Wann kommt das vereinfachte Wahlverfahren in Betracht?
Grundvoraussetzung für die Wahl zur SBV ist, dass es mindestens fünf schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte behinderte Menschen gibt, die dort nicht nur vorübergehend beschäftigt sind.
Anzuwenden ist das vereinfachte Wahlverfahren, wenn es im Betrieb/der Dienststelle weniger als 50 wahlberechtigte Beschäftigte gibt. Es gibt jedoch eine Ausnahme: auch wenn es im Betrieb weniger als 50 Wahlberechtigte gibt, findet das förmliche Wahlverfahren Anwendung, wenn der Betrieb/die Dienststelle aus räumlich weit auseinanderliegenden Teilen besteht. Hiermit soll verhindert werden, dass Wahlberechtigte aus entfernungsbedingten Schwierigkeiten nicht an der Wahlversammlung und somit der Wahl im vereinfachten Verfahren teilnehmen können. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung aus 2004 (07.04.2004 – 7 ABR 42/03) bei Verkaufsstellen, die bis zu 60 km voneinander entfernt liegen und die eine zeitaufwendige persönliche Kontaktaufnahme der dort beschäftigten Wahlberechtigten erforderlich machten, solche Schwierigkeiten bejaht. Hier war dann das förmliche Wahlverfahren anzuwenden.
Was ist dabei zu beachten?
Zu beachten ist beim vereinfachten Verfahren, dass die Vorbereitung allein der amtierenden SBV obliegt, da es hier keinen Wahlvorstand gibt. Das ist oft eine herausfordernde Aufgabe. Insbesondere ist es wichtig, dass die amtierende SBV bereits mit interessierten Beschäftigten vor der Wahlversammlung ins Gespräch kommt, die sich eine Kandidatur oder die Übernahme einer Funktion (Wahlleitung, Hilfsperson) vorstellen können, denn letztendlich läuft die ganze Wahl innerhalb von 1,5-2h in einer Veranstaltung ab und muss gut vorbereitet sein: Wahlversammlung mit Bestimmung der Wahlleitung und Hilfsperson(en), Kandidat:innenfindung und -Vorstellung sowie im Anschluss die zwei Wahlen (Vertrauensperson und Stellvertretung) und die öffentliche Auszählung.
Wann ist eine Briefwahl möglich?
Die Briefwahl stellt eine Ausnahme vom Regelfall der persönlichen Stimmabgabe im Wahllokal dar und ist grundsätzlich nur im förmlichen Verfahren möglich. Hier ist die individuelle und die allgemeine, vom Wahlvorstand angeordnete Briefwahl zu unterscheiden.
Die individuelle Briefwahl kann bei Verhinderung am Wahltag beim Wahlvorstand angefordert werden. Der Grund der Verhinderung ist dabei unerheblich; zugunsten einer hohen Wahlbeteiligung sollte kein allzu strenger Maßstab angelegt werden.
Unabhängig von der individuellen Briefwahl kann der Wahlvorstand auch eine allgemeine schriftliche Stimmabgabe anordnen. In diesem Fall gibt es dann keine Abstimmung im Wahllokal; eine Wahl ist dann nur per Briefwahl möglich. Eine solche generelle Briefwahl halten wir nicht für sinnvoll. In bestimmten Fällen kann eine Briefwahl auch nur für räumlich weit entfernt liegende Nebenstellen oder Teile einer Dienststelle bzw. eines Betriebs angeordnet werden – dies muss aber bereits deutlich im Wahlausschreiben kenntlich gemacht werden (vgl. Sachadae in: Düwell, Lehr- u. Praxiskommentar zum SGB IX, § 11 SchbVWO Rn. 14)
Seit 2022 ist auch eine Briefwahl im vereinfachten Wahlverfahren möglich, wenn die Wahlversammlung mittels Telefon- und Videokonferenz stattfindet. Eine Wahl während einer digitalen oder Telefonkonferenz ist nicht möglich; es muss im Anschluss eine Briefwahl stattfinden. (§ 20 Abs. 5 SchwbVWO).