Beiträge von Roland Rosenow

    Zu 1.: Das ist mE ganz einfach. Der ANtrag wird bei irgendeinem Rehabilitationsträger gestellt, zB der Krankenversicherung oder dem Träger der Eingliederungshilfe. Der kann innerhlab von 14 Tagen den Antrag weiterleiten. Wenn er das nicht tut, sit er zuständig. Immer. Tut er das, ist der Rehabilitationsträger, an den wetiergeleitet wurde zuständig. Immer. Eine Übersicht über das Verfahren (das allerdings ind er Tat nicht ganz übersichtlich ist, das räume ich ein) habe ich hier zur Verfüugn gestellt: Verfahren nach §§ 14, 15 SGB IX



    Zu 2.: Nach meiner Rechtsauffassung: Ganz klar nein. Aber in der Eingliederungshilfe (wohl nur dort) gitb es leider immer noch die Auffassung, dass Eingliederungshilfe nur bekomme, wer eine eigene Wohnung habe. Das ist aus dem Gesetz nicht begründbar, jedenfalls wüsste ich nicht wie. Aber es ist gut, wenn man weiß, dass einem diese Haltung begegnen kann.


    Zu 3.: Nach meiner Auffassung ja. Aber es gibt dazu bislang keine veröffentlichte Rechtsprechung. Zu beachten ist: Das Budget für Arbeit besteht aus zwei Teilbudgets. Im gesetz heißt es: „Das Budget für Arbeit umfasst einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz.”



    Das eine Teilbudget ist eine Geldleistung an den Arbeitsgeber (Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung). Die kann möglicherweise nicht in das pB integriert werden - daz uhabe ich bislang keine Meinung entwickelt. Das andere Teilbudget ist eine Leistung an die leistungsberechtigte Person (die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung). Anders als des erste Teilbudget ist das zweite nicht durch das Gesetz gedeckelt! Die Grenze ergibt sich also erst aus dem Wunsch- und Wahlrecht.


    Aber auch mir scheint (wie Frau Ehrhardt), dass das Budget für Arbeit für Sie gar nicht in Betracht kommt. Sie sollten eigentlich Anspruch auf Arbeitsassistenz haben. IN diesem Zusammenhang mag für Sie interessant sein, dass § 185 Abs. 5 SGB IX durch das Angehörigenentlastungsgesetz vom 10.12.2019 um einen Satz ergänzt wurd, der lautet: „Der Anspruch richtet sich auf die Übernahme der vollen Kosten, die für eine als notwendig festgestellte Arbeitsassistenz entstehen.” Die Frage, wie weit der Anspruch auf Arbeitsassistenz reciht, war umstritten. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass der Anspruch umfassend ist.




    Zu 4.: Das pB kann jederzeit geändert, zB erweitert werden, wenn ein entsprechender Bedarf hinzutritt (§ 48 SGB X). Eine Zielvereinbarung ist ggf. anzupassen. Die Idee mit der Zusicherung (§ 34 SGB X) gefällt mir. Ich bin allerdings in Bezug auf die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs zurückhaltend (vgl. BSG, 6.4.2010, B 4 AS 5/10 R). Aber wer weiß, vielleicht klappt es dennoch. Ansonsten müsste die Erweiterung des pB ggf. mit einem Eilverfahren durchgesetzt werden.

    Hier ist ein grundlegendes Problem angesprochen, das aus der Finanzierung nach Pauschalen und der einrichtungsinternen Querfinanzierung resultiert. Das Problem ist nicht, dass ein pB wie ein „Maßanzug” wäre und daher teurer. Das Problem ist, dass eine Leistung, die - sagen wir - für 50 Personen konzipert ist, i.d.R. so finanziert wird, dass für alle 50 derselbe Betrag gezahlt wird. Das basiert aber keineswegs auf der Annahme, dass alle 50 denselben Bedarf hätten oder dass die Deckung des Bedarfs jedes einzelnen gleich viel kosten würde. Vielmehr soll die Einrichtung überdurchschnittliche Bedarfe durch unterdurchschnittliche Bedarfe querfinanzieren (Rechtsgrundlage früher § 76 Abs. 2 S. 3 SGB XII a.F., jetzt § 125 Abs. 3 S. 3 SGB IX). Wenn man § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX so versteht, dass der für alle gleiche Pauschalsatz die Obergrenze des pB ist, führt das zwingend dazu, dass knapp die Hälfe der Leistungsberechtigten vom pB ausgeschlossen ist. Das ist eine einfache Rechenaufgabe. Doch ebenso einfach sollte zu erkennen sein, dass dieses Ergebnis mit dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG irgendwie nicht zusammenpasst. Daher muss man zunächst überlegen, ob und ggf. wie § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX verfassungskonform ausgelegt werden kann. Ein Möglichkeit wäre vielleicht, die echten Kosten der Bedarfsdeckung im Sachleistungsprinzip heranzuziehen. Das hieße: Die einrichtungsinterne Querfinanzierung wäre wieder herauszurechnen. Das ist natürlich nicht so einfach. Aber darf es an dieser Schwierigkeit scheitern? Kann es richtig sein, Menschen mit Bedarfen, die zufällig über dem Durchschnitt einer x-beliebigen Gruppe mit vergleichbhbarem Bedarf (§ 125 Abs. 2 S. 2 SGB IX) liegen, systematsich vom pB auszuschließen? Oder muss kommt man schließlich zum Ergebnis, dass § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX verfassungswdirg ist, weil die Vorschrift eklatant gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und auch nicht durch eine kunstvolle Auslegung gerettet werden kann? Ich habe dazu bislang keine feste Meinung. Aber ich bin überzeugt, dass es nicht richtig (rechtswidrig) ist, bestimmte Personen vom pB auszuschließen, weil ihr Bedarf zufällig in der oberen Hälfte der Bedarfe einer Gruppe mit vergleichbaren Bedarfen nach § 125 Abs. 3 S. 3 SGB IX liegt.

    Ich arbeite in einer Ombudsstelle und berate in Konfliktfällen und Sachfragen Eltern mit behinderten schulpflichtigen Kindern im Raum Schule
    Die Frage nach einem persönlichen Budget taucht zunehmend im Zusammenhang mit der Frage der Finanzierung von Schulbegleitung (Assistenz) auf.
    Die Eltern wollen mehr Eigenverantwortlichkeit übernehmen und lehnen die Verordnung der Schulbegleitung im Hinblick auf Qualifikation und Person durch die zuständige Bildungsbehörde häufig ab.
    Was müssen Eltern tun und zwar in allen Regionen, um an das persönliche Budget zu kommen?

    Zwei Hinweise zum persönliches Budget für Leistungen nach § 35a SGB VIII:


    Klare Worte zum Persönlichen Budget in der Kinder- und Jugendhilfe – Anmerkung zum Beschluss OVG Bremen, 25.05.2020, 2 B 66/20, Beitrag A18-2020 unter http://www.reha-recht.de; 18.09.2020 Text, (= Das persönliche Budget in der Kinder- und Jugendhilfe, Sozialrecht & Praxis 4/2021, S. 256-258)


    Kein Antragserfordernis für Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII, Beitrag A1-2021 unter http://www.reha-recht.de; 15.1.2021, Text

    Lieber Herr Rosenow, Ihre Gedanken kann man sicherlich 1:1 dem EGH-Träger in einem Kurzvortrag darlegen, ist damit aber in der Praxis für den Ratsuchenden - es ging ja um eine EUTB-Frage - keinen Schritt weiter.

    Liebe Frau Ehrhardt,
    ich verstehe, dass es für Beraterinnen und Berater unbequem ist, die Diskrepanzen zwischen Rechtslage und Rechtswirklichkeit auszuhalten. Es ist einfacher, das Recht einen guten Mann sein zu lassen und mit dem Strom zu schwimmen. Aber wenn gerade die EUTBs nicht den Finger in die Wunde legen - wer sollte es dann tun? Oder plädieren Sie dafür, die Gesetzesbindung der Verwaltung kurzerhand aufzugeben und der Verwaltung die Macht zur eigenständigen Normsetzung einzuräumen? Das mag ironisch klingen, aber das ist es gar nicht. In der Rechtswissenschaft gibt es durchaus Stimmen, die der Auffassung sind, die Verwaltung, jedenfalls die Sozialverwaltung, sollte möglichst viel dürfen und möglichst wenig müssen. Ich halte das für falsch, weil es meinem Verständnis vom demokratischen Rechtsstaat nicht entspricht und weil ich glaube, dass es für alle von hohem Wert ist, wenn erstens das Prinzip der Gesetzesbindung hochgehalten wird und zweitens viel getan wird, um Exklusion entgegenzuwirken - wenigstens so viel, wie das SGB verlangt. Exklusion ist nicht (nur) ein Problem der Exkludierten, sie ist auch ein Problem der Exkludierenden.


    Ich denke, die Praktikerinnen und Praktiker der Beratung müssen sich entscheiden, wo sie stehen. Wollen sie rechtsferne Praktiken der Sozialverwaltung und der Leistungserbringer akzeptieren und damit mittragen? Oder wollen sie ihren Klientinnen und Klienten die Chance geben, Rechte durchzusetzen, die die Verwaltung oder eine Leistungserbringer verweigert?

    Es geht hier um "Augenhöhe", d.h. es gibt m.E. nach kein "Über-Unterordnungsverhältnis" wie bei einem "Ausführungsbescheid", sondern ein gleichrangiges Vertragsverhältnis

    An dieser Stelle möchte ich widersprechen. Auch das persönliche Budget wird im subordinationsrechtlichen Verhältnis (= Über-Unterordnungsverhältnis) Bürger - Behörde erbracht. Die Zielvereinbarung ist ein subordnatiosnrechtlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag und damit gerade kein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Gleichrangverhältnis (wie zB der koordierungsrechtliche Vertrag). Das ist zwar zunächst eine formale Betrachtung. Doch in der Praxis wird das durchaus spürbar.


    Ich glaube, dass die mittlerweile ubiquitäre Rede von der „Augenhöhe” die Realität eher verwischt als beschreibt. Wenn man das, was mit Augenhöhe gemeint ist, will, dann hilft es, zunächst einmal die ausgeprägte Machtasymmtrie, die im öffentlich-rechtlichen Verhältnis der Leistungsberechtigten zum Rehabilitationsträger herrscht, in den Blick zu nehmen und offen zu benennen. Hier ist ein Blick in die Kinder- und Jugendhilfe hilfreich. Die Ombudsstellen, die mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ins Gesetz gekommen sind (§ 9a SGB VIII), machen genau das: Sie befassen sich mit der Machasymmetrie und entwickeln Strategien, um die unguten Folgen dieser Asymmetrie zu mildern.

    Hallo Herr Rosenow,


    könnten sie mir bitte "Ansordnungsanspruch" erklären - ich bin kein Jurist und stehe gerade inhaltich auf dem Bewässerungssystem meines Gartens...der schnelle Doktor Google half mir auch nicht weiter?


    VG

    M Friedrichsen hat es schon erklärt:
    Anordnungsanspruch = der rechtliche Anspruch auf die begehrte Leistung
    Anordnungsgrund = Eilbedürftigkeit
    Beides ist glaubhaft zu machen, muss also nichtbewiesen werden. Glaubhaftmachung kann auch durch eine eidesstattliche Versicherung erfolgen.


    Eine etwas gründlichere Erklärung finden Sie hier:
    https://sozialrecht-rosenow.de…or-dem-sozialgericht.html

    Ein Beitrag aus rechtlicher Perspektive:
    1. Teilhabeleistungen dürfen nur mit der Zustimmung der leistungsberechtigten Person erbracht werden - so ganz ausdrpcklich § 8 Abs. 4 SGB IX (wird oft übersehen).


    2. Die Leistungsberechtigten müssen an der Sachverhaltsaufklärung mitwirken, soweit das erforderlich ist (§§ 60 ff. SGB I, § 21 Abs. 2 SGB X).



    Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich also nur auf Angaben, Vorlage von Beweismitteln und Einverständnisse mit der Erteilung von Auskünften durch Dritte, die erforderlich sind, um Ansprüche auf Teilhabeleistungen zu realisieren. Diese Ansprüche werden druch § 8 Abs. 4 SGB IX begrenzt auf die Leistungen, die die leistungsberechtigte Person in Ansrpuch nehmen will. Bereits deshalb können die Mitwirkungspflichten sich niemals auf Angaben, Vorlage von Beweismitteln und Einverständnisse mit der Erteilung von Auskünften durch Dritte erstrecken, die zur Ermittlung der tatbestandlichen Voraussetzung einer Leistung erforderlich wären, die die leistungsberechtigte Person gar nicht will.



    Natürlich kann es dennoch zu einer gewissen Übergriffigkeit durch Sozialleistungsträger kommen. Es mag sein, dass Jugendämter da besonders gefährtet sind, weil sie möglicherweise nicht immer hinreichend zwischen ihrer Rolle als Wächteramt (Art. 6 GG) und ihrer Rolle als Rehabilitationsträger unterscheiden. [Der inoffizielle Untertitel des Bundesteilhabegesetz lautet: „Gesetz zur Bekanntmachung des SGB IX, insbesondere bei den Jugendämtern.” :) ] Umso wichtiger ist es m.E., Leistungsberechtigte zB durch Beratungsstellen entsprechend zu briefen und so ein bisschen zur Fortbildung der Behörden beizutragen.



    Und noch eine Anmerkung zum Rahmenvertrag: Zwischen Leistungserbringern und Leistungsträgern bestehen keine Rahmenverträge(§ 131 SGB IX bzw. § 78f SGB VIII), sondern Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen (Eingliederungshilfe, § 125 bzw. § 134 SGB IX) und in der Kinder- und Jugendhilfe Leistungs-, Vergütungsvereinbarungs und Qualitätsentwicklungsvereinabrungen nach § 78b SGB VIII für teilstationäre und stationäre Leistungen (§ 78a SGB VIII) und Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach § 77 SGB VIII (i.d. durch das Kinder- udn Jugendstärkungsgesetz) für alle anderen Leistungen. Rahmenverträge werden dagegen auf Landesebene geschlossen und sind (anders als im Recht der Pflegeversicherungm § 75 Abs. 1 S. 4 SGB XI) rechtlich nicht verbindlich für Dritte, also keine Normverträge (BGH, 18.2.2021, III ZR 175/19).

    Ich möchte nur auf eine Frage aus dem Papier oben eingehen: Die (sog.) Abgrenzung von Eingliederungshilfe und Pflege. In dem Papier heißt es:



    Bei der Abgrenzung der Eingliederungshilfe zu ambulanten Leistungen der Pflegeversicherung kommt es auf die Zielsetzung und den Bedarf an. Kann der Bedarf bereits
    durch ambulante Leistungen der Pflegeversicherung gedeckt werden, wird Eingliederungshilfe nicht mehr zusätzlich erbracht. Bei Überschneidungen gilt folgende
    Faustregel: Ist das Ziel eine eigenständige Lebensführung, so ist der Träger der Eingliederungshilfe zuständig, ansonsten die Pflegeversicherung. Sollte der Bedarf des Menschen mit Behinderung durch Leistungen der Pflegeversicherung nicht vollständig gedeckt werden können, sind zusätzliche Leistungen der Eingliederungshilfe bzw. der Hilfe zur Pflege möglich.


    Auch hier stellt sich die Frage, ob wir Auffassungen für richtig halten, weil sie in der Praxis eine gewisse Dominanz erlangt haben, oder weil sie aus dem Gesetz heraus begründbar sind. Nach meiner Auffassung ist die zitierte Auffassung zur Abgrenzung aus dem Gesetz nicht begründbar und daher nicht richtig, obwohl sie in der Tat verbreitet ist, leider bis in die Rechtsprechung des BSG. Doch die Ziele sowohl der Eingliederungshilfe, als auch der Pflege sind im Gesetz ganz ausdrücklich normiert (§§ 4, 90 SGB IX, § 2 SGB XI). Die oben formulierte Abgrenzung lässt sich aus diesen Vorschriften nicht nur nicht ableiten, sondern sie steht in deutlich erkennbarem Widerspruch zu ihnen. Die gesetzlichen Vorgaben lassen m.E. keinen Zweifel daran, dass die Ziele von Eingliederungshilfe und Pflege weitgehend identisch sind. Wenn dennoch eine Unterscheidung vorgenommen wird, stellt sich die Frage: Wozu? Das Gesetz erlaubt, mehr noch: normiert eine Unterscheidung nach Leistungsarten (vgl. dazu a. BVerwG, 22.10.2009, 5 C 19.08). Die Eingliederungshilfe auf der einen Seite ist von einem offenen Leistungskatalog geprägt (nur in der Leistungsgruppe der sozialen Teilhabe, aber das ist die wichtigste, §§ 76, 113 SGB IX). Die Leistungen sind also nur schwer einzugrenzen (vgl. zB BSG, 4.4.2019, B 8 SO 12/17 R). Die Leistung der Pflegeversicherung, die in erster Linie in Konkurrenz zur Eingliederungshilfe stehen kann, ist die „häusliche Pflegehilfe” nach § 36 SGB XI, für die § 36 Abs. 2 S. 1 SGB XI noch einmal (also neben § 2 SGB XI) eine Zielbestimmung normiert, die sehr weit ist und sich überwiegend mit der Zielbestimmung aus § 90 SGB IX deckt. Eine klare Eingrenzung ergibt sich dann aber aus § 36 Abs. 4 S. 2 SGB XI i.V.m. mit der Vorschrift, die den Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI normative Wirkung verleiht (§ 75 Abs. 1 S. 4 SGB XI). Häusliche Pflegehilfe ist also das und nur das, was nach § 36 Abs. 4 S. 2 SGB XI erbracht werden kann und durch den Rahmenvertrag konkretisiert wird. Eingliederungshilfe dagegen kann nahezu jede Leistung sein.



    Damit kommt man nicht darum herum, dass die häuslihche Pflegehilfe (und wohl auch Pflege insgesamt, s. § 103 Abs. SGB IX) eine Teilmenge der Eingliederungshilfe ist. M.a.W.: Eingliederungshilfe verhält sich zu Pflege wie Obst zu Birne. Dennoch scheint es ein starkes Interesse zu geben, die Auffassung stark zu machen, Eingliederungshilfe verhalte sich zu Pflege wie Apfel zu Birne. Nach meiner Auffassung ist das ganz offensichtlich nicht richtig - jedenfalls solange man das Gesetz zugrunde legt. Daher stellt sich zunächst die Frage: Wozu soll die Apfel-Birne-Auffassung dienen? Bracuht man sie, um ein Auslegungsproblem zu lösen, das anders nicht lösbar wäre? Ein solches Auslegungsproblem kann ich nicht erkennen. Sie Apfel-Birne-Auffassung scheint mit nur dazu zu dienen, Wahlfreiheiten Leistungsberechtigter zu beschränken. Es ist, als müsse man das Gesetz (notfalls gegen den Wortlaut) so auslegen, als gebe es auf jedweden Bedarf nur eine Antwort. Aber was ist eigentlich so schlimm an Wahlfreiheiten? Was spricht dagegen, dass das Gesetz es ganz offensichtlich zulässt, das manche Bedarfe durch unterschiedlichen Leistungen gedeckt werden können - je nachdem, was die leistungsberechtigte Person will?




    Ich begrüße jedenfalls die m.E. überzeugende Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 3.5.2021, L 8 SO 47/21 B ER, die genau diese Auffassung - in manchen Fällen besteht Wahlfreiheit - bestätigt.

    Klar. Aber das heißt nicht, dass der Verwaltung die Kompetenz zur eigenmächtigen Normsetzung zukäme. Natürlich ist es bequemer, sich mit rechtsfernen Tendenzen im Verwaltungshandeln zu arrangieren. Aber die Frage, ob man solche Tendenzen akzeptiert, ist nicht nur eine pragmatische Frage. Sie ist durchaus grundsätzlicher Natur. Es geht um nicht weniger als um die Frage, ob der demokratische Rechtsstaat nur für Privilgierte (wie zB Steuerbürger) oder für alle gilt.

    In Baden-Württemberg werden für FuBs etwa 1.900 € monatlich gezahlt – für alle Bedarfe gleich. Die FuBs in BaWü sind Gegenstand der beiden Urteile des BSG vom 6.12.2018 (B 8 SO 9/18 R und B 8 SO 11/18 R). Die Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen erfüllen die Minderstanforderungen, die das Gesetz vorsieht, bei weitem nicht. Nicht einmal ein Personalschlüssel wurde vereinbart (vgl. § 76 11. SGB XII, § 125 Abs. 2 SGB IX).


    Wenn man die Regelung zur Deckleung des Budgets einerseits und die Argumentation der Kostenträger, dass den FuB eine Mischkalkulation zugrunde liege, andereseits ernst nimmt, heißt das, dass nur die Hälfte derjenigen, die eine FuB besuchen können, einen Anspruch auf ein pB haben: Nämlich nur die Hälfte, deren Bedarf mit einem pB von weniger als 1.900 € p.m. gedeckt werden kann. Es ist offensichtlich, dass das mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) nicht zu vereinbaren ist.


    Dazu kommt ein weiteres Argument: § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX lautet: „Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten Leistungen nicht überschreiten, die ohne das Persönliche Budget zu erbringen sind.” Ohne ein pB wäre der Bedarf als Sachleistung i.S.v. § 123 SGB XI zu decken. Das setzt voraus, dass diese Sachleistungen wirksam nach § 125 SGB IX vereinabert sind (= Leistungs- und Vergütungsvereinbarung, die alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt). Ich habe in Baden-Württemberg noch nie eine solche Leistungs- und Vergütungsvereinbarung für eine FuB gesehen. Daher glaube nicht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung von § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX hier erfüllt sind. Das hieße, dass die Vorschrift gar nicht angewendet werden kann, weil die dazu erforderlichen Voraussetungen – nämlich die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags durch Abschluss gesetzmäßiger Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen, s. § 95 SGB IX – nicht erfüllt sind.

    Der Anteil von allen Personen, die Eingliederungshilfe beziehen, der in stationären Einrichtungen versorgt wird, die seit dem 1.1.2020 auf den klangvollen Namen „Wohnformen nach § 42a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 & S. 3 SGB XII” hören, differiert von Bundesland zu Bundesland sehr stark. In NRW liegt er bei einem Drittel. Im Bundesschnitt lag er laut Eingliederungshilfe-Statistik Ende 2019 noch etwas über 50%.


    Der Grund dafür ist einfach zu benennen. Er liegt darin, dass in manchen Bundesländern (wie zB Baden-Württemberg) der Ausbau der ambulanten Leistungen auf dem zähen Widerstand der Sozialhilfeträger stieß.

    Die Zielvereinbarung ist die Voraussetzung für den Bewilligungsbescheid.

    Ja, so sehen es die Rehabilitationsträger gerne und so sieht es auch das LSG Baden-Württemberg. Richtig kann das nicht sein, denn dann bstünde kein Rechtsanspruch auf ein persönliches Budget. Auch ist diese Auffassung mit der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.



    Die Zielvereinbarung muss daher als paktierte Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt (§ 32 SGB IX) verstanden werden, die immer dann, wenn sie nicht zustande kommt, durch Nebenbestimmungen nach § 32 SGB X ersetzt wird (Welti in Stichwortkommentar Behindertenrecht, 2. Aufl., Stichwort „Persönliches Budget“ Rn 23).



    So auch SG Mannheim, 02.08.2016, S 9 SO 3871/15:
    Leitsatz:
    Der vorherige Abschluss einer Budgetvereinbarung stellt für die Bewilligung eines Persönlichen Budgets keine materielle Anspruchsvoraussetzung dar. Vielmehr ist es Sache des Leistungsträgers, den Inhalt der fehlenden Budgetvereinbarung als Nebenbestimmung in den Bewilligungsbescheid aufzunehmen. (Rn.27)


    Das BVerfG hat sich zwar zu dieser Frage nicht direkt geäußert, aber im einstweiligen Rechtsschutz ein pB zugesprochen (BVerfG, 12.9.2016, 1 BvR 1630/16). Ein Ansordnungsanspruch setzt aber voraus, dass die Auffassung des LSG BaWü nicht richtig ist, was nicht weniger bedeutet, als dass das BVerfG die Auffassung des LSG BaWü inzident verneint.



    Zu der Frage siehe auch:



    Das Verfahren, in dem nicht entschieden wurde, ob der Anspruch auf ein persönliches Budget entfällt, wenn eine Zielvereinbarung nicht zustande kommt – Anmerkung zu BSG, Vergleich vom 16. Juni 2015, Az. B 13 R 34/13 R – Fachbeitrag A1-2016 www.reha-recht.de –, 2016

    An sich sehe ich keinen Grund dafür, die erforderliche Sachleistung im Antrag zu nennen. Der Antrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung und sonst nichts. Es gilt Meistbegünstigungsgrundsatz (§ 2 Abs. 2 SGB I, ständige Rechtsprechung BSG). Es reciht also vollkommen aus, wenn die leistungsberechtigte Person schreibt oder sagt) „Ich hätte gerne Leistungen zur Teilhabe.” Die erforderliche Sachleistung ist dann im Wege der Bedarfsermittlung (§ 13 SGB IX) und der Erhebung der Wünsche der leistungsberechtigten Person (§ 8 SGB IX) zu ermitteln.



    Übrigens gilt eine Ausnahme vom Antragserfordernis nicht nur in der Unfallversicherung, sondern auch in der Kinder- und Jugendhilfe, die ebenfalls kein Antragserfordernis kennt. In der Eingliederungshilfe gibt es ein schmale Ausnahme aus § 108 Abs. 2 SGB IX.

    Das Problem, das hier diskutiert wird, wirft ein Schlaglicht auf ein grundlegendes Problem des § 219 Abs. 2 SGB IX. Danach gelten Menschen u.a. dann nicht als „werkstattfähig”, wie die Praxis das gerne übersetzt, wenn „das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft nicht zulassen”. Diese Formulierung zeigt - und so wird es in der Praxis ja auch gehandhabt -, dass die sog. „Werkstattfähigkeit” zu Unrecht als Eigenschaft einer Person verstanden wird. Eigentlich geht es nicht um eine Eigenschaft der Person, sondern um die Passung von leistungsberechtigter Person und WfbM. Die „Werkstattfähgkeit” ist also – wenn man überhaupt von Fähigkeit sprechen sollte – ebenso eine Fähigkeit der Werkstatt, einem Menschen mit einer bestimmten Behinderung ein passendes Angebot zu machen, wie eine Fähigkeit der Person, in einer bestimmten WfbM mitzuarbeiten.



    Nun unterliegen die Rehabilitationsträger dem Sicherstellungsauftrag aus § 17 SGB I (der wegen § 37 Satz 2 SGB I vorrangig, auch im Verhältnis zum SGB IX, zu beachten ist). Sie sind also dafür verantwortlich, allen leistungsberechtigten Personen, die mit einer wie auch immer gestalteten Hilfe „ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen” können, ein für sie passendes Werkstattangebot zu machen. Wenn man § 219 SGB IX im Licht von § 17 SGB I auslegt (und das muss man), muss die Werkstatt sich den Bedarfen aller Leistungsberechtigten mit einer Mindestleistungsfähgkeit anpassen.



    Daher ist es gut, dass es nun die Anderen Anbieter gibt (§ 60 SGB IX), die leichter als eine WfbM mit einer Mindestgröße spezifische Bedarfe decken können. Zwar sind die Träger der Eingliederungshilfe grundsätzlich wohl nicht verpflichtet, auch die Möglichkeit, Leistungen bei Anderen Anbietern in Anspruch zu nehmen, sicherzustellen (§ 60 Abs. 3 SGB IX). Aber das entbindet sie nicht von ihrem allgemeinen Sicherstellungsauftrag in Bezug auf Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Wenn die Gruppe, für die ein Angebot fehlt, nur klein ist, können sie daher ihren Sicherstellungsauftrag durch die Schaffung Anderer Anbieter (Abschluss von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen) erfüllen. Insofern besteht auch in Bezug auf Andere Anbieter ein Sicherstellungsauftrag, was durch den Vorrang der Geltung von § 17 SGB I aus § 37 Satz 2 SGB I unterstrichen wird.



    Ein Fall wie der oben beschriebene ist jedenfalls stets ein Fall, der auf unzureichende Erfüllung des Sicherstellungsauftrages hinweist.

    Tja - hier bin ich Rechtswissenschaftler, der sich leidenschaftlich dem Demokratieprinzip verpflichtet fühlt. Heißt: Wenn die Verwaltung sich ohne Ermächtigung anmaßt, Normen zu setzen oder Gesetze zu unterlaufen, ist es an der Zeit, die Gerichte anzurufen, um solchem Treiben ein Ende zu setzen.


    Ganz grundsätzlich ist mein Eindruck, dass es der Sache dienlich wäre, wenn alle Akteurinnen udn Akteure mehr ins Gesetz und weniger auf das Verwaltungshandeln schauen würden.

    Das Budget für Arbeit ist zunächst eine Geldleistung (§ 105 SGB IX). Der entscheidende § 61 Abs. 1 S. 2 SGB IX lautet: „Das Budget für Arbeit umfasst einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz.”


    Es setzt sich also zusammen aus zwei Teilbudgets, nämlich:
    1. Geldleistung „an den Arbeiter” (= Lohnkostenzuschuss) und
    2. Geldleistung an die leistungsberechtigte Person (= Aufwendungen für Anleitung und Begleitung)


    Die 2. Geldleistung steht der leistungsberechtigten Person zu (§ 47 SGB I).


    Teil 2 der Geldleistung unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von Teil 1. Neben dem Unterschied, der darin liegt, dass Teilbudget 1 direkt an den Arbeitgeber gezahlt wird, liegt der wohl wichtigste Unterschied darin, dass Teil 2 nicht gedeckelt ist. Den § 61 Abs. 2 S. 2 SGB IX bezieht sich ausdrücklich nur auf den Lohnkostenzuschuss. Teil 2 unterscheidet sich damit durch folgenden Punkte von einem persönlichen Budget:


    1. Anders als das persönliches Budget, das durch § 29 Abs. 2 S. 7 SGB IX gedeckelt ist, gilt für das Teilbudget 2 keine Obergrenze. Sie ergibt sich nur aus der Begrenzung des Wunsch- und Wahlrechts aus § 104 Abs. 2 SGB IX (unverhältnismäßige Mehrkosten, aber nur dann, wenn der Bedarf duch eine Leistung, für die eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach § 125 SGB IX besteht, ebenso gedeckt werden kann, wie durch die gewünschte Leistung).


    2. Für das Budget für Arbeit ist eine Zielvereinbarung nicht erforderlich.


    Damit stellt sich die Frage, welchen Vorteil es haben kann, das Budget für Arbeit durch eine persönliches Budget zu ersetzen. Grundsätzlich kann eine Budget für Arbeit natürlich auch mit einem persönlichen Budget kombiniert werden - allerdings nur, wenn das persönliches Budget Bedarfe deckt, die das Budget für Arbeit nicht deckt.

    Eine Assistenz, wie Sie sie beschreiben, kann eigentlich nicht für eine Stunde in der Woche 600 Euro im Monat kosten.

    Oh doch. Das ergibt sich aus dem System der äußerst weit gefassten Leistungspauschalen, das zB in Baden-Württemberg bis heute praktiziert wird. Ambulante Leistungen werden nach folgendem Prinzip finanziert: Der Kostenträger vereinbart mit dem Leistungserbringer eine Pauschale. Im Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) liegt die irgendwo bei 600 € im Monat. Die leistungsberechtigte Person erhält eine Bewilligung über ABW - ohne irgendeine Spezifizerung des Leistungsumfangs. Kostenträger und Leistungserbringer vereinbaren lediglich einen sog. Personalschlüssel, z.B.: Für zehn Klientinnen/Klienten muss eine Vollzeitkraft angestellt werden. Pro Klient werden dann z.B. 600 €/ Moant gezahlt. Dabei bleibt aber vollkommen offen, in welchem Umfang der Leistungserbringer einer bestimmten Person Leistungen erbringt. Die Auffassung der Kostenträger ist: Der Leistungserbringer entscheidet nach eigenem fachlichen Ermessen, wer in welchem Umfang Leistungen erhält. Für die Leistungserbringer hat das den Vorteil, dass sie den Umfang der Leistungen, die sie erbringen, sehr frei steuern können, dabei aber immer ein fixes Entgelt erhalten. Wenn sie z.B. einen hohen Krankenstand habe, erbringen sie eben weniger Leistungen. Im Ergebnis werden so unternehmerische Risiken auf die Klientinnen und Klienten abgewälzt. Dazu gehört auch das Risiko besonders hoher Bedarfe: Das mit hohen Bedarfen verbundene Kostenrisiko liegt nach der Rechtslage eigentlich beim Kostenträger. Doch durch die sehr weitgehende Pauschalierung und die damit verbundene einrichtungsinterne Querfinanzierung wird es auf die Leistungsberechtigten abgewälzt. Wenn der Leistungserbringer eine Person mit einem besonders hohen Bedarf aufnimmt (was er wegen der Aufnahmeverpflichtung, jetzt § 123 Abs. 4 S. 1 SGB IX, ja muss), bekommen die anderen weniger Leistungen. Das ist nicht so im Gesetz angelegt, aber es ist Praxis mindestens in einigen Bundesländern. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Qualität der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen, die leider oft nicht die Mindestbestnadteile enthalte, die das Gesetz vorschreibt (§ 38 SGB IX und § 125 SGB IX). Leider hat das Bundessozialgericht diese Praxis bislang bestätigt (BSG, 25.9.2014, B 8 SO 8/13 R; BSG, 6.12.2018, B 8 SO 9/18 R und SG, 6.12.2018, B 8 SO 11/18 R).



    Daraus folgt (u.a.) die interessante Frage, ob die aus solchermaßen unzureichenden (weil nicht hinreichend bestimmten) Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen gewonnenen Vergleichsbeträge geeignet sind, das pB zu deckeln. Das würde ja bedeuten, dass nur die unterdruchschnittlich umfangreichen Bedarfe budgetierbar wären, was nicht richtig sein kann. Soweit mir das bekannt ist, gibt es dazu aber (noch) keine Rechtssprechung.

    Frage: Können bei einem bewilligten PB die laufenden Zahlungen eigestellt weden, nur weil über die Höhe der Geldzahlungen (Bedarfe) unterschiedliche Auffassungen bestehen? Was würde hier weiterhelfen, gegenüber der Verwaltung, bis ein Gericht entschieden hat?

    Der Antwort von MFriedrichsen schließe ich mich an und ergänze: Wenn die Verwaltung aus einem wirksamen (nicht wirksam zurückgenommenen - §§ 44, 45 SGB X- , aufgehobenen - § 48 SGB X - oder widerrufenen - §§ 46, 47 SGB X - ) Verwaltungsakt Zahlungen nicht leistet, auf die der Verwaltungsakt einen Anspruch aber enthält, ist die sog. reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG gegeben. Man kann und muss direkt auf die Leistung klagen. Ein Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) ist nicht erforderlich. Ggf. ist auch ein Eilverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG möglich. Dann muss beantragt werden, dass das Sozialgericht die Behörde auf dem Wege der eisntweiligen Anordnung verpflichet, die Zahlungen aus dem Verwaltungsakt zu leisten. Das kann sehr fix gehen.


    Grund dafür ist die Asymmetrie im Verhältnis Verwaltung - Bürger: Die Behörde kann aus einem Verwaltungsakt gegen den Bürger vollstrecken, nicht aber umgekehrt.

    Liebe Frau Schade,


    vor einigen Jahren habe ich einen solchen Fall über einen längeren Zeitraum begleitet. Nach einigem Hin und Her und nach mehreren Gerichtsverfahren ließ sich schließlich ein pB für eine Alternative zur FuB durchsetzen (Begleitung durch einen Arbeitserzieher im Außenbereich eines Ausflugsgasthauses, Tätigkeiten bei der Versorgung von Tieren und Gärtnerei).


    In einem weiteren Fall, den ich vor Jahren begleitet habe, wurde ein pB i.H.v. ca. 1.100 p.m. zusätzlich zu den Kosten eines Pflegeheimes bewilligt. Im Pflegeheim gab für den (sehr jungen) Leistungsberechtigten keine adäquaten tagesstrukturierenden Leistungen. Das wurde dann von außen über das pB „zugekauft”.


    Dass der Anspruch besteht, ergibt sich meines Erachtens unschwer aus § 29 SGB IX, bis zum 31.12.2017 § 17 SGB IX. Aber wenn der Rehabilitationsträger das anders sieht, ergeben sich Probleme bei der Durchsetzung. Die Hauptschwierigkeit liegt darin, dass bis heute umstritten ist, ob der Rehabilitationsträger den Anspruch sozusagen vernichten kann, indem er es ablehnt, eine Zielvereinbarung zu schließen (was ich für falsch halte, siehe hier). Dennoch scheint mittlerweile anerkannt zu sein, dass das pB auch im Eilverfahren durchsetzbar ist. Dazu gibt es immerhin Entscheidungen des BVerfG (BVerfG, 12.9.2016, 1 BvR 1630/16 und BVerfG, 14.3.2019, 1 BvR 169/19).


    Es kann einfacher sein, wenn man zugelich einen Vorschuss nach § 42 SGB I beantragt, siehe hier.