Zuständigkeit bei konkreten Bedarfen

    • Offizieller Beitrag

    Wie verhalten sich Verpflichtungen von Hochschulen, Reha-Trägern und Integrationsämtern zueinander? – Welche Barriere muss durch eine Teilhabeleistung beseitigt werden und welche durch die Hochschule?


    (Dies ist eine Impulsfrage des Teams.)

  • Ein sehr spannendes Thema. Vergleichbar mit einem großen Räderwerk mit vielen kleinen Rädchen gibt es im Sozialleistungsrecht und weit darüber hinaus sehr viele "virtuelle" Rädchen mit konkreten Inhalten. Diese passen manchmal nicht zueinander und es besteht sogar die Gefahr, dass etwas dazwischen durchrutscht.

    Klar wäre es am einfachsten, wenn sich Hochschulen auf jeden nur denkbaren (und sich durchaus verändernden) individuellen Bedarf von Menschen mit Behinderungen einstellen, die Bedarfsdeckung organisieren und der nötige personelle sowie finanzielle Aufwand gedeckt wäre.


    Durch das sich in der Bundesrepublik jahrzehntelang entwickelte System Hochschulen, Leistungsträgerschaft/Sozialrecht u. v. m. kann es eine ganz klare Antwort darauf leider nicht geben - es bleibt daher leider als Antwort lediglich ein "Es kommt darauf an...", so unglücklich dies empfunden werden mag. Auch hier spielt die Kommunikation zwischen den benannten Partnern eine große Rolle, um so gemeinsam (um im Bild vom Anfang zu bleiben), die Rädchen an die richtige Stelle oder in die richtige Position zu bringen.


    Marco Winzer

    (BAGüS)

  • Das ist eine sehr schöne Frage, die ich gern aus Sicht der Beratung Studierender und Studieninteressierter mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen beleuchten möchte.

    Die Hochschulen müssen die bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen zur Verhinderung von Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund von Behinderung einhalten. Gesetzliche Vorgaben zu barrierefreiem Bau und dem barrierefreien Angebot im digitalen Bereich seien hier nur exemplarisch aufgewiesen. Auch die Ruhr-Universität Bochum ist, wie der überwiegende Teil aller Hochschulen in Deutschland, bemüht, ihrer Verantwortung, insbesondere auch für den Kreis der gesundheitlich beeinträchtigten, behinderten und chronisch kranken Studierenden zu entsprechen.


    Die allgemeinen, äußeren Studienbedingungen sowie ein Teil der spezifischen Lernanforderungen berücksichtigen gesetzlich vorgeschriebene Nachteilsausgleiche für behinderte Studierende in der entsprechenden Prüfungsordnung. Gleichzeitig sind wir vom Beratungszentrum zur Inklusion Behinderter im AKAFÖ auch Ansprechpersonen für alle Lehrenden und bieten diesen ebenfalls unsere Unterstützung an. Andere Einheiten der Ruhr-Universität bieten Beratung und Unterstützung zur Barrierefreiheit der Lehre an (Accessibility@RUB (ruhr-uni-bochum.de)). Auch bei der organisatorischen Durchführung von Nachteilsausgleichen entwickelt die Universität ihr Angebot stetig weiter, zuletzt in der Schaffung der „Kontaktstelle barrierefreie Prüfungen (KoBaP)“ (Kontaktstelle barrierefreie Prüfungen (KoBaP) (ruhr-uni-bochum.de)). Dabei steht häufig die gemeinsame Entwicklung einer methodisch-didaktischen Lösungsstrategie im Fokus. Behinderten Studierenden werden dadurch Nachteile, die sich aufgrund ihrer spezifischen Behinderung ausweisen, durch den Einsatz modifizierter Lehr- und Prüfungsformen ausgeglichen und damit gleichwertige Chancen eröffnet. Im Rahmen dieser Maßnahmen werden z.B. auf Antrag Prüfungsmodifikationen gewährt. Jedoch können Hochschulen keine Präventivmaßnahmen anbieten, da sie sich sehr detailliert im individuellen Mehrbedarf des Einzelnen eröffnen.


    Teilhabebeeinträchtigungen wirken sich sehr individuell aus. Dadurch sind manche Studierende nicht in der Lage, den Anforderungen ihres Studienfaches im herkömmlichen Sinn zu entsprechen und können ihr Studium in der vorgesehenen Zeit und Form nur durchlaufen, wenn sie bestimmte Unterstützungsangebote erhalten.


    Das Studium als Ausbildungsabschnitt kann hier auch nicht isoliert betrachtet werden. Zu einem erfolgreichen Studium gehört auch die Autonomie und Selbstbestimmung der Studierenden, ihren Karriere- und Lebensweg eigenständig zu planen und Angebote nach Maßgabe der Wunsch- und Wahlfreiheit wahrzunehmen. Viele Angebote werden den Studierenden eröffnet, die für eine zukunftsträchtige Aussicht im beruflichen Leben sehr hilfreich sind, die über den obligatorischen Studienverlaufsplan aber hinausgehen. Freiwillige Praktika oder Tätigkeiten am Lehrstuhl, Exkursionen und Gruppenveranstaltungen mit anderen Akademiker*innen und andere Programme und Netzwerktätigkeiten sind für eine aussichtsreiche Zukunftsplanung insbesondere für Studierende mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen von größter Bedeutung.


    Für diese hiermit einhergehenden, individuellen Bedarfe der (Kommunikations-)Assistenz, der Mobilität oder der bedarfsdeckenden Ausstattung mit assistiven Technologien, aber auch aus einer ganzheitlichen Perspektive der behinderungsbedingten Mehrbedarfe im Bereich des Lebensunterhaltes und der Wohnbedarfe, kann die Hochschule nicht Leistungsträgerin sein.


    Für solche sehr differenzierten, individuellen Bedarfe können Studierendenwerke und Hochschulen keine Vorsorge treffen bzw. notwendige Hilfen in einem solchen weiten Mehrbedarfsfeld zur Verfügung stellen. Diese Hilfen müssen personenzentriert und aus einer Hand organisiert werden. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Dies betrifft auch die Finanzierung dieser Hilfen. Hier erscheint nur eine Förderung im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe an der Bildung gemäß §112 SGB IX (Hochschulhilfe) möglich, zu deren leistungsberechtigten Personenkreise Studierende mit Beeinträchtigungen gehören.


    Weder haben die Hochschulen den gesetzlichen Auftrag noch die notwendige Infrastruktur und fachliche, (sozial- und behinderten)rechtliche Expertise um derartige Bedarfe hinlänglich abdecken zu können, sind sie doch Orte der akademischen Bildung und keine Rehabilitationsträger.


    Michaela Kusal

    (Leitung des Beratungszentrums zu Inklusion beim AKAFÖ und Beauftrage für die Belange Studierender mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen an der RUB)

  • Das Studium als Ausbildungsabschnitt kann hier auch nicht isoliert betrachtet werden. Zu einem erfolgreichen Studium gehört auch die Autonomie und Selbstbestimmung der Studierenden, ihren Karriere- und Lebensweg eigenständig zu planen und Angebote nach Maßgabe der Wunsch- und Wahlfreiheit wahrzunehmen. Viele Angebote werden den Studierenden eröffnet, die für eine zukunftsträchtige Aussicht im beruflichen Leben sehr hilfreich sind, die über den obligatorischen Studienverlaufsplan aber hinausgehen. Freiwillige Praktika oder Tätigkeiten am Lehrstuhl, Exkursionen und Gruppenveranstaltungen mit anderen Akademiker*innen und andere Programme und Netzwerktätigkeiten sind für eine aussichtsreiche Zukunftsplanung insbesondere für Studierende mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen von größter Bedeutung.


    Für diese hiermit einhergehenden, individuellen Bedarfe der (Kommunikations-)Assistenz, der Mobilität oder der bedarfsdeckenden Ausstattung mit assistiven Technologien, aber auch aus einer ganzheitlichen Perspektive der behinderungsbedingten Mehrbedarfe im Bereich des Lebensunterhaltes und der Wohnbedarfe, kann die Hochschule nicht Leistungsträgerin sein.

    Ein sehr wichtiges Thema, leider stoßen Studierende mit Behinderung hier immer wieder an Grenzen. Besonders gravierend ist die Problematik für Studierende, die auf Gebärdensprachdolmetscher:innen angewiesen sind, da diese von der Eingliederungshilfe nur für Pflichtveranstaltungen finanziert werden. Hier besteht unserer Ansicht eine große Benachteiligung, da diese Regelung eine gleichwertige Teilnahme an weiteren universitären Veranstaltungen verhindert. Hier müssten Alternativlösungen gefunden werden. Wünschenswert wäre eine Änderung der Eingliederungshilfe, die zumindest in einem bestimmten Rahmen auch freiwillige Veranstaltungen fördern sollte, um den Studierenden die von Frau Kusal beschriebene Autonomie und auch Planung der eigenen Karriere zu ermöglichen.

    Eventuell könnten hier auch die Hochschulen mitgestalten, beispielsweise durch Einrichtung eines Fonds für Dienstleistungen bei freiwilligen Veranstaltungen, die nicht finanziert werden. Hier sind sehr unterschiedliche Formate für Studierende relevant wie beispielsweise Workshops und Angebote der Careercenter, Schreibzentren, Sprachzentren, Medienzentren oder allgemeine Ringvorlesungen.

    Dr. Susanne Peschke

    Koordinatorin für barrierefreie Dokumente und assistive Technologien in Studium und Lehre

    Universität Hamburg

    Büro für die Belange Studierender mit Behinderungen oder chronischer Krankheiten

  • Ebenso problematisch wird es, wenn den Studierenden aufgrund eines Wechsels in ein anderes Bundes Land zeitweilig auf Leistungen der Eingliederungshilfe/ Teilhabeleistungen / Budgets warten müssen. Wenn wie in einem uns bekannten Fall das Studium beginnt, während die persönliche Assistenz noch nicht bezahlt werden kann, bzw der Antrag von dem föderalen Träger noch nicht genehmigt ist, sollte die Hochschule über flexibel einsetzbare Mitarbeiter verfügen, die als Assistenzkräfte einsetzbar sind.

  • Für solche sehr differenzierten, individuellen Bedarfe können Studierendenwerke und Hochschulen keine Vorsorge treffen bzw. notwendige Hilfen in einem solchen weiten Mehrbedarfsfeld zur Verfügung stellen. Diese Hilfen müssen personenzentriert und aus einer Hand organisiert werden. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Dies betrifft auch die Finanzierung dieser Hilfen. Hier erscheint nur eine Förderung im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe an der Bildung gemäß §112 SGB IX (Hochschulhilfe) möglich, zu deren leistungsberechtigten Personenkreise Studierende mit Beeinträchtigungen gehören.

    Vielen Dank, Michaela! Das ist ein wichtiger Punkt. Ich werde den entsprechenden Paragrafen an die Beauftragten für Studierende mit Behinderung für deren Stellungnahmen weitergeben.


    Leider geben die Träger der Sozialleistungen die Verantwortung oft an die Hochschule zurück. Sie denken wahrscheinlich oft an das Hochschulgesetz NRW §53, 2, 5, wonach die Hochschule "angemessene Vorkehrungen" treffen sollen. Am Ende schieben sich Hochschule und die Träger die Verantwortung zu und die Studierenden leiden unter der massiven Verzögerung einer Bewilligung.


    Das Modell eines Assistenzpools an den Hochschulen, wie wir es an der Uni Köln haben, ist ein ambivalentes Angebot.

    a) Einerseits bleiben ohne das Angebot die Studierenden lange ohne Unterstützung und können ihr Studium nur schwer realisieren.

    b) Andererseits mussten wir feststellen, dass die Kapazität universitärer Assistenz, beispielsweise durch studentische Hilfskräfte, die Bedarfe der Studierende, welche auf die Genehmigung einer Eingliederungshilfe warten oder zunächst eine Ablehnung erhalten haben, nicht decken können. Studierenden kann infolgedessen leider nicht immer eine Assistenz gestellt werden. Und es ist denkbar, dass die Bereitstellung universitärer Assistenz die Beantragung auf Eingliederungshilfe beeinflusst und vielleicht sogar beeinträchtigt.

    -> Gibt es hier noch andere Erfahrungswerte?


    Außerdem besteht das Problem, dass Studierende nur Eingliederungshilfe erhalten, sofern sie die Leistung nicht von anderen Trägern anderer Sozialleistungen erhalten (SGB IX §91 Nachrang der Eingliederungshilfe). Oftmals wird seitens der Rehabilitationsträgern die Bereitstellung universitärer Assistenz als eine solche Leistung aufgefasst.

    -> Wie ist dieser Gesetzestext einzuschätzen?

  • Lieber Frieder,
    ich teile deine Skepsis gegenüber Assistenz-Pools an Hochschulen. Die Bedarfe Studierender sind sehr individuell. Zu einem gleichberechtigten Studium mit nicht Behinderten Studierenden gehört auch die Autonomie, den Studienverlauf zu gestalten und an Veranstaltungen jenseits des verpflichtenden Curriculums teilnehmen zu können. Diese Freiheit darf nicht davon abhängen, ob die Hochschule gerade das geeignete Personal zur geeigneten Zeit bereithalten kann. Oft geht es auch um geschultes Personal, welches wenigstens Grundkenntnisse über das Beeinträchtigungsbild und die damit einhergehende Lebensrealität der Studierenden haben sollte. In der Praxis führt das dazu, dass Studierende mit entsprechenden Bedarfen in Ihrer Selbstbestimmung behindert werden und nicht nach freiem Wunsch studieren können.


    Dass die Träger der EGH solche, sicherlich gut gemeinten, Angebote der Hochschulen für ihre Zwecke nutzen, liegt auf der Hand. Jedes Semester, dass Studierende notdürftig mit gratis Assistenz von der Hochschule ableisten, ist ein Semester weniger, für das die EGH aufkommen muss, obgleich sie rechtlich in der Verpflichtung steht. Das ist ein simples ökonomisches Rechenexempel. Die Verwaltung spielt hier auf Zeit.

  • Mängel in der Bewilligungspraxis der Träger der überörtlichen Sozialhilfe aus Sicht der Beratung


    Trotz eines vielerorts bereits ausgebauten barrierefreien Angebots der Hochschulen und der gesetzlichen Vorgaben, sowohl zur baulichen als auch zur digitalen Barrierefreiheit, gibt es behinderungsbedingte Bedarfe, die so individuell sind, dass die Studierenden diese nur aus der Eingliederungshilfe (EGH) bedarfsdeckend erhalten können. Solche können technischer Natur sein, aber auch personeller Natur. Diese Bedarfe sind in der Regel zwingend notwendig, um am Studium in der vorgesehen Art und Weise, gleichberechtigt mit anderen nichtbehinderten Studierenden teilhaben zu können. Es kann sich hierbei um Hilfen zur Mobilität handeln, um Hilfsmittel, wie z.B. assistive Technologien, aber auch um personelle Unterstützung in der Form von Studienassistenz. In diesem Beitrag soll es um Letzteres gehen.


    In der Beratung erleben wir regelmäßig Studierende mit Bedarfen an Studienassistenz. Insbesondere dann, wenn die Bedarfe auch die Strukturierung und Organisation des Studienverlaufs und Unterstützung in sozialer Interaktion umfassen, erleben die Betroffenen besondere Hindernisse nicht nur bei der Beantragung von Assistenz, sondern auch bei der Organisation und den semesterweise stattfindenden Weiterbewilligungsprozessen.


    Die Probleme bei der Beantragung sind bekannt:

    • Von der Beantragung zur Bewilligung dauert es lang, nicht selten 6-12 Monate. Mindestens das erste Semester ist dann bereits verstrichen. Studienleistungen mussten von den Antragsteller*innen erbracht werden oder sind verschoben worden. Betroffene können nicht mit den Kommiliton*innen, mit denen sie begonnen haben und zu denen sie vielleicht bereits soziale Beziehungen aufbauen konnten, weiter studieren. Das unter Mehrbelastungen müßig geknüpfte Netzwerk bröckelt und muss erneut aufgebaut werden. Sie fühlen sich wie „auf Anfang gestellt“ (Zitat aus einem Beratungsgespräch).
    • Nachrang der Eingliederungshilfe gem. § 91 SGB IX. Bis zum Bescheid erbrachte Leistungen können ab Antragstellung nur erstattet werden, wenn hierfür bereits Geld geflossen ist. Über diese Mittel verfügen die Studierenden nicht. Sie sind gezwungen das Studium zu unterbrechen oder gar abzubrechen, oder mit der Unterstützung, die ihnen ihr privates Umfeld bietet, notdürftig zu Studieren.
      Sehr selten wird dabei beachtet, dass unter solchen Umständen erbrachte Studienleistungen mitunter nicht das tatsächliche Wissen der Studierenden abbilden. Dennoch zählen diese Noten in die Abschlussnote rein und verhindern schlimmstenfalls, sozusagen von erster Stunde an, den Zugang zu einem anschließenden Masterstudium.
      Hochschulische Nachteilsausgleiche können ein Unterlassen der EGH nicht auffangen! Die EGH sollte also ab dem Zeitpunkt der Erklärung der Zuständigkeit und der Bedarfsmeldung auch leisten, um die Studierenden nicht in existentielle Nöte zu stürzen und Ihre Aussichten auf eine erfolgreiche Ausbildung nicht durch Unterlassen zu schädigen.
    • Diese Problematik tritt insbesondere bei Finanzierung von Studienassistenz im Persönlichen Budget auf. Gerade Studierende im Autismus-Spektrum, AD(H)Sler*innen und solche mit anderen neurologischen oder psychischen Beeinträchtigungen, die Unterstützung bei der Strukturierung und Organisation ihres (Studien-)alltags und dem Studienverlauf benötigen, aber auch Studierende mit schweren körperlichen oder Sinnesbehinderungen sind mit der Beantragung, mitunter aber auch mit der Abwicklung der Leistungsabrechnung überfordert. Das Gesetz impliziert zwar die Möglichkeit der Budgetassistenz, welche die notwendigen Leistungen zur Teilhabe und, damit einhergehend, auch die behördliche Kommunikation organisieren soll. Mit dem durch den EGH Träger bewilligten Stundensatz ist diese nicht zu finanzieren. Der EGH Träger beruft sich in so einem Fall darauf, dass die Studienassistenz diese Aufgaben ja miterledigen könne. Hierfür sind Studienassistenzen, die in aller Regel Studierende höheren Semesters sind nicht ausreichend qualifiziert. Mit einem Stundenlohn im Bereich des Mindestlohns wird sich auch kaum eine qualifizierte Kraft finden lassen. § 29 Abs. 2 S. 6 SGB IX Persönliche Budgets werden … so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann, findet hier in der Regel gar keine Beachtung. Ein weiteres Problem birgt sicher auch der Umstand, dass die Angebote an professioneller Budgetassistenz für Leistungen der Studienassistenz spärlich gesät sind. EUTBs sind in den Bedarfen Studierender mit Behinderungen und insbesondere den Anforderungen an eine Budgetassistenz (noch) nicht firm genug. Auch ist fraglich, ob sie eine solche Aufgabe in der erforderlichen Verbindlichkeit übernehmen können.
    • Eine weitere, nicht weniger belastende, Problematik birgt in diesem Zusammenhang die Bescheidung der EGH Träger hinsichtlich der Höhe der gewährten Aufwendungen. Mit dem Verweis auf Studienhelfer*innen zu Stundensätzen von ca. 12€, vergisst der Träger scheinbar, dass auch für diese Klientel entsprechende gesetzliche vorgesehene Abgaben zu leisten sind. So werden die Antragsteller*innen zwar darauf verwiesen, dass sie als Arbeitgeber*innen auftreten und den gesetzlichen Verpflichtungen unterliegen. Das Ringen um die Übernahme der Arbeitgeberkosten ist aber regelmäßig müßig und zäh. Im Zweifel müssen nicht beachtete Abgaben aus eigener Tasche erfolgen. Diese Problematik ließe sich sicher einfach und schnell beheben, würde der Kostenträger die Arbeitgeberanteile proaktiv in die Verhandlungen mit einbeziehen. Damit käme er auch seiner gesetzlichen Beratungsverpflichtung aus § 106 SGB IX nach, die sich freilich nicht darin erschöpfen kann die Antragsteller lediglich darauf zu verweisen, dass sie die gesetzlichen Pflichten einzuhalten haben.

    Diese Auflistung kann nur einen geringen Teil der im individuellen Fall sehr komplexen Sachlage aufreißen und bildet sicher keine abschließende Analyse ab.

  • Michaela Kusal, danke fuer diesen wichtigen Beitrag. Zu dem unten regeposteten Teilbeitrag möchte ich ergänzen, dass Studienhelfer auf Honorarbasis beschäftigt werden können. Akademiker dürfen meines Wissens nach Abschluss Studienassistenzleistungen und oder "Nachhilfe" also Unterricht ohne Gewerbeschein geben, da ihr Studium sie in die Statusgruppe der Lehrenden an sich befördert und sie dieser auch ohne Gewerbeschein angehören. :) Für Studienassistenz, die Erfahrung in der Lehre benötigt und spezielle Weiterbildungen im Bereich der Hilfsmittel sowie im Umgang mit den besonderen Kommunikationsbdürfnisse Behinderter Menschen und im Umgang mit Behörden, sind 12 Euro, wie Sie bereits erwähnten, komplett unangemessen, also einen lächerlich niedrige Bezahlung, für die man keine Fachkraft findet. :-/ Man vergleiche mit den knapp 60 Euro/Stunde, die ein vom Sozialträger der EGH "zugelassener" Fachdienstleister wie dem LWV (Sozialpädagoge etc. erhält und dies für nicht spezifizierte Unterstützung Leistungen, die auch die Form gemeinsamen Kaffetrinkens als "psychosozialer Unterstützung" annehmen können. Auch wenn 60 Euro für Freiberufler ein geringer Stundensatz ist, spiegelt dieser eben dei akademischer Anerkennung einen FH Abschlusses ohne ). Ein Masterstudierender, der Studienassistenz in einem MINT Fach anbietet, erhielte dadurch 5 mal so wenig wie ein B.A. Sozialpädagoge, der sich selbstständig gemacht hat. Wenn Studierende der gleichen Uni Studienassistenz anbieten, gibt das unserer Einschatzung nach häufiger Datenschutzrechtliche Problemstellungen. Der Masterstudierende könnte in einem Folgesemester als Tutor oder HIWI auftreten. "

    • Eine weitere, nicht weniger belastende, Problematik birgt in diesem Zusammenhang die Bescheidung der EGH Träger hinsichtlich der Höhe der gewährten Aufwendungen. Mit dem Verweis auf Studienhelfer*innen zu Stundensätzen von ca. 12€, vergisst der Träger scheinbar, dass auch für diese Klientel entsprechende gesetzliche vorgesehene Abgaben zu leisten sind. So werden die Antragsteller*innen zwar darauf verwiesen, dass sie als Arbeitgeber*innen auftreten und den gesetzlichen Verpflichtungen unterliegen. Das Ringen um die Übernahme der Arbeitgeberkosten ist aber regelmäßig müßig und zäh. Im Zweifel müssen nicht beachtete Abgaben aus eigener Tasche erfolgen. Diese Problematik ließe sich sicher einfach und schnell beheben, würde der Kostenträger die Arbeitgeberanteile proaktiv in die Verhandlungen mit einbeziehen. Damit käme er auch seiner gesetzlichen Beratungsverpflichtung aus § 106 SGB IX nach, die sich freilich nicht darin erschöpfen kann die Antragsteller lediglich darauf zu verweisen, dass sie die gesetzlichen Pflichten einzuhalten haben...."
  • Michaela Kusal, danke für Ihre Beitrag: Könnten Sie dazu bitte ein Urteil oder eine Anordnung der Leistungsträger zitieren? Danke


    "Nachrang der Eingliederungshilfe gem. § 91 SGB IX. Bis zum Bescheid erbrachte Leistungen können ab Antragstellung nur erstattet werden, wenn hierfür bereits Geld geflossen ist. Über diese Mittel verfügen die Studierenden nicht. Sie sind gezwungen das Studium zu unterbrechen oder gar abzubrechen, oder mit der Unterstützung, die ihnen ihr privates Umfeld bietet, notdürftig zu Studieren.

  • Michaela Kusal, danke für Ihre Beitrag: Könnten Sie dazu bitte ein Urteil oder eine Anordnung der Leistungsträger zitieren? Danke


    "Nachrang der Eingliederungshilfe gem. § 91 SGB IX. Bis zum Bescheid erbrachte Leistungen können ab Antragstellung nur erstattet werden, wenn hierfür bereits Geld geflossen ist. Über diese Mittel verfügen die Studierenden nicht. Sie sind gezwungen das Studium zu unterbrechen oder gar abzubrechen, oder mit der Unterstützung, die ihnen ihr privates Umfeld bietet, notdürftig zu Studieren.

    Ich verstehe den Wortlaut des Gesetzes derart.


    § 25 SGB XII Erstattung von Aufwendungen Anderer

    Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.


    Urteile dazu können evtl. die Jurist*innen unter uns nachreichen?

  • Michaela Kusal, danke fuer diesen wichtigen Beitrag. Zu dem unten regeposteten Teilbeitrag möchte ich ergänzen, dass Studienhelfer auf Honorarbasis beschäftigt werden können. Akademiker dürfen meines Wissens nach Abschluss Studienassistenzleistungen und oder "Nachhilfe" also Unterricht ohne Gewerbeschein geben, da ihr Studium sie in die Statusgruppe der Lehrenden an sich befördert und sie dieser auch ohne Gewerbeschein angehören. :) Für Studienassistenz, die Erfahrung in der Lehre benötigt und spezielle Weiterbildungen im Bereich der Hilfsmittel sowie im Umgang mit den besonderen Kommunikationsbdürfnisse Behinderter Menschen und im Umgang mit Behörden, sind 12 Euro, wie Sie bereits erwähnten, komplett unangemessen, also einen lächerlich niedrige Bezahlung, für die man keine Fachkraft findet. :-/ Man vergleiche mit den knapp 60 Euro/Stunde, die ein vom Sozialträger der EGH "zugelassener" Fachdienstleister wie dem LWV (Sozialpädagoge etc. erhält und dies für nicht spezifizierte Unterstützung Leistungen, die auch die Form gemeinsamen Kaffetrinkens als "psychosozialer Unterstützung" annehmen können. Auch wenn 60 Euro für Freiberufler ein geringer Stundensatz ist, spiegelt dieser eben dei akademischer Anerkennung einen FH Abschlusses ohne ). Ein Masterstudierender, der Studienassistenz in einem MINT Fach anbietet, erhielte dadurch 5 mal so wenig wie ein B.A. Sozialpädagoge, der sich selbstständig gemacht hat. Wenn Studierende der gleichen Uni Studienassistenz anbieten, gibt das unserer Einschatzung nach häufiger Datenschutzrechtliche Problemstellungen. Der Masterstudierende könnte in einem Folgesemester als Tutor oder HIWI auftreten. "

    • Eine weitere, nicht weniger belastende, Problematik birgt in diesem Zusammenhang die Bescheidung der EGH Träger hinsichtlich der Höhe der gewährten Aufwendungen. Mit dem Verweis auf Studienhelfer*innen zu Stundensätzen von ca. 12€, vergisst der Träger scheinbar, dass auch für diese Klientel entsprechende gesetzliche vorgesehene Abgaben zu leisten sind. So werden die Antragsteller*innen zwar darauf verwiesen, dass sie als Arbeitgeber*innen auftreten und den gesetzlichen Verpflichtungen unterliegen. Das Ringen um die Übernahme der Arbeitgeberkosten ist aber regelmäßig müßig und zäh. Im Zweifel müssen nicht beachtete Abgaben aus eigener Tasche erfolgen. Diese Problematik ließe sich sicher einfach und schnell beheben, würde der Kostenträger die Arbeitgeberanteile proaktiv in die Verhandlungen mit einbeziehen. Damit käme er auch seiner gesetzlichen Beratungsverpflichtung aus § 106 SGB IX nach, die sich freilich nicht darin erschöpfen kann die Antragsteller lediglich darauf zu verweisen, dass sie die gesetzlichen Pflichten einzuhalten haben...."

    Die Beschäftigung von Honorarkräften in der persönlichen Assistenz ist mit Vorsicht zu genießen. Das gilt auch für Studienassistenz. Honorarkräfte sind keine sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Unterscheidung zwischen einer Honorarkraft und einer sozialversicherungspflichtig beschäftigten Person ist nicht banal. Unter anderem kommt es auf die Weisungsgebundenheit an. In diesem Zusammenhang kann schnell die arbeitsrechtliche Problematik der so genannten Scheinselbständigkeit auftreten. Näheres zur Scheinselbständigkeit


    Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Quelle verweisen, die sowohl hilft die Unterscheidung zwischen Honorartätigkeit und Assistenz zu treffen, aber auch sehr grundlegende Informationen zum Persönlichen Budget Arbeitgebermodell gibt.


    Forsea Ratgeber für behinderte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und solche, die es werden wollen. S. 59 ff

  • Die Regelungen sind für Studierende und Promivierende oft nicht verständlich.

    Es gibt Bereiche, bei denen die Zuständigkeiten nicht klar sind.

    Hochschulmitarbeiter kennen sich nicht mit einzelnen Gesetzen und Regelungen aus und haben keine Erfahrung über die Zusammenarbeit mit anderen Leistungsträgern. Das führt zu unverhältnismäßigen Leistungsverzögerungen.


    Für die Durchsetzung einzelner Ansprüche wäre es wichtig, besondere Beratungsstellung einzurichten, welche behinderte Studierende oder Promovierende dabei helfen könnten ihre besonderen Bedarfe festzustellen und die notwendigen angemessenen Vorkehrungen zu beantragen. Außerdem wäre es hilfreich einen barrierefreien Katalog zu entwickeln, worin beschrieben wird welche Leitungen es gibt und wie diese beantragt werden können.