Digitalisierung im Rehaprozess - Stand und Erfahrungen

  • Ich war in den vergangen 8 Jahren in drei verschiedenen Reha-Einrichtungen und am Stand der Digitalisierung hat sich in der dieser Zeit nichts wesentliches getan. Nicht nur Eingangsfragebögen werden mehrfach auf Papier abgefragt und in der Einrichtung analog erneut durchgesprochen, sondern auch informationen, die währen der Reha über mich an einer Stelle erreicht wurden werden nicht automatisiert zusammengetragen.

    Jeder Sozialträger hat dann noch seine eigenen Anforderungen, so dass auch eine Vereinheitlichung schwierig erscheint.

    Schön wäre, wenn man eine Art Basis Set von Patienteninformationen z.B. einmalig in einem barrierefreien Webportal nach Registrierung und Einhaltung des Datenschutzes usw. durchführen könnte. Diese würden dann allen erforderlichen Bereich in der Klinik zur Verfügung stehen und müssen nicht immer wieder neu abgefragt werden. Das fängt schon bei der Freigabeunterschrift an, ob die Rezeption Telefonate an mich Weitervermitteln darf und hört bei medizinischen Daten auf, die den unterschiedlichen Therapeuten zur Verfügung stehen sollten.

    Und dann noch die Frage warum jede Klinik ihre eigene Digitalisierung umsetzen muss. Wäre nicht ein Service über z.B. die Rentenversicherung denkbar an den die Kliniken sich anschließen könnten? Dort ist die Digitalisierung wenigstens begonnen und die IT-Umsetzung scheint zu Wissen wie es grundsätzlich geht.....


    Jetzt bin ich gespannt auf die Meinungen von Euch...

    • Offizieller Beitrag

    Hier wird angesprochen, dass es eine Erleichterung wäre, wenn Rehabilitanden ihre Daten nur einmal digital und datenschutzkonform eingeben müssten und unterschiedlichen Akteuren zur Verfügung stellen könnten.


    Welche digitalen Instrumente nutzen Ärzte, Reha-Träger, Kliniken und Einrichtungen bereits? Und wie wurden bzw. werden Menschen mit Behinderungen in deren Planung und Entwicklung einbezogen?

  • Von dem Problem der mangelhaften Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen kann wahrscheinlich jeder ein Lied singen, der erstaunt noch Arztberichte per Post zugeschickt bekommt. So auch ich nach einer kleinen ambulanten OP in der Charité (eines solch großen und renommierten Hauses!!!).


    Beim Thema Digitalisierung ist das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich weit abgeschlagen. Viele der Chancen digitaler Technologien werden in Deutschland noch nicht genutzt, während in anderen europäischen Ländern Telemonitoring, Video-Sprechstunden und elektronische Patientenakten längst Standard sind. Es gibt zwar innovative Ideen von Unternehmen, die es aber noch nicht in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geschafft haben. Um die Entwicklung auch in Deutschland voranzutreiben, hat das Bundesgesundheitsministerium verschiedene gesetzliche Maßnahmen beschlossen, u.a. sind die Krankenkassen mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz ab Januar 2021 verpflichtet, für ihre Versicherten eine elektronische Patientenakte bereitzuhalten. Mit der E-Health-Initiative soll die Telematikinfrastruktur und die Vernetzung unter den Leistungserbringern (Ärzte, Kliniken etc.) ausgebaut werden.


    Perspektivisch soll bis 2030 das Digitalisierungsdefizit in Deutschland laut dem Bundesgesundheitsministerium überwunden sein und damit auch für Rehakliniken.

  • Der Hinweis von Frau Siebert, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens noch in den Kinderschuhen steckt, kann man nur bestätigen.


    Grundsätzlich wünschenswert wäre eine elektronische Patientenakte, die insbesondre bei chronischen Erkrankungen, Behinderungen und in Akutfällen, Allergien, Anfallsleiden, eine große Hilfe wäre. Ich habe keine Zweifel, dass die Entwicklung zu einer elektronischen Patientenakte nicht aufzuhalten ist. In Schweden ist die elektronische Patientenakte eingeführt, verbunden mit einemstrikten Primärarztsystem. Überweisungen gibt es nur nach Konsultation des Distriktarztes, diese werden im Gegensatz zu Deutschland extrem restriktiv gehandhabt.


    Allerdings sind bei der Realisierung Aspekte der ärztlichen Schweigepflicht grundlegend zu berückswichtigen


    Was soll in die Akte?

    Wer hat Einblick?

    Wie detailliert sind die Informationen?

    Wo werden die Daten gespeichert?


    Man muss davon ausgehen, dass sich digitale Daten nicht vor fremden Zugriffen schützen lassen.


    Wenn schön das Handy der Bundeskanzlerin von interessierten staatlichen Stellen durchgängig abgehört wurden, dann wird dies genauso für die Patientendaten gelten.


    'Einen Missbrauch wird man also nicht ausschließen können. Das spiel für "Otto Normalverbraucher" keine Rolle. Aber wie ist es mit Menschen, die sich zum Beispiel politisch engagieren. Welche Druckmittel können Gesundheitsdaten darstellen. Ich will nicht Schwarzmalen, aber man muss diese Möglichkeiten zumindest erörtern.


    Der Arzt, der die Schweigepflicht durchbricht, verliert seine Zulassung als Arzt. Die Schweigepflicht gilt auch über den Tod hinaus und gegenüber den Angehörigen, auch den Ehepartnern oder Kindern.


    Ein Beispiel: Ein Montagearbeiter oder ein Manager, der immer wieder wochenweise beruflich im Ausland ist, zu Hause Familie und Kinder hat, zieht sich bei einem der Aufenthalte eine Geschlechtskrankheit zu. Beide Ehepartner sind Patienten des gleichen Hausarztes. Auch wenn die Ehefrau Ihren Arzt fragt, warum Ihr Mann für einige Tage nicht mit ihr verkehren möchte, darf der Arzt hierzu nichts sagen, er würde sonst seine Approbation verlieren. Soll die Diagnose in die elektronisch Datei?


    Ich bin dankbar wann ein analoger Arztbrief über eine Behandlung an meine Adresse geschickt wird, vielleicht etwas altmodisch, dafür sicher.


    Es soll ausdrücklich betont werden, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranzutreiben ist, auch um die Diagnosen und die Therapie zu verbessern und um unnötige Untersuchungen zu vermeiden. Wenn zum Beispiel eine MRT bei Rückenschmerzen keine pathologischen Befund ergeben hat, dann müßte dies dazu führen, dass eine weitern gleichartigen Untersuchungen zu Lasten der Krankenkasse durchgeführt werden dürfen - soweit es die Leilinien vorsehen. Damit ließe sich eine teil der Überversorgung mit technischen Untersuchungen - ohne Gefahr für die Patienten - abbauen.

  • Aus den Reha- Einrichtungen, die unser Verband als Gesellschafter führt kann ich berichten, dass die Digitalisierung in den einzelnen Krankenhäusern und Reha- Einrichtungen sehr sehr unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Neben den gewachsenen Strukturen in den einzelnen Häusern, dem erforderlichen Fachpersonal für die Umsetzung stehen einer Vereinheitlichung viele weitere Barrieren im Wege. Zum Einen sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben des Gesetzgebers zu beachten- Zum Anderen besteht Uneinigkeit über bestimmte Vereinheitlichungen und Vereinfachungen nicht nur mit den einzelnen Leistungsträgern sondern auch mit z.B. den niedergelassenen Ärzten und Behandlern der Patienten. Tatsächlich zeigen sich im Detail große Abstimmungsbedarfe zwischen den Einrichtungen und den Leistungsträgern aber eben auch den Patientenrechten. Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz soll und wird Einiges zu diesem Thema angestoßen. Der Umsetzungsprozess wird erfahrungsgemäß jedoch dauern. Die elektronische Patientenakte zum Beispiel ist noch immer nicht wie erwünscht eingeführt. In anderen Ländern ist man weiter, Lettland z.B. nimmt in Europa eine Vorreiterrolle ein.

  • Die Digitalisierung im Gesundheits- und Sozialwesen ist ein vielschichtiges und komplexes Themenfeld. Kurz zusammengefasst könnte die Telematikinfrastruktur mit z.B. der elektronischen Gesundheitskarte genannt werden. Daneben gibt es die Digitalisierung in der Berufspraxis. Hier können z.B. die Patient:innenportale genannt werden. Auf der einen Seite können diese das Entlassmanagement und den Zugang zur Rehabilitation unterstützen. Diese sollten dann jedoch beispielsweise die Nachvollziehbarkeit von Auswahllogarithmen, die Datensicherheit und Nutzer:innenfreundlichkeit erfüllen. Deshalb sollten sich auch die Fachkräfte der Sozialen Arbeit in de Sozialdiensten mit der Telematikinfrastruktur und der Digitalisierung auseinandersetzen, um sich in organisationsinternen Prozess aktiv einzubringen. So ist beispielsweise eine frühzeitige Anbindung der Sozialdienste an den digitalen Aufnahme- und Entlassprozess wichtig.


    Im Kontext der Digitalisierung in der Berufspraxis möchte ich auf das Forschungsprojekt „SmarteInklusion“, mit dem Ziel der Förderung der Inklusion von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen und geistiger Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt hinweisen (https://www.smarte-inklusion.de/). Die in dem Projekt entwickelte App RehaGOal soll im Rahmen der beruflichen Rehabilitation in der Umsetzung von komplexen Aufgaben am Arbeitsplatz Menschen mit kognitiven Einschränkungen unterstützen. So kann die Digitalisierung in Verbindung mit spezifischen Angeboten für bestimmte Zielgruppen helfen Barrieren zu verringern.