Einem Beschäftigten im öffentlichen Dienst (Bund) wird vom Arbeitgeber auferlegt, dass wenn er mit seinem Blindenhund das Gebäude zwecks "Gassigehen" während der Arbeitszeit verlässt, am Zeiterfassungsgerät auszustempeln hat. Ist die Weisung des Arbeitgebers rechtlich i.O.?
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Diese Frage könnte Gegenstand einer Betrieblichen Inklusionsvereinbarung zwischen Schwerbehindertenvertretung und Diensthern nach § 83 SGB IX werden und dort im Sinne einer Abwägung gelöst werden, die auch berücksichtigt, dass der Blindenhund Voraussetzung der vollen Arbeitsfähigkeit sein kann.
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Diese interessante und wichtige Frage betrifft Grundelemente des heutigen Arbeitsrechts. Jede Arbeitspflicht muss grundlegende menschliche Bedürfnisse berücksichtigen, deshalb ist nach allgemeiner Ansicht, die "Pinkelpause" Teil der bezahlten Arbeitszeit. Niemand muss deswegen ausstechen. Sie ist daher keine unbezahlte Pause nach § 4 ArbZG. In einigen Tarifverträgen ist die Kategorie der bezahlten Bedürfniszeit ausdrücklich anerkannt worden (Steinkühler AiB 2008, 506, 507; zur Bedeutung der Pinkelpause in der digitlaen Arbeitswelt Kohte NZA 2015, 1417,1422).
Mit derselben Begründung ist auch die "Gassipause" des Blindenhundes anzuerkennen, denn eine solche Pause ist für den blinden Beschäftigten unverzichbar. Ich stimme dem Vorschlag von Felix Welti zu, dass bei Konflikten um diese Pause eine Regelung in der Inklusionsvereinbarung sinnvoll ist. Sie ist ein anschauliches Beispiel für die Notwendigkeit "angemessener Vorkehrungen" zur behinderungsgerechten Gestaltung der Arbeitsorganisation.