Beiträge von Labruier

    Wie alle neuen Instrumente braucht es Zeit, bis neue und vor allem auch individuell ausgerichtete Instrumenten bei uns allen angekommen sind. Leider passiert dies aber nicht automatisch. Obwohl es beispielhaft das Recht auf ein Persönliches Budget im Rahmen von Reha-Leistungen gesetzlich schon seit vielen Jahren verankert ist, wird das Persönliche Budget viel zu selten bis kaum oder auch nicht genehmigt. Da das Persönliche Budget so auch nur wenig erprobt wird, bleibt es leider sperrig bis kompliziert, weswegen es dann vielleicht auch wieder nicht gerne eingesetzt wird.

    Insbesondere in der Kombination mit einem BiAP-Arbeitsplatz als erster Beschäftigungseinstieg in ein Unternehmen dee allgemeinen Arbeitsmarktes bietet das Budget für Arbeit eine wichtige Beschäftigungsbrücke in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hinein. Mittlerweile erlebe ich persönlich in der Zusammenarbeit mit inklusionserfahrenen Unternehmen, dass das Budget für Arbeit als möglicher Einstiegsweg, vielleicht dann auch langfristig im Sinne einer unterstützten Beschäftigung, in den Personalplanungen angekommen ist.

    Sollen Wege in den inklusiven Arbeitsmarkt für kognitiv und seelisch beeinträchtigte Menschen zu einer Gesellschaftsnorm werden, müssen individuelle Instrumente wie beispielhaft das Persönliche Budget, BiAP / betriebsintegrierte Arbeitsplätze einer Werkstatt für behinderte Menschen, InbeQ / UB- Unterstützte Beschäftigung, betriebliche Reha-Ausbildung, Budget für Ausbildung, Budget für Arbeit, ein bedarfsorientierte, vielleicht sogar dauerhaftes Jobcoaching den heute etablierten Maßnahmen und Angeboten der Leistungsträger zwingend gleichgestellt werden.

    Liebe Frau Ehrhardt,

    ich verstehe Ihre Bedenken. Die Frage ist ja aber, was verstehen wir unter Fachkräften?

    Beispiel:

    Die Universitätsklinikum Köln Reinigungs GmbH hat in 2012 eine Inklusionsabteilung für insbesondere Mitarbeitende aufgebaut, die aufgrund ihrer kognitiven Einschränkungen wiederkehrende Einsatzfelder benötigen, um ihre Fachlichkeit entwickeln zu können. Hierbei hat das Unternehmen aus seinen bestehenden Arbeits- und Teamstrukturen neue Abteilungen zusammengesetzt, die quasi mitten drin insbesondere für diese Mitarbeitende neue Aufgabenfelder bereithalten können. Da wäre beispielhaft die maschinelle Bodenreinigung von großen Räumen, Fluren, Eingängen oder die Mopp- und Tuchwäscherei, wo täglich Tausende von Boden- und Aufbautentücher fachgerecht entpackt, gewaschen und wieder verpackt werden.

    Für die Universitätsklinikum Köln Reinigungs GmbH gehören individuell ausgerichtete Qualifizierungen wie BiAP / Betriebsintegrierte Berufsbildungs- und Arbeitsplätze einer Werkstatt für behinderte Menschen oder die InbeQ / UB-Unterstützte Beschäftigung zu etablierten Einstiegswegen für neue Mitarbeitende mit Behinderung.

    Es gibt seit 2012 Mitarbeitende der Inklusionsabteilung, die ihre wiederkehrenden Arbeiten und die damit verbundene Sicherheit mit keiner anderen Arbeit tauschen möchten. Andere haben sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Für den Geschäftsführer der Reinigungs GmbH gehören die Mitarbeitenden der Inklusionsabteilung zu seinen wichtigsten Mitarbeitenden.

    Mit dem Aufbau der hier nur kurz skizzierten Inklusionsabteilung hat die Universitätsklinikum Köln Reinigungs GmbH eine für andere Unternehmen wichtige Blaupause entwickelt und wird von anderen Unternehmen darauf angesprochen.

    Ich sehe ähnlich wie Sie, dass sich der Aufbau eines inklusiven Arbeitsmarktes, hier vor allem auch im Sinne der unterstützten Beschäftigung, noch in seiner Anfangsphase befindet. Da es gute Beispiele gibt, die ihre Erprobungsphase schon längst hinter sich haben, sollten wir alle dafür werben, dass sie zur Blaupause für viele andere wird. Weil es gibt einen zunehmenden Fachkräftemangel.

    Am Freitag sprach ich noch mit einem Vertreter des Einzelhandels, die dringend verlässliche und fachlich gute Verräumer:innen suchen. Im Rahmen des Jobcoachings habe ich diese Arbeit selbst machen dürfen und ich kann nur sagen: Ich ziehe meinen Hut vor fachlich versierten Verräumer:innen.

    Herzliche Grüße aus Köln

    Monika Labruier

    So makaber es vielleicht auch klingen mag, durch den heute schon zunehmenden Mangel an Fachpersonal wie überhaupt Personal, wird zunehmend deutlich, dass wir nur mit gemeinsamen Konzepten die auf uns zukommenden Personalengpässe überwinden können. Heute scheinbar ausschließende Faktoren müssen überwunden werden.

    Anknüpfend an den Beitrag von Andrea Seeger ergibt sich hieraus die Chance, viel früher, sinnvollerweise schon während der Schulzeit, mit Unternehmen betriebliche Qualifizierungs- und Ausbildungswege aufzubauen und die von Andrea Seeger beschriebene Idee der inklusiven Erprobung, Qualifizierung und Ausbildung in zunehmend mehr Unternehmen zu etablieren. Gut ist, immer mehr Unternehmen wollen das auch.

    So gesehen sind die Chancen für die Etablierung inklusiver Berufswege, hier auch aus der Schule heraus, mehr als gut. Wollen wir als Gesellschaft stark bleiben, sollten wir stärken- und wachstumsorientiert handeln und die Idee der unterstützten Beschäftigung von Anfang an zu einer wesentlichen Grundlage aller Weiterentwicklungen erklären. Die hierfür erforderlichen gesetzlichen Grundlagen sind gegeben.

    Natürlich lohnt sich der Blick in andere Länder, da sie uns deutlich zeigen, dass inklusive Berufswege, hier schon aus der Schule heraus, einfach möglich sind. Und dann sollten wir uns gemeinsam trauen, inklusive Berufswege auch in Deutschland einfach möglich zu machen.

    Das die EAA mit ihrem auf Arbeitgeber abgestimmten Beratungs- und Unterstützungsangebot eine wichtige Schlüsselfunktion im Aufbau eines möglichst breit gefächerten inklusiven Arbeitsmarktes einnehmen, ist zu erwarten. Auch können die EAA durch ihre Arbeitgeberausrichtung die Bedarfe von Unternehmen während des Beratungsprozesses analysieren und die damit verbundenen Erkenntnisse in die Weiterentwicklung der Instrumente, hier auch im Sinne einer Bündelung und Vereinfachung, einbringen.

    Der Beitrag von Frau Petersen zu dem Thema Beschäftigungssicherungszuschuss spiegelt deutlich den Bedarf eines verbindlichen Beratungsangebotes für Unternehmen und das heute noch nicht ausgeschöpfte Beschäftigungspotential wider, wird der Beratungs- und Unterstützungsbedarf befriedigt.

    In Verbindung mit den Angeboten der Integrationsfachdienste im Bereich der individuell ausgerichteten Berufsbegleitung, können insbesondere auch für Menschen, die aufgrund ihrer kognitiven Einschränkungen langfristig greifende Unterstützungsangebote wie Jobcoaching wünschen, nachhaltige Beschäftigungskonzepte in einer für alle am Prozess beteiligten Akteure in einfacher Form entstehen.

    Wie wichtig nachhaltige Unterstützungsangebote sowohl für die Mitarbeitenden wie auch für die Unternehmen sind, zeigen die Erfolgsgeschichten von am Markt etablierter Inklusionsunternehmen bzw. Inklusionsabteilungen.

    https://bag-if.de/wp-content/uploads/2023/05/Studie-MehrWirkung_Ergebnisbericht_final.pdf

    So grässlich sich gesetzliche Regelungen, hier vor allem aus der Sicht derer, für die die Gesetze entwickelt werden, auch anhören, bieten sie vor allem die Chance, das damit verbundene Recht, hier dann auf berufliche Teilhabe, umzusetzen.

    Wenn, wie von MFriedrichsen aufgeführt, das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Grunde kaum zu beschreiben ist und eine hohe Interpretationsbreite erlaubt, ermöglicht dies die Auseinandersetzung mit einem viel spannenderen Thema:

    Wie können wir die sich auffächernden Möglichkeiten eines zukünftig inklusiven Arbeitsmarktes für möglichst auch die Menschen öffnen, die behinderungsbedingt mehr Unterstützung und ein auf sie abgestimmtes Arbeitsfeld benötigen.

    Das es auf den Weg in eine inklusive Berufswelt viele Stolpersteine gibt, von Betroffenen selbst als Sonderwelten empfundene Abgrenzungen überwunden werden sollten, zeigen alleine die Beiträge dieses Forums. Sie zeigen aber auch deutlich, es gibt wichtige gesetzliche Grundlagen für die angestrebten Wege in einen inklusiven Arbeitsmarkt.

    Konnten Menschen der Zielgruppe des § 219 SGB IX die im Gesetzt beschriebenen Unterstützungs- und Beschäftigungsangebote erst einmal nur innerhalb des Hauses einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung nutzen, können sie diese Unterstützungs- und Beschäftigungsangebote heute auch mit in Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes nehmen.

    In der Zusammenarbeit mit Unternehmen, die sich für die inklusive Weiterentwicklung ihres Unternehmens, hier auch im Sinne des § 219 SGB IX, entschieden haben, erlebe ich, dass sich Unternehmen im Verbund mit anderen Unternehmen auch zunehmend mit der Frage auseinandersetzen, wie auch Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf in Arbeitsprozesse eingebunden werden können. Langjährige BiAP-Beschäftigungen in Seniorenhäuser und Jugendherbergen zeigen deutlich, dass dies zu einer Win-Win-Situation für alle führt. Mit einem Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung entwickeln die Unternehmen gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden kleine bis kleinste Nischentätigkeiten, die für alle zu einer hohen Zufriedenheit führen. Benötigen die Mitarbeitenden eine erhöhte Unterstützung, steht ihnen diese durch erfahrene Fachcoachs zur Verfügung.

    Ein versierter und erfahrener Fußballtrainer würde jetzt vielleicht sagen:

    Nicht schlecht, aber da ist noch mehr möglich. Und, gewinnen werden wir nur, wenn wir das Spiel gemeinsam aufbauen und dann auch spielen. Wir müssen uns aufeinander verlassen können und jeder von uns ist dabei gefordert.

    Mit den Beiträgen dieses wichtigen Diskussionsforums wird aus meiner Sicht deutlich, dass, wollen wir Wege in einen inklusiven Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung schaffen, müssen wir uns zwingend mit dem inklusiven Arbeitsmarkt als solchen auseinandersetzen. Baut doch die Idee der beruflichen Inklusion auf einer Vielfalt von Beschäftigungsmöglichkeiten in zunehmend mehr Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf.

    Mit dem Gesetz zur Stärkung eines inklusiven Arbeitsmarktes bekommt der Aufbau des bestehenden Arbeitsmarktes hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt eine wichtige gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Diese sollte so genutzt werden, dass ´Arbeitsversuche`, wie von Jolinde beschrieben, einen anderen und positiven Verlauf bekommen. Von ähnlich gescheiterten ´Arbeitsversuchen` berichten leider auch Unternehmen.

    Damit wiederholte ´Frusterlebnisse` nicht zu der Annahme ´es geht nicht`, hier sowohl auf Seiten der Menschen wie der Unternehmen, führen, ist es wichtig, dass das in den Beiträgen deutlich werdende fundierte (Handlungs)Wissen inklusionserfahrener Leistungserbringer mit dem heute schon bestehenden (Handlungs)Wissen inklusionserfahrener Unternehmen zu einem gemeinsamen (Handlungs)Wissen verzahnt wird.

    Die Stärkung eines inklusiven Arbeitsmarkt benötigt zwingend die offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Unternehmen, der Menschen mit Behinderung, der Leistungserbringer, der Leistungsträger und der Politik.


    Ich finde, es gibt zwei Aspekte, die zwingend bedacht werden müssen, wollen wir als Gesellschaft das Ziel ´Wege in einen inklusiven Arbeitsmarkt für kognitiv und seelisch beeinträchtigte Menschen` konsequent verfolgen.

    • ´Wissen ist Macht` und befähigt Akteure zu einer, für eine Zielerreichung zwingend erforderlichen Handlungsautonomie.
    • Wege in einen inklusiven Arbeitsmarkt erfordert zwingend die Erkenntnis, dass ein inklusiver Arbeitsmarkt die essentielle Grundlage hierfür ist.

    Mit dem gesetzlich verankerten Recht auf ein persönliches Budget, der individuellen betrieblichen Qualifizierung UB, den flankierenden Coaching- und Unterstützungsleistungen (basierend auf der Idee des Jobcoachings) während der betrieblichen Ausbildung oder des Dualen Studiums, der betriebsintegrierten Bildungs- und Arbeitsplätze einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung / eines anderen Leistungsanbieters, dem Budget für Ausbildung, dem Budget für Arbeit, dem individuell zusammengestellten Jobcoachingangeboten, dem AVGS- Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, ..., gibt es schon heute ein breit gefächertes Angebot an Möglichkeiten, das den Menschen mit Behinderung rechtlich verankert zur Verfügung steht. Und, das ihnen eine wichtige Wahlmöglichkeit für die Gestaltung ihres inklusiven Berufsweges eröffnet.

    Auch Unternehmen können auf Unterstützungsinstrumente in der individuellen Ausgestaltung eines inklusiven Arbeitsplatzes oder im Auf- und Ausbau von Inklusionsabteilungen bzw. eines Inklusionsunternehmen zugreifen.

    In Verbindung mit dem Budget für Ausbildung und dem Budget für Arbeit kommen wichtige Möglichkeiten für den Wechsel aus einer arbeitnehmerähnlichen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hinzu.

    Das eine Planungssicherheit in Bezug auf nachhaltige Unterstützungsinstrumente während der gesamten Berufstätigkeit zielführend ist, zeigen die Entwicklungen von Inklusionsabteilungen / - unternehmen.

    Erstrebenswert wäre, dass die im Rahmen von Inklusionsabteilungen / -unternehmen mögliche nachhaltige Planungssicherheit auch innerhalb einer Einzelförderung möglich wird. Behinderungsbedingte Einschränkungen können leider nicht immer überwunden werden. Mit einem individuell ausgerichteten Unterstützungsangebot im Sinne der unterstützten Beschäftigung müssen sie aber auch kein Ausschlusskriterium mehr darstellen.

    Bei aller Komplexität, die von vielen als hemmend, schwer und wenig zielführend beschrieben werden, bieten die gesetzlichen Grundlagen schon heute eine reiche Vielfalt an Möglichkeiten. Das es auch schon vielfältige inklusive Wege gibt, zeigen nicht wenige Erfolgsgeschichten.

    Es gibt zwei weitere Aspekte, die aus meiner Sicht mitgedacht werden sollten und vor allem Mut machen.

    • Komplexe Sachverhalte können mit Hilfe der einfachen Sprache für alle verständlich bereitgestellt werden.
    • Es gibt die Idee der Leistungsträger übergreifenden Angebote und der Bereitstellung dieser (wie) aus einer Hand.

    Herzliche Grüße

    Monika Labruier

    Hallo Frau Petersen,

    vor der von Ihnen geschilderten Problematik standen vor geraumer Zeit auch einige GALA-Betriebe in NRW. Um Handlungs- und Planungssicherheit für sich als Unternehmen sowie für die nachhaltige Beschäftigung ihrer Mitarbeiter:innen mit Unterstützungsbedarf zu gewinnen, gründeten sie ecoverde / http://www.ecoverde.de.

    Ecoverde baut auf den Beschäftigungs- und Unterstützungsmöglichkeiten eines Inklusionsunternehmens auf. Im Rahmen eines Inklusionsunternehmens bzw. einer Inklusionsabteilung kann der Leistungsträger für anerkannte Mitarbeitende der Zielgruppe für Inklusionsunternehmen / -abteilungen unbefristet pauschalierte Lohnkosten- und Betreuungszuschüsse gewähren. Durch ihre enge Verzahnung mit den GALA-Betrieben übernehmen ecoverde-Betriebe eher wiederkehrende und klar strukturierte Arbeiten.

    Im Rahmen einer individuellen betrieblichen Qualifizierung UB- Unterstützte Beschäftigung habe ich mit einem der Gründungsmitglieder wie auch mit dem bei ihm angesiedelten ecoverde-Betrieb zusammengearbeitet. Das Konzept wie auch die sich hieraus ergebenden vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten haben mich überzeugt.

    Ähnlich wie die Gründungsmitglieder der ecoverde-Betriebe setzen sich die Mitgliedsunternehmen des inklusiven Unternehmensnetzwerkes e.V., http://www.inklusives-unternehmensnetzwerk.de, mit der Entwicklung eines inklusiven Arbeitsmarktes auseinander.

    In Ihrem Beitrag wird deutlich, dass Unternehmen inklusive Beschäftigungsverhältnisse anstreben. Damit verfügen wir gesellschaftlich über das wohl wichtigste Fundament für den Aufbau eines inklusiven Qualifizierungs- und Arbeitsmarktes, der für möglichst alle offen ist.

    Deutlich wird in Ihrem Beitrag aber auch, es braucht dringend einer Handlungssicherheit bedarfsorientierter Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmen, die einen inklusiven Arbeitsmarkt anstreben. Wie von Ihnen beschrieben, gibt es behinderungsbedingte Einschränkungen, die langfristig vielleicht sogar bis zum Ende der Berufstätigkeit bedacht werden müssen.

    Herzliche Grüße

    Monika Labruier


    Als Vertreterin eines Inklusionsdienstleisters sowie Geschäftsführerin eines Inklusionsunternehmens, das auch selbst Mitarbeitende mit einer psychischen Behinderung beschäftigt, gehören Überforderungssituationen fast schon zum Arbeitsalltag. Da Arbeitsabläufe und -Prozesse zudem immer komplexer und schnelllebiger werden, nehmen diese Überforderungssituationen, insbesondere dann auch für die Menschen, die auf ihr seelisches Gleichgewicht zwingend achten müssen, auch noch zu.

    Streben wir einen inklusiven Arbeitsmarkt an, müssen wir uns alle mit der Frage auseinandersetzen, wie wir ein gesundes Gleichgewicht innerhalb der Arbeitswelt erzeugen können.

    Der Personalleiter eines großen Unternehmens, der lange Zeit in Amerika verantwortlich tätig war, sagte mir in einem unserer ersten Gespräche:

    In Amerika standen uns als Unternehmen weniger gesetzlich verankerte Coaching- und Unterstützungsangebote zur Verfügung. Das es diese in der BRD gibt, begrüße ich sehr. Was ich aus meinen Erfahrungen in Amerika mitbringe, ist folgende Haltung, die wir dort schon in Bewerbungsgesprächen und dann später in der Beschäftigung einbringen:

    Wir bieten als Unternehmen folgendes Arbeitsangebot …, was ist das, was du kannst? … und, was ist das, was du nicht kannst? … du kannst aufgrund deiner psychischen Verfassung nicht gut telefonieren? … dann müssen wir schauen, ob dies innerhalb des Teams ein anderer besser kann und diese Aufgabe übernimmt.


    Der Aufbau eines inklusiven und für alle fairen Arbeitsmarktes erfordert vor allem den Mut, den bestehenden Status Quo in Frage zu stellen, eine ehrliche Ursachenanalyse zuzulassen und - scheinbar - bewährte Arbeitsabläufe und -Strukturen noch einmal neu zusammenzusetzen.

    Insbesondere im Rahmen von BEM-Verfahren wird ja nicht selten ersichtlich, dass die bestehenden Arbeitsstrukturen die nun möglichen behinderungsbedingten Einschränkungen nicht berücksichtigen können. Gibt es nun die Chance, mit der Brille des Jobcarving neue Handlungsfelder für die Person zusammenzustellen, die neben den Stärken auch die Schwächen des Menschen berücksichtigen können, kann eine neue Win-Win-Situation für beide Akteure, den Menschen und das Unternehmen, entwickelt werden.

    Mit dem zunehmenden Mangel an Fach- wie auch Arbeitskräften entwickeln immer mehr Unternehmen neue Strategien, um die weniger werdenden Arbeitskräfte an ihre Unternehmen zu binden. Wie pfiffig und innovativ solche Strategien sein können, zeigen insbesondere Unternehmen aus dem KMU-Bereich.


    Das Budget für Arbeit wie auch das Budget für Ausbildung sind wichtige Instrumente für Menschen, die sich aus dem Status der arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung einer Werkstattleistung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weiterentwickeln möchten.

    Mit dem Fokus auf den Aufbau eines inklusiven Qualifizierungs- und Arbeitsmarktes, eröffnen diese Instrumente für Unternehmen die Möglichkeit, auch dann eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder ein Ausbildungsverhältnis anbieten zu können, wenn auch längerfristig oder dauerhaft eine finanzielle Förderung der Lohn-/Ausbildungskosten oder ein flankierendes Jobcoaching / Unterstützungsleistungen erforderlich werden.

    Wichtig ist, möglichst alle - die Menschen selbst, die Unternehmen und die Leistungserbringer:innen, die unterstützend tätig sind - müssen über ein gemeinsames und fundiertes Wissen verfügen. Erst dann können die Instrumente ihre Wirkungskraft entfalten.

    Wichtig in der Umsetzung neuer Instrumente ist zudem die offene Auseinandersetzung mit möglichen Fragestellungen oder Stolpersteinen.

    So frage ich mich beispielhaft, warum ein Mensch im Rahmen des Budget für Arbeit während seiner Beschäftigung in einem Inklusionsbetrieb / einer Inklusionsabteilung seinen erhöhten Rentenanspruch mitnimmt, dies aber außerhalb dieser Beschäftigungsformen nicht möglich ist? Die meisten Unternehmen verfügen über keinen Inklusionsbetrieb bzw. eine Inklusionsabteilung, können somit diese Möglichkeit ihren neuen Mitarbeitenden also auch nicht anbieten.

    Gleichzeitig ist die Frage der Mitnahme des erhöhten Rentenanspruches insbesondere für Menschen, die behinderungsbedingt nicht in Vollzeit oder auch nur im Bereich einfacher Nischentätigkeiten arbeiten können, für die Entscheidung das Budget für Arbeit zu wählen, eine sehr essentielle Frage.

    Im Rahmen unserer Tätigkeiten als Inklusionsdienstleister ist das Budget für Arbeit wie auch zunehmend das Budget für Ausbildung aus dem ´Instrumentenkoffer` der ProjektRouter gGmbH nicht mehr wegzudenken. Insbesondere Unternehmen, die schon heute Mitarbeitende im Rahmen eines BiAP / betriebsintegrierter Arbeitsplatz einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung bzw. eines anderen Anbieters beschäftigen, begrüßen diese neuen Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten.

    Das Thema der beruflichen Inklusion ist leider immer noch zu oft ein vermeintlich schweres, zumindest so komplexes Konstrukt, dass durch bestehende Hürden mögliche inklusive Berufswege nicht beschritten werden.

    Ich selbst erlebe täglich, dass die Idee der unterstützten Beschäftigung insbesondere auch Menschen mit leider bleibenden kognitiven und psychischen Einschränkungen spannend und erfolgreich ist, wenn sowohl Arbeit suchende Menschen wie auch Arbeit gebende Unternehmen als wichtigste Akteure der beruflichen Inklusion schon möglichst frühzeitig während der Phase der Erst- und Wiedereingliederung aktiv eingebunden werden. Da nicht wenige behinderungsbedingte Einschränkungen leider eine langfristige, vielleicht sogar dauerhafte Unterstützungsleistung erforderlich machen, kann und sollte dies von Anfang an offen thematisiert werden.

    Kann - weil der hierfür erforderliche Koffer an rechtlich verankerten Instrumenten der Erst- und Wiedereingliederung sowie der unterstützten Beschäftigung im Sinne des ´Supported Employment` aus meiner Sicht schon gut gepackt ist.

    Sollte - weil die Idee des ´Supported Employment` darauf aufbaut, dass durch ein individuell zusammengestelltes Coaching- und Unterstützungsangebot eine inklusive Beschäftigung möglich wird.

    Wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung meiner eigenen Arbeit im Bereich der Inklusionsdienstleistungen waren folgende:

    • Möchten wir mit einem Menschen mit vielleicht bleibendem Unterstützungsbedarf einen inklusiven Berufsweg aufbauen, sollte er ein Leistungsträger übergreifendes und aufsuchendes Coaching- und Unterstützungsangebot wählen können, mit dem er bedarfsorientiert ein aus der Qualifizierungs-/Ausbildungsphase bis im Bedarfsfall weit in die Beschäftigung hineinreichendes ´Coaching on the Job` wählen kann.
    • Möchten wir mit Unternehmen einen inklusiven Arbeitsmarkt entwickeln, in dem behinderungsbedingte Einschränkungen keine Ausschlusskriterien darstellen, brauchen auch sie Zusatzangebote, die auf ihren konkreten Bedarfen aufbauen.

    Zunehmend mehr Menschen mit Behinderung wünschen sich einen inklusiven Beschäftigungsweg. Um diesen Menschen eine tragfähige Vielfalt und Auswahl an Beschäftigungsmöglichkeiten bieten zu können, sollten wir möglichst viele Unternehmen darin unterstützen, inklusive Qualifizierungs- und Beschäftigungsräume in ihren Unternehmen zu entwickeln und nachhaltig zu etablieren. Gut ist, zunehmend mehr Unternehmen möchten dies, vorausgesetzt, sie bekommen wie die Menschen selbst ein ´Coaching on the Job` zur Seite gestellt.

    Hallo in die Runde,

    mich haben die Beiträge persönlich sehr berührt. Es ist so wichtig, dass Menschen, die aufgrund ihrer behinderungsbedingten Einschränkungen Ausgrenzung verspüren, Zuversicht in ihre Zukunft erlangen. Wir alle entwickeln doch unsere Stärken genau aus dieser Zuversicht.

    Was braucht eine Bedarfsermittlung, damit Menschen, die Unterstützung für sich wünschen, ihren beruflichen Weg gehen können?


    Wollen wir die berufliche Inklusion flächendeckend für alle ermöglichen, ist eine Bedarfsermittlung zielführende, die die Menschen dazu befähigt, ihren Weg selbst zu gestalten. Dies benötigt zwingend das Wissen über die Instrumente der beruflichen Erprobungs-, Qualifizierungs- und Unterstützungsleistungen der verschiedenen Leistungsträger wie auch die Möglichkeit, als verantwortliche Akteure tätig werden zu können.

    Denken wir die Idee der beruflichen Inklusion konsequent weiter, braucht es einer ähnlichen Befähigung auch auf Seiten der Unternehmen. Zunehmend mehr Unternehmen können sich die Weiterentwicklung hin in einen inklusiven Qualifizierungs- und Arbeitsmarkt gut vorstellen. Es geht ihnen aber oft nicht anders als den Menschen selbst, es fehlt ihnen das Wissen über die breitgefächerten Unterstützungsmöglichkeiten.

    Was wäre, wenn das komplexe Konstrukt der beruflichen Inklusion einfacher und vor allem ganzheitlicher gestaltet würde?


    - Die Grundlagen für die Umsetzung sind gesetzlich verankert und damit bundesweit für alle nutzbar.

    - Die Leistungsträger verfügen für die verschiedenen Phasen der beruflichen Befähigung, Erprobung, Qualifizierung und Beschäftigung über inklusiv ausgerichtete Instrumente.

    - Inklusive Leistungserbringer, wie beispielhaft Access, können individuelle und bedarfsorientierte Unterstützungsleistungen anbieten.

    Was wäre, wenn im Rahmen der Bedarfsermittlung Menschen die Möglichkeit erhalten, ihren beruflichen Weg, hier nun bildlich betrachtet, im Sinne eines eigenen Rezeptes, zusammenzustellen? Bedarfsorientiert von der Bedarfsermittlung bis weit in die Beschäftigung hinein.

    Für die Erstellung eines guten Rezeptes ist das Wissen um möglichst alle Zutaten, die benötigt werden könnten, unabdingbar. Diese Zutaten sollten dann folgerichtig in den Zubereitungsprozess eingebracht werden. Entsprechende Instrumente, wie beispielhaft beim Kochen die Waage, der Mixer, …, werden für die Zubereitung frühzeitig bedacht und bereitgestellt. Da eine gute Rezeptur bekanntlich auf Erfahrungen und Fachwissen aufbaut, braucht es nicht selten die Unterstützung erfahrener (Küchen)Meister, die die Rezeptgestaltung unterstützen.

    Eigene Rezepte zu erstellen, macht stolz und gibt einem den Mut, diese dann auch wirklich umzusetzen und weiterzuentwickeln. Erstrebenswert wäre zudem, wenn aus mehreren Rezepten dann ein Rezeptbuch entsteht, auf das alle zugreifen können und das stetig weiterentwickelt wird.


    Inklusiv weitergedacht:
    Gehen Menschen mit ihren selbst erstellten Rezepten in Unternehmen, die im besten Fall auch an eigenen inklusiven Rezepten basteln, können beide, der Mensch und das Unternehmen, ihre Rezepte zusammenbringen und gemeinsam weiterentwickeln. Im Bedarfsfall mit einem, beiden vertrauten (Küchen)Meister.


    Das die Idee der gemeinsamen Rezeptentwicklung auch im Kontext der beruflichen Inklusion erfolgreich ist, zeigen regionale, zum Teil schon langjährig erprobte inklusive Erfolgsgeschichten.


    Liebe Grüße aus Köln

    Monika Labruier