Bestehen für Dienste und Einrichtungen gesetzliche Verpflichtungen zum Abbau von Barrieren?

  • Abgesehen von den Bauordnungsvorschriften der Länder trifft teilweise auch das Sozialrecht Aussagen zur notwendigen Barrierefreiheit von Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen. Gemeint ist damit nicht nur die Pflicht der Rehabilitationsträger, auf deren Barrierefreiheit hinzuwirken (dazu die Foren-Beiträge an anderer Stelle). Nach § 17 Abs. 2 SGB I haben Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen einen Anspruch darauf, bei der Ausführung von Sozialleistungen (insbesondere auch beim Arztbesuch) Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden. Die notwendigen Kosten dafür (Dolmetscher*in) muss der zuständige Rehabilitationsträger übernehmen. Gleiches gilt für die Kommunikation mit dem Leistungserbringer in Leichter Sprache (§ 17 Abs. 2a SGB I).


    Daneben können sich aus den Qualitätsvorgaben gegenüber den Rehabilitationsträgern, aus dem jeweiligen Landeskrankenhausrecht oder anderen Bereichen weitere Verpflichtungen ergeben.


    Nicht zuletzt sind Einrichtungen und Dienste auch an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gebunden. Dieses verbietet die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen (für den Zivilrechtsverkehr in § 19 AGG geregelt). Eine solche unzulässige Benachteiligung liegt bspw. auch dann vor, wenn Menschen mit Behinderungen durch Barrieren vom Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen ausgeschlossen werden (dazu die Evaluierung des novellierten Behindertengleichstellungsgesetzes, BT-Drs. 20/4440, S. 78 f.). Zudem kann die Verweigerung von angemessenen Vorkehrungen zur Überwindung von (noch bestehenden) Barrieren auch im AGG als eine Form von Diskriminierung gesehen werden. In den beiden Evaluationen des Behindertengleichstellungsgesetzes und an vielen anderen Stellen wurde gefordert, dass dies im AGG ausdrücklich klargestellt werden sollte (wie es der Gesetzgeber übrigens für öffentliche Träger bereits in § 7 Abs. 2 BGG vorgenommen hat). Die BGG-Evaluationen aus den Jahren 2014 und 2022 finden sich hier:

    https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-445.pdf?__blob=publicationFile&v=2

    https://dserver.bundestag.de/btd/20/044/2004440.pdf

  • Soweit Dritte für die Rehaträger des Bundes im Rahmen des Sachleistungsprinzips als Leistungserbringer tätig werden gilt m.E. auch in diesem Rahmen zumindest die Verpflichtung zu angemessenen Vorkehrungen gemäß § 7 Abs. 2 BGG.

    Es darf hier keinen Unterschied machen, ob z.B. eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in einer trägereigenen Klinik oder einer Belegklinik erbracht wird.

  • Da Herr Hlava oben die Themen Landeskrankenhausrecht angesprochen hatte, möchte ich dies kurz aufgreifen. Leider sind die Regelungen in den Krankenhausgesetzen der Bundesländer sehr uneinheitlich und leider beinhalten auch noch nicht alle Gesetze Regelungen zur Barrierefreiheit. Meiner Erfahrung nach bringt die Krankenhausbehandlung (bezieht sich auf Akutbehandlung) gerade für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen vielfältige Barrieren mit sich.


    Zu begrüßen ist daher grundsätzlich, dass nach § 110a i.V.m. § 136 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V Qualitätsverträge zu verschiedenen, vom G-BA festgelegten Leistungen zu erproben sind. Diese sind zwischen Krankenkassen und Krankenhaustrgern abzuschließen. Zu den genannten Bereichen zählt auch die Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen im Krankenhaus. Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) evaluiert im Auftrag des G-BA das Instrument der Qualitätsverträge und ihre praktischen Auswirkungen (§ 136b Abs. 8 SGB V). Leider wurden zu dem Bereich bisher nur zwei Qualitätsverträge abgeschlossen, während zu den anderen vom G-BA festgelegten Leistungsbereichen weitaus mehr Verträge existieren – Siehe: https://www.g-ba.de/downloads/…svertraege_Uebersicht.pdf.


    Wie sieht dies im Bereich der (medizinischen) Rehabilitation aus? Gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 SGB IX müssen die Rehabilitationsträger ja darauf achten, dass für eine ausreichende Anzahl von Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen. Ist dies dann auch Gegenstand der Vereinbarungen zwischen den Trägern und Einrichtungen/ Diensten? Vielleicht hat ja jemand ein Beispiel dafür.