Beiträge von barbara vieweg

    Die Frage ist doch, wie machen wir das Budget für Arbeit bei Arbeitgebern bekannt?


    Es ist in den letzten Jahren schon sehr viel unternommen worden, um Arbeitgeber für die Belange von Menschen mit Behinderungen aufzuschließen. Meiner Erfahrung nach sind für eine bessere Nutzung des Budgets für Arbeit nicht die Arbeitgeber das Problem. Karl-Heinz Miederer von Access gGmbH sagte dieser Tage in einem Vortrag, dass ihr Dienst 14 Tage braucht, um einen Praktikumsplatz für Interessenten am Budget für Arbeit zu finden. Wenn ein Arbeitgeber gefunden wurde, der jemanden über das Budget für Arbeit einstellen will, dauert es dann mehrere Monate bis der entsprechende Bewilligungsbescheid vorliegt.


    Ein Hemmnis für die Budgets für Arbeit stellen allerdings Außenarbeitsplatze der Werkstatt für behinderte Menschen dar. Eigentlich wäre es nicht so schwer, einige von ihnen in ein Budget für Arbeit umzuwandeln. Nur ist es für Arbeitgeber sehr viel angenehmer nicht die Arbeitgeberfunktion zu übernehmen und z. B. mehrere Monate auf einen Bewilligungsbescheid warten zu müssen. In den Werkstätten haben die Arbeitgeber einen verlässlichen Ansprechpartner für ihre Außenarbeitsplätze. Etwas Vergleichbares gibt es für das Budget für Arbeit leider nicht.


    Wie erfahren Leistungsberechtigte, die nicht in der Werkstatt arbeiten vom Budget für Arbeit?


    Für die Werkstätten wäre es leicht, die Beschäftigten über die Möglichkeit des Budgets für Arbeit zu informieren. Die Frage ist hier eher, warum tun sie es so selten?


    Wie kommen potenzielle Arbeitgeber und mögliche Budgetnehmer zusammen und können ausprobieren, ob sie zusammenpassen?


    Wer sucht für einen Leistungsberechtigten, der nicht in die Werkstatt möchte, sondern das Budget für Arbeit, einen geeigneten Arbeitsplatz?


    Leider fehlt eine Finanzierung für die Anbahnung eines Budgets für Arbeit. Hier wäre eine Lösung nach dem Modell der Unterstützten Beschäftigung sinnvoll. Eine Phase, die ausgehend von den Ressourcen und Interessen der Menschen mit Behinderungen Arbeitsplätze ermittelt. Solange ein solches Angebot fehlt, wird es das Budget für Arbeit schwer haben.



    Die Agentur für Arbeit fühlt sich bisher in diesen Fällen nicht zuständig.


    Das Budget für Arbeit ist eine Alternative zum Arbeitsbereich der Werkstatt und aus diesem Grund ist die Eingliederungshilfe dafür zuständig. Allerdings könnte die Agentur für Arbeit vor der Bewilligung einer Werkstattbeschäftigung, die Menschen mit Behinderungen besser über Alternativen informieren und ihnen konkrete Schritte nennen.

    Was ist das Budget für Arbeit?


    Es ist ein Lohnkostenzuschuss, der nicht zeitlich begrenzt ist und bis zu 75 % des vom Arbeitgeber gezahlten Gehalts oder Lohn beträgt. Aktuell höchstens 1.316 €.


    Wer kann es beantragen?


    Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben, eine tatsächliche Beschäftigung dort ist aber nicht Bedingung.


    Was sind die allgemeinen Voraussetzungen der Inanspruchnahme?


    Für eine Bewilligung muss ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis in Aussicht sein.


    Ist ein bewilligtes Budget für Arbeit zeitlich limitiert?


    Auch wenn die Bewilligung zunächst z. B. auf zwei Jahre befristet ist, bedeutet es keine zeitliche Begrenzung. So lange eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit dem Budget für Arbeit möglich ist, kann das Budget für Arbeit gewährt werden.


    Ist der Anspruch durch das Lebensalter des Antragstellenden begrenzt?


    Durch Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze.

    Die hohe Abbruchquote hat sicherlich viele Gründe. Für Auszubildende mit Behinderung ist aber sehr wichtig, dass es eine Stelle gibt, die sich hier verantwortlich fühlt und nach den Gründen sucht. Sind es fachliche Themen, die Schwierigkeiten bereiten oder sind es z. B. eher atmosphärische Gründe? Oft hat sich die Frustration so angestaut, dass es erst viele Fehlzeiten gibt und dann zu Abbruch kommt.
    Wenn eine Schwerbehindertenvertretung vorhanden ist, sollte diese sich dafür verantwortlich fühlen können und braucht dann aber auch die Zeit sich darum zu kümmern. Viel zu oft wird der Abbruch einer Ausbildung bei Jugendlichen mit Behinderung als folgerichtig gesehen. Hier zeigen sich auch viele Vorurteile, die sich durch die Abbrüche zu bestätigen scheinen.
    Betriebliche Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderung ist kein Selbstläufer. Meiner Erfahrung nach, spielen persönliche Einstellungen gegenüber behinderter Menschen eine große Rolle.

    Eigentlich sind die Integrationsfachdienste die richtigen Stellen, um alle Fragen der Ausbildung und Beschäftigung von behinderten Menschen zu bündeln. Da diese aber seit vielen Jahren nicht mehr niedrigschwellig arbeiten können, wird hier wertvolles Potential verschenkt. Die Tatsache, dass die IFD nur mit einem konkreten Auftrag tätig werden können, führt dazu, dass sich behinderte Menschen nicht von sich aus eine Unterstützung erhalten können. Dies wäre aber auch vor der Aufnahme einer Beschäftigung oder Ausbildung sehr wichtig. Eine pauschale Förderung der IFD würde hier endlich einen einheitlichen Ansprechpartner für Menschen mit Behinderungen und Arbeitgeber schaffen.

    Eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nur in Ausnahmen und dann auch nur für 3 Tage möglich. Bei schweren gesundheitlichen Problemen, die auch länger dauern können, ist zu überlegen ob die Person die Ausbildung oder Maßnahme unterbricht und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnimmt. Entweder im nächster Jahrgang oder durch einen individuellen Lehrplan. Das funktioniert aber nur in einer vertrauensvolle Atmosphäre, indem z.B. zu Beginn einer Ausbildung oder ein Maßnahme über diese Fragen informiert wird. Die Entscheidung muss natürlich mit den jeweiligen Kostenträger, in der Regel der Agentur für Arbeit, getroffen werden. Hier gibt es zahlreiche bürokratische Hürden, insbesondere durch den Wechsel in ein anderes Leistungssystem. Andererseits ist es wichtig, dass auf Grund langer Krankheitszeiten der Maßnahme oder der Ausbildung die Zeit nicht davon läuft und es so zu keinem erfolgreichen Abschluss kommt.

    Das sind sehr viele Fragen und die Antwort fällt nicht leicht. Grundsätzlich fehlen verlässliche und flächendeckende Angebote. Es gibt eine Reihe von Modellprojekten, die punktuell Unterstützung leisten.
    Da eine inklusive Ausbildung leider etwas völlig Neues ist, fehlen auch die so wichtigen Begleitangebote.
    Ein interessantes Peer Mentoren Projekt gibt es bei der Hamburger Arbeitsassistenz.
    http://www.hamburger-arbeitsassistenz.de/projekte/peer/
    Für Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzsuche gibt es leitungsfähige Anbieter – die Integrationsfachdienste, die aber nur tätig werden können, wenn sie von einem Kostenträger beauftragt werden. Hier ist eine entscheidende Schwachstelle, da sich Betroffene nicht selbst bei den IFD`s melden können.
    Wichtig ist ebenso eine Durchlässigkeit verschiedener Maßnahmen. So müssen - wenn sichtbar wird dass eine Ausbildung nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann - andere Maßnahmen bzw. Angebote unbürokratisch in Anspruch genommen werden können. Fehlt diese Durchlässigkeit, wird die Bereitschaft sich auf etwas Neues einzulassen nur gering sein.

    Für ein neues Grundverständnis im Umgang mit Verschiedenheit ist ein menschenrechtliches Verständnis von Behinderung erforderlich. Was bedeutet das? Auch heute noch werden Menschen mit Behinderung – gerade in Informationsmaterialien – nach ihren Behinderungen vorgestellt. Oder es werden Erkrankungen beschrieben und davon ausgehend Möglichkeiten der beruflichen Teilhabe aufgezeigt. Indem hier das Hauptaugenmerk auf der gesundheitlichen Einschränkung liegt wird immer wieder ein medizinisches Verständnis von Behinderung verbreitet. Zum Beispiel wollen Lehrende ganz viel über die verschiedenen Behinderungen wissen, weil sie dann glauben, behinderte Menschen besonders gut verstehen und fördern zu können. So verständlich dieser Wunsch nach verlässlichem Wissen ist, so sehr reduziert er Menschen auf ihre Behinderung bzw. Erkrankung. Daher kommt auch der Widerstand vieler Menschen mit Behinderung gegenüber solchen Informationsmaterialien, weil sie sich nicht wirklich gesehen fühlen. Ähnliches gilt für Begutachtungen und Testverfahren.
    Das Modellprojekt inklusive Bildung weist hier den richtigen Weg (vielen Dank für den Hinweis auf das mir bisher noch nicht bekannte Projekt). Gerade auch bei der Reha-pädagogischen Zusatzqualifikation ist es entscheidend, dass Menschen mit Behinderung selbst als Referentinnen und Referenten auftreten: Nichts über uns ohne uns! Wenn wir uns fragen, warum es so schwer ist ein neues Grundverständnis von Verschiedenheiten zu erlangen, dann liegt in der Nichtbeteiligung behinderter Expertinnen und Experten eine wichtige Ursache.

    Das Budget für Arbeit ist eine gute Möglichkeit, Menschen die keinen Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt haben, eine berufliche Teilhabe außerhalb der Werkstatt für behinderte Menschen zu ermöglichen.
    Neben dem schon Gesagten ist es wichtig, dass es eine Stelle gibt, die Menschen hilft, eine Beschäftigung im Rahmen des Budgets für Arbeit zu finden, also Arbeitgeber akquiriert, die erforderliche Unterstützung ermittelt und sicherstellt. Ich sehe hier auch ganz stark die öffentlichen Arbeitgeber in der Pflicht.
    Ebenso muss eine Durchlässigkeit zwischen einer Beschäftigung in der WfbM und dem Budget für Arbeit unbürokratisch gewährleistet sein.

    Bevor eine abgestufte Ausbildung angeboten wird, muss geklärt werden, ob diese Ausbildung auch anerkannt wird. Wenn z. B. Pflegehelfer von Pflegeheimen auf ihren Personalschlüssel nicht angerechnet werden können, dann haben die so ausgebildeten Personen auch keine guten Chancen auf Einstellung. Ähnliches gilt z. B. für Kindergartenhelferinnen.
    In diesen Bereichen gibt es auch auf Landesebene ganz unterschiedliche Regelungen.

    Modularisierte Ausbildungsbausteine allein werden nicht dazu führen, dass mehr Menschen mit Behinderung eine Ausbildung erfolgreich abschließen. Dafür ist vor allem eine individuelle Unterstützung beim Erwerb theoretischen Wissens erforderlich. Fehlt diese, werden auch einzelne Bausteine nicht die gewünschte Wirkung haben. Die Unterstützung muss individuell festgestellt werden. Es reicht nicht, den betroffenen Auszubildenden z.B. pauschal 2 Stunden pro Woche Förderunterricht zu gewähren. Die Bildungsinhalte müssen so aufbereitet werden, dass sie auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten erlernbar sind.
    Übersehen werden darf auch die Gefahr nicht, dass eine modularisierte Ausbildung zu neuen „Behindertenberufen“ führen kann. Aus diesem Grund gibt es auch viele Vorhalte gegenüber einer modularisierten Ausbildung.

    Wenn für die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme Rentenversicherungspflicht besteht, dann ist der Antrag auf medizinische Rehabilitation bei der Rentenversicherung zu stellen. Sollte dies nicht der Fall sein bei der Krankenkasse. Wichtig ist, dass die Gründe für die Notwendigkeit einer medizinischen Rehabilitation nicht die Arbeitsmarktfähigkeit grundsätzlich in Frage stellen.
    Versicherungsrechtliche Beurteilung von beruflichen Bildungsmaßnahmen sowie von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
    GKV-SPITZENVERBAND, BERLIN
    DEUTSCHE RENTENVERSICHERUNG BUND, BERLIN
    BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT, NÜRNBERG 8.5.2012
    "In der Rentenversicherung gilt die Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auch für Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, soweit sie eine betriebliche Ausbildung erhalten. Bei Bezug einer der in § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI genannten Entgeltersatzleistun-gen tritt zusätzlich Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift ein.
    Darüber hinaus sind nach § 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI Personen versicherungspflichtig, die in Ein-richtungen der Jugendhilfe oder Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behin-derte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen. Berufsbildungswerke sind die den Berufsförderungswerken entsprechenden Einrichtungen für die berufliche Ausbildung be-hinderter Jugendlicher. Zu den ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen im Sinne der vorgenannten Vorschriften gehören alle Einrichtungen, die Leistungen zur Teilhabe am Arbeits-leben speziell für behinderte Menschen durchführen.
    Trifft eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI (Bezieher von Übergangsgeld) im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit einer Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 2 (Werkstattbeschäftigte) oder 3 (Personen in Einrichtungen für behinderte Men-schen) SGB VI zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind."


    Barbara Vieweg