Beiträge von MDecker

    Die ursprüngliche Frage zielte wahrscheinlich darauf ab, dass Assistenzsysteme durch Reha-Träger oder das Integrations- bzw. Inklusionsamt gefördert wurden und diese daher primär zur Schaffung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes für einen Menschen mit Behinderung bzw. Schwerbehinderung im Rahmen der beruflichen Teilhabe eingesetzt werden sollten. Diese Fördermöglichkeiten würden allein zur Optimierung betrieblicher Prozesse nicht infrage kommen.


    Bereits vor Beginn des Einsatzes eines Assistenzsystems sollte ermittelt und festgelegt werden, wozu das Assistenzsystem eingesetzt werden soll. Dazu sollte vorher eine Arbeitsanalyse, z. B. mit einem Profilvergleichsverfahren, durchgeführt werden. Dabei wird betrachtet, welcher individuelle Unterstützungsbedarf am jeweiligen Arbeitsplatz zur Ausübung der erforderlichen Tätigkeiten von einer Person mit Behinderung erforderlich ist. Auf der Basis dieser Analyse werden geeignete Maßnahmen ausgewählt, um Fähigkeiten im Kontext der Arbeitsaufgaben zu unterstützen oder zu kompensieren.


    Wurde nun beispielsweise von einer beratenden Einrichtung, wie dem Technischen Beratungsdienst der Agentur für Arbeit oder des Integrations- bzw. Inklusionsamtes ein bestimmtes Assistenzsystem zur Ausübung der Montage behinderungsbedingt empfohlen, so ist davon auszugehen, dass dieses System primär zur Schaffung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes für einen Menschen mit Behinderung bzw. Schwerbehinderung im Rahmen der beruflichen Teilhabe eingesetzt wird.


    Sekundär kann durch den Einsatz technischer Arbeitshilfen ein wirtschaftlicher Vorteil für das Unternehmen entstehen. Im Zusammenhang mit der Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung bzw. Schwerbehinderung wird dieser eher indirekte Vorteil in der Regel im Rahmen der Förderung für Unternehmen fallbezogen berücksichtigt – entsprechend hat dies dann Einfluss auf die Förderhöhe bzw. Zuschüsse.

    Grundsätzlich ist jede Förderung eine Einzelfallentscheidung und hängt unter anderem von den rechtlichen Voraussetzungen, der Behinderungsursache, dem Schweregrad der Behinderung oder Erkrankung und dem Einsatzzweck des Assistenzsystems ab. Für das Förderverfahren spielt daher auch eine Rolle, wer das Assistenzsystem nutzt und um welche Art von Assistenzsystem es sich handelt.


    Eine grobe Orientierung ist die Unterscheidung danach, ob der Antrag von der Person mit Behinderung oder drohenden Behinderung oder vom Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin gestellt wird.


    Soll das Assistenzsystem persönlich mitgeführt und genutzt werden (z. B. ein Tablet), stellt in der Regel auch die betreffende Person den Förderantrag. Die Förderung geht infolgedessen an die antragstellende Person, also beispeilsweise an die/den Beschäftigte/n mit Behinderung. Im Bewilligungsbescheid des Leistungsträgers steht, wer Eigentümer des Hilfsmittels ist. Im Falle eines beruflichen Einsatzzweckes kann das Assistenzsystem im Regelfall dann auch bei einem Arbeitsplatzwechsel mitgenommen werden. Vorrangige Leistungsträger sind die Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX, nachrangiger Leistungsträger das Integrations-/Inklusionsamt.


    Ist das Assistenzsystem (z. B. ein digitales Montageassistenzsystem) beispielsweise zur barrierefreien Ausstattung von Arbeitsplätzen vorgesehen und soll auch dort bleiben, können Arbeitgeber*innen einen Förderantrag stellen. Handelt es sich um Arbeitsplätze für Beschäftigte mit einer anerkannten Schwerbehinderung oder Gleichstellung, kann das zuständige Integrations-/Inklusionsamt im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben leisten.

    Für assistive Technologien, digitale Assistenzsysteme und Hilfsmittel gibt es keine einheitlichen und allgemein verbindlichen Begriffsdefinitionen. Die englische Begrifflichkeit assistive technologies wird meist mit Hilfsmittel übersetzt, daher werden assistive Technologien und Hilfsmittel hier meist synonym verwendet, der Begriff Hilfsmittel ist jedoch etablierter.


    In der deutschen Sozialgesetzgebung ist die Definition von Hilfsmitteln meist an einzelne Leistungs- bzw. Versorgungsbereiche geknüpft, was dem gegliederten Sozialversicherungssystem in Deutschland geschuldet ist. So sind beispielsweise in § 47 SGB IX sowie in § 33 SGB V Hilfsmittel definiert. Zudem wird zusätzlich auch die Begrifflichkeit technische Arbeitshilfen als Teil der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verwendet (§ 49 Absatz 8 Nummer 5 SGB IX).


    Ein sehr weit gefasstes Verständnis von Hilfsmitteln liegt der internationalen Norm ISO 9999 „Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen – Klassifikation und Terminologie“ (englische Version: Assistive products for persons with disability - Classification and terminology) zugrunde. In der ISO 9999 werden Hilfsmittel definiert als "jegliches Produkt (einschließlich Vorrichtungen, Ausrüstung, Instrumente und Software), Sonderanfertigung oder allgemeines Gebrauchsgut, das von oder für Menschen mit Behinderung verwendet wird, für Teilhabe, um Körperfunktionen/-strukturen und Aktivitäten zu schützen, zu unterstützen, zu ertüchtigen, zu messen oder zu ersetzen, oder um Schädigungen, Beeinträchtigungen der Aktivität oder Beeinträchtigungen der Teilhabe zu verhindern."


    Eine Übersicht zum Begriff Hilfsmittel gibt es zudem hier: REHADAT-Lexikon.


    Unter digitalen Assistenzsystemen verstehe ich Produkte, die mittels digitaler Technologie (z. B. Software) von Menschen mit Behinderungen verwendet werden können, um diese bei ihrer Teilhabe (z. B. im Arbeitsleben) zu unterstützen. Damit sind digitale Assistenzsysteme auch Hilfsmittel im weitesten Sinne. Ob sie jedoch unter Hilfsmittel oder technische Arbeitshilfen im Sinne einzelner Leistungsgesetze oder Kostenträger fallen, hängt von den Produkten selbst sowie von deren Einsatzzweck ab und ist im Einzelfall zu betrachten.