Abstract von Prof. Dr. Katja Nebe, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, zu ihrem Vortrag im Rahmen des DVfR-Symposiums „Arbeitsmedizin und Rehabilitation – Wege zur Teilhabe im Arbeitsleben“ am 8. März 2018
Zielsetzung: Mit der Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hat sich Deutschland verpflichtet, einen inklusiven Arbeitsmarkt zu schaffen und gleichberechtigte Erwerbsteilhabe auch für Menschen mit Behinderung in einem für sie diskriminierungsfrei zugänglichen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sowohl im Staatenbericht als auch im Rahmen einer Individualbeschwerde ist Deutschland für seinen stark segregierten Arbeitsmarkt deutlich kritisiert worden. Das Bundesteilhabegesetz will die Barrieren durch personenzentrierte Leistungen abbauen. Im Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist ein Anspruch auf ein sogenanntes Budget für Arbeit verankert worden, vgl. § 61 SGB IX. Damit soll besonders benachteiligten behinderten Menschen der Übergang aus der Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gelingen. Das Budget für Arbeit setzt sich aus einem Lohnkostenzuschuss und der Unterstützung für die Begleitung am Arbeitsplatz, beides gegebenenfalls als Dauerleistungen, zusammen. Die gesetzliche Regelung basiert auf positiven Erfahrungen mit Modellprojekten in den Bundesländern.
Methoden: Im Zuge eines qualitativen Forschungsprojekts zur Untersuchung der Modelle der Bundesländer zum Budget für Arbeit konnten Gelingensbedingungen für erfolgreiche Übergänge aus Sonderausbildungs- und Sonderarbeitswelten untersucht werden. Diese Erkenntnisse konnten bereits im Zuge des Gesetzgebungsprozesses zum Bundesteilhabegesetz (BTHG) eingebracht werden. Vor allem aber lässt sich aus den Erfahrungen mit den Modellprojekten der nunmehrige Implementationsprozess für das erstmals gesetzlich verankerte Budget für Arbeit kritisch begleiten. Hierzu werden die ersten wissenschaftlichen Texte zur Neuregelung, aber auch die untergesetzlichen Verwaltungsregeln der Leistungsträger zur Umsetzung der Sozialleistung gesichtet und am Maßstab der Vorgaben der UN-BRK und der Empfehlungen des Ausschusses gemessen. Die hierdurch gewonnenen Erkenntnisse sind Teil des Vortrages.
Ergebnisse/Schlussfolgerung: Erste Analysen zeigen, dass die gesetzliche Ausgestaltung der normierten Sozialleistung auf ein Budget für Arbeit durch das BTHG hinter den Anforderungen der UNB-RK und auch hinter verschiedenen Modellprojekten der Bundesländer zurückbleibt. Die Defizite werden im Vortrag aufgezeigt. Trotz dieses kritikwürdigen Befundes werden die Chancen einer solchen Budgetleistung dargelegt. Mit der Perspektive auf die Möglichkeiten rückt zugleich die Verantwortung der Akteure des allgemeinen Arbeitsmarktes einschließlich der für den Arbeits- und Umweltschutz Verantwortlichen in den Blick.
Referenzen:
- Nebe/Waldenburger, Budget für Arbeit, Forschungsprojekt im Auftrag des Integrationsamtes des Landschaftsverbandes Rheinland, 2014.
- Schartmann, Beitrag D56-2016 unter www.reha-recht.de.
- Schimank, Beitrag D60-2016 unter www.reha-recht.de.