Auswirkungen auf Teilnehmende an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben

  • Hallo,
    ich arbeite als Qualifizierungstrainerin in der Maßnahme der Unterstützten Beschäftigung (§ 55 SGB IX).
    Ich mache derzeit die schmerzhafte Erfahrung, dass viele Teilnehmende, die sich in der Qualifizierungsphase der Unterstützten Beschäftigung befinden, trotz bereits erfolgter Einstellungszusage aus den Betrieben müssen.


    Davon abgesehen gab es den Fall eines Teilnehmers, der bereits in einemArbeitsverhältnis steht und eine Berufsbegleitung in Anspruch nimmt. Als einziger Mitarbeiter kam er nach wie vor mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. Alle seine übrigen Kollegen kamen wegen der Corona-Krise mit dem Fahrrad zur Arbeit. Da der Betrieb fürchtete, dass er sich durch die Nutzung des ÖPNV infizieren und dann Kollegen anstecken würde, wurde er gezwungen, Urlaub zu nehmen. Ist das in Ordnung?


    Vielen Dank.

  • Hallo,


    also sowas macht mich sprachlos:
    Davon abgesehen gab es den Fall eines Teilnehmers, der bereits in einem Arbeitsverhältnis steht und eine Berufsbegleitung in Anspruch nimmt. Als einziger Mitarbeiter kam er nach wie vor mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. Alle seine übrigen Kollegen kamen wegen der Corona-Krise mit dem Fahrrad zur Arbeit. Da der Betrieb fürchtete, dass er sich durch die Nutzung des ÖPNV infizieren und dann Kollegen anstecken würde, wurde er gezwungen, Urlaub zu nehmen. Ist das in Ordnung?


    Nein das ist arbeitsrechtlich nicht haltbar und zudem auch praktisch recht absurd. Die Gefahren im derzeit recht leeren ÖPNV sind nicht höher als in einem Supermarkt und gehen die Fahrradfahrer nicht einkaufen? Wenn der AG die Person nicht im Haus haben will, soll er ihn bezahlt freistellen, das kann er machen solange er Lust hat für nichts zu zahlen. (Na ja, stimmt auch nicht ganz, ich weiß!) Zum Urlaub zwingen kann der AG so einfach nicht.

  • Zunächst noch mal diese ganz generellen Infolinks zum Thema Rehamaßnahmen



    https://www.bar-frankfurt.de/a…ieren-weiterhin-1233.html
    https://www.ihre-vorsorge.de/m…eha-lta-trotz-corona.html


    https://www.bag-ub.de/wb/seminarangebote


    https://www.dgb.de/themen/++co…cd-11ea-b9ef-52540088cada Fragen und Antworten Arbeitsrecht in Zeiten von Corona.


    Der Arbeitgeber darf ggf. Freistellen, behält aber nach § 615 oder § 616 BGB die Vergütungspflicht. Der Arbeitgeber muss aber zuvor andere Möglichkeiten der gefahrlosen Beschäftigung zumutbar ausloten (räumliche Trennung, Home-Office etc.). Zwangsbeurlaubung unter Anrechnung auf regulären Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz wohl eher nicht, da es hier nicht um Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers geht...(wäre im Einzelfall genauer zu eruieren). Auch das Diskriminierungsverbot nach AGG aufgrund von Krankheit und Behinderung bzw. das Institut der Angemessenen Vorkehrungen nach der UN-Behindertenrechtskonvention müssen beachtet werden.


    DR. Theben
    Rechtsanwalt