Beiträge von Birgit Scheibe

    Am 12. September 2017 hat der Deutsche Ver­ein für öffentliche und private Fürsorge seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (DV 8/17 vom 12. September 2017, https://www.deutscher-verein.d…erige-2638,1183,1000.html) vorgelegt. Einige Aspekte sind auch für die hier geführte Diskussion von Interesse:


    Der Deutsche Verein bezieht sich auf den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und
    pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates
    (http://ec.europa.eu/transparen…253-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF).
    Hierbei handelt es sich um einen Teil eines Maßnahmenpakets, um „durch verbesserte Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben der Unterrepräsentation von Frauen im Berufsleben zu begegnen und ihre Laufbahnentwicklung zu unterstützen.“ (Seite 2) Es soll „die Gleichbehandlung und Chancengleichheit auf dem heutigen Arbeitsmarkt gewährleistet, die Nichtdiskriminierung gefördert und die Geschlechtergleichstellung verbessert werden.“ (Seite 2)


    Bisher gesetzte Ziele seien noch nicht erreicht worden.


    Das Papier begründet die Initiative mit der Beschäftigungsquote 2015 für Frauen (20-64 Jahre) 64,3 % im Vergleich zur Beschäftigungsquote für Männer von 75,9 % und stellt fest, dass der geschlechtsspezifische Unterschied bei der Beschäftigung bei Eltern und Personen mit sonstigen
    Betreuungs- und Pflegepflichten am stärksten ausgeprägt ist. Folge seien geschlechtsspezifische Lohngefälle und letztlich geschlechtsspezifische Rentengefälle. Frauen seien daher vor allem im Alter stärker von Armut und sozialer Ausgrenzung. Die Europäische Kommission fordert deswegen ein Tätigwerden der EU.


    Die Initiative zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben von berufstätigen Eltern und pflegenden Angehörigen (https://ec.europa.eu/transpare…252-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF) helfe auch Arbeitgebern, „Arbeitskräfte zu binden, die Motivation und
    Produktivität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern, Fehlzeiten zu verringern und die Verschwendung von Talent zu vermeiden. Unternehmen sollten aus einem größeren Talentpool schöpfen und von einer stärker diversifizierten Belegschaft profitieren können.“
    (INITIATIVE, Seite 2)


    Die durch die Europäische Kommission vorgeschlagenen Ideen zur Elternzeit könnte auch pflegenden Angehörigen von Kindern mit Behinderungen helfen, nämlich vergütete Freistellungen und flexible Arbeitsregelungen bis zum Alter von mindestens zwölf Jahren (Art. 5 Abs. 1 RL-E und Art. 9 i.V.m. Art. 3f) RL-E). Die dadurch gewonnene Flexibilität (z.B. Telearbeit, flexible Arbeitsmodelle oder redu­zierte Arbeitszeit). Zu Recht verweist der Deutsche Verein darauf, dass der Gewinn an Flexibilität und Zeit genutzt werden könne, um berufliche Anforderungen und familiäre Betreuungs- oder Pflegeverpflichtungen besser im Alltag zu vereinba­ren. (Deutscher Verein, Seite 6)


    Der Deutsche Verein befürwortet den Vorschlag der Pflegezeit nach Art. 6 RL-E. Diese gehe weiter als das deutsche Recht auf Arbeitsfreistellung wegen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung (§ 2 Pflegezeit­gesetz),
    da Freistellungen über Jahre hinweg mehrfach für denselben pflegebe­dürftigen oder schwer kranken Angehörigen in Anspruch genommen werden könnten. (Deutscher Verein, Seite 7) Für die unterstützenden Netzwerke ist der Vorschlag wichtig, den Kreis der Angehörigen auszuwei­ten auf Großeltern, Schwiegereltern, Stief­eltern, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,
    Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, Adoptiv- oder Pflegekinder sowie Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder
    . (Deutscher Verein, Seite 8 )


    Die Praxis stützt die Auffassung des Deutschen Vereins , dass ohne den Vorschlag für eine „Bezahlung oder angemes­sene Vergütung“ gemäß Art. 8 RL-E kaum positive Effekte ausgelöst werden würden. (Deutscher Verein, Seite 7)

    Eine Anlaufstelle bietet auch das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG), nämlich die Schwangerschaftsberatungsstellen. Nach § 2 Abs. 1, 2 SchwKG hat jede Frau und jeder Mann das Recht sich beraten zu lassen, u.a. über die Hilfsmöglichkeiten für behinderte Menschen und ihre Familien, die vor und nach der Geburt eines in seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheit geschädigten Kindes zur Verfügung stehen.
    Die Schwangere ist darüber hinaus bei der Geltendmachung von Ansprüchen sowie bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind und bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung zu unterstützen. Auf Wunsch der Schwangeren sind Dritte zur Beratung hinzuzuziehen.
    Zum Anspruch auf Beratung gehört auch die Nachbetreuung nach der Geburt des Kindes.
    Über die Seite https://www.familienplanung.de/ können regionale Beratungsstellen ausgemacht werden.


    Ein Vorbild für die Idee EINER Anlaufstelle für Familien bietet das finnische Neuvola-System, das eine sehr hohe Akzeptanz hat.