Beiträge von Staehler

    Dass das „Konzept: Prävention vor Reha vor Rente“ per se erfolgreich ist, dürfte mittlerweile allseits unbestritten sein. Zitieren lässt sich hier beispielsweise seitens der gesetzlichen Rentenversicherung: Eine erfolgreiche Rehabilitation ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Der Versicherte kann seine gesundheitlichen Probleme bewältigen und weiterhin einem Beruf nachgehen; der Arbeitgeber kann weiterhin die Erfahrung und Arbeitskraft seines Mitarbeiters nutzen; die Rentenversicherung erspart sich die Rentenzahlung und behält einen Beitragszahler. Nach Feststellung der Rentenversicherung beenden 85 % der Personen ihre Rehabilitation erfolgreich und sind im Anschluss wieder erwerbsfähig.


    Gleichzeitig ist es fast schon eine Binsenweisheit: Prävention (wie Gesundheitsförderung) und medizinische Rehabilitation sind nur soweit erfolgreich, wie (recht)zeitig damit begonnen – generell je früher desto besser – wird und in welchem Maß letztlich dann der Einzelne sich nach dem vorher Ge-/Erlernten auch in seinem weiteren Leben richtet; was jedenfalls die medizinische Rehabilitation betrifft, kann man mithin sagen, dass der wichtigste Teil der Reha zu Hause bzw. im Alltag des Menschen stattfindet. Für präventives im Sinne Gesundheitsrisiken vermeidendes Verhalten gilt dies selbstverständlich in gleicher Weise. „Erfolg“ solchen gesundheitsbewussten Lebens ist in exakten Messzahlen so allerdings – wenn überhaupt – kaum eindeutig und allgemeingültig abbildbar. Der „Grad des Erfolges“ im Einzelfall ist vielmehr von vielen Faktoren abhängig, z.B. ob ein unterstützendes soziales Umfeld vorhanden ist und wie gut die durch vorangegangene präventive oder rehabilitative Leistungen/Maßnahmen erreichten Ergebnisse letztlich auch nachgehalten werden (können). Um beispielsweise den Erfolg eines Präventionsprogramms (z.B. Prävention von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen) abschließend beurteilen zu können, bedarf es gerade bei Kindern und Jugendlichen - entwicklungsbedingt – aber auch schon von vornherein längerer Zeiträume.

    Um einen Überblick über - wie Frau Fabris schreibt - das System, hierbei über die in und von diesem erbrachten Leistungen und bestehenden individuellen Rechte zu erlangen, ist eine gute Beratung von ausschlaggebender Bedeutung. Um Leistungen in Anspruch nehmen und Rechte - selbst und/oder mithilfe Anderer (z.B. Angehöriger, vgl. insoweit v.a. auch §§ 33, 34 SGB IX) - durchsetzen zu können, muss der Einzelne diese erst einmal kennen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber neben dem Anspruch auf Auskunft und Beratung durch die Rehabilitationsträger (§ 12 SGB IX) - dieser Anspruch gilt generell gegenüber allen Sozialleistungsträgern (§§ 14, 15 SGB I), also auch in Bezug auf die Erbringung von Präventionsleistungen - im Bereich der Rehabilitation und Teilhabe eine ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) vorgesehen. Dieses ergänzende - bewusst niedrigschwellige und sich an den Lebenswelten des ratsuchenden Menschen orientierende - Angebot erstreckt sich auf die Information und Beratung über sämtliche Rehabilitations- und Teilhabeleistungen nach dem SGB (§ 32 Abs. 2 SGB IX), im Rahmen der vorhandenen Beratungsstrukturen und ihrer Beratungspflicht haben die Rehabilitationsträger hierüber zu informieren. Zur Sicherstellung finanzieller Unabhängigkeit, namentlich im Interesse der Vermeidung von Interessenskonflikten - die Gesetzesbegründung spricht insoweit von weitgehender Freiheit von "ökonomischen Interessen und haushaltsrechtlichen Interessen und Kostenverantwortung insbesondere der Leistungsträger und Leistungserbringer" (BT-Drs. 18/9522, 245) - hat der Gesetzgeber eine Bundesfinanzierung auf Grundlage einer - im Bundesanzeiger (BAnz AT 30.05.2017 B 1) veröffentlichten - Förderrichtlinie vorgesehen, auf deren Grundlage regionale und überregionale Beratungsangebote sich um Fördermittel bewerben können. Auch wenn die EUTB überwiegend im Vorfeld der Beantragung konkreter Leistungen erfolgen soll, ist eine darüber hinausgehende Inanspruchnahme des Beratungsangebotes im gesamten Reha- bzw. Teilhabeprozess möglich, sofern im Einzelfall ein entsprechender Bedarf besteht; laut Gesetzesbegründung gilt dies insbesondere auch für die Teilhabeplanung (§§ 19 ff. SGB IX). Rechtsberatung als klassische Rechtsdienstleistung, namentlich Beratung und Unterstützung bei Widersprüchen oder sozialgerichtlichen Verfahren, ist im Rahmen von EUTB allerdings ausgeschlossen. Ob die vom Gesetzgeber mit den gesetzlich (anstelle der bisherigen Gemeinsamen Servicestellen nach §§ 22 ff. SGB IX a.F.) vorgesehenen Ansprechstellen und der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung erwarteten positiven Effekte auf das Beratungs- und Leistungsgeschehen eintreten werden, wird sich erweisen; maßgebend hierbei wird nicht zuletzt das aktive Zusammenwirken aller beteiligten Akteure sein.

    Allgemein ist festzustellen, dass Nachhaltigkeit (anstelle des in Fachkreisen teils als antiquiert bezeichneten, in § 17 SGB VI dennoch so weiter verwendeten Begriffs "Nachsorge") zu einem bedeutenden Erfolgsfaktor für Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe geworden ist. Schon seit Längerem beschäftigen sich daher die BAR und ihre Mitglieder, nicht zuletzt die DRV, mit Strategieansätzen zur Stärkung der Nachhaltigkeit im Reha-Prozess. So wurde bereits 2008 ein Praxisleitfaden zu Nachhaltigkeitsstrategien bezogen auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation veröffentlicht und als Weiterentwicklung hierzu in 2016 Handlungsempfehlungen zur Nachhaltigkeit von Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe (https://www.bar-frankfurt.de/f…altigkeit20161011.web.pdf); diese Handlungsempfehlungen (mit trägerübergreifenden wie auch -spezifischen Informationen/Links) zielen auf eine dauerhafte Teilhabe am Alltags- und Erwerbsleben ab. In vielen Studien hat sich gezeigt, dass die durch die Rehabilitation erreichten Erfolge und gesundheitlichen Verbesserungen umso länger erhalten bleiben, je besser eine Überleitung des Gelernten in Alltag und Beruf gelingt. Ein bewährtes Unterstützungsangebot bietet die i.d.R. wohnortnahe "Reha-Nachsorge", bei der es sich um ein ergänzendes und zeitlich begrenztes Leistungselement handelt, das auf die eigentlich Leistung zur Teilhabe bedarfsorientiert weiter aufbaut. Dazu gehören u.a. die weitere Verbesserung noch eingeschränkter Fähigkeiten und Funktionen, die Verstetigung von Lebensstil- und Verhaltensänderungen oder auch die Förderung von Selbstmanagementkompetenzen. Hierzu bietet die DRV regelhaft "Reha-Nachsorgeleistungen" an, welche im Anschluss an die medizinische Reha dann angezeigt sind, wenn eine weitergehende professionelle Weiterbetreuung notwendig ist, um die in der Rehabilitation erreichten Ziele nachhaltig zu sichern.

    Siehe die am 1.7.2018 in Kraft getretene "Gemeinsame Richtlinie der Träger der Rentenversicherung nach § 17 Absatz 2 Satz 1 SGB VI für Leistungen zur Nachsorge"
    (https://www.bundesanzeiger.de/…o_quicksearchlist)=Suchen)


    Der Grundsatz "Vorrang von Prävention" findet sich im -in wesentlichen Teilen am 1.1.2017 in Kraft getretenen- Bundesteilhabegesetz (BTHG) formuliert. Im Sinne des novellierten SGB IX hat Prävention stets die jeweilige Bedarfs- und Lebenslage des betroffenen Menschen umfassend einzubeziehen.
    Gesetzliche Kranken- mit i.W. Renten-, Unfall- und soziale Pflegeversicherung haben auf Grundlage von § 20d SGB V eine nationale Präventionsstrategie entwickelt; verabschiedet wurden hierzu bundeseinheitliche trägerübergreifende Rahmenempfehlungen mit formulierten Zielen und Zielgruppen, die Menschen in jeder Lebensphase einschließen; besonders berücksichtigt werden zugleich Risikogruppen wie nicht erwerbstätige Frauen und Männer, Kinder oder ältere Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder ungünstigen sozialen Kontextfaktoren. Denn um Beeinträchtigungen der Teilhabe entgegenzuwirken, ist Prävention nach § 3 SGB IX insbesondere auf eine -im Lebens- und Erwerbsverlauf möglichst frühzeitige- Beeinflussung von Kontextfaktoren gerichtet, d.h. über sowohl Vermeidung und Abbau von Barrieren als auch Aufbau und Erhaltung von Ressourcen. Es geht um frühzeitige und umfassende Identifizierung von Bedarfen und Einleitung geeigneter Maßnahmen als eine Aufgabe, die eine systematische Kommunikation sowie einen Erkenntnis- bzw. Wissenstransfer zwischen den Fachkräften der Prävention und Rehabilitation erfordert. Es gilt also, den Präventionsbedarf in einem frühest möglichen Stadium zu identifizieren. Dies gelingt, indem die Rehabilitationsträger, wie DRV, und Integrationsämter in Abstimmung untereinander und mit den anderen Beteiligten die Fortentwicklung, Verbreitung und Nutzung bestehender Instrumente und Frühwarnsysteme unterstützen, die Prognosen über die Entstehung und den Verlauf chronischer Erkrankungen und Behinderungen ermöglichen (z.B. Screening-Verfahren, wie Fragebögen, oder gesundheitsorientierte Beratung).


    Siehe die am 1.1.2018 in Kraft getretene Gemeinsame Empfehlung "Prävention nach § 3 SGB IX" (https://www.bar-frankfurt.de/f…n/downloads/P027785-1.pdf) und
    die am 1.7.2018 in Kraft getretene "Gemeinsame Richtlinie der Träger der Rentenversicherung nach § 14 Absatz 2 SGB VI über medizinische Leistungen für Versicherte, die erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, die die ausgeübte Beschäftigung gefährden (Präventionsrichtlinie)" (vorgesehen zur Veröffentlichung im Bundesanzeiger)