Auswirkungen eines Budgets für Arbeit auf andere Ansprüche

    • Offizieller Beitrag

    Gerne möchten wir mit Ihnen die Auswirkungen eines (bewilligten) Budgets für Arbeit auf andere Ansprüche anhand folgender Beispielfragen diskutieren:

    • Was passiert mit einer Erwerbsminderungsrente bei Aufnahme einer durch das Budget geförderten Beschäftigung?
    • Wie lassen sich weitere Leistungen zur Teilhabe in ein Budget integrieren, z.B. Hilfsmittel oder Fahrkosten?
    • Wie wirkt sich eine Teilzeitbeschäftigung auf den Anspruch auf ein Budget für Arbeit aus?

    Ergänzende Themen und Erfahrungsberichte sind willkommen.


    (Dies ist ein Impuls aus dem Team.)

  • Fahrtkosten zum Erreichen des Arbeitsplatzes werden im Rahmen des Budgets für Arbeit grundsätzlich nicht übernommen und sind von Budgetnehmenden selbst zu tragen. Bei uns in Niedersachsen gibt es aber die Möglichkeit, dass Fahrtkosten vom zuständigen Kostenträger (i.d. Regel die Eingliederungshilfe) in Ausnahme-/Härtefällen anteilig übernommen werden können (nach Abzug eines Eigenanteils von 80 Euro monatlich).


    Zu einem Ausnahme-/Härtefall kommt es, wenn beispielweise keine öffentlichen Verkehrsmittel für den Weg zum Arbeitsplatz zur Verfügung stehen oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund behinderungsbedingter Einschränkungen nicht möglich ist. Ebenso wenn Budgetnehmende bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für Hin- und Rückweg jeweils mehr als eine Stunde Fahrtzeit zum Erreichen des Arbeitsplatzes zurück zu legen hätten.


    Wir beraten und begleiten im Integrationsfachdienst viele Budgetnehmende und Interessierte. Grundsätzlich lässt sich aus der Erfahrung heraus sagen, dass nur in wenigen Einzelfällen Fahrtkosten beantragt werden. Die oben benannten Voraussetzungen, einen Ausnahmefall zu erreichen, sind in der Praxis oft schwer abzubilden. Im Sinne der Mobilität stellt eher ein schlecht ausgebauter öffentlicher Nahverkehr im ländlichen Raum eine Hürde dar, die verhindert, dass Praktika oder Arbeitsplätze mit dem Budget für Arbeit geschaffen werden können.


    In Bezug auf Hilfsmittel würden wir gerne auf unsere Zusammenarbeit mit dem Integrationsamt verweisen. Arbeitgebende, die einen Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung über das Budget für Arbeit beschäftigen, können investive Maßnahmen zur Ausstattung des Arbeitsplatzes (unabhängig von der Behinderung) beim Integrationsamt beantragen (§ 15 SchwbAV). Zudem können behinderungsbedingt erforderliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einstellung über das Budget für Arbeit auch vom Integrationsamt gefördert werden (§ 26 SchwbAV (an Arbeitgeber) bzw. § 19 SchwbAV (technische Arbeitshilfen an den Budgetnehmer).


    Die Förderungen über das Integrationsamt werden in der Praxis gut angenommen. Wir als Integrationsfachdienst beraten und begleiten bei der Antragstellung und vernetzen zum Integrationsamt. Auffällig ist, dass Fördermöglichkeiten über das Integrationsamt im Budget für Arbeit oft Betrieben nicht ausreichend bekannt sind.


    Hanna Milde, Integrationsfachdienst Osnabrück

  • Das Thema Rente wegen Erwerbsminderung spielt in unserer Beratungspraxis eine große Rolle, sowohl bei bestehendem Rentenanspruch als auch bei Menschen die noch keinen Anspruch haben, den Anspruch auf EM-Rente nach § 43 Abs. 6 SGB VI ("Werkstattrente") aber nicht aufs Spiel setzen wollen. Das Kriterium "Erwerbsminderung" findet sich in § 43 Abs. 2 SGB VI:

    "[...] Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein."

    Da unsere Klient:innen in aller Regel nicht unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sind ist dadurch also weder ein bestehender Rentenanspruch noch die Anwartschaft auf Rente nach § 43 Abs. SGB VI gefährdet. Vor der Vermittlung in ein mit dem BfA gefördertes Arbeitsverhältnis lassen wir uns dies von der Rentenversicherung bestätigen.

    Mittlerweile findet sich dazu auch ein entsprechender Hinweis im Rechtsportal der DRV (Literatursystem - §§ 51 - 75 - § 61 SGB IX: Budget für Arbeit (deutsche-rentenversicherung.de):

    Die Frage, ob während der Teilnahme am Budget für Arbeit weiterhin eine rentenanspruchsbegründende Erwerbsminderung vorliegt, kann nicht allgemein beantwortet werden. In der Regel wird man davon ausgehen können, dass volle Erwerbsminderung bei einem Wechsel in eine geförderte Beschäftigung weiterhin vorliegt. Wird ein Mensch mit Behinderungen jedoch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts beschäftigt, kann dies zum Entfallen der vollen Erwerbsminderung führen. Ob der Arbeitsvertrag auch ohne das Budget für Arbeit zustande gekommen wäre, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Eine Entscheidung zum weiteren Vorliegen voller Erwerbsminderung bei einem Wechsel in das Budget für Arbeit ist letztlich nur im Einzelfall möglich. Vor dem Wechsel in eine geförderte Beschäftigung im Rahmen des Budgets für Arbeit sollte der Mensch mit Behinderungen beim zuständigen Rentenversicherungsträger konkret nachfragen.

    Olav Kranz, Integrationsfachdienst Hagen / Ennepe-Ruhr-Kreis