Beiträge von Dr. Hans-Joachim Sellnick

    Hallo,


    Die Empfehlung Widerspruch gegen die Ablehnung der Teilhabeleistungen einzulegen, kann ich nur unterstützen. Ich würde aber auf jeden Fall den behandelnden Arzt, dessen Krankschreibung Grundlage der Widereingliederung im Rahmen des BEM ist, mit ins Boot holen. Dieser kann am ehesten einschätzen, inwieweit die stufenweise Wiedereingliederung erfolgreich ist und hierzu fundiert Stellung nehmen und so zur Widerlegung der (vorläufigen?) sozialmedizinischen Einschätzung der DRV beitragen. Die Interessenlage der Krankenversicherung ist nicht unbedingt i.S. des Betroffenen. Sie würde bei einer Rentengewährung von ihrer Krankengeldleistungspflicht befreit.
    Sofern ohne die unverzügliche Gewährung der notwendigen Teilhabeleistungen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses droht, wäre auch ein Antrag auf einstweilige Anordnung gemäß § 86b SGG zu erwägen.




    Zur Rechtslage einen Auszug aus einem einschlägigen Urteil des BSG:


    „ Die Aufforderung unter Fristsetzung, einen Reha-Antrag zu stellen (§ 51 Abs 1 S 1 SGB V), dient zunächst und in erster Linie dazu, bei dem Versicherten mittels Leistungen der medizinischen Reha und Teilhabe die Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen. Dies ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, wonach die Leistungen zur Teilhabe Vorrang haben vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind (vgl § 9 Abs 1 S 2 SGB VI; vgl auch bereits Begründung des Entwurfs der Bundesregierung eines Reha-Angleichungsgesetzes zu § 183 Abs 7 RVO, BT-Drucks 7/1237 S 64). Es liegt auf der Hand, dass nur ein Reha-Antrag, der Teilhabeleistungen auslösen kann, diesem Zweck zu genügen vermag, nicht aber ein Antrag, über den der RV-Träger gar nicht oder mangels Mitwirkung des Versicherten ablehnend entscheiden soll.
    Andernfalls läge es auch in der Hand des Versicherten, nach seinem Belieben die gesetzliche Risikozuordnung zwischen GKV und GRV zu verschieben. § 51 Abs 1 S 1 SGB V räumt wie dargelegt, um den Vorrang der Rentenzahlungen vor Krg-Leistungen bei dauerhafter Erwerbsminderung sicherzustellen (§ 50 Abs 1 SGB V), den KKn die Möglichkeit ein, ihre Versicherten zu veranlassen, mittelbar (wegen der Rentenantragsfiktion des § 116 Abs 2 SGB VI) einen Rentenantrag zu stellen und hierdurch Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Leistung (§ 19 SGB IV, § 115 Abs 1 S 1, § 116 Abs 2 SGB VI, § 44 Abs 1 ALG) zu nehmen (§ 99 SGB VI, § 30 Abs 1 ALG) und einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit für das Krg schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer (§ 48 SGB V) zu bewirken. Gleichzeitig wird die nicht rechtzeitige Antragstellung durch das Entfallen des Anspruchs auf Auszahlung von Krg sanktioniert (§ 51 Abs 3 S 1 SGB V). Die Regelung in § 50 SGB V würde ohne Unterstützung durch § 51 SGB V unterlaufen werden können, wenn der Versicherte die erforderliche Antragstellung (willkürlich) unterlässt (BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2, RdNr 24 f; BSGE 94, 26 = SozR 4-2500 § 51 Nr 1, RdNr 13 ff).
    Dass die gesetzliche Risikozuordnung zwischen GKV und GRV nicht der Disposition des Versicherten unterliegt, zeigt sich auch in der fehlenden Befugnis des Versicherten, einen nach Aufforderung seiner KK gestellten Reha-Antrag zurückzunehmen. Hierzu hat das BSG in ständiger Rechtsprechung bereits unter Geltung der RVO (§ 183 Abs 7 RVO) entschieden, dass der Versicherte seinen Antrag wirksam nur noch mit Zustimmung der KK zurücknehmen oder beschränken kann (BSGE 52, 26, 29 ff = SozR 2200 § 1248 Nr 33; BSG USK 81171). Es hat diese Rechtsprechung auch unter Geltung des § 51 SGB V aufrechterhalten (BSGE 76, 218, 223 = SozR 3-2500 § 50 Nr 3 S 11; BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2, RdNr 24 f; BSGE 94, 26 = SozR 4-2500 § 51 Nr 1, RdNr 13 ff). Für die Zeit vor Antragstellung gelten dieselben Erwägungen"
    (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 31/13 R –, BSGE 118, 40-52, SozR 4-2500 § 51 Nr 3, Rn. 27 - 29)