Beiträge von Angelika Thielicke

    Hallo Michael,


    Ihren Satz "Mit ihrer Aussage "denn eine demokratische Gesellschaft, in die sich jeder so, wie er ist, gleichberechtigt einbringen kann, wird erst zur humanen Gesellschaft.", kann ich - sorry und nicht als Angriff gemeint . nichts anfangen! Inhaltlich ist dies ein Satz, der einzig auf die Fähigkeiten eines Menschen abstellt, was ist mit denen, die sich nicht einbringen können?" erlebe ich nicht als Angriff, aber ich kann ihn nur partiell teilen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass sich jeder Mensch durch sein Dasein "einbringt" und jeder Mensch - auch wenn er als "schwerstmehrfachbehindert" bezeichnet wird, sein Umfeld verändert.
    Corona hat natürlich nicht die Eingliederungshilfeleistungen erhöht, aber Corona hat gezeigt, dass individualisierte Lebensformen humaner und weniger krisenanfällig sind und hat vor allem aufgezeigt, dass Geld nicht das Kriterium ist, an dem etwas scheitert, wenn man es wirklich will - UND die Möglichkeit hat, Entscheidungen zu treffen.


    Meines Erachtens wird man mit dem Persönlichen Budget zum Entscheider in eigener Sache.


    ABER: das Persönliche Budget - hoffnungsvoll begonnen - lebt ein Schattendasein, weil es bei Menschen mit Behinderungen zurecht Erwartungen geweckt hat, aber die "Re"habilitationsträger (schon der Name müsste in Teilhaberträger geändert werden) unvorbereitet weiter nach altem Muster agieren. Es gibt Sachbearbeiter bei Leistungsträgern, die einen Antrag auf ein Persönliches Budget grundlos ablehnen, oder einen Antrag auf ein Persönliches Budget, einfach mit dem Geldbetrag für die (Gruppen)Sachleistung abfinden wollen, ohne den Hilfebedarf ermittelt zu haben.


    § 1 SGB IX, der besagt, dass Menschen mit Behinderung Leistungen erhalten, um "ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken" und Artikel 3 Grundgesetz "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." sind fixiertes Recht, ABER bisher keine Richtschnur für das alltägliche Verwaltungshandeln. Dort hat der vielbeschworene Paradigmenwechseln vielerorts noch nicht stattgefunden.


    WER ist dafür verantwortlich, dass es auch Rechtspraxis wird?
    WIE und WODURCH kann sich die Praxis verändern?
    WAS kann und muss durch WEN geändert werden?

    Hallo Michael,


    ja, es gehört in die kommunale Sozialplanung, ist es aber in den meisten Bundesländern nicht.
    Ja, es werden z.B. die steigenden "Fallzahlen" von Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung zur Teilhabe am Arbeitsleben festgestellt, aber die Ursache ausschließlich am individuellen Menschen und nicht an veränderten Arbeitsbedingungen festgemacht.
    Es ist richtig, was sie schreiben, aber ihren Satz "... und nicht alles, was wünschenswert ist, ist bezahlbar" teile ich nicht.
    denn was alles bezahlt werden soll, bezahlt wird und bezahlt werden kann, wenn es notwendig erscheint, sehen wir seit März 2020.
    Ich halte das Motto von Jürgen Dusel, "Demokratie braucht Inklusion" für eine richtige Aussage, denn eine demokratische Gesellschaft, in die sich jeder so, wie er ist, gleichberechtigt einbringen kann, wird erst zur humanen Gesellschaft. Davon sind wir (noch) weit entfernt.
    Es klingt utopisch und scheint ein mühsamer Weg, aber nicht wenigstens zu versuchen, es zu ändern, ist meines Erachtens die einzige Möglichkeit, die bleibt.

    Nein, die Obergrenze für ein Persönliches Budget der Sachleistung nach § 57 SGB IX KANN NUR der Kostensatz einer WfbM (welcher?) sein, wenn gleichzeitig auch sechs Personen an einem Ort mit den gleichen Inhalten qualifiziert werden wollen und den gleichen Hilfebedarf hätten. "Persönliche Budgets werden ... so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann." § 29 (2) 6 SGB IX
    Die Höhe des Persönlichen Budgets soll die Kosten nicht übersteigen, wenn es vermeidbar ist und wenn die Leistung vergleichbar ist. Das ist sie aber nur vom Ziel und nicht von der inhaltlichen Ausgestaltung her, wenn die Person mehr als 1/6 der Unterstützungszeit benötigt.
    Individualleistungen sind - wie Maßanzüge - teurer, haben aber in aller Regel die höhere (Teilhabe)Qualität und führen eher zu dauerhafter betrieblichen Teilhabe am Arbeitsleben, zwar nicht unbedingt zu einem Budget für Arbeit oder zu einem regulären sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnis, weil behinderungsbedingte Leistungseinschränkungen auch bleiben, aber sie führen in aller Regel zu einer dauerhaften betrieblichen Teilhabe am Arbeitsleben - und sind damit Öffnungen zu inklusive Arbeit.


    Wenn es sich mit dem zuständigen Rehabilitationsträger nicht einvernehmlich regeln lässt, kann man es nur auf dem Rechtsweg klären. Diese Wege müssen gebahnt werden, wenn Selbstbestimmung und Teilhabe wirklich die Ziele des SGB IX sein sollen. Diese Wege sind zeitaufwend und mühsam, erleichtern allerdings den Zugang für die nachfolgenden Personen.

    Erst wenn Menschen mit Behinderung als gleichberechtigte Bürger und individuelle Menschen gesehen werden, für die es selbstverständlich ist, unter Rahmenbedingungen zu leben, die altersangemessen nach ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen gestaltet werden, die sich im Laufe der Zeit verändern, wenn ihre Äußerungen berücksichtigt werden, sie individuell gefragt werden, wo und mit wem sie leben möchten, was ihnen wichtig ist, was ihnen Freude macht, was sie arbeiten, was sie einkaufen, kochen und essen möchten, wen sie besuchen wollen, was sie sich anschauen, hören oder erleben möchten, wohin sie in Urlaub fahren oder wie sie ihren Geburtstagsfeiern möchten und ihre Vorstellungen von ihrem Leben mit Unterstützung an den Orten, an denen auch nichtbehinderte Menschen leben oder arbeiten, umgesetzt werden, sind die Ziele Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und vollständige Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erreicht. Erst dann leben wir in einer inklusiven Gesellschaft, in der die Stärken und Schwächen eines jeden behinderten und nichtbehinderten Menschen als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden und Unterschiede sich wechselseitig ergänzen und ausgleichen.
    Dazu ist es notwendig, individuelle Wünsche von Menschen mit Behinderung von Anfang an ernst zu nehmen und ihnen mit Unterstützung ein selbstbestimmtes Leben inmitten der Gesellschaft zu ermöglichen, wo immer dies möglich ist, anstatt ihnen - oft schon im Kindesalter - zu vermitteln, was für sie alles nicht möglich sein wird, weil sie an besonderen Orten - in einer besonderen Wohnform, in einer Tagesförderstätte, in einer Werkstatt für behinderte Menschen - mit Menschen, die ebenfalls eine Behinderung haben zusammenwohnen, zusammmenleben oder zusammenarbeiten sollen.


    Je mehr Menschen, diesen Weg unter Zuhilfenahme eines Persönlichen Budgets mit der notwendigen Unterstützung gehen, desto stärker verändert sich ihr Ansehen in der Gesellschaft und desto selbstverständlicher wird auch ihr gleichberechtigter Anspruch inmitten der Gesellschaft zu leben und dazuzugehören.


    Es gibt drei Ebenen, die diese Veränderung gemeinsam bewirken können:
    1. Die EUTBs spielen neben Eltern und Lehrern dabei eine große Rolle, Menschen Mut zu machen, ihr Leben nach ihren eigenen Wünschen zu gestalten. Das ist oft der erste wichtige Schritt.
    2. Die Leistungsträger benötigen Fortbildungen für den Umgang mit dem Persönlichen Budget als bedarfsdeckende individuelle Unterstützungsleistung, die selten mit den Kosten für eine Gruppenleistungen zu finanzieren ist.
    Das wird die größte Baustelle sein, weil Menschenrechte und die Ziele de § 1 SGB IX vorrangig und die dabei entstehenden Kosten nachrangig sein müssen.
    3. Leistungserbringer müssen Budgetnehmer als wesentliche Auftraggeber und Kunden sehen. Das mag im Einzelfall komplizierter und zeitaufwendiger werden, aber die Möglichkeiten, die Menschen mit Behinderung dadurch offen stehen, machen die Arbeit für Mitarbeiter interessanter, erfolgreicher und zufriedenstellender.

    Bei der Frage nach dem Persönlichen Budget für die Teilhabe im Arbeitsbereich (§ 58 SGB IX) und der damit verbundenen Rentenversicherung geht es um die die Diskrepanz zwischen der theoretische rechtlichen Möglichkeit und der derzeitigen praktischen Aussichtslosigkeit, weil - was möglich wäre - die besondere Sozialversicherungspflicht in § 179 SGB VI nicht geregelt wurde.


    Das Hindernis für die Umsetzung der vollen Sachleistung (inklusive der besonderen Sozialversicherung) des § 58 SGB IX in Form eines Persönlichen Budgets liegt in der fehlenden Einbeziehung des Persönlichen Budgets in § 179 SGB VI:
    § 179 SGB VI Erstattung von Aufwendungen
    (1) Für behinderte Menschen nach § 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a, die im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungs­anbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, erstattet der Bund den Trägern der Einrichtung oder dem anderen Anbieter nach § 60 des Neunten Buches die Beiträge, die auf den Betrag zwischen dem tatsächlich erzielten monatlichen Arbeitsentgelt und 80 Prozent der monatlichen Bezugsgröße entfallen, wenn das tatsächlich erzielte monatliche Arbeits­entgelt 80 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt; der Bund erstattet den Trägern der Einrichtung oder dem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches ferner die Beiträge für behinderte Menschen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungs­bereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder in einer entsprechenden Bildungsmaßnahme bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches, soweit Satz 2 nichts anderes bestimmt. Im Übrigen erstatten die Kostenträger den Trägern der Einrichtung oder dem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches die von diesen getragenen Beiträge für behinderte Menschen; das gilt auch, wenn sie im Eingangs­verfahren oder im Berufsbildungsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen oder in einer entsprechenden Bildungsmaßnahme bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, soweit die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der Unfallversicherung oder die Träger der Rentenversicherung zuständige Kostenträger sind. Für behinderte Menschen, die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer nach dem Neunten Buch anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder im Anschluss an eine Beschäftigung bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches in einem Inklusionsbetrieb (§ 215 des Neunten Buches) beschäftigt sind, gilt Satz 1 entsprechend. (…)

    Richtigerweise sind mittlerweile Inklusionsbetriebe und die anderen Leistungsanbieter im § 179 SGB VI einbezogen, nur der Budgetnehmer des Persönliche Budgets bleibt weiterhin unberücksichtigt.


    Dazu gab es von Seiten der BAG UB (Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung) auch Gespräche und Briefwechsel mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Jürgen Dusel, dem BMAS, Dr. Peter Mozet, und der BAGüS, Matthias Krömer.
    Das BMAS hat im Schreiben vom 17. März 2021 an die BAG UB zwar das Persönliche Budget im Arbeitsbereich der Werkstatt „nicht ausgeschlossen“, jedoch darauf verwiesen, dass „als Alternative zum Arbeitsbereich in einer Werkstatt für behinderte Menschen (…) das Budget für Arbeit eingeführt worden“ sei.


    Dieser Auffassung kann man nur widersprechen. Denn das Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX) ist eine andere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, zielt auf ein „sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit einer tarifvertraglichen oder ortsüblichen Entlohnung“ und kann damit nur für leistungsstärkere Menschen im Arbeitsbereich der WfbM eine Alternative sein.
    Für Leistungsberechtigte, deren Leistungsfähigkeit erheblich geringer ist, und die trotzdem im Rahmen ihrer Möglichkeit betrieblich mitarbeiten wollen, die eben ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit Mindestlohn nicht ausfüllen können, ist das Persönliche Budget für die Leistungen im Arbeitsbereich (§ 58 SGB IX) notwendig, um ihnen eine betriebliche, passgenaue und inklusive Teilhabe am Arbeitsleben mit der notwendigen Unterstützung zu ermöglichen und auch um ihnen ein adäquates Entgelt für die geleistete Arbeit auszahlen zu können.


    In den aktuellen BAGüS-Werkstattempfehlungen 2021 wird – im Gegensatz zu den vorherigen Fassungen – der Rechtsanspruch auf ein Persönliches Budget für Werkstattleistungen in Kapitel 18.9 jetzt zwar ausdrücklich und uneingeschränkt betont:
    „(3) Grundsätzlich sind alle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in WfbM und bei anderen Leistungsanbietern budgetfähig. Das gilt sowohl für die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und der anderen nach § 63 Abs. 1 SGB IX zuständigen Träger im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich als auch für die Leistungen der Träger im Arbeitsbereich. Leistungen sind sowohl als Einzelleistungen als auch hinsichtlich des Gesamtumfangs budgetfähig.“
    Diese Eindeutigkeit wird jedoch die bisherige Praxis nicht verändern, da die Orientierungshilfe zum Persönlichen Budget der BAGüS von November 2016 fortbestehen. (https://www.lwl.org/spur-download/bag/39_2016an.pdf)
    „Trotz seiner geringen Verbreitung ist das persönliche Budget ein wichtiges Anliegen von Politik, Verbänden der Menschen mit Behinderung und auch der BAGüS. Dies insbesondere, seit mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention die Verpflichtung einge­gangen wurde, die individuelle Autonomie, unabhängige Lebensführung und selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. Dabei wird das Persönliche Budget als geeignete Möglichkeit angesehen, die auch aus dem unübersichtlichen und gegliederten Sozialleistungssystem erwachsenen Probleme für die Betroffenen zu überwinden.
    In der praktischen Umsetzung stellen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe Hinderungs­gründe fest, die einer größeren Verbreitung dieser Leistungsform entgegenstehen. (…)
    Ein (…) Grund für die geringe Verbreitung des Persönlichen Budgets dürfte auch die Tatsache sein, dass die derzeitigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ganz wesentlich auf die Leistungen in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung beschränkt sind. Aktuelle Rechtsprechung eröffnet zwar die Möglichkeit der Gewährung eines Persönlichen Budgets für Berufsbildungsmaßnahmen, jedoch nicht für Maßnahmen der Beschäftigung anstelle einer Maßnahme im Arbeitsbereich der Werkstatt.“

    ABER: erforderlich sind aus Sicht der BAG UB die Ergänzung im § 179 SGB VI und ggf. die Korrektur weiterer Verwaltungshindernisse, damit für ALLE Menschen mit Behinderung das Persönliche Budget für Leistungen im Arbeitsbereich (§ 58 SGB IX) in der Praxis auch zugänglich und nutzbar wird, um eine selbstbestimmte, individuelle, inklusive und passgenaue Umsetzung des Leistungsanspruchs zu ermöglichen. Ein Verweis auf andere Sachleistungen ist unzulässig und höhlt den Rechtsanspruch des § 29 SGB IX aus.
    Nach 20 Jahre SGB IX wäre es an der Zeit, diesen endlich Mangel zu beseitigen und den vorgesehenen Paradigmenwechsel von der Theorie auch in die Praxis zu befördern.

    Was man bei der Beantragung eines Persönliche Budgets machen MUSS und was bei der Beantragung eines Persönliche Budgets für die Sachbearbeitung hilfreich ist, sind zwei verschiedenen Dinge.
    Persönliche Budgets sind nicht die gängige Praxis, weil sie viel zu selten beantragt werden. Gut für alle Beteiligten wäre es, wenn sie zeitnah beschieden werden können, dazu braucht es kooperative Strukturen und daher ist meine Empfehlung aus 16jähriger Erfahrung die Sachleistung, sofern man sie kennt, zu benennen.
    Noch dauert es in vielen Fällen Monate bis beim Erstantrag auf das Persönliche Budget ein Bewilligungsbescheid erfolgt, weil es für die Beteiligten - Leistungsberechtigter und Leistungsträger - ein individueller, neu auszuhandelnder Weg ist, der eben nicht durch Rahmenverträge oder durch Leistungsverträge zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer bereits vereinbart wurde.
    Darin liegt in der Praxis die Chance des Budgetnehmers auf eine individuelle, auf ihn und seine Lebenssituation abgestimmte passgenaue Leistung zu erhalten und für den Sachbearbeiter des Leistungsträger, die Schwierigkeit den Hilfebedarf genau zu ermitteln und die Höhe des Persönlichen Budgets festzulegen.

    zu Rosa Nera:


    Ja, wie Budgetnehmer ihre Assistenten anstellen oder vergüten, muss und sollte in der Zielvereinbarung nicht festleget werden. Es ist Aufgabe des Budgetnehmers (Leistungsberechtigten), "in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben" zu leben. Dass steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen dabei einzuhalten sind, könnte man in die Zielvereinbarung mit aufnehmen, muss es aber nicht.


    Es ist manchmal der Hang von Verwaltung zu glauben, man müsse sich gegen alles und jedes absichern. Aber in dem Moment, in dem der Budgetnehmer das Geld auf seinem Konto hat, ist er für die zielorientierte Verwendung verantwortlich. Und entgegen damaliger Befürchtungen "was passiert, wenn ...", kenne ich nur Menschen, die ihr Persönliches Budget zur Teilhabe nutzen, individuell, selbstbestimmt und gleichberechtigt wie nichtbehinderte Menschen.

    zu Kirsten Ehrhardt:


    Ja, so einfach könn(t)en Persönliche Budgets bewilligt werden und sie tun es auch, WENN zuständige Sachbearbeiter, für die es ja oft eine neue Herausforderung ist, sich damit auseinandersetzen und offen für eine neue Sichtweise sind: den Menschen mit Behinderung als Antragsteller ernst nehmen und ihn gleichzeitig als Auftraggeber und (Mit)Gestalter seiner Leistungsausführung - und damit auch als Experten in eigener Sache - seiner Leistungen respektieren und anerkennen können.
    Das ist an vielen Stellen Neuland und bedeutet für Verwaltungsangestellte einem mündigem Bürger oder seinen gesetzlichem Betreuer Geld zur Verfügung zu stellen, ohne danach Einfluß auf die Art und Weise der Leistungserbringung zu haben, die ja sonst in Rahmen- und Leistungsverträgern mit Dienstleistern und Einrichtungen geregelt ist.


    Ja, es gibt viel zu wenige Budgets und daran krankt es auch, aber da, wo sich eine Praxis entwickelt, wird es besser. Wirklich!!!
    Seit 2005 - Marburg-Biedenkopf war Modellregion für das Persönliche Budgets - kenne ich sehr unterschiedliche Budgets von sehr unterschiedlichen Menschen mit sehr unterschiedlichen Behinderungen, die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Leistungen zur Sozialen Teilhabe als Persönliches Budget beziehen und damit ein selbstbestimmtes, teilhaberorientiertes und inklusive Leben führen können.
    Immer wieder musste und muss auch derzeit das Sozialgericht dafür Sorge tragen, dass Menschen trotz ihrer Behinderung so leben und so arbeiten können wie andere Menschen auch.


    Aber es lohnt sich: denn jeder der Budgetnehmer, der sein Leben mit Unterstützung in die Hand nimmt, ist nicht nur der Empfänger von staatlichen Leistungen sondern auch der Gestalter seines eigenen Lebens. Das schafft Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen.

    Hallo Michael,


    ich habe mich wohl mißverständlich ausgedrückt.


    Ja, zum einen hat jede Leistung eines Leistungsträgers ein Ziel, z.B. eine Teilhabe am Arbeitsleben, die Verhinderung oder Minderung einer Behinderung oder chronischen Erkrankung, die soziale Teilhabe etc..


    Um einen Anspruch auf ein Persönliches Budget zu haben, muß ich einen Sachleistungsanspruch auf mindestens eine der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur Sozialen Teilhabe haben. Dieser Sachleistungsanspruch wird vom zuständigen Leistungsträger natürlich geprüft - beim Eingliederungshilfeträger in aller Regel mit dem im Bundesland angewendeten Hilfebedarfsinstrument wie ITP oder PIT - andere Leistungsträger wie Rentenversicherung, Agentur für Arbeit, Unfallversicherung etc. haben andere Verfahren. Erst danach kann eine Zielvereinbarung erstellt werden.
    Diese Hilfebedarfsermittlung findet immer individuell mit der Person, ggf. dem gesetzlichen Betreuer und wenn gewünscht mit einer Person des Vertrauens statt, ist quasi das Teilhabeverfahren und wird notwendigerweise vor einer Zielvereinbarung durchgeführt.
    Aber anders als bei einer Sachleistung, die von einem Dienst oder einer Einrichtung ausgeführt wird, die ja Verträge und Kostenvereinbarungen mit Leistungsträgern haben, steht damit nicht automatisch die Höhe der Geldleistung fest. Die muss je nach Umfang des ermittelten notwendigen Hilfebedarfs individuell so festgelegt werden, dass der Budgetnehmer damit auch seinen individuell festgestellten Bedarf auch decken kann.
    Ausschlaggebend sind dabei neben der individuellen spezifischen Behinderung auch die Rahmenbedingungen und die örtlichen Gegebenheiten, die teilhaberleichternd oder teilhabererschwerend zu Buche schlagen.


    ich hoffe, es ist so deutlicher geworden.

    Ja, alle Sachleistungen sind budgetfähig und Förderung und Unterstützung kann auch an den üblichen Orten des Lebens und des Arbeitens erfolgen - oft sogar einfacher und nachhaltiger als in eigens geschaffenen Sonderwelten.


    Dass Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf, denen man ein "Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung" (§ 219 (2) 1 SGB IX abspricht, auch arbeiten können hat ein Projekt der BAG UB (Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung "Zeit für Arbeit" sehr eindrücklich gezeigt.


    https://www.bag-ub.de/seite/428581/projekt-zeit-für-arbeit.html

    Das Sozialhilferechtliche Dreieck ist mit dem Persönliche Budget aufgehoben. Es gibt keine Verträge und keinen Geldaustausch zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer.
    Damit hat nicht mehr der Leistungsträger sondern der Budgetnehmer die wichtigste Rolle inne.
    Es geht ja auch um sein Leben und seine Vorstellungen von Teilhabe. Er stellt seinen Antrag und bekommt das dazu notwendige Geld (in der Beziehung zum Leistungsträger) und er organisiert als Arbeitgeber seine Dienstleistung oder er beauftragt einen Dienstleister und bezahlt die Gehälter der Angestellten oder die Rechnung des Dienstleisters.


    Das ist die wesentliche Änderung, die Menschen trotz einer Behinderung befähigt, so weit wie möglich aktiv und individuell das eigene Leben gestalten zu können und für sich passgenaue Lösungen zu finden und nicht generell zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer ausgehandelte meist standardisierte Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen.

    Die Zielvereinbarung ist die Voraussetzung für den Bewilligungsbescheid. Die Ziele sollen Zielen der Sachleistung entsprechen, also vor allem die Selbstbestimmung und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördern, Benachteiligung vermeiden oder ihnen entgegenwirken (vgl. § 1 SGB IX). Das ist das wesentliche Ziel aller Sachleistungen im SGB IX. Es werden oft kleinere Teilziele festgelegt.
    Die Bedarfsermittlung ist dazu da, den notwendigen Umfang der beantragten Hilfe zu ermitteln, die der Antragsteller benötigt, um sein(e) Ziel(e) zu erreichen. Das variiert je nach Art und Schwere der Behinderung sehr.
    Dieser notwendige Hilfebedarf ist ausschlaggebend für die Höhe des beantragten Budgets, denn Persönliche Budgets werden "so bemessen sein, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann." (§ 29 (2) 6 SGB IX
    Die Zielvereinbarung hat als Mindestvoraussetzung die individuellen Ziele, die Dauer der Vereinbarung, die Höhe des Budgets und ob ein Nachweis überhaupt erbracht werden soll, festzulegen.


    Das ist die Gesetzesintention und so einfach können Persönliche Budgets bewilligt werden, wenn man auf einen erfahrenen und kompetenten Sachbearbeiter trifft, der die Ziele des SGB IX Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördert..

    Grundsätzlich sind alle Sachleistungen budgetfähig, wenn es auch in der Praxis an manchen Stellen noch hapert und manche Anträge - aufgrund der Unkenntnis von Sachbearbeitern - erst über die Zuhilfenahme des Rechtswegs beschieden werden.
    Wichtig ist jedoch zu wissen, welches die Sachleistung ist, auf die die antragsteilende Person einen Leistungsanspruch hat, diese im Antrag auch zu benennen und dieses Antrag - nach Möglichkeit - direkt beim zuständigen Leistungsträger zu stellen.