Bestehen gesetzliche Verpflichtungen für Rehabilitationsträger zum Abbau von Barrieren?

  • Vielen Dank für die Frage, die zunächst mit einem klaren Ja beantwortet werden kann.


    Rehabilitationsträger sind, sofern sie zur Bundesverwaltung zählen (wie die bundesweit tätigen Krankenkassen, die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung Bund), an das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) gebunden. Im BGG gibt es in den §§ 7-12d verschiedene Regelungen zum Schutz vor Benachteiligungen und Barrierefreiheit im Kontakt mit den staatlichen Trägern. Vorgaben finden sich dort

    • zur baulichen Barrierefreiheit von (Behörden-)Gebäuden,
    • dem Recht auf die Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen im Umgang mit den Trägern,
    • dem Erstellen barrierefreier Bescheide und Vordrucke,
    • dem Einsatz von einfacher und leichter Sprache, die für Menschen mit einer sog. Geistigen oder einer seelischen Behinderung relevant ist und
    • der Verwendung barrierefreier Informationstechnik, also die barrierefreie Nutzbarkeit der Homepage eines Trägers, der von ihm bereitgestellten Apps etc., aber auch ein barrierefreies Intranet für die Beschäftigten des Trägers.

    Wenn Rehabilitationsträger keine Bundes-, sondern Landesbehörden sind, dann gelten für sie die jeweiligen Landes-Behindertengleichstellungsgesetze, die in jedem Bundesland existieren und oft ähnliche Regelungen wie das Bundes-BGG enthalten.


    Außerdem sind Rehabilitationsträger gleichzeitig auch Sozialleistungsträger, für die die allgemeinen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs (SGB) I gelten. Dort verpflichtet sie § 17 Abs. 1 Nr. 4 SGB I darauf hinzuwirken, dass ihre „Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren“ sein müssen. Die Formulierung als „Hinwirkungspflicht“ ist dabei leider etwas unglücklich gewählt und missverständlich. Es ist mehr als nur ein bloßer Programmsatz, nämlich eine echte Rechtspflicht der Rehabilitationsträger, die sogar über die Vorgaben des BGG hinausgehen. Die Pflicht zur Barrierefreiheit betrifft danach nicht nur „Neu-, Um- und Erweiterungsbauten“, woran § 8 Abs. 1 BGG anknüpft, sondern gibt den Rehabilitationsträgern auch auf, Barrieren in Bestandsgebäuden zu beseitigen, wie es ebenso von Art. 9 UN-BRK gefordert wird. Daneben gibt es teils noch Sondervorschriften im SGB IX. So haben die Rehabilitationsträger nach § 17 Abs. 4 SGB IX sicherzustellen, dass bei der Begutachtung durch Sachverständige keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen.


    Die Rehabilitationsträger sind als staatliche Träger übrigens auch an die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention gebunden.

  • Außer dieser oben geschilderten Pflicht zur eigenen Barrierefreiheit, müssen die Rehabilitationsträger nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 SGB I auch auf die Barrierefreiheit der Leistungserbringer (z.B. Reha-Kliniken, ambulante Reha-Dienste etc.) hinwirken. Diese allgemeine Vorgabe wird in § 36 Abs. 1 S. 2 SGB IX noch einmal aufgegriffen, wo es heißt, dass die Rehabilitationsträger darauf zu achten haben, „dass für eine ausreichende Anzahl von Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen“.