Beiträge von Buschmann-Steinhage

    Wenn Reha-Einrichtungen einen Wiedereingliederungs-Plan bei der stufenweisen Wiedereingliederung zu "ehrgeizig" gestalten, könnten entsprechende Rückmeldungen an die Reha-Einrichtung dazu beitragen, solche Pläne künftig weniger "ehrgeizig" zu formulieren.


    Wenn Versicherte bei der stufenweisen Wiedereingliederung oder überhaupt bei der beruflichen Wiedereingliederung über die eigentliche Rehabilitationsleistung hinaus eine unterstützende Begleitung brauchen, kommt neben dem IFD auch ein Fallmanagement des Reha-Trägers, z. B. der Unfall- oder Rentenversicherung in Frage. Die Unfallversicherung und einzelne Rentenversicherungsträger bieten das an. Darüber hinaus hat die Rentenversicherung ein Fallmanagement-Konzept erarbeiten lassen, das für alle Rentenversicherungsträger gedacht ist und dessen Umsetzung nun ansteht.

    Nach § 102 Abs. 2 SGB VI sind Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Regelfall auf Zeit zu leisten. Eine Dauerrente kommt nur im Ausnahmefall in Betracht. Der Gesetzgeber hat vom 01.01.2001 an das bisherige Regel-Ausnahme-Verhältnis von unbefristeten und befristeten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit umgekehrt. Für die Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Dauerrente) muss es unwahrscheinlich sein, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Die Befristung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat auch dann zu erfolgen, wenn im Zeitpunkt der Rentenfeststellung bereits absehbar ist, dass sich eine rentenrelevante Besserung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht zwar nicht innerhalb von 3 Jahren nach Beginn der Rente ergeben wird, aber eine Behebung der Erwerbsminderung innerhalb des zu betrachtenden Zeitraums von 9 Jahren nicht unwahrscheinlich ist.


    Entscheidend ist also die ärztliche Beurteilung, ob Aussicht auf eine Behebung der Erwerbsminderung besteht. Im Zweifelsfall spricht Vieles dafür, die Erwerbsminderungsrente erst einmal zu befristen. Aber natürlich kann es vorkommen, das ärztlicherseits die Erwerbsprognose zu negativ beurteilt wird.

    Die Umwandlung, genauer: Umdeutung, eines Reha-Antrags in einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Rente) regelt § 116 Abs. 2 SGB VI:
    Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und
    1. ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder
    2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben.
    Auch wenn Versicherte keinen EM-Rentenantrag gestellt haben, ist die Rentenversicherung verpflichtet, den Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Antrag auf Rente anzusehen. Mit dieser Regelung sollen Versicherte vor den nachteiligen Folgen eines späteren
    Rentenbeginns geschützt werden.
    Im Rahmen ihrer Beratungspflicht weist die Rentenversicherung in diesen Fällen auf mögliche Folgen eines Rentenbezuges hin. So kann zum Beispiel der Bezug einer Rente zur Beendigung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses führen. Zudem kann die Rente den Anspruch
    auf andere Leistungen (zum Beispiel Betriebsrenten, Zusatzrenten) beeinflussen. Die Rentenversicherung empfiehlt daher, sich vor Absendung von Unterlagen, die für die Entscheidung über den EM-Rentenantrag benötigt werden, sich zu informieren, ob durch einen Rentenantrag beziehungsweise einen Rentenbezug Nachteile entstehen können.
    Damit unerwünschte Folgen vermieden werden, können Versicherte bestimmen, dass ihr Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht als Rentenantrag gelten soll. In diesem so genannten „Gestaltungsrecht“ sind Sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch eingeschränkt, wenn Sie Krankengeld beziehen und von Ihrer Krankenkasse nach § 51 SGB V aufgefordert worden sind, einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation zu stellen. In diesem Fall ist es unbedingt erforderlich, dass vorher die Zustimmung der Krankenkasse einzuholen.
    Auch die Arbeitsagentur kann nach § 145 SGB III zu einem einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am
    Arbeitsleben auffordern und damit das Gestaltungsrecht einschränken.
    Detailliertere Ausführungen zum Gestaltungsrecht finden sich in den Gemeinsamen Rechtlichen Anweisungen (GRA) der Deutschen Rentenversicherung: http://rvrecht.deutsche-renten…Raa/Raa.do?f=SGB6_116R4.4

    Die Deutsche Rentenversicherung veröffentlicht in ihren Reha-Berichten regelmäßig Daten, die Aussagen über das Ergebnis der medizinischen und der beruflichen Rehabilitation erlauben. Analysiert wird, ob die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden in den beiden Jahren nach der Rehabilitation im Erwerbsleben bleiben, erkennbar daran, dass in dieser Zeit Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden. Der aktuelle Reha-Bericht 2018 ist im Internet unter www.reha-berichte-drv.de bzw. https://www.deutsche-rentenver…aberichte_index_node.html zu finden. Ein Beispiel: In den beiden Jahren nach einer medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung im Jahr 2013 sind 84% der Männer und 84% der Frauen im Erwerbsleben geblieben.


    Ein anderes Beispiel ist die orthopädische Rehabilitation bei chronischen Rückenschmerzen, die eine Forschergruppe um Prof. Krischak untersucht hat:
    "Nachweis der Wirksamkeit der orthopädischen Rehabilitation chronischer Rückenschmerzen anhand eines neuen Kontrollgruppenvergleichs" (Prof. Dr. med. Gert Krischak, MBA, Dr. biol. hum. Lena Tepohl, Julia Dannenmaier, Ulrich Hartschuh, Ramona Auer, Dr. biol. hum. Rainer Kaluscha) siehe https://aok-bw-presse.de/filea…orthop_Rehabilitation.pdf

    Die Pflichten der Rentenversicherung aus § 17 SGB VI zur Reha-Nachsorge sind im Kern nicht neu (bis 2016 galt dafür § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Die Rentenversicherung erbringt schon seit vielen Jahren solche Nachsorgeleistungen. Im Jahr 2016 hat sie fast 150.000 Nachsorgeleistungen erbracht. Beschrieben werden sie im aktuellen Rahmenkonzept zur Reha-Nachsorge, das im Internet unter www.reha-Nachsorge-drv.de bzw. https://www.deutsche-rentenver…en/06_nachsorge_node.html zu finden ist. Dort sind auch Links zu den Fachkonzepten für die Nachsorgeleistungen IRENA, T-RENA und Psy-RENA sowie zu Rehabilitationssport und Funktionstraining aufgeführt.
    Unter www.nachderreha.de stellt ein Nachsorge-Finder alle nötigen Informationen zu wohnortnahen Nachsorgeangeboten zur Verfügung.


    Auch zu den Präventionsleistungen der Rentenversicherung nach § 14 SGB VI (früher § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) findet man detaillierte Informationen im Internet unter https://www.deutsche-rentenver…heitsfoerderung_node.html. Eine Auflistung der Präventionsangebote nach Bundesländern findet sich dort ebenfalls.
    Wenn erste gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, die die ausgeübte Beschäftigung gefährden, können medizinische Leistungen zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit beantragt werden. Die Präventionsleistungen gliedern sich grundsätzlich in vier Abschnitte: die mehrtägige Initialphase, die nachfolgende, längere Trainingsphase und am Ende die mehrmonatige Eigeninitiativphase.

    Das Flexirentengesetz sieht vor, dass Screeninguntersuchungen für Menschen über 45 Jahre zur Identifizierung berufsbezogener Teilhabestörungen in Modellprojekten erprobt werden. Dazu wird ein Screening-Fragebogen eingesetzt, mit dem unterschieden werden soll: kein Bedarf an Teilhabeleistungen oder Präventionsbedarf oder Reha-Bedarf. Gleichzeitig werden unterschiedliche Zugangswege erprobt:
    - Haus- bzw. Fachärzte
    - Werks- und Betriebsärzte
    - Anschreiben der Versicherten, gesteuert über Routinedaten der Rentenversicherung
    - Kontakt im Rahmen der Renteninformation
    - postalische Einladung zur Internettestung oder zu einer individuellen ärztlichen Untersuchung.
    Die Modellprojekte beginnen 2019 und werden insgesamt evaluiert, um entscheiden zu können, welche Form des Ü45-Check sich bewährt und verstetigt werden soll.

    Bei der Leistungsgewährung stellt bereits die Krankenkasse sicher, dass mit der Hörgeräteversorgung ein Funktionsdefizit des (beidohrigen) Hörvermögens unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts bestmöglich auszugleichen und dabei – soweit möglich – ein Sprachverstehen bei Umgebungsgeräuschen und in größeren Personengruppen zu erreichen ist.


    Unter Betrachtung des individuellen Einzelfalles hinsichtlich der Art und Ausprägung der Hörschädigung/Hörminderung und deren Auswirkungen auf die Ausübung des bestimmten Berufes sind dann Bedarfslagen denkbar, wenn besondere, nicht den alltäglichen Schallbedingungen hinzuzurechnende Höranforderungen das Berufsbild prägen. Dies kann beispielsweise der Fall sein bei akustisch signalgesteuerten Kontroll- und/oder Überwachungsarbeiten; bei Tätigkeiten in für Leib und Leben gefährlichen Arbeitsumgebungen mit hoher Anforderung an die Sensibilität für akustische Warnsignale – in solchen Umgebungen auch bei Verantwortung für die Gewährung von Disziplin und Sicherheit Anderer; bei Tätigkeiten im Musikbereich mit besonders hohen Anforderungen an ein detailliertes, geschultes Hörvermögen über das alltägliche Hörvermögen hinaus oder bei Tätigkeiten im intensivmedizinischen Bereich mit besonders hohen Anforderungen an ein detailliertes Hörvermögen über das alltägliche Hörvermögen hinaus.


    Im Rahmen eines bestmöglichen Ausgleichs der Hörbehinderung im Sinne der Versorgungsziele nach der Hilfsmittel-Richtlinie ist die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtet, dem hörbehinderten Menschen zu ermöglichen, auch in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu hören und zu verstehen. Ein berufsbedingter Mehrbedarf, der vom Rehabilitationsträger zu decken ist, kann sich deshalb nicht ergeben, wenn typische Schallsituationen im jeweiligen Beruf diesen alltagstypischen Störgeräuschen zuzurechnen sind.


    Dr. Rolf Buschmann-Steinhage