EV/BBB in betrieblicher Form als PB

  • Hallo,
    EV/BBB können ja mittels PB auch außerhalb von WfbM durchgeführt werden. Die Budgetnehmer/in muss m.W. nachweisen, dass die gemäß HEGA Fachkonzept vorgesehenen Inhalte dann auch erbracht werden....
    Die Obergrenze ist der Kostensatz der WfbM. Durch diese Vorgaben wird aber ja der Personenkreis ausgeschlossen, der in einem teilstationären Setting noch mit einem Personalschlüssel von 1:6 eine berufliche Bildung im Gruppenverband erfahren kann, aber in einem betrieblichen Kontext eine intensivere Begleitung bräuchte...
    Gibt es Ideen, wie man einen solchen erhöhten Begleitungsbedarf sicherstellen kann?
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    Anm. d. Red.:
    EV = Eingangsverfahren
    BBB = Berufsbildungsbereich
    HEGA = Handlungsempfehlung und Geschäftsanweisung
    (PB = Persönliches Budget; WfbM = Werkstatt für behinderte Menschen)

  • Nein, die Obergrenze für ein Persönliches Budget der Sachleistung nach § 57 SGB IX KANN NUR der Kostensatz einer WfbM (welcher?) sein, wenn gleichzeitig auch sechs Personen an einem Ort mit den gleichen Inhalten qualifiziert werden wollen und den gleichen Hilfebedarf hätten. "Persönliche Budgets werden ... so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann." § 29 (2) 6 SGB IX
    Die Höhe des Persönlichen Budgets soll die Kosten nicht übersteigen, wenn es vermeidbar ist und wenn die Leistung vergleichbar ist. Das ist sie aber nur vom Ziel und nicht von der inhaltlichen Ausgestaltung her, wenn die Person mehr als 1/6 der Unterstützungszeit benötigt.
    Individualleistungen sind - wie Maßanzüge - teurer, haben aber in aller Regel die höhere (Teilhabe)Qualität und führen eher zu dauerhafter betrieblichen Teilhabe am Arbeitsleben, zwar nicht unbedingt zu einem Budget für Arbeit oder zu einem regulären sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnis, weil behinderungsbedingte Leistungseinschränkungen auch bleiben, aber sie führen in aller Regel zu einer dauerhaften betrieblichen Teilhabe am Arbeitsleben - und sind damit Öffnungen zu inklusive Arbeit.


    Wenn es sich mit dem zuständigen Rehabilitationsträger nicht einvernehmlich regeln lässt, kann man es nur auf dem Rechtsweg klären. Diese Wege müssen gebahnt werden, wenn Selbstbestimmung und Teilhabe wirklich die Ziele des SGB IX sein sollen. Diese Wege sind zeitaufwend und mühsam, erleichtern allerdings den Zugang für die nachfolgenden Personen.

  • Hier ist ein grundlegendes Problem angesprochen, das aus der Finanzierung nach Pauschalen und der einrichtungsinternen Querfinanzierung resultiert. Das Problem ist nicht, dass ein pB wie ein „Maßanzug” wäre und daher teurer. Das Problem ist, dass eine Leistung, die - sagen wir - für 50 Personen konzipert ist, i.d.R. so finanziert wird, dass für alle 50 derselbe Betrag gezahlt wird. Das basiert aber keineswegs auf der Annahme, dass alle 50 denselben Bedarf hätten oder dass die Deckung des Bedarfs jedes einzelnen gleich viel kosten würde. Vielmehr soll die Einrichtung überdurchschnittliche Bedarfe durch unterdurchschnittliche Bedarfe querfinanzieren (Rechtsgrundlage früher § 76 Abs. 2 S. 3 SGB XII a.F., jetzt § 125 Abs. 3 S. 3 SGB IX). Wenn man § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX so versteht, dass der für alle gleiche Pauschalsatz die Obergrenze des pB ist, führt das zwingend dazu, dass knapp die Hälfe der Leistungsberechtigten vom pB ausgeschlossen ist. Das ist eine einfache Rechenaufgabe. Doch ebenso einfach sollte zu erkennen sein, dass dieses Ergebnis mit dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG irgendwie nicht zusammenpasst. Daher muss man zunächst überlegen, ob und ggf. wie § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX verfassungskonform ausgelegt werden kann. Ein Möglichkeit wäre vielleicht, die echten Kosten der Bedarfsdeckung im Sachleistungsprinzip heranzuziehen. Das hieße: Die einrichtungsinterne Querfinanzierung wäre wieder herauszurechnen. Das ist natürlich nicht so einfach. Aber darf es an dieser Schwierigkeit scheitern? Kann es richtig sein, Menschen mit Bedarfen, die zufällig über dem Durchschnitt einer x-beliebigen Gruppe mit vergleichbhbarem Bedarf (§ 125 Abs. 2 S. 2 SGB IX) liegen, systematsich vom pB auszuschließen? Oder muss kommt man schließlich zum Ergebnis, dass § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX verfassungswdirg ist, weil die Vorschrift eklatant gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und auch nicht durch eine kunstvolle Auslegung gerettet werden kann? Ich habe dazu bislang keine feste Meinung. Aber ich bin überzeugt, dass es nicht richtig (rechtswidrig) ist, bestimmte Personen vom pB auszuschließen, weil ihr Bedarf zufällig in der oberen Hälfte der Bedarfe einer Gruppe mit vergleichbaren Bedarfen nach § 125 Abs. 3 S. 3 SGB IX liegt.

  • Danke für die Anregungen... Mal ins Blaue weitergedacht: Der Bedarf ist ja von der BA festgestellt: Er entspricht den Leistungen im EV/BBB einer WfbM. Diese hat den Auftrag, auch "Berufsbildung praxisnah", wie es im HEGA Fachkonzept heißt, zu realisieren... Somit ist ja der Ball bei der WfbM - sofern es hier noch 5 andere TN gibt, die einen deutlich geringeren Begleitungsbedarf haben, kann die betriebliche Begleitung realisiert werden... Wollen alle 6 die betriebliche Berufsbildung, braucht es ein neues Leistungsangebot (Betrieblicher BBB) ..
    Im Einzelfall konkret festzustellen, es gibt hier einen höheren Bedarf kann man ja nur, sofern es dann auch einen konkreten dauerhaften Beschäftigungsplatz gäbe, da sich dort der zusätzliche Bedarf einschätzen ließe - denn der Unterstützungsbedarf hängt ja auch vom konkreten Arbeitsplatz ab - das wiederum widerspricht dem BBB Ziel, verschiedene Tätigkeitsbereiche zu durchlaufen...
    Zudem heißt es im HEGA Fachkonzept: Von besonderer Bedeutung ist jedoch die Durchführung von Teilen des Berufsbildungsbereichs in Betrieben und Dienststellen des allgemeinen Arbeitsmarktes für diejenigen, die Interesse zeigen und bei denen eine weitgehende Übereinstimmung von Anforderungen des Arbeitsplatzes und Kompetenzen des Teilnehmers vorliegt.
    Ich weiß, dass das HEGA Fachkonzept natürlich ganz unten in Rangordnung der Rechtsvorschriften steht, finde aber noch nicht so recht den Anfang des Argumentationsfadens, um überhaupt erstmal einen Anspruch auf einen zusätzlichen Bedarf herzuleiten...