Beiträge von W. Kohte

    Ich stimme dem Beitrag von Gabriele Rifaat zu. Die schwerbehinderten Beschäftigten haben ein Recht, an der Wahl ihrer Interessenvertretung teilzunehmen. Wenn sie dafür eine unterstützende Hilfe nach § 10 Abs. 4 der Wahlordnung benötigen, kommen zunächst andere Beschäftigte des Betriebs in Betracht. Diese sind dafür ebenfalls von der Arbeit freizustellen, das Arbeitsentgelt ist fortzuzahlen (§ 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX und § 20 Abs. 3 BetrVG). Nach dieser Norm sind auch externe Kräfte, wie zB Gebärdedolmetscher, zu bezahlen.

    Für die Zukunft empfiehlt es sich, die Realisierung einer solchen Form der Unterstützung in die Inklusionsvereinbarung aufzunehmen. Wenn es hier Probleme gibt, ist das Integrationsamt/Inklusionsamt zur Vermittlung bereit und verpflichtet.

    Eine Einladung zur Wahlversammlung kann auch von Betriebsrat oder Personalrat erfolgen, wenn die Amtszeit der SBV erfolglos abgelaufen ist oder wenn es keine SBV gibt, obgleich wenigstens 5 schwerbehinderte Beschäftigte dem Betrieb angehören. Das ist weiterhin nicht selten. Es ist daher wichtig, dass Betriebs- oder Personalräte dieses Recht nach § 19 Abs. 2 der WO wahrnehmen; dieses Recht ist nicht an die Frist im Oktober/November gebunden. So können die "weißen Flecken" auf der SBV-Landkarte verkleinert werden.

    Ich stimme Wolfgang zu. Das aktive Wahlrecht ist gebunden an die Arbeitnehmereigenschaft; diese wird durch die Aussteuerung nicht beendet. Auch das passive Wahlrecht wird durch die sozialrechtliche Maßnahme der Aussteuerung nicht beendet. Sie kann sich überschneiden mit der passiven Phase der Altersteilzeit; diese beendet die Betriebszugehörigkeit und damit auch die Wählbarkeit.

    Es ist wichtig, dass die Interessenvertretungen sich für ausgesteuerte Beschäftigte einsetzen, weil diesen Personen mit dem Krankengeld auch das reguläre Einkommen abhanden kommt. Sie haben aber das Recht auf eine stufenweise Wiedereingliederung; wenn sie diese Tätigkeit aufnehmen, hat das Job Center ihnen Arbeitslosengeld zu zahlen (BSG 7.8.2012 - B 11 AL 41/12 B). Das können BR, PR oder SBV anstoßen.

    Clara hat völlig recht. Es gibt zwei getrennte Wahlgänge. Die "Verlierer" im ersten Wahlgang können nach der ersten Auszählung klären, ob sie bereit sind, als Stellvertreter zu kandidieren. Die Wahlberecvhtigten können nach dem ersten Wahlgang überlegen, wen sie für die Stellvertreterwahl als Kandidaten vorschlagen.

    Inzwischen geht es in diesem Jahr nur noch um das vereinfachte Wahlverfahren, denn die Fristen für die Bestellung des Wahlvorstands im förmlichen Verfahren sind Ende September weitgehend abgelaufen. Im vereinfachten Verfahren beginnt die Wahl erst mit der Wahl der Wahlleitung in der Wahlversammlung, die nicht vor dem 1. Oktober stattfinden soll. Die Einladung zur Wahlversammlung kann aber nach allgemeiner Ansicht bereits vorher stattfinden. Niemand wird die Kandidatur genommen, denn die Aufstellung der Kandidaten findet erst in der Wahlversammlung (also nach dem 1. Oktober) statt. Wichtig ist nur, dass die Einladung hinreichend bekannt gemacht wird und bis zum Tag der Wahlversammlung auch aushängt (eine ergänzende Infoirmation im Intranet ist sinnvoll).

    Der Beschluss des OVG Münster betraf eine andere Konstellation. Dort ging es um die Stufenwahl, hier sind nur die Vertrauenspersonen wahlberechtigt. Es wäre unfair, wenn die Wahlversammlung so früh stattfinden würde, dass einuige neu gewählte Vertrauenspersonen sich nicht an der Stufenwahl beteiligen können.

    Die Frage von Peter ist sehr umsichtig, denn es ist wichtig, dass sich auch die Stellvertreter rechtzeitig einarbeiten können. Die Wahlordnung ist hier sehr offen. Nach § 2 Abs. 3 der WO soll die Wahl "spätestens" eine Woche vor dem Ende der Amtszeit stattfinden. Ein früherer Termin ist möglich. Die Regelung der Wahlordnung hat den Zweck, dass es immer eine kontinuierliche Vertretung gibt. Wenn es bisher keine Stellvertreter gibt, ist der frühere Termin gut für die Einarbeitung.

    Die SBV HH hat eine wichtige praktische Frage gestellt. In der Wahlversammlung im vereinfachten Verfahren ist auch eine Wahl in Abwesenheit möglich. In § 20 Abs. 2 S. der Wahlordnung wird nur verlangt, dass eine anwesende wahlberechtigte Person andere Personen zur Wahl vorschlägt; diese müssen daher nicht anwesend sein. Natürlich müssen sie die Wahl nach der Abstimmung annehmen. Sinnvoll ist es, wenn der Vorschlag sowohl für die Wahl ver Vertrauensperson als auchfür die Wahl der stellvertretenden Mitglieder erfolgt, denn das sind zwei getrennte Wahlgänge, für die getrennt die Vorschläge aufgerufen werden.

    Wenn eindeutig mehr als 50 schwerbehinderte Beschäftigte im Betrieb tätig sind, ist dies die Aufgabe des Wahlvorstands. Dieser sollte sofort nach seiner Bestellung den Arbeitgeber nach § 2 Abs. 6 der Wahlordnung zur Übermittlung der Liste der schwerbehinderten und gleichgestellten beschäftigten auffordern.

    Im vereinfachten Wahlverfahren und bei unklaren Zahlen (rund um die 50 schwerbehinderten Beschäftigten) sollte dies die SBV auf jeden Fall im September vom AG verlangen, denn sie benötigen die Informationen für die Einleitung des Wahlverfahrens. Ich stimme insoweit Wolfgangs Aussagen völlig zu.

    Im "normalen" vereinfachten Wahlverfahren gibt es keine Briefwahl, denn alle Entscheidungen fallen in der Versammlung - von der Aufstellung der Kandidierenden über die Erstellung der Stimmzettel bis zur Abgabe der Zettel in die Urne. Da gibt es nach der Wahlordnung keine Chance für eine Briefwahl.

    Anders ist dies bei der Online-Versammlung nach § 20 Abs. 5 der Wahlordnung. Eine Online-Stimmabgabe gibt es aus guten Gründen nicht, so dass die Stimmabgabe erst nach der Versammlung im Weg der Briefwahl stattfinden kann. Dies ist sowohl für die Teilnehmer an der Versammlung als auch für alle anderen Wahlberechtigten möglich (dazu Husmann, Wahl der Schwerbehindertenvertretung 2022, S. 83).

    Trotzdem bin ich der Meinung, dass eine Wahlversammlung in Präsenz für die meisten Beschäftigten zur Kommunikation besser geeignet ist. Solange die Inzidenzen noch nicht weiter steigen, sollten daher die Schwerbehindertenvertretungen möglichst bald zu einer Wahlversammlung im Oktober einladen, wenn in ihrem Betrieb das vereinfachte Wahlverfahren anwendbar ist.

    In der Mehrzahl der Betriebe wird im vereinfachten Wahlverfahren gewählt. Melanie Glücks hat dazu auf die Schlüsselrolle der Wahlversammlung verwiesen. Nur dort wird die Zahl der Stellvertreter bestimmt und am selben Tag findet auch die Wahl statt. Meistens dauert eine solche Versammlung nicht mehr als 2 Stunden, so dass alles gut vorbereitet werden muss, wie es Alfons Adam beschrieben hat. Es ist peinlich und schädlich, wenn erst mit großem Optimismus beschlossen wird, dass es 3 Stellvertreter geben soll - und danach kandidieren nur 2 Personen!

    Ich halte es für sinnvoll, wenn ca 4 Wochen vor der Wahlversammlung eine Schwerbehindertenversammlung nach § 178 Abs. 6 SGB IX stattfindet, in der die bisherige Vertrauensperson einen Rechenschaftsbericht gibt und danach das Verfahren in der Wahlversammlung beschrieben wird. Dann ist genügend Zeit, Kandidatinnen und Kandidaten zu finden; diese müssen auch nicht schwerbehindert sein. Anders als bei der BR-Wahl ist es bei der SBV-Wahl auch möglich, nur für die Stellvertreterposition zu kandidieren.

    Der Wahlvorstand beschließt nach § 2 Abs. 4 der Wahlordnung die Zahl der stellvertretenden Mitglieder. Vor diesem Beschluss erörtert er diese Frage - in der Regel in getrennten Gesprächen mit der SBV, dem Betriebs- oder Personalrat und dem Arbeitgeber. Deren Meinung ist daher einzuholen, aber den Beschluss trifft allein der Wahlvorstand. Melanie Glücks hat schon darauf hingewiesen, wie wichtig für diese Entscheidung die bisherigen Erfahrungen sind. Die Amtszeit von 4 Jahren ist lang, Personen können ausscheiden, länger arbeitsunfähig sein und haben natürlich auch regelmäßig Urlaub. Nach den bisherigen Erfahrungen waren 2018 zu wenig Stellvertretende gewählt worden, so dass nicht in allen Betrieben die verbesserten Regelungen zur Heranziehung ( § 178 Abs. 1 S. 4 + 5) genutzt werden konnten. Das sollte 2022 korrigiert werden.

    Meine heutige Antwort betrifft das Förmliche Wahlverfahren. Hier besteht ein Wahlvorstand und der Arbeitgeber ist nach § 2 Abs. 6 der Wahlordnung verpflichtet, den Wahlvorstand zu unterstützen. Vor allem hat er die Unterlagen zur Aufstellung der Wählerliste zur Verfügung zu stellen, also die Liste aller Beschäftigten, die ihm mitgeteilt und nachgewiesen haben, dass sie schwerbehindert bzw. gleichgestellt sind. Diese Namen machen den Kern der Wahlberechtigten aus, die in die Wählerliste aufgenommen werden. Auch diejenigen, die schwerbehindert sind, aber dies dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt haben, können in die Wählerliste eingetragen werden. Dazu müssen sie die Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung dem Wahlvorstand nachweisen.

    Der Arbeitgeber hat den Wahlvorstand auch bei seiner Arbeit zu unterstützen. Er muss ihm, falls noch nicht vorhanden einen Text des SGB IX und der Wahlordnung zur Verfügung stellen und die Mitglieder des Wahlvorstands für ihre Tätigkeit und für eine Fortbildung freistellen, falls sie dies beantragen.

    Wir begrüßen es sehr, dass Sie gegen den Bescheid Ihrer Kasse Widerspruch eingelegt haben, denn die große Mehrzahl der Sozialgerichte bejaht die Erstattung von Fahrtkosten nach §§ 64, 73 SGB IX bei der stufenweisen Wiedereingliederung. Es ist allerdings wichtig, dass Sie sich von einer kompetenten Person/Organisation bereits im Widerspruchsverfahren vertreten lassen.

    Nach unserem Überblick kommt der auch sachlich unpassende Widerstand gegen die Fahrtkostenerstattung von einigen Krankenkassen, so dass diese Frage auch in den Organen der Selbstverwaltung zu diskutieren ist. Gewerkschaften und Behindertenverbände können hier auch das Instrument der Verbandsklage nach § 85 SGB IX einsetzen.

    Vielen Dank für diese Frage, die gerade in der Urlaubszeit wichtig ist, denn es hier kann es leicht vorkommen, dass die Vertrauensperson im Urlaub ist und die erste Stellvertretung. Dann sind beide verhindert. Im BTHG ist in § 177 Abs. 1 S. 1 SGB IX die Vertretung bei Verhinderung verdeutlicht geworden. Wenn auch die erste Stellvertretung verhindert ist, wird sie von der stellvertretenden Person mit der zweithöchsten Stimmenzahl vertreten (Vertretungskette, dazu LPK-SGB IX/Düwell § 178 Rn. 24). Dies Beispiel zeigt, wie wichtig es bei den SBV-Wahlen im Herbst ist, dass wenigsten drei Personen bei der Stellvertreterwahl kandidieren und bei Friktionen nachrücken können.

    Der in der Frage genannte Beschluss des LAG Berlin war erfreulich, wurde allerdings 2004 vom BAG aufgehoben (BAG 7.4.2004 - 7 ABR 35/03). Das war bereits damals falsch und im BTHG ist das korrigiert worden. Es ging aber nicht um Vertretung, sondern um Heranziehung, also zusätzliche Kapazität für die SBV-Arbeit. Diese beschränkt sich seit 2016 nicht mehr auf die erste stellvertretende Person, aber nur in Betrieben mit mehr als 100 bzw. 200 schwerbehinderten Beschäftigten - § 178 Abs. 1 S. 5 SGB IX). Bei der nächsten Änderung des SGB IX sollte die Grenze von 100 für die Heranziehung deujtlich herabgesetzt werden.

    In der Pressemitteilung der DVfR wird ein anschauliches Beispiel für assistive Technologien dargestellt. In einem Lager werden Datenbrillen eingeführt. Damit kann der Materialfluss schneller erfasst und dokumentiert werden (mehr dazu in DGUV-Forum 11/2016, S. 23). Diese Brillen ermöglichen es, rückenbelastende Tätigkeiten im Lager mit ungünstiger Körperhaltung zu verringern. Auf der anderen Seite kann es zu "informatorischen Belastungen" kommen, weil die Menge der in kurzer Zeit zur Verfügung gestellten Informationen deutlich zunehmen kann. In neuen Untersuchungen der Träger der Unfallversicherung sind daher neben der Gestaltung der Monitore auch die "kognitiven Belastungen" intensiv diskutiert worden (DGUV-Forum 9/2020). Das ist für Beschäftigte mit Lernbehinderungen ein reales Problem.

    Die Beachtung des Arbeitsschutzrechts gibt die Chance, solche Gefährdungen zu vermeiden bzw. zu verringern. Vor jeder Beschaffung solcher Arbeitsmittel muss nach § 3 BetrSichV eine Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Dabei muss der "Stand der Technik" beachtet werden, was bei der schnellen Entwicklung auf diesem Gebiet wichtig ist. Es ist daher für alle Beschäftigten erforderlich, dass der Monitor und die Software den elementaren ergonomischen Anforderungen gerecht werden. Für lernbehinderte Beschäftigte reicht dies nicht aus. Zur Verringerung kognitiver Belastungen sind zusätzliche Anforderungen an die Datenbrille zu stellen. Das verlangt § 6 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 der BetrSichV und das ist im Beispielsfall der DVfR beachtet worden.

    Das Beispiel lässt sich insoweit verallgemeinern. Die Gefährdungsbeurteilung ist auch ein geeignetes Instrument für die rechtzeitige behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeit, zu der jeder Arbeitgeber nach § 164 Abs. 4 SGB IX verpflichtet ist. Als Methode geeignet ist dazu die "inkludierte Gefährdungsbeurteilung", die vom Institut ASER im Auftrag des lvr entwicjelt worden ist (http://www.lvr.de). Innerbetrieblich ist erforderlich, dass diese Gefährdungsbeurteilung von fachkundigen Personen erstellt sind, denen diese Zusammenhänge und der Stand der Technik bekannt sind. Der betriebliche Einsatz dieses Verfahrens kann durch das Mitbestimmungsrecht der betriebsräte nach § 87 I 7 BetrVG geregelt werden. Das DVfR-Beispiel zeigt auch, dass solche digitale Tech nologien die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen "berühren", so dass auch die SBV rechtzeitig nach § 178 SGB IX zu beteiligen ist.

    Weixel schreibt, dass der Arbeitgeber auf der "sicheren Seite" ist, wenn er die SBV nicht rechtzeitig beteiligt. Dieser Eindruck ist gut nachvollziehbar, weil die Rechtsdurchsetzung der SBV kompliziert geregelt ist. Trotzdem gibt es einige Beispiele. Ich hatte schon am 27. November auf das Recht der SBV nach § 178 Abs. 5 SGB IX hingewiesen, an den Monatsgesprächen zwischen BR/PR und dem Arbeitgeber teilzunehmen und sich so in diese Kommunikation einzuklinken.
    In einem intensiven Streitfall hatte eine nordhessische SBV im Weg der einstweiligen Verfügung durchgesetzt, dass sie an den Monatsgesprächen zu beteiligen ist - LAG Frankfurt 05.07.2012 - 9 TaBVGa 158/12. Solche Verfahren sind sehr zügig (bedürfen allerdings einer passenden rechtlichen Vertretung). Nicht selten reicht es schon, wenn mit Hinweis auf diese gerichtlichen Perspektiven das Recht geltend gemacht wird. Letztlich geht es darum - und da stimme ich Weixel zu -, dass die SBV beteiligt wird, bevor endgültige Ergebnisse fixiert sind.
    Dies ist nur ein Beispiel für eine kurzfristige Rechtsdurchsetzung. Effektiver ist es, wenn BR/PR dazu gewonnen werden, sich regelmäßig auf die Seite der SBV zu stellen.

    Das ist eine wichtige Frage, zu der es bisher nur geringe Erfahrungswerte gibt. Das Integrationsamt kann nach § 26 SchwbAV Leistungen zur behinderungsgerechten Einrichtung von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen erbringen. Mit diesen leistungen sollen Arbeitgeber vor allem unterstützt werden, wenn sie nach § 164 Abs. 4 SGB IX zur behinderungsgerechten Arbeitsplatzgestaltung verpflichtet sind. Dies kann auch ein Arbeitsplatz im Home-Office sein, wie das LAG Niedersachsen schon vor zehn Jahren entschieden hat (LAG Niedersachsen 6. 12. 2010 - 12 Sa 860/10, dazu Beyer JurisPR-ArbR 19/2011 Anm. 4). In dem Fall war aus behinderungsbedingten Gründen der Arbeitsplatz zwischen Wohnung und Betrieb aufgeteilt worden (2 Tage, 3 Tage).
    Solche Situationen können jetzt auch in der Pandemie auftreten. Wenn diese Organisation nicht nur auf eine sehr kurze Zeit beschränkt ist, dann liegt hier ein Telearbeitsplatz nach § 2 Abs. 7 ArbStättV vor, in dem der Arbeitgeber für die arbeitsschutz- und behinderungsgerechte Ausstattung verpflichtet ist.
    Die SBV ist nach § 182 SGB IX Verbindungsperson zum Integrationsamt und kann die aktuelle Haltung des Integrationsamts ermitteln. Bei restriktiven Einschränkungen des Amts empfehle ich, die Gewerkschafts- und Behindertenvertreter im Beratenden Ausschuss beim Integrationsamt (§ 186 SGB IX) anzusprechen.

    Ich stimme Franz-Josef Düwell völlig zu. Seit dem Frühjahr gilt der von ihm genannte § 129 Abs. 3 BetrVG, wonach Betriebsversammlungen im Online-Format durchgeführt werden können. Da § 178 Absatz 6 Satz 2 SGB IX auch auf § 42 BetrVG verweist, gilt diese Norm auch für die Schwerbehindertenversammlung.
    Ursprünglich war § 129 Absatz 3 BetrVG bis zum 31.12.2020 befristet. Da die Pandemie aber weiter andauert, haben der Bundestag am 20.11. und der Bundesrat am 27.11. in Artikel 4 des Beschäftigungssicherungsgesetzes (BR-Drs 701/20) diese Frist auf den 30.6.2021 verlängert, so dass auch in den nächsten Monaten solche Versammlungen möglich sind.
    In einem wichtigen Beschluss vom 24.08.2020 hat das LAG Berlin-Brandenburg - 12 TaBVGa 1015/20 entschieden, dass es sich bei diesen digitalen Formaten nur um Möglichkeiten handelt. Die Interessenvertretungen können auch weiter an den bisherigen Präsenzformaten festhalten, wenn die Anforderungen an die Abstandsregel und die Hygienekonzepte eingehalten werden.

    In der Pandemie hat sich gezeigt, dass es viele Defizite in der Nutzung der digitalen Kommunikation gibt. Der rechtliche Ausgangspunkt ist einfach: seit September 2020 müssen alle Web-sites öffentlicher Stellen barrierefrei sein. Das ergibt sich aus der EU-RL 2016/2102 und der Umsetzung im BGG sowie der BITV-2.0.-Verordnung. Dazu gibt es inzwischen eine Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit in der Informationstechnik (http://www.bfit.bund.de), an die sich auch Betroffene wenden können. Einen ersten Überblick gibt es in unserem Forum in den Beiträgen D 32 + 33/2018.
    Die Ausstattung von Menschen mit Behinderungen mit digitalen Hilfsmitteln ist noch ein großes praktisches Problem. Eine erste Möglichkeit besteht darin, sich mit der örtlichen Beratungsstelle der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) in Verbindung zu setzen, die hier bessere Möglichkeiten hat.

    Wir führen seit Mai regelmäßige digitale SBV-Fortbildungen durch und dort wird regelmäßig von Problemen mit der Beteiligung der SBV an "Krisenstäben" berichtet. Das ist rechtlich und praktisch zu kritisieren und zu korrigieren.
    In schwierigen Lagen, so z.B. der jetzigen Corona-Pandemie, ist der Arbeitsschutzausschuss (ASA) als "runder Tisch des Arbeitsschutzes" sehr wichtig, denn hier können sich die Akteure der betrieblichen Gesundheitspolitik über die verschiedenen zu treffenden Maßnahmen und die Prioritäten austauschen. Zu diesen Akteuren gehört nach § 178 Abs. 4 SGB IX auch die SBV. Gerade die schwierige Frage der "Risikogruppen" (§ 4 Nr. 6 ArbSchG) kann nicht ohne die SBV geklärt werden.
    Der ASA tagt nach § 11 ASiG mindestens einmal im Quartal; das ist in der Pandemie zu wenig. Eine einfache Möglichkeit ist es, dass der ASA häufiger zusammentritt; man kann den "Krisenstab" auch als eine Art "Unterausschuss des ASA" organisieren, so dass die SBV ebenso jede Einladung erhält.
    Schnelligkeit darf nicht mit Hektik verwechselt werden; daher ist es unverzichtbar, den Sachverstand der SBV und der Interessenvertretungen einzubeziehen. Wenn dies bisher nicht der Fall war, sollte diese Frage spätestens in der nächsten regulären Sitzung des ASA erörtert werden. Außerdem ist die SBV nach § 178 Abs. 5 SGB IX an den Monatsgesprächen zwischen Arbeitgeber und BR/ PR nach §§ 74 BetrVG, 66 BPersVG zu beteiligen. Hier könnte das nächste Gespräch genutzt werden, um die Einbeziewhung der SBV zu verbessern.

    Tara hat einen wichtigen Punkt angesprochen. In den meisten Betrieben wird Bezug genommen auf die Risikogruppen auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts (http://www.rki.de). Das ist ein sinnvoller Einstieg, der die Bestimmung der Risikogruppen erleichtert. Aber diese Beschreibung ist nicht abschließend, gerade bei psychischen Beeinträchtigungen kann eine Pandemie zu weiteren Problem führen. In diesen Fällen sind auch die meisten Betriebsärztlichen Dienste wenig kenntnisreich, so dass eher ein Attest eines auf diesem Gebiet erfahrenen Experten hilfreich sein kann, der dann allerdings nur bescheinigt, dass eine Erkrankung vorliegt, die einer Risikogruppe gleichzustellen ist.

    Arbeitgeber sind verpflichtet, auf die Situation von "Risikogruppen" Rücksicht zu nehmen ( § 4 Nr. 6 ArbSchG). Dies ist keine "Großzügigkeit", sondern eine Rechtspflicht, die auch in den Arbeitsschutzstandards des BMAS angesprochen worden ist. Als erstes muss daher im Betrieb zusammen mit Betriebsrat/Personalrat und SBV geklärt werden, wer zur Risikogruppe gehört. In Betrieben mit klaren Regelungen ist normaolerweise auf die Beschreibung der Risikogruppen vom Robert-Koch-Institut (http://www.rki.de) Bezug genommen worden.
    Wenn ein Beschäftigter nachweist - zB durch Attest des Hausarztes -, dass er zu dieser Risikogruppe gehört, muss ein Arbeitsplatzwechsel geprüft werden. Plätze mit Kundenkontakt kommen dann nicht mehr in Betracht; Home-Office ist eine Lösung, aber es gibt auch andere Einzelarbeitsplätze ohne Infektionsgefährdung. Dies kann in einem Attest des Hausarzutes angesprochen werden, doch fehlen den meisten Hausärzten dazu die passenden Kenntnisse. Aus diesem Grund ist in einigen Betriebsvereinbarungen die Möglichkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge aufgenommen worden. Passend ist die "Wunschvorsorge" nach § 5a ArbMedVV. Diese ist freiwillig; wenn es kein Mißtrauen gegenüber dem Betriebsärztlichen Dienst gibt, ist dies der einfachste Weg, um den Ersatzarbeitsplatz zu klären. Betriebsärzte dürfen das Ergebnis der Beratung/Untersuchung nur mit Einwilligung des Beschäftigten weitergeben. Die Diagnose unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht.
    Auf der Suche nach dem Ersatzarbeitsplatz ist die SBV nach § 178 Abs. 2 SGB IX zu beteiligen. Die Vertrauensperson unterliegt der Schweigepflicht nach § 179 Abs. 7 SGB IX, so dass ein offenes Gespräch möglich ist, in dem der beste Weg zum Ersatzarbeitsplatz geklärt werden kann.

    Ich beschränke mich bei der heutige Antwort auf das Verhältnis zwischen Leistungsträger (Träger der Eingliederungshilfe) und Leistungserbringer (Einzelfallhelfer bzw. Betreuungsdienst). Dies ist nach dem neuen Recht seit dem 1.1.2018 ausdrücklich als Vertragsrecht ausgestaltet. Es müsste auch in diesem Fall eine Leistungsvereinbarung nach §§ 123, 125 SGB IX vorliegen, in der die Betreuung und natürlich auch die Stunden festgelegt sind. Eine Änderung kann auch bei unvorhergesehenen Situationen (Corona) nicht einseitig verfügt werden, sondern nach § 127 Abs. 3 SGB IX nur durch Neuverhandlung erfolgen. Solange es keine neue Vereinbarung gibt, gilt die bisherige Leistungsvereinbarung. Parallel dazu müsste der Träger gegenüber dem Leistungsberechtigten eine förmliche Aufhebung des Verwaltungsakts - wohl nach § 48 SGB X - in einem förmlichen Verfahren betreiben. Auch hier kann eine einseitige Absenkung nicht erfolgen - unabhängig davon, dass die Betroffenen in der jetzigen Situation nicht weniger, sondern mehr Hilfe benötigen.
    Aus unserer Sicht ist dies ein wichtiges Problem; wir sind daran interessiert, von anderen FMA-Teilnehmern zu erfahren, wie Träger und Leistungserbringer auf die Corona-Situation reagieren.

    Die Lücke beim Kurzarbeitergeld zeigt, wie sachwidrig die Bereichsausnahme für Werkstatt- und Budgetbeschäftigte von der Arbeitslosenversicherung ist. Rechtssystematisch ist aber Kurzarbeitergeld hier nicht die vorrangige Frage. Soweit ich es überblicke, ist in allen Bundesländern die Schließung der Werkstätten hoheitlich durch Landesverordnungen oder -verfügungen angeordnet worden (Beispiel BW 18.3.2020 - Corona-VO WfbM). Die Werkstattbeschäftigten im Arbeitsbereich stehen in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (§ 221 SGB IX). Ein solches Verhältnis beruht auf einem Dienstvertrag; daher können die Werkstattbeschäftigten Annahmeverzugsentgelt nach § 615 S. 1 BGB für die Zeit der Werkstattschließung von der Werkstatt verlangen. Die Werkstatt kann dann nach § 56 Abs. 5 IfSG dieses Entgelt als Entschädigung vom Land verlangen. Wenn das Land sich darauf berufen sollte, dass für arbeitnehmerähnliche Werkstattbeschäftigte keine Entschädigung zu zahlen sei, würde dies mit der UNBRK schwerlich vereinbar sein. Die Bundesländer sollten im zweistufigen Verfahren zur Kasse gebeten werden. Die Werkstattbeschäftigten verlangen das Entgelt nach § 615 S. 1 BGB und die Werkstätten verlangen die Entschädigung vom Land.
    Möglicherweise gibt es Probleme, wenn im Werkstattvertrag nach § 13 WVO abweichende Regelungen enthalten sind. Dies halte ich aber für wenig wahrscheinlich, weil sich bis vor wenigen Wochen kaum jemand solche Rechtsprobleme vorgestellt hat.

    Hallo Mondschein,
    meine Antwort kommt etwas später, weil ich mich erst sachkundig machen musste bei der Forschungsstelle zur Rehabilitation von Menschen mit kommunikativer Behinderung (http://www.fst-halle.de), die sich auch intensiv mit Fragen schwerer Hörbehinderung befasst. Wenn der Mundschutz so intensiv ist, dass eine Kommunikation trotz guter Hörgeräte nicht erfolgreich ist, dann ist es wichtig, einen passenden "Umweg" zu suchen. Eine Möglichkeit besteht darin, dass Patient und Therapeut wichtige Informationen gegenseitig auf einem großen Blatt Papier aufschreiben; das verzögert war die Behandlung, sichert aber eine elmentare Kommunikation.
    Ein möglicher rechtlicher Weg besteht darin, für die Kommunikation eine Arbeitsassistenz nach § 185 SGB IX zu beantragen. Zuständig ist das Integrationsamt (in Bayern und NRW Inklusionsamt). Im letzten Jahr ist dieser Anspruch verstärkt worden; die Integrationsämter arbeiten relativ zügig, so dass auf diese Weise eine konkrete Hilfestellung für die nächsten Monate möglich ist.