Beschäftigung und Beschäftigungsbedingungen in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM)

    • Offizieller Beitrag

    Nachdem im Strang Den Übergang aus den WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern bereits intensiv über Anreize zum Übergang aus der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt diskutiert wird, sollen hier noch einmal die Beschäftigung in WfbMs an sich und die Beschäftigungsbedingungen betrachtet werden.

    • In seinen Abschließenden Bemerkungen 2015 hat der UN-Fachausschuss die schrittweise Abschaffung der WfbM gefordert. Wie ist diese Empfehlung vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen und der Abschließenden Bemerkungen 2023 zu bewerten?
    • Mit dem Auftrag zur Erstellung einer Studie über das Entgeltsystem in WfbM hat das BMAS auf darauf bezogene Kritik reagiert und Lösungsvorschläge erarbeiten lassen. In den Abschließenden Bemerkungen zur Umsetzung der UN-BRK in Österreich und der Schweiz kritisierte der UN-Fachausschuss Sonderregelungen über Rechtsstellung, Rechtsbeziehung und Entlohnung von Werkstattbeschäftigten. Ist die Beschäftigung/sind die Beschäftigungsbedingungen in deutschen WfbM weiterzuentwickeln und wenn ja, wie könnte dies gelingen?

    (Dies sind Impulsfragen des Teams)

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    • In seinen Abschließenden Bemerkungen 2015 hat der UN-Fachausschuss die schrittweise Abschaffung der WfbM gefordert. Wie ist diese Empfehlung vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen und der Abschließenden Bemerkungen 2023 zu bewerten?"

    Die Abschließenden Bemerkungen 2023 ERGÄNZEN die von 2015, darauf weist das DIM, die Monitoringstelle, immer wieder hin. Die Forderung der schrittweisen Abschaffung gilt also weiterhin, auch wenn das so mancher nicht wahrhaben will und gerne umdeutet. Der 2. Spiegelstrich erübrigt sich also. Es gilt nicht, WfbMs "weiterzuentwickeln", sondern sie nach und nach abzuwickeln und die Beschäftigungsverhältnisse, die ja gar keine sind, in normale Beschäftigungen mit allen AN-Rechten und Pflichten (und natürlich den "angemessenen Vorkehrungen") umzuwandeln. On nun WfbMs zu Inklusionsunternehmen werden, sich nur noch auf Unterstützungsmaßnahmen konzentrieren, oder wie auch immer. DAS ist das politische Ziel.

  • Wichtig ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass Abschaffung nicht bedeuten kann, die WfbM unter den jetzigen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu schließen. Dies würde vielen Menschen mit Behinderung jegliche Teilnahmemöglichkeit am Arbeitsleben nehmen, da der allgemeine Arbeitsmarkt zu wenig offen und zu wenig inklusiv ist. Leider geben die höheren Arbeitslosenquoten und die längeren Zeiten der Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderun im Vergleich zu Menschen ohne Behinderung immer wieder Zeugnis davon.


    Die Weiterentwicklung würde zunächst einmal darin bestehen, die Beschäftigten in der WfbM regelhaft in einem Arbeitsverhältnis zu beschäftigen und einen (staatlich subventionierten) Mindestlohn zu zahlen. Ziel wäre also die Arbeitsbedingungen innerhalb des Arbeitsbereiches diskriminierungsfrei auszugestalten. Da in § 221 Abs. 1 SGB IX bereits die Arbeitnehmerstellung als Möglichkeit normiert ist, bedürfte es allein dafür keiner Rechtsänderungen. Es ist nach meiner Auffassung sogar davon auszugehen, dass unter konventionskonformer Auslegung des in § 611 a BGB normierten Arbeitsverhältnisses bereits ein nicht unerheblicher Teil der Beschäftigten bereits heute Arbeitnehmer sind. Dies müsste jedoch in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren festgestellt werden, d.h. ein Beschäftigter, der die Voraussetzungen erfüllt, müsste vor dem Arbeitgericht klagen. Bislang ist jedoch nicht ausreichend geklärt, welche Rechtsfolgen sich aus der Arbeitnehmerstellung in einer WfbM ergeben. Es schließen sich verständlicherweise viele Folgefragen an. Solange das Schwerbehindertenrecht keine eigenen Schutzvorschriften für die Werkstattbeschäftigten kennt, könnte es als ein besonderes „werkstattspezifisches Arbeitsverhältnis“ aufgefasst werden, für das immer dann, wenn die Anwendung von Arbeitsrecht den rehabilitativen Schutzzweck der Beschäftigung gefährden würde, das bisherige Werkstättenrecht greift. Insgesamt sind rechtliche Reformen jedoch unerlässlich, um die weiteren einhergehenden vielschichtigen Aspekte rechtssicher für alle Beteiligten regeln zu können.

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    • In seinen Abschließenden Bemerkungen 2015 hat der UN-Fachausschuss die schrittweise Abschaffung der WfbM gefordert. Wie ist diese Empfehlung vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen und der Abschließenden Bemerkungen 2023 zu bewerten?"

    Die Abschließenden Bemerkungen 2023 ERGÄNZEN die von 2015, darauf weist das DIM, die Monitoringstelle, immer wieder hin. Die Forderung der schrittweisen Abschaffung gilt also weiterhin, auch wenn das so mancher nicht wahrhaben will und gerne umdeutet. Der 2. Spiegelstrich erübrigt sich also. Es gilt nicht, WfbMs "weiterzuentwickeln", sondern sie nach und nach abzuwickeln und die Beschäftigungsverhältnisse, die ja gar keine sind, in normale Beschäftigungen mit allen AN-Rechten und Pflichten (und natürlich den "angemessenen Vorkehrungen") umzuwandeln. On nun WfbMs zu Inklusionsunternehmen werden, sich nur noch auf Unterstützungsmaßnahmen konzentrieren, oder wie auch immer. DAS ist das politische Ziel.

    Eine Weiterentwicklung zu Inklusionunternehmen wäre eine schöne Möglichkeit. Oder eine entwicklung hin zu regulären Arbeitgebern, die u.a. über das Budget für Arbeit einstellen.

  • "rehabilitativen Schutzzweck der Beschäftigung" -

    Ja, es gab mal die Idee der "Rehabilitation". Die ist lange schon auf der Strecke geblieben. Und was den Schutz angeht: Der kann auch eine "Falle" (analog der (sonder-)schulischen "Schonraumfalle", aus der die meisten WfbM-Beschäftigen kommen) sein.

  • Eine Weiterentwicklung zu Inklusionunternehmen wäre eine schöne Möglichkeit. Oder eine entwicklung hin zu regulären Arbeitgebern, die u.a. über das Budget für Arbeit einstellen.

    ...ja, ich hatte das im Strang Den Übergang aus den WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern auch schon geschrieben und bringe das hier gern noch mal ein, eine direkte Verlinkung habe ich leider nicht hinbekommen :/:

    Wir planen in Baden-Württemberg als Integrationsamt / Inklusionsamt gerade einen Modellversuch für´s kommende Jahr, um (einige) Beschäftigte aus WfbM zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten werden zu lassen: WfbM können dazu einzelne Tätigkeitsbereiche in Inklusionsbetriebe oder Inklusionsabteilungen umwandeln. Der Prozess wird begleitet, betriebswirtschaftlich und juristisch beraten und natürlich auch finanziell gefördert werden. Es ist eine Maßnahme, ein Versuch, neue Wege zu finden, um Übergänge aus WfbM zu fördern und vielleicht auch, um Wege zu finden, die Struktur von WfbM zu wandeln und weiterzuentwickeln... Ich bin sehr gespannt auf die Erfahrungen, die wir dabei machen werden!

  • Noch ein abschließendes Wort (die Diskussion endet ja bald) zu den so viel gelobten Außenarbeitsplätzen:

    10% machen sie aus in den WfbMs, und 60% von ihnen sind "Gruppenarbeitsplätze". Das sind die ausgelagerten "Brigaden", die ihre Anleiter*innen mitbringen und meist völlig separat vor sich hin arbeiten, Zb die Gartenanlagen pflegen, putzen oder verpacken. Und wenn man die MA*innen der Unternehmen nach ihnen befragt, dann hört man Sätze wie "ja, das sind die Behinderten. Von denen bekommen wir nicht viel mit..." Und das soll ein erster Schritt für reguläre Arbeitsplätze sein? Daran glaube ich keine Sekunde.