die durch das Setting entstehen? Die Frage richtet sich insbesondere an Fr. Süßmilch.

    ...das kann ich leider nicht mit Sicherheit beantworten, ob in der Praxis tatsächlich alle Bedarfe gedeckt werden. Für die Personen im Werkstatt-Transfer gehe ich mal davon aus.


    Aber klar, nicht in jedem Fall werden dadurch alle Bedarfe innerhalb des Arbeitsbereichs gedeckt: denn der Werkstatt-Transfer hebelt ja nicht die Anforderung aus, dass ein MIndestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Tätigkeit erbracht werden muss, es ist ja ganz normaler Arbeitsbereich. Und dadurch gibt es natürlich weiterhin auch Personen, die dem FuB zugeordnet werden.


    Vielleicht hilft die Erläuterung zur Entstehung dieses Angebots: Es wurde u.a. deswegen vereinbart, weil sich das Verhältnis zwischen Beschäftigten im Arbeitsbereich der WfbM und Teilnehmenden in den FuB immer weiter verschoben hat: Prozentual nahm die Zahl der Besucher von FuB gegenüber den Beschäftigten im Arbeitsbereich immer weiter zu, die Schere ging hier sozusagen auseinander. 2005 waren noch rd. 80% Beschäftigte in der Werkstatt und 20 % FuB-Besucher, in 2018 waren es "nur noch" 73% Werkstattbeschäftigte und entsprechend mehr FuB-Besucher.
    Daher wollte man Möglichkeiten schaffen, diejenigen Personen, die eigentlich in der Lage sind, dieses geforderte Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeit zu erbingen, aber dennoch aufgrund ihres höheren Bedarfs an Assistenz- und Unterstützungleistungen in die FuB wechseln mussten, im Arbeitsbereich zu halten oder den Wechsel in den Arbeitsbereich zu ermöglichen.
    Der klare Plus-Punkt für den Werkstatt-Transfer ist für mich, dass damit der WfbM-Status erhalten bleibt mit allen Rechten und Pflichten: Werkstattlohn, Sozialversicherung, Rentenanspruch, .... - und klar, wir müssen an dieser Stelle nicht darüber streiten, dass die Höhe des Werkstattlohns kritikwürdig ist.



    Gegenfrage: Welchen Status haben denn die Beschäftigten in den Fördergruppen in Hessen? Sind sie formal Beschäftigte im Arbeitsbereich mit Anspruch auf Werkstattlohn etc. oder Teilnehmende im Förder- und Betreuungsbereich?

  • Das Problem, das hier diskutiert wird, wirft ein Schlaglicht auf ein grundlegendes Problem des § 219 Abs. 2 SGB IX. Danach gelten Menschen u.a. dann nicht als „werkstattfähig”, wie die Praxis das gerne übersetzt, wenn „das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft nicht zulassen”. Diese Formulierung zeigt - und so wird es in der Praxis ja auch gehandhabt -, dass die sog. „Werkstattfähigkeit” zu Unrecht als Eigenschaft einer Person verstanden wird. Eigentlich geht es nicht um eine Eigenschaft der Person, sondern um die Passung von leistungsberechtigter Person und WfbM. Die „Werkstattfähgkeit” ist also – wenn man überhaupt von Fähigkeit sprechen sollte – ebenso eine Fähigkeit der Werkstatt, einem Menschen mit einer bestimmten Behinderung ein passendes Angebot zu machen, wie eine Fähigkeit der Person, in einer bestimmten WfbM mitzuarbeiten.



    Nun unterliegen die Rehabilitationsträger dem Sicherstellungsauftrag aus § 17 SGB I (der wegen § 37 Satz 2 SGB I vorrangig, auch im Verhältnis zum SGB IX, zu beachten ist). Sie sind also dafür verantwortlich, allen leistungsberechtigten Personen, die mit einer wie auch immer gestalteten Hilfe „ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen” können, ein für sie passendes Werkstattangebot zu machen. Wenn man § 219 SGB IX im Licht von § 17 SGB I auslegt (und das muss man), muss die Werkstatt sich den Bedarfen aller Leistungsberechtigten mit einer Mindestleistungsfähgkeit anpassen.



    Daher ist es gut, dass es nun die Anderen Anbieter gibt (§ 60 SGB IX), die leichter als eine WfbM mit einer Mindestgröße spezifische Bedarfe decken können. Zwar sind die Träger der Eingliederungshilfe grundsätzlich wohl nicht verpflichtet, auch die Möglichkeit, Leistungen bei Anderen Anbietern in Anspruch zu nehmen, sicherzustellen (§ 60 Abs. 3 SGB IX). Aber das entbindet sie nicht von ihrem allgemeinen Sicherstellungsauftrag in Bezug auf Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Wenn die Gruppe, für die ein Angebot fehlt, nur klein ist, können sie daher ihren Sicherstellungsauftrag durch die Schaffung Anderer Anbieter (Abschluss von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen) erfüllen. Insofern besteht auch in Bezug auf Andere Anbieter ein Sicherstellungsauftrag, was durch den Vorrang der Geltung von § 17 SGB I aus § 37 Satz 2 SGB I unterstrichen wird.



    Ein Fall wie der oben beschriebene ist jedenfalls stets ein Fall, der auf unzureichende Erfüllung des Sicherstellungsauftrages hinweist.

  • ..ja, wie das manchmal so ist: Ich kann Ihnen beiden nur zustimmen, Herr Rosenow und Frau Ehrhardt: Das ist eine ist die Theorie oder der Leistungsanspruch, das andere deren Umsetzung in der Praxis.


    Und in der Praxis erlebe ich bisher die Anderen Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX gerade in Bezug auf die Deckung spezifischer, ggf. höherer Bedarfe noch nicht als große Hilfe. Diese Anbieter haben ja auch anders als die WfbM nicht die Verpflichtung zur Aufnahme von Menschen, die dem Grunde nach Anspruch auf die Werkstattbeschäftigung haben; so dass - zumindest ist dies mein Eindruck - Menschen mit besonderen, höheren Bedarfen nach wie vor eher in den Werkstätten aufgenommen werden als bei Anderen Leistungsanbietern. Aber wenn es da andere Erfahrungen oder Beispiele geben sollte, von denen Sie berichten können, würde mich das interessieren! :)

  • Nein, ich habe keine anderen Erfahrungen.
    Wobei die Erfahrungen mit den insgesamt ja sehr wenigen anderen Leistungsanbietern insgesamt noch nicht so aussagekräftig sein können.
    Aber das war ja auch die Kritik von Anfang an: Dass diese sich die "Rosinen" rauspicken. Ich fürchte, diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen.
    Menschen mit höherem Hilfebedarf sind ja ohnehin nicht gerade die "attraktive" Zielgruppe, auf die sich alle stürzen. Was natürlich mit Teilhabe und gleichen Chancen für alle wenig zu tun hat...

  • Hallo Frau Ehrhardt,


    ja, die Gefahr des Rosinen-pickens sehe ich da auch - allerdings sind da die Leistungsträger auch in der Verpflichtung dies zu unterbinden, denn die erstellen ja die entsprechenden Leistungsvereinbarungen (da könnte bei Platzzahlzusagen durchaus reinschrieben, dass mind. 50% der Plätze mit Leistungsberechtigten mit einem Unterstützungsbedarf von über X - ob das jetzt Metzler oder sonstwas ist, ist egal - zu belegen sind...).
    Grundsätzlich finde ich die Idee mit den anderen Leistungsanbietern sympathisch, gerade weil es dort eben keine Deckelung auf eine Mindesplatzzahl gibt (bei uns 120 - was ja dann ein entsprechend großes Einzugsgebiet bedeutet - außer in Städten - und somit eine sozialräumliche Ausgestaltung eher erschwert..). Andererseits haben wir in unserem Bundesland m.W.n. noch gar keinen anderen Leistunsanbieter.
    Dafür haben wir in meinem lokalen Arbeitsbereich etwas, dass ich gerne als "virtuelle Werkstatt" bezeichne. Dort gibt es gar keine Werkstattplätze, sondern die Klienten arbeiten ausschließlich auf Außenarbeitsplätzen, machen Praktika und werden auf BiB-Plätzen betreut. Vor Ort haben die wirklich nur Schulungsräume, könnte genausogut eine VHS sein... Klar haben die dort eine Limitierung nach "unten", insb. wenn Pflege ein Thema ist, andererseits nehmen die sich auch Klienten an, die Aufgrund "ihres" Verhaltens in der WfbM anecken (als ich das letzte Mal dort war, ging es um einen Leistungsberechtigten, der mal aufgrund von Verhaltensspecials nach dem BBB in die Tagesförderstätte sollte - 6 Jahre später hat er nun, nach diversen Praktika und Bib-Plätzen eine - befristete - 30-Stunden Stelle auf dem regulären Arbeitsmarkt, die nach Mindestlohn bezahlt wird...). Interessant an dem Konstrukt der virtuellen Werkstatt ist, dass diese eigentlich nur eine ganz normale Außenstelle einer regulären Werkstatt ist - nur dass man hier einfach ncht eine neue Werkstatt genaut oder eine alte erweitert hat, sondern mal die seit Jahren vorhandenen Möglichkeiten genutzt hat, um sich kreativer aufzustellen (klar kocht man dort auch nur mit Wasser und genau beziffern kann ich es auch nicht, aber dort liegt man bei der Vermittlungsquote auf den Arbeitdsmarkt deutlich über den gemeinhin kolpoltierten 1-3% einer normalen Werkstatt... - und aufgrund des eher modularen Angebots, könnte man dies Leistung auch über ein PB refinanzieren, was bei der "All-exclusive"-WfbM eher schwierig ist...).

  • Lieber Herr Rosenow, Ihre Gedanken kann man sicherlich 1:1 dem EGH-Träger in einem Kurzvortrag darlegen, ist damit aber in der Praxis für den Ratsuchenden - es ging ja um eine EUTB-Frage - keinen Schritt weiter.

    Liebe Frau Ehrhardt,
    ich verstehe, dass es für Beraterinnen und Berater unbequem ist, die Diskrepanzen zwischen Rechtslage und Rechtswirklichkeit auszuhalten. Es ist einfacher, das Recht einen guten Mann sein zu lassen und mit dem Strom zu schwimmen. Aber wenn gerade die EUTBs nicht den Finger in die Wunde legen - wer sollte es dann tun? Oder plädieren Sie dafür, die Gesetzesbindung der Verwaltung kurzerhand aufzugeben und der Verwaltung die Macht zur eigenständigen Normsetzung einzuräumen? Das mag ironisch klingen, aber das ist es gar nicht. In der Rechtswissenschaft gibt es durchaus Stimmen, die der Auffassung sind, die Verwaltung, jedenfalls die Sozialverwaltung, sollte möglichst viel dürfen und möglichst wenig müssen. Ich halte das für falsch, weil es meinem Verständnis vom demokratischen Rechtsstaat nicht entspricht und weil ich glaube, dass es für alle von hohem Wert ist, wenn erstens das Prinzip der Gesetzesbindung hochgehalten wird und zweitens viel getan wird, um Exklusion entgegenzuwirken - wenigstens so viel, wie das SGB verlangt. Exklusion ist nicht (nur) ein Problem der Exkludierten, sie ist auch ein Problem der Exkludierenden.


    Ich denke, die Praktikerinnen und Praktiker der Beratung müssen sich entscheiden, wo sie stehen. Wollen sie rechtsferne Praktiken der Sozialverwaltung und der Leistungserbringer akzeptieren und damit mittragen? Oder wollen sie ihren Klientinnen und Klienten die Chance geben, Rechte durchzusetzen, die die Verwaltung oder eine Leistungserbringer verweigert?

  • Puh, welch schwarz-weiß-Denken in Ihren letzten Sätzen.
    Es gibt dazwischen viele Möglichkeiten, viel zu erreichen und Ratsuchende/Antragsteller wirksam zu unterstützen.
    Wo ich stehe, ist übrigens klar: Auf der Seite der Ratsuchenen und allein ihren Wünschen verpflichtet.
    Und wenn ich nicht weiter komme, dann weise ich auf die Möglichkeiten, sich rechtlich beraten zu lassen, hin und ggf. einen Prozess zu führen.
    Das ist aber für über 95% der Menschen, die zu uns kommen, keine Option.
    Und trotzdem wollen sie voran kommen.
    Wir nutzen ALLE Möglichkeiten, die wir haben, dass sie das auch schaffen.
    Klappt übrigens häufiger als sich vielleicht ein Anwalt vorrstellen kann, zu dem nur die strittigen Fälle kommen.