Abstract von Prof. Dr. Wolfhard Kohte, ZSH Halle (Saale), zu seinem Vortrag im Rahmen des DVfR-Symposiums „Arbeitsmedizin und Rehabilitation – Wege zur Teilhabe im Arbeitsleben“ am 8. März 2018
Zielsetzung: Die Digitalisierung der Arbeitswelt ändert mit großem Tempo Arbeitsformen und Arbeitsbedingungen. Arbeitswissenschaftliche Untersuchungen haben erste Eckpunkte sowie Chancen und Risiken geklärt, Änderungen des Arbeitsrechts können diese Aufgaben verdeutlichen. Beides wird in diesem Beitrag dargestellt. Zu den Chancen rechne ich verbesserte Möglichkeiten der Eingliederung für Menschen mit Behinderungen und für ältere Beschäftigte. Die Digitalisierung der Produktion ermöglicht eine Verringerung körperlich schwerer Arbeit und einen besseren Einsatz von Assistenzsystemen. Digitale Ergonomie ist zu beachten. Zu den Risiken gehören die Beschleunigung des Wandels und die Organisation vieler Prozesse in „Echtzeit“, so dass Multitasking, intensive Arbeitstätigkeiten und Entgrenzungen der Arbeitszeit zunehmen.
Methoden/Aufgaben: Durch das Betriebliche Eingliederungsmanagement können die Chancen der Digitalisierung zur Geltung gebracht werden, wenn der vom Bundesarbeitsgericht eingeleitete Perspektivenwechsel auch in der Praxis vollzogen wird. Für BEM-Gutachten verlangt das BAG zutreffend die Verlagerung des Schwerpunkts von der Beschreibung individueller Defizite zur Erfassung von Ressourcen sowie von Gestaltungs- und Organisationsmöglichkeiten.
Aus dieser Gemengelage ergeben sich für die Akteure des Arbeitssicherheitsrechts zunächst Aufgaben der Grundbetreuung und der präventiven Gestaltung sowie der Beratung im Arbeitsschutzausschuss. Ihr Fachwissen ist wichtig für die Arbeit an Gefährdungsbeurteilungen, die schnell und in großer Zahl zu erstellen sind, sowie für die Einrichtung von Telearbeitsplätzen. Die Unterweisung der Telebeschäftigten ist eine spezifische Herausforderung.
Dies sind Aktivitäten, die in den typisierten Einsatzzeiten der Grundbetreuung der DGUV-Vorschrift 2 zu erbringen sind; sie erfordern eine enge Zusammenarbeit mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie den Interessenvertretungen und die Nutzung gemeinsamer Betriebsbegehungen. Für die arbeitsmedizinische Vorsorge wird eine Angebotsvorsorge für die „Tätigkeiten an Bildschirmgeräten“ vorgeschrieben. Die bisher übliche Beschränkung auf bestimmte Arbeitszeitquanten ist bewusst gestrichen worden, weil sie der heutigen flexiblen Arbeitssituation nicht gerecht werden. Diese Angebote gehören zur Betriebsbetreuung, die nicht mit den Einsatzzeiten der Grundbetreuung verrechnet werden darf.