Pflegebedürftig - wer hilft konkret, wenn alles anders wird?

  • Die Reha wirf nicht verlängert, weil eine Woche mehr wohl keine Verbesserung bringt. Aber was passiert dann, wenn Betroffene nach Hause sollen und noch immer Hilfe bräuchten für grundlegende Dinge? Jemanden, der sie vom Bett in den Rollstuhl hebt, bei Bedarf zur Toilette bringt oder der die Bettpfanne leert. Wer kümmert sich darum, dass das Wohnumfeld vorbereitet wird? Wer begleitet Angehörige in dieser ersten Zeit mit großen Umstellungen? Der Papierkrieg und die Begutachter überfordern die Betroffenen und ihre Angehörigen.
    Und ist ab dann keine Reha-Maßnahme mehr möglich? Gilt man dann als austherapiert?

  • Der Anspruch auf Pflegeberatung für Versicherte gesetzlich festgeschrieben. Dafür sind von den Kranken- und Pflegekassen so genannte Pflegestützpunkte als regionale, wohnortnahe Anlaufstelle eingerichtet worden. Dort können Sie kostenfrei Pflegeberatung in Anspruch nehmen. Pflegeberater (Mitarbeiter der Pflegekassen) besuchen Sie auf Wunsch auch Zuhause.
    Pflegeberater unterstützen Sie darin, die Pflege zuhause zu organisieren und geeignete Hilfe- und Unterstützungsangebote (Pflege-, Versorgungs- und Betreuungsleistungen) zu finden. Sie werden aber auch dabei unterstützt, einen Antrag bspw. auf Begutachtung der Pflegebedürftigkeit oder andere Leistungen der Pflegeversicherung zu stellen.
    Informationen zu den Pflegestützpunkten in Ihrer Region erhalten Sie über das Bürgertelefon, Ihre Kranken-/Pflegekasse oder das örtliche Gesundheitsamt.

    • Offizieller Beitrag

    Eine Frage blieb hier noch offen:


    Und ist ab dann keine Reha-Maßnahme mehr möglich? Gilt man dann als austherapiert?


    Dies betrifft wohl den Fall, dass eine Reha nicht verlängert wurde. Wer hätte dazu Antworten?


    Freundliche Grüße vom Team

  • Nach abgeschlossener medizinischer Rehabilitationsmaßnahme sollte der Rehabilitationserfolg im ambulanten Bereich weiter stabilisiert und ausgebaut werden. In der Regel sind dann Maßnahmen der Heilmittel-Therapie, wie Krankengymnastik, Ergotherapie oder auch ( z.B. nach Schlaganfall mit Sprachstörungen) Logopädie angezeigt. Die Verordnung erfolgt durch den betreuenden Haus-oder Facharzt.
    Die gesetzlich definierte Frist für die erneute Inanspruchnahme einer medizinischen Rehabilitationsleistung beträgt 4 Jahre. Von dieser kann aber durchaus bei medizinischer Dringlichkeit abgewichen werden.
    Eine medizinische Dringlichkeit kann sich ergeben, wenn eine neue Erkrankung hinzugekommen ist, z.B. erfolgte die erste Rehabilitation nach der Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes und später kommt es zu einem Herzinfarkt.
    Eine vorzeitige medizinische Rehabilitation kann aber auch angezeigt sein, wenn es unter den ambulanten Therapien , z.B. nach einem Schlaganfall,zu einer erneuten Verschlechterung kommt.
    Die erneute Rehabilitationsbedürftigkeit ist immer individuell zu prüfen.

  • Frau Grundtke schrieb: "Der Anspruch auf Pflegeberatung für Versicherte gesetzlich festgeschrieben." Ja - nur umgesetzt wird er höchst unzureichend. Das gilt insbesondere für den sozialrechtsübergreifenden Beratungsauftrag und den Fallmanagementauftrag der Beratung nach § 7 ba SGB XI. Und von einer flächendeckenden Verfügbarkeit von Pflegestützpunkten kann noch keine Rede sein. Problematisch ist auch, dass hier die Kranken- und Pflegekassen, also Kostenträger, Träger der Beratung sind; teils gleich im Zusammenwirken mit dem Sozialhilfeträger. Für die wirtschaftlichen Akteure am Pflegemarkt (Kostenträger und Leistungserbringer) kann Pflegeberatung auch ein Instrument "strategischer Kundensteuerung" sein. Damit Beratung ihrer "anwaltlichen" Funktion für die berechtigten Interessen und Bedürfnisse der Ratsuchenden ohne Gefahr sachfremder (wirtschaftlicher) Einflüsse nachkommen kann, sollte sie von Kostenträgern und Leistungserbringern gleichermaßen unabhängig organisiert sein.

  • Gern möchte ich der Sorge meines Vorredners begegnen: Nach meinem Dafürhalten ist die Pflegeberatung keinesfalls ein Instrument der „strategischen Kundensteuerung“. Vielmehr liegt in der Pflegeberatung die Chance der gezielten Steuerung komplexer Fallgestalten – durch die Erstellung von Versorgungsplänen, Begleitung der Pflegebedürftigen und letztlich der interdisziplinären Zusammenarbeit im Fallmanagement. So werden Versorgungsbrüche reduziert und Schnittstellenmanagement zwischen unterschiedlichen Versorgungssektoren optimiert.
    Mit Blick auf die „Schriftenreihe Modellprogramm zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung. Pflegeberatung. (2010) GKV-Spitzenverband (Hrsg.) Band 10. verweise ich auf die in diesen Band eingeschlossenen Berichte des GKV-Spitzenverbandes zur „Evaluation der Pflegeberatung nach § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB XI“ sowie zur „Evaluation der Pflegeberatung nach § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB XI“ (ebd.).


    Die Kurzbefragung von 161 Pflegekassen, Fallstudien sowie die repräsentative Nutzerbefragung von ca. 1.000 Pflegehaushalten (ebd.) brachten hervor, dass sich Pflegebedürftige und deren Angehörige sehr von einer Pflegeberatung profitiert haben. Dies insbesondere dann, wenn sie in ein Fallmanagement eingeschlossen waren bzw. von diesem Angebot der Pflegestützpunkte Gebrauch gemacht haben.Die Evaluationsergebnisse zeigen deutlich, dass die Pflegekassen eine Beratungsqualität und -struktur anbieten, die in der Einschätzung Pflegebedürftiger und deren Angehöriger die Beratungsbedarfe trifft. Der Evaluationsbericht verweist darauf, dass vier von fünf Befragten, die Pflegeberatung durch die Pflegekassen in Anspruch genommen haben, sehr zufrieden sind und sich sehr gut beraten gefühlt haben (ebd., S. 11).


    „79% derjenigen, die eine ausführliche Beratung durch die Kranken- und Pflegekasse erhalten haben,geben an, dass sie die Beratung sehr oder eher hilfreich fanden.“ (ebd., S. 31 )


    „ Ein wichtiger Befund betrifft die Neutralität der Beratung, die der Evaluation zufolge beiden Pflegekassen gewährleistet ist, was sowohl durch die Auswertung der detailliertenBeratungsprozesse als auch der repräsentativen Nutzerbefragung belegt wird.“ (ebd. S. 34)


    Entwicklungshistorisch gesehen, sind die Implementierungsstrategien der Pflegestützpunkte durch Pflegekassen regional ganz unterschiedlich, was damit zusammenhängt, dass in einigen Regionen schon vor Verabschiedung des Pflegeweiterentwicklungsgesetztes eine gut ausgebaute Beratungsinfrastruktur vorhanden war (ebd.). Pflegestützpunkte sind möglichst in vorhandene Beratungsstrukturen integriert worden - entweder in den Pflegekassen selbst, in Beratungsstrukturen der Kommunen oder Wohlfahrtsverbände. Damit ist die Befürchtung "sachfremder (wirtschaftlicher) Einflüsse“ (aus vorherigem Beitrag) nicht geboten.


    Die Hier zitierte Studie finden Sie unter nachstehendem Link: https://www.gkv-spitzenverband…nreihe_Pflege_Band_10.pdf

  • Dass diejenigen, die Zugang zur Pflegeberatung oder gar zum Fallmanagement finden konnten, das hilfreich fanden, ist normal. (Man stelle sich vor, sie hätten es als "nicht hilfreich" wahrgenommen!) Die Frage ist gleichwohl, in wieweit die 7a-Beratung der Kranken- und Pflegekassen (innerhalb oder außerhalb von Pflegestützpunkten) für die potenziellen Ratsuchenden zugänglich (bekannt, auffindbar, erreichbar) ist und ob sie das leistet, was die gesetzliche Regelung vorsieht. Ich stütze meine kritische Auffassung u. a. auf den Evaluationsbericht des GKV-Spitzenverbands vom Dezember 2011, der zahlreiche kritische Befunde beinhaltet, obwohl der Spitzenverband ja eher ein Interesse hat, die Leistungen seiner Mitglieder in möglichst gutem Licht erscheinen zu lassen. Art und Umfang der gesetzlich geforderten sozialrechtsübergreifenden (auch: SGB IX, XII, (Familien-)Pflegezeitgesetz) wurden darin allerdings nicht näher untersucht. In NRW weist die Landschaft der Pflegeberatung eine große "Vielfalt" (Leistungserbringer, Kassen, Kommunen, Verbraucherzentrale, privat-gewerbliche Anbieter) und ebenso große Unübersichtlichkeit auf. Pflegestützpunkte bestehen nur in etwa der Hälfte der Kreise/kreisfreien Städte. Man bräuchte "Ratgeber", um sich auf dem "Beratungsmarkt" zu orientieren - zusätzlich zu den Ratgebern, die der Orientierung auf dem Pflegemarkt dienen sollen. Am bekanntesten sind nach wie vor die Beratungsangebote von Leistungserbringern (GKV-SpV). Betroffene, die meist sehr rasch ein passendes Pflegearrangement benötigen, stehen hier vor Hürden - insbesondere, wenn es um komplexere Arrangements häuslicher Versorgung geht. Viele verlassen sich da lieber auf Hinweise anderer Betroffener aus ihrem Umfeld, als sich um ein "institutionalisiertes" Beratungsangebot zu bemühen.
    In wieweit die Beratung derzeit tatsächlich als Instrument "strategischer Kundensteuerung" genutzt wird, muss hier offen bleiben. Viele potenzielle Ratsuchende haben den Verdacht, dass ihre Bedürfnisse in der Beratung eher eine untergeordnete Rolle spielen (GKV-SpV). Bertelsmann-Stiftung und Prognos AG messen in ihrem (sparpolitischen) Konzept "regionaler Pflegebudgets) der Beratung jedenfalls eine "hohe" strategische Bedeutung zu.

  • Nach nunmehr 3 Jahren Pflegestudium mit integrierter Berufsausbildung und zahlreichen Praktika u.a. in Pflegestützpunkten können wir Ihnen versichern, dass Pflegestützpunkte/Pflegeberater, ebenso wie Hausärzte und Pflegefachkräfte stets eine kompetente und neutrale Anlaufstelle für Ihre Fragen rund um Entlastungs- und Unterstützungsangebote sind. Sie profitieren hier von reichem Erfahrungsschatz und breiter Wissensbasis. So haben wir selbst erlebt, dass recht schnell, zeitnahe zum Beratungsbedarf und in interdisziplinärer Absprache (mit dem Hausarzt, mit Leistungserbringern wie bspw. Krankenhaus oder Rehabilitationseinrichtung) ein Versorgungsplan und ein Versorgungsnetz gestaltet werden konnte, welches der Ratsuchende in Anspruch nehmen kann. Die Beratungen sind kostenfrei und finden auf Wunsch auf Wunsch sogar in der Häuslichkeit, telefonisch oder auf dem Emailweg statt.

  • Aus meiner Sicht ist die Pflegeberatung ein sehr sinnvolles Instrument , welches sehr gut geeignet ist bei der Bewältigung von Problemen zu helfen, bzw. deren Entstehung verhindern zu helfen. Nicht nur die durchweg sehr positiven Rückmeldungen der Betroffenen veranlassen mich zu diesem Schluss , sondern auch die Analyse der Beratungsergebnisse. In einer Vielzahl der Fälle können Defizite in der Versorgung zu einem sehr frühen Zeitpunkt ausgeglichen werden , und werden nicht erst dann angegangen, wenn im Rahmen der eigentlichen Pflegebegutachtung festgestellt wird, dass die Pflege im häuslichen Bereich nicht sichergestellt ist.