Beiträge von Lea Mattern Humboldt Uni

    Sehr geehrter Herr Bungart,


    Sie schreiben in Ihrem Kommentar, dass die Forderung des zuständigen Leistungsträgers, dass bei Antragstellung ein Arbeitsvertrag vorliegen muss, nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Könnten Sie erläutern, wie dies vor dem Hintergrund von § 61 Abs. 1 SGB IX gemeint ist?


    § 61 Abs. 1 SGB IX:


    „Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen nach § 58 haben und denen von einem privaten oder öffentlichen Arbeitgeber ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit einer tarifvertraglichen oder ortsüblichen Entlohnung angeboten wird, erhalten mit Abschluss dieses Arbeitsvertrages als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein Budget für Arbeit.“

    Sehr geehrte Frau Vieweg,


    aus unserer Studie geht hervor, dass die Außenarbeitsplätze sich förderlich und hemmend auf die Inanspruchnahme auswirken können. Wie bereits von Kasia Straßner-Wolf dargestellt, können sie Übergänge ermöglichen. In unseren Interviews wurde auch der Vorteil genannt, dass eine Beschäftigung auf einem Außenarbeitsplatz die Zeit des Wartens auf einen Bewilligungsbescheid überbrücken kann (auch wenn die teilweise lange Dauer der Bewilligung eine verlässliche Planung für Arbeitgeber und Leistungsberechtigte nicht ermöglicht und damit nicht barrierefrei und nicht völkerrechtskonform ist).


    Des Weiteren sprechen Sie die verlässlichen Ansprechpartner:innen in den WfbM im Rahmen von Außenarbeitsplätzen an, die im Budget für Arbeit nicht vorhanden seien. Kann die im Budget für Arbeit vorgesehene Anleitung und Begleitung nicht eine solche verlässliche Ansprechperson sein?

    Sehr geehrter Michael,


    in Ihrem Kommentar schreiben Sie, dass die Bedarfsermittlung außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs schwierig ist. Die umfassende Bedarfsermittlung ist vom Gesetzgeber gem. § 14 Abs. 2 SGB IX vorgeschrieben. Das bedeutet gem. § 26 Abs. 2 der Gemeinsamen Empfehlungen Reha-Prozess (https://www.bar-frankfurt.de/f…s/GEReha-Prozess.BF01.pdf, S. 35),


    „dass der individuelle Bedarf im Hinblick auf alle Leistungen und Rechtsgrundlagen des Rehabilitationsrechts festgestellt wird, die in der konkreten Bedarfssituation überhaupt in Betracht kommen. Dabei werden insbesondere auch solche Leistungen in den Blick genommen,

    • für die der leistende Rehabilitationsträger nach seinem jeweiligen Leistungsgesetz nicht zuständig ist, einschließlich solcher Leistungen,
    • für die er nach § 6 SGB IX nicht Rehabilitationsträger sein kann.“

    Dieses Blatt hinterlässt mich ratlos, vielleicht weil es auch nur um das Budget für Arbeit in Inklusionsbetrieben geht.

    Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Menschen, die im Budget für Arbeit in einem ganz normalen Betrieb arbeiten und dort sozialversicherungspflichtig angestellt sind (ohne Arbeitslosenversicherung) eben auch nur die "normalen" Rentebeiträge - an ihr reales Einkommen gekoppelt - einzahlen. Niemand zahlt den "erhöhten Betrag", das "Pseudobrutto". Wer sollte das tun? Deshalb mag das "Rentenprivileg" (Erwerbsminderungsrente nach 20 Jahren) theoretisch noch greifen, macht aber wenig Sinn, wenn man nur die normalen Rentebeiträge einzahlt. Die können hoch sein, aber sind doch eher niedrig, weil die Jobs meist im Niedriglohnbereich stattfinden und evtl. auch stundenredziert sind. Dann muss man schon etwas länger arbeiten, um Rentenpunkte zu sammeln... So wurde das zumindest in allen Veranstaltungen vom KVJS BaWü kommuniziert. BIN ICH VÖLLIG AUF DEM FALSCHEN DAMPFER ODER NICHT MEHR AUF DEM NEUESTEN Stand? Ich würde das wirklich gerne verstehen.

    Liebe Frau Erhardt,


    vielen Dank für Ihre wichtige Frage.


    Der Nachteilsausgleich bei der Rente (sog. „Rentenprivileg“) besteht tatsächlich nach Einstellung in einem Inklusionsbetrieb im Rahmen des Budgets für Arbeit weiter. Dies gilt jedoch, so wie von Ihnen vermutet, nur in einem Inklusionsbetrieb.


    Dies hat zur Folge, dass das Niveau der späteren Rente bei durchgängiger WfbM-Beschäftigung oder einer Beschäftigung im Inklusionsbetrieb also deutlich höher sein kann als eine entsprechende Rentenleistung im Mindestlohnsegment nach 20 Jahren Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt gilt jedoch auch: Beanspruchen Budgetnehmende ihr Rückkehrrecht, werden die Beschäftigungszeiten im Budget für Arbeit auf die Wartezeit von 20 Jahren nach § 43 Abs. 6 SGB VI angerechnet.


    Weitere Details können Sie auch in der Antwort der Rentenversicherung auf einen Kommentar zur Rentenregelung entnehmen (am Ende des Beitrags):

    Beitrag

    Lieber Michael,


    in der Tat sollte es bei den Leistungen zur Anleitung und Begleitung, die durch das Intergrationsamt gem. § 185 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX ergänzt werden können, keinen in der Höhe pauschal begrenzten Betrag geben. Das Integrationsamt soll ja gerade die Möglichkeit bieten, den häufig zu geringen Pauschalbetrag zu erhöhen. In diesem Zusammenhang möchte ich gerne auf den Beitrag von Gast-Schimank verweisen (https://www.reha-recht.de/file…_und_Arbeitsassistenz.pdf, S. 9):

    "[§ 185 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX] sieht vor, dass sich die Integrationsämter im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben an den Kosten für ein Budget für Arbeit beteiligen können. Dafür, dass eine solche Erhöhung geboten ist, spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 61 SGB IX. Grundsätzliche Intention des BTHG ist es, dass sich Leistungen am persönlichen Bedarf orientieren. § 61 SGB IX betreffend heißt es diesbezüglich:

    „Darüber hinaus wird der Mensch mit Behinderungen eine möglicherweise dauerhafte persönliche Unterstützung benötigen, um die Tätigkeit ausüben zu können. Auch die hierfür erforderlichen finanziellen Aufwendungen, etwa für eine Arbeitsassistenz oder einen Job-Coach, gehören zu den Leistungen im Rahmen des Budgets für Arbeit. Dauer und Umfang der Leistungen bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls.“ (Bundestags-Drucksache, 18/9522: https://dserver.bundestag.de/btd/18/095/1809522.pdf, S. 2 und 256)


    Bzgl. der Arbeitsassistenz war aus der Praxis bekannt, dass die Integrationsämter hinsichtlich der Kostenübernahme bei der Höhe einen Ermessensspielraum sahen. Dies ist nicht der Fall, was der Gesetzgeber bei Einführung des Budgets für Ausbildung klargestellt hat (§ 185 Abs. 5 Satz 2 SGB IX).143 Diese Klarstellung gilt genauso für das Budget für Arbeit.

    Lieber Herr Schneider,


    mit dem Zugang zu Leistungen der Agentur für Arbeit sprechen Sie einen juristisch umstrittenen Punkt an. Hintergrund ist der Ausschluss aus der Arbeitslosenversicherung. In der Gesetzesbegründung (https://dserver.bundestag.de/btd/18/095/1809522.pdf) heißt es auf S. 256 „Versicherungsfreiheit dagegen besteht in der Arbeitslosenversicherung nach § 28 Absatz 1 Nummer 2 des Dritten Buches“


    Nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sind Personen aus der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen, bei denen die Rentenversicherung eine volle Erwerbsminderung festgestellt hat oder die eine Erwerbsminderungsrente beziehen:


    (1) Versicherungsfrei sind Personen, […]


    2. die wegen einer Minderung ihrer Leistungsfähigkeit dauernd nicht mehr verfügbar sind, von dem Zeitpunkt an, an dem die Agentur für Arbeit diese Minderung der Leistungsfähigkeit und der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt haben [...].


    Den Ausschluss der Leistungsberechtigten begründet der Gesetzgeber mit dem Merkmal eines Personenkreises, „der dem Grunde nach dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen voller Er-werbsminderung nicht zur Verfügung steht“ und dem Rückkehrrecht in die WfbM. Diese Bedingungen erfüllen Budgetnehmende zwar häufig, jedoch nicht immer. So verfügen nicht per se alle Budgetnehmenden über eine volle Erwerbsminderung (siehe auch mein Kommentar beim Thema Voraussetzungen). Auch wurde eine entsprechende gesetzliche Grundlage nicht geschaffen. Philipp Jahn (https://www.reha-recht.de/file…udget_f%C3%BCr_Arbeit.pdf) weist darauf hin, dass Budgetnehmende in § 61 SGB IX und in § 28 SGB III nicht explizit aus der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen sind. Durch den grundsätzlichen Ausschluss sind Budgetnehmende anderen Arbeitnehmenden nicht gleichgestellt und es kann kein uneingeschränktes sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründet werden. Dieser Tatbestand ist unvereinbar mit der Voraussetzung der Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses in § 61 Abs. 1 SGB IX. Budgetbeschäftigte erfüllen den Beschäftigungsbegriff nach § 7 SGB IV, weshalb diese auch der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung gem. § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III unterliegen müssten.


    Bezüglich der Verfügbarkeit zeigen Budgetnehmende gerade mit der Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, dass sie dem Arbeitsmarkt durchaus zur Verfügung stehen. Dabei ist unerheblich, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Anspruch genommen werden, denn gerade durch diese Leistungen wird die Verfügbarkeit hergestellt.


    Durch den Ausschluss aus der Arbeitslosenversicherung bleiben den Leistungsberechtigten die von Ihnen beschriebenen Leistungen der Agentur für Arbeit verwehrt (siehe auch https://www.reha-recht.de/file…ingliederungshilfe_zu.pdf, S. 4). Dabei liegt lt. Jahn (https://www.reha-recht.de/file…udget_f%C3%BCr_Arbeit.pdf) beispielsweise bei betriebsbedingtem Arbeitsplatzabbau oder konjunkturell bedingter Kurzarbeit kein sachlicher Grund für eine Rückkehr oder Aufnahme in eine WfbM vor. Wird das Arbeitsverhältnis im Budget für Arbeit beendet, besteht somit nur Anspruch auf Grundsicherungsleistungen. Dabei bedürfen Budgetnehmende zur Risikoabsicherung bei Arbeitslosigkeit desselben Schutzes (https://www.reha-recht.de/file…teilhabegesetz_Teil_1.pdf, S. 8f). Das Rückkehrrecht kann so zur Rückkehrpflicht werden.

    Liebe Frau Wandmaker,


    Sie sprechen hier einen wichtigen Punkt an, denn genau dieser Personenkreis ist unseren Studienergebnissen nach bisher für Unterstützende nur schwer erreichbar. Dies betrifft vor allem Menschen mit psychischen Erkrankungen, von denen nur wenige die Leistungen der WfbM in Anspruch nehmen und deshalb institutionell nicht angebunden und deshalb schwer erreichbar sind.

    Hallo Michael,


    Sie stellen die Frage, ob „der Ansatz für die Bemessungsgrundlage des BfA damit exakt bei der Hälfte dessen [liegt], was ein WfbM-Beschäftigter an Rentenanwartschaften erwerben kann (80%)?“


    Ich nehme an, dass Sie auf die 40 % Bezugsgröße anspielen? Hier muss unterschieden werden zwischen Bezugsgröße und Rentenanwartschaften. Der Lohnkostenzuschuss im Rahmen des Budgets für Arbeit beträgt bis zu 75% des vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts, höchstens jedoch 40 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches. Das bedeutet für das Jahr 2020 1.274 Euro (der Gesetzgeber unterscheidet beim Budget für Arbeit nicht zwischen Ost und West).


    Sie haben mit dem Thema Rente einen wichtigen Punkt angesprochen, denn auch in unserer Studie zur Umsetzung des Budgets für Arbeit in Berlin zeigte sich, dass viele Leistungsberechtigte sich Sorgen um die Höhe ihrer zukünftigen Rente machen, die im Budget für Arbeit in manchen Fällen geringer ausfallen kann, als die Höhe der Rente eines/einer WfbM-Beschäftigten. Dies muss deshalb immer vorher mit der Rentenversicherung individuell abgeklärt werden.


    Abgesehen davon ist bei dem Personenkreis der Menschen mit psychischen Erkrankungen, der bereits Erfahrungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hat, der Lohnkostenzuschuss zweifelsohne nicht immer der eigentlichen Qualifikation entsprechend. Dies wurde auch im Gesetzgebungsverfahren kritisiert.


    Sie schreiben auch, dass das Budget für Arbeit nichts daran ändert, dass mind. 10 % der Werkstatt-Beschäftigten „fehluntergebracht“ seien. Aus unserer Studie geht hervor, dass das Budget für Arbeit insofern etwas ändert, als das Rückkehrrecht (§ 220 Abs. 3 SGB IX) sich positiv auf die Inanspruchnahme des Budgets für Arbeit auswirken kann.

    Lieber Michael,


    vielen Dank für die Frage bzgl. der Anleitung und Begleitung. Vorgesehen ist, dass diese in der Regel vom Integrationsfachdienst (IFD) übernommen wird. Im Sinne des Wunsch- und Wahlrechts (§ 8 SGB IX) der Budgetnehmenden kann diese Aufgabe jedoch auch eine vertraute Person aus der WfbM oder eine andere fachlich geeignete Person sein (z.B. der Arbeitgeber).


    Auf einige Ihrer Fragen wurde bereits eingegangen. Gerne möchte ich auf Ihre Frage eingehen, ob die Begleitung am Arbeitsplatz mit der Arbeitsassistenz gleichzusetzen ist. Dies ist nicht der Fall, denn die Arbeitsassistenz ist eine im Sinne der §§ 49 Abs. 8 Satz 1 Ziffer 3 und 185 Abs. 5 SGB IX die bei der Arbeitsausführung, über gelegentliche Handreichungen hinausgehende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen mit Assistenzbedarf (schwerbehinderte Menschen) durch eine persönliche Assistenzkraft (Assistenzkraft). In der Regel handelt es sich hierbei um Handreichungen, die den schwerbehinderten Menschen in die Lage versetzen, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Beispielhaft werden in Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) (https://www.bih.de/fileadmin/u…2019_KORR_24082020_bf.pdf) folgende Handreichungen genannt: scannen, kopieren, faxen, vorlesen sowie Tätigkeiten von Gebärdensprach- oder Schriftdolmetschern.


    Insofern ist die Anleitung und Begleitung im Rahmen des Budgets für Arbeit von der Arbeitsassistenz zu unterscheiden. Eine Kombination des Budgets für Arbeit mit einer Arbeitsassistenz sowie mit weiteren Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX ist grundsätzlich zulässig. Cindy Gast-Schimank schreibt des Weiteren in ihrem Beitrag (https://www.reha-recht.de/file…_und_Arbeitsassistenz.pdf), dass § 185 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX die Möglichkeit bietet, festgelegte Pauschalbeträge im Rahmen des Budgets für Arbeit zu erhöhen.

    Lieber „Michael“,


    vielen Dank für Ihren Kommentar.


    Sie hatten nach der Abgrenzung des Budgets für Arbeit zu den Betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen und zur Unterstützten Beschäftigung gefragt.


    Bei den Betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen handelt es sich gem. § 219 Abs. 1 S. 5 und 6 SGB IX um ausgelagerte Arbeitsplätze für Werkstattbeschäftigte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die zum Zwecke des Übergangs und als dauerhaft ausgelagerte Plätze angeboten werden. Das bedeutet, dass es sich formal um eine Beschäftigung im Berufsbildungs- oder Arbeitsbereich der Werkstatt handelt, denn der „Werkstattstatus“ bleibt weiterhin erhalten und auch die Unterstützung durch die Werkstatt ist weiterhin gewährleistet, der Beschäftigungsort jedoch der allgemeine Arbeitsmarkt ist. Eine virtuelle Werkstatt bietet ausschließlich solche ausgelagerten Arbeitsplätze an und hat keine eigenen Produktionsstätten. Beim Budget für Arbeit fällt der „Werkstattstatus“ weg, da die Person direkt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis arbeitet. Die Person erhält auch hier Unterstützung in Form der Anleitung und Begleitung, die in manchen Bundesländern auch von der Werkstatt übernommen wird, und der Arbeitgeber erhält einen Lohnkostenzuschuss, der bis zu 75 % des vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts, höchstens jedoch 40 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches beträgt. Von dieser Bezugsgröße kann durch Landesrecht nach oben abgewichen werden.


    Bei der Unterstützten Beschäftigung handelt es sich um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, deren Ziel darin besteht, gem. § 55 Abs. 1 SGB IX Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Die Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung. Wurde im Rahmen der individuellen betrieblichen Qualifizierung, die in der Regel zwei Jahre dauert, ein Arbeitsplatz gefunden, können die Leistungen der Berufsbegleitung gem. § 55 Abs. 3 SGB IX erbracht werden „soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind“. Zusätzlich können auch weitere Leistungen in Anspruch angenommen bzw. beantragt werden wie bspw. der befristete Eingliederungszuschuss. Der Vorteil beim Budget für Arbeit ist, dass der Lohnkostenzuschuss unbefristet ist.


    Am Ende Ihres Kommentars schrieben Sie, dass einer leistungsberechtigten Person, die bereits in einer Werkstatt arbeitet (habe ich dies richtig verstanden?), die Beschäftigung auf einem Betriebsintegrierten Arbeitsplatz aufgrund der nicht vorhandenen anerkannten Schwerbehinderung verweigert wurde. Ich kenne den Einzelfall nicht und kann auch keine Rechtsberatung geben. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass eine Beschäftigung auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz genau an dieselben Bedingungen geknüpft sein sollte wie bei einer Beschäftigung im Arbeitsbereich der Werkstatt: gem. § 219 Abs. 2 SGB IX steht die Werkstatt allen Menschen mit Behinderungen „unabhängig von Art oder Schwere der Behinderung offen, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden. Dies ist nicht der Fall bei behinderten Menschen, bei denen trotz einer der Behinderung angemessenen Betreuung eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist oder das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft nicht zulassen.“

    Bzgl. der Anspruchsvoraussetzungen ist wichtig zu betonen, dass ein Durchlaufen des Eingangsverfahrens und des Berufsbildungsbereichs in einer WfbM nicht notwendig ist, da die verlangte berufliche Bildung auch bei einem anderen Leistungsanbieter, im Rahmen der Budgets für Ausbildung oder des Persönlichen Budgets absolviert werden kann. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis auf ein Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24. November 2021, bei dem der Träger der Eingliederungshilfe zur Übernahme eines Budgets für Arbeit für den leistungsberechtigten Antragsteller verpflichtet wurde, der zuvor keine formale Bildungsmaßnahme durchlaufen, sondern Berufserfahrung im Rahmen von Praktika erlangt hatte (https://www.reha-recht.de/info…ormale-bildungsmassnahme/). Die Pflicht zum Durchlaufen des Eingangsverfahrens, dessen Ziel darin besteht, festzustellen, ob die WfbM die geeignete Einrichtung ist, würde dem Teilhabebegehren der potenziellen Budgetnehmenden entgegenstehen, denn die Einschätzung der Eignung einer Teilhabeleistung soll im Teilhabeplan- bzw. Gesamtplanverfahren (§§ 19, 117 SGB IX) erfolgen.


    Bundesweit gilt zudem, dass gem. § 58 Abs. 1 Hs. 2 SGB IX auch Menschen mit Behinderungen ein Recht auf Leistungen im Arbeitsbereich und damit auch auf das Budget für Arbeit, die aufgrund einer vorherigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bereits die Leistungsfähigkeit nachweisen können, die für eine in Aussicht stehende Beschäftigung erforderlich ist. Im Bundesrecht ist keine Engführung auf 12 Monate sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung vorgesehen. Bei den 12 Monaten, die laut Rundschreiben der Senatsverwaltung in Berlin nachzuweisen sind, handelt es sich lediglich um eine untergesetzliche Empfehlung an die Verwaltung.


    Die Anspruchsvoraussetzung einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung ist juristisch umstritten. So setzt die Aufnahme in den Arbeitsbereich der WfbM gem. § 219 Abs. 2 SGB IX lediglich die Feststellung der "Werkstattfähigkeit" voraus, nicht jedoch die Feststellung einer vollen Erwerbsminderung. Menschen mit Behinderung gelten zwar mit Beginn einer Beschäftigung in der WfbM rentenrechtlich gem. § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB VI als voll erwerbsgemindert („Fiktion“), ein Nachweis der vollen Erwerbsminderung durch die Rentenversicherung ist jedoch keine Voraussetzung für die Aufnahme in den Arbeitsbereich der WfbM. Die rentenrechtliche Folge der Beschäftigung in der WfbM kann nicht zur Voraussetzung umgekehrt werden. Dies gilt in gleicher Weise für das Budget für Arbeit. Eine solche Auslegung würde zudem dem Grundgedanken von § 56 SGB IX widersprechen, nach welchem Leistungen in WfbM erbracht werden, um die Leistungs- und Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Erwerbsfähigkeit nur dann erhalten werden kann, wenn sie - in welchem Umfang auch immer - noch vorhanden ist. Menschen mit vorübergehender Einschränkung der Erwerbsfähigkeit sind laut Gesetzesbegründung in der Zielrichtung des § 61 SGB IX ausdrücklich eingeschlossen, wie die folgende Formulierung zeigt:


    Den Menschen mit Behinderungen im erwerbsfähigen Alter wird auch ein Weg in Richtung allgemeiner Arbeitsmarkt eröffnet, ohne zuvor den Nachweis der individuellen Erwerbsfähigkeit führen zu müssen (BT-Drs. 18/9522, S. 253).


    Nicht zuletzt würde die Erwartung eines rentenrechtlichen Status als Zugangsvoraussetzung für das Budget für Arbeit im Widerspruch stehen zur präventiven Zielrichtung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben („Reha vor Rente“).

    Liebe Frau Seeger, liebe Frau Straßner-Wolf,


    herzlichen Dank für das Teilen Ihrer Erfahrungen, die sich auch in den Ergebnissen unseres Forschungsprojekts widerspiegeln (https://www.reha-recht.de/fach…/artikel/beitrag-d9-2021/, https://www.reha-recht.de/fach…artikel/beitrag-d10-2021/, https://www.reha-recht.de/fach…artikel/beitrag-d27-2021/, https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/25917/Peters_etal2022_Das_Budget_f%c3%bcr_Arbeit.pdf?sequence=4&isAllowed=y ) (z.B. die lange Dauer der Bewilligung, positive aber auch negative Aspekte des Rückkehrrechts, förderliches Übergangsmanagement in WfbM bspw. in Form von Außenarbeitsplätzen). Vor allem das Thema Rente spielte bei den befragten Leistungsberechtigten eine große Rolle. Eine weitere Unsicherheit besteht auch hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen. Wie Frau Vieweg in ihrem Kommentar geschrieben hat (Voraussetzungen zum Budget für Arbeit), muss ein Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich bestehen, wobei die Werkstatt nicht zwingend durchlaufen werden muss. Problematisch scheint in der Praxis auch zu sein, dass die volle Erwerbsminderung vorausgesetzt wird. Was sind hier Ihre Erfahrungen?


    Sie sprechen in Ihren Kommentaren auch den hohen Informationsbedarf an, den auch wir in unseren Ergebnissen identifizieren konnten. Im Rahmen unseres Projekts wurde deshalb ein Erklärvideo in einfacher Sprache gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen konzipiert und umgesetzt: https://www.reha-recht.de/info…o-zum-budget-fuer-arbeit/


    Lea Mattern


    Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt "Zugänglichkeit - Inklusion - Partizipation. Nachhaltige Teilhabe an Arbeit durch Recht"

    Humboldt-Universität zu Berlin

    Institut für Rehabilitationswissenschaften

    Abteilung für Rehabilitationssoziologie und berufliche Rehabilitation

    E-Mail: lea.mattern.1@hu-berlin.de