Beiträge von N.Kamps

    Ich möchte hier noch die erweiterten Grundbedürfnisse ergänzen, welche die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung umfassen. Für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen gelten zudem noch die Integration und die Gruppe Gleichersalter und die Herstellung und die Sicherung der Schulfähigkeit eines Schülers bzw der Erwerb einer elementaren Schulausbildung als Grundbedürfnis.

    Nach dem Medizinprodukterecht ist es einem Hersteller von Medizinprodukten (z.B. von CPAP-Geräten) freigestellt, zu definieren, ob sein Produkt wartungsfrei ist oder ob Wartungen durchgeführt werden müssen. Nur für bestimmte Produkte hat der Gesetzgeber in der Medizin-Produkte Betreiberverordnung (MPBetreibV) festgelegt das sogenannte STK (sicherheitstechnische Kontrollen) zwingend durchgeführt werden müssen, z.B. für Beatmungsgeräte (nicht für CPAP-Geräte). Verantwortlich für die Durchführung der Wartungen ist gemäß MPBetreibV immer der Betreiber des Produkts. Gemäß MPBetreibV müssen danach alle vom Hersteller vorgegebenen Wartungen und alle vom Gesetzgeber vorgegebenen STK zwingend vom Betreiber durchgeführt werden. Damit ist z.B in der Klinik, im Pflegeheim oder in der Arztpraxis gewährleistet, dass alle Geräte sicher für Anwender, Patienten und Dritte sind (§§ 1, 2 MPBetreibV i.V.m. §§ 1, 14 MPG). Der Betreiber muss sicherstellen, dass die Medizinprodukte sorgfaltsgemäß und keine fehlerhaften Produkte eingesetzt werden. Ihm obliegt damit die Verkehrssicherungspflicht. Verstößt der Betreiber schuldhaft - dies umfasst auch fahrlässiges Handeln - dagegen, führt dies zu einer Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB.

    Mit Urteil vom 16.12.2003 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Beispiel der Leistung von Hilfsmitteln durch eine Krankenkasse nähere Aussagen zur Betreibereigenschaft getroffen. Danach kommt es bei der Feststellung der Betreibereigenschaft nicht auf das Eigentum am Medizinprodukt, sondern auf die tatsächliche Zugriffs- und Nutzungsmöglichkeit an, denn, so dass Gericht weiter, die Erfüllung der Betreiberpflichten setze den unmittelbaren tatsächlichen Zugriff, die tatsächliche Sachherrschaft auf das Medizinprodukt voraus. Nur wenn diese vorliegt, können die o.g. Pflichten sachgerecht erfüllt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Besitzer eines Produktes jeder ist, der die tatsächliche Sachherrschaft über ein Produkt ausübt. Zudem muss diese Sachherrschaft auch von einem Besitzbeherrschungswillen getragen werden. In diesem Zusammenhang ist der durch § 855 BGB definierte Begriff der Besitzdienerschaft abzugrenzen. Besitzdiener ist derjenige, der die tatsächliche Gewalt über eine Sache ausübt, dies aber im Auftrage des Besitzers (§ 854 BGB) ausführt und dessen Weisungen zu befolgen hat, so z. B. Pflegekräfte (hier Besitzdiener), in einer Klinik die im Auftrag des Klinikträgers (hier Besitzer) Medizinprodukte anwenden. Da die Patienten die Sachherrschaft über die Produkte ausüben und zudem ein eindeutiger Besitzbeherrschungswillen vorliegt, könnte man annehmen, dass damit die Patienten als Betreiber anzusehen wären.

    Nun ist aber der Patient gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht Betreiber eines Medizinproduktes, denn er ist ja zum einen Adressat des Schutzzweckes der gesetzlichen Regelungen. Zum anderen bestimmt die MPBetreibV in § 1, dass diese Verordnung nicht für Medizinprodukte gilt, die weder gewerblichen noch wirtschaftlichen Zwecken dienen und in deren Gefahrenbereich keine Arbeitnehmer beschäftigt sind (private Nutzung). Selbst angeschaffte Medizinprodukte unterliegen damit in der häuslichen Selbstanwendung nicht der MPBetreibV. Dies gilt gemäß BVerwG-Urteil selbst dann, wenn dass Produkt, etwa auf Basis § 33 SGB V, von der Krankenkasse oder leihweise zur Verfügung gestellt wird. Auch die Krankenkasse ist nicht als Betreiber anzusehen, so das BVerwG. Zum einen wird das Medizinprodukt wiederum durch den Patienten zur Selbstbehandlung eingesetzt, zum anderen fehlt es der Kasse an der tatsächlichen Sachherrschaft, welche ja beim Patienten liegt. Im häuslichen Bereich gibt es demnach keinen Betreiber im o.g. Sinne, damit gelten auch nicht die Vorgaben der MPBetreibV. Gleiches gilt auch für vom Provider im Auftrag der Kasse ausgeliehene Geräte.

    Aber gemäß § 33 Abs. 1 SGB V gilt, dass die Krankenkasse soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen bei Hilfsmitteln zu übernehmen hat. Der Stand der Technik wird in diesem Falle durch den Hersteller, die MPBetreibV und die technische Normung vorgegeben. Danach muss also die Krankenkasse sehr wohl für die Wartungen und STK aufkommen, wenn auch auf einer anderen rechtlichen Basis.

    Nein, Hilfsmittel der Gesetzlichen Krankenversicherung müssen nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sein. Der Anspruch auf Hilfsmittelversorgung ist gemäß § 33 SGB V definiert und nicht mit dem Hilfsmittelverzeichnis (HMV) verknüpft. Das HMV ist nicht geeignet, Ansprüche der Versicherten im Sinne einer Positivliste auszuschließen. Wenn aber ein Gegenstand im HMV gelistet ist, spricht dies im Sinne einer Orientierungshilfe zugunsten des Versicherten dafür, den Gegenstand nicht als allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Deutlich wird dies auch durch die - verbindliche - Hilfsmittel-Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschuss (GBA). Denn dort heißt es unter § 4 Abs. 1 Satz 2 "Das Hilfsmittelverzeichnis ist nicht abschließend." und weiter in § 6 Abs. 5 Satz 2 " Das Hilfsmittelverzeichnis dient hierbei als Orientierungs- und Auslegungshilfe und bietet einen für Vergleichszwecke geeigneten Überblick."

    Diese Frage "hat es in sich" und ist nicht mit wenigen Worten zu beantworten. Ich möchte sie daher in Teilstücke zerlegen:

    1. Muss überhaupt eine Verordnung eines Arztes vorliegen?

    Kommt darauf an, oftmals muss keine ärztliche Verordnung vorliegen, hier reicht ein Antrag des Versicherten. Bitte lesen Sie meine Ausführungen zur Frage "Muss ein Arzt die Hilfsmittel verordnen? Und wer kann Anträge stellen?"

    2. Was muss ich tun um ein Hilfsmittel zu erhalten?

    Sie müssen einen Antrag stellen. Bitte lesen Sie auch hierzu meine Ausführungen zur Frage "Muss ein Arzt die Hilfsmittel verordnen? Und wer kann Anträge stellen?"

    3. Welche Hilfsmittel können überhaupt beantragt werden?

    Ich möchte dies hier auf den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzen. Danach können alle Hilfsmittel beantragt werden, die erforderlich sind um entweder

    • eine Krankenbehandlung zu unterstützen
    • einer drohenden Behinderung vorzubeugen
    • oder eine Behinderung (im Rahmen der elementaren Grundbedürfnisse) auszugleichen.

    Der Gesetzgeber hat bewusst die Hilfsmittel nicht abschließend definiert und eine weites Feld aufgemacht, da jeder Einzelfall individuell zu behandeln ist. Was für Sie ein Hilfsmittel sein kann, ist für mich noch lange kein Hilfsmittel. Daher ist auch das Hilfsmittelverzeichnis nicht abschließend, sondern nur ein Anhaltspunkt, welche Produkte Hilfsmittel sein können. Klar ist nur, dass die Produkte (= Hilfsmittel) auf keinen Fall einen Gebrauchsgegenstand darstellen dürfen. Das Bundessozialgericht hat dies mal am Beispiel eines Fernsehsessels mit Aufstehfunktion sehr deutlich gemacht. Der Fernsehsessel ist und bleibt ein Gebrauchsgegenstand, auch wenn er durch eine spezielle integrierte Aufstehhilfe für einen behinderten Menschen vorteilhaft sein mag. Er ist eben für alle Menschen, egal ob behindert oder nicht, sinnvoll und wird auch von Gesunden genutzt. Die reine Aufstehhilfe dagegen (sogenannter Katapultsitz) kann für einen bewegungsbehinderten Menschen ein Hilfsmittel darstellen, da er damit wieder selbständig vom Sitzen zum Stehen gelangen kann. Er gleicht die Behinderung im Bereich des Aufstehens aus. Das Produkt wird auch speziell für diesen Anwenderkreis hergestellt und vertrieben, eine gesunder Mensch zieht aus dem Produkt auch keine Vorteile, wird es daher also auch nicht verwenden. Damit sind wesentliche Punkte des Hilfsmittelcharakters erfüllt. Nun kommt es aber noch auf den Einzelfall an. Das Produkt ist ja z.B. für einen sehbehinderten Menschen, der keinerlei Bewegungseinschränkungen hat, nicht sinnvoll. Damit für ihn auch kein Hilfsmittel.

    Das von ihnen beispielhaft genannte Besteck kann damit im Einzelfall ein Hilfsmittel sein, muss es aber nicht. Dies hängt von den individuellen Gegebenheiten ab. Folgende Punkte wären zu prüfen:

    1. Wird das Produkt überhaupt benötigt (Notwendigkeit) um eine Behinderung auszugleichen? Ist diese Behinderung im Bereich der elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens anzusiedeln?
    2. Wenn ja, ist das Produkt auch ausreichend die Behinderung auszugleichen? D.h. Sie müssen die Frage stellen ob der Behinderungausgleich auch wie erforderlich erreicht wird (zu wenig wäre nicht ausreichend). Sie müssen aber auch die Frage stellen, ob nicht zu viel erreicht wird, es sich also um eine "Überversorgung " handeln würde, die dann auch unwirtschaftlich wäre. Ausreichend ist hier mit "auf den Punkt genau" zu verstehen.
    3. Das Produkt muss auch Zweckmäßig sein, d.h. es muss für Sie als Anwender auch in einem vernünftigen Rahmen und ohne zu großen Aufwand nutzbar sein um den Behinderungsausgleich zu erreichen.
    4. Das Produkt darf kein Gebrauchsgegenstand sein. Bei Ihrem Beispiel sehe ich hier ggf. ein Problem, das Besteck ja durchaus einen Gebrauchsgegenstand darstellt. Hier kommt es sehr auf das Produkt selbst an.
    5. Zu guter letzt wäre noch zu prüfen, ob es nicht eine alternative Versorgung gibt, die ebenfalls ausreichend (auf den Punkt genau) und zweckmäßig ist, aber wirtschaftlicher wäre.

    Sie sehen, Ihre Frage kann nicht so einfach beantwortet werden. Und einen "Leitfaden zur Hilfsmittelversorgung" gibt es daher bisher in der Art eines "Kochrezeptes" nicht. Dieser Leitfaden würde, ob der vielen Besonderheiten und Einzelfälle und der Vielfalt der Hilfsmittel durchaus das Format eines kleinen Buches annehmen. Das Hilfsmittelverzeichnis der GKV kann ihnen helfen hier einen ersten Überblick zu erlangen, da es "typische Produkte" auflistet die Hilfsmittel sein können. Sie müssen aber Immer bedenken, dass viele Hilfsmittel dort eventuell noch gar nicht aufgeführt sind.

    Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von
    - Hilfsmitteln,
    - deren notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung,
    - die Ausbildung in ihrem Gebrauch und
    - die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen
    nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist (vgl. § 33 Abs. 5a Satz 1 SGB V).

    Eine ärztliche Diagnose und Therapieentscheidung wird immer dann geboten sein, wenn es sich um eine Hilfsmittel zur Krankenbehandlung (z.B. ein CPAP-Therapiegerät) und das erforderliche Zubehör (z.B. die für das CPAP-Gerät erforderliche Nasenmaske) handelt. Auch bei einem Hilfsmittel zur Vorbeugung einer Behinderung ist dies i.d.R.gegeben (z.B. bei einem Stehtrainer).
    Dient das Hilfsmittel aber rein einem Behinderungsausgleich und geht von dem Produkt weder ein therapeutischer noch ein prophylaktischer Effekt aus (etwa eine Kommunikationshilfe oder ein Elektrorollstuhl), ist eine Verordnung sicherlich entbehrlich. Die Krankenkasse kann aber auch im letztgenannten Fall eine ärztliche Verordnung verlangen, verzichtet dann aber gemäß § 33 Abs. 5a Satz 2 SGB V auf auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung.

    Ein weiteres Beispiel stellt die Beatmungskanüle bei einem tracheotomierten Menschen dar. Die Erstverordnung bedarf der ärztlichen Verordnung, da hier wichtige Entscheidungen über die zukünftige Therapie und Versorgung zu fällen sind. Wird aber nach erreichen eines stabilen Zustands nur regelmäßig die gebrauchte Kanüle gegen eine neue Kanüle gleichen Typs ersetzt, etwa weil die vom Hersteller vorgegebene Lebensdauer erreicht wurde, so kann auf eine erneute ärztliche Verordnung verzichtet werden. Besteht aber z.B.der Wunsch die Kanülenart zu verändern, ist eine erneute Einbindung des Arztes erforderlich.

    Anträge auf eine Hilfsmittelversorgung kann jeder Versicherte selbst stellen. Gemäß § 19 SGB IV werden Leistungen der GKV auf Antrag erbracht. Ein Antrag in diesem Sinne liegt rechtlich wirksam vor, wenn eine Willenserklärung des Versicherten, die auf den Beginn, die Fortsetzung, die Änderung oder Ergänzung einer Hilfsmittelversorgung zielt, der Kasse vorliegt. Die Antragstellung selbst, ist grundsätzlich nicht an eine bestimmte Form gebunden, so dass die Anträge schriftlich (z. B. per Post, Mail) oder mündlich (z. B. telefonisch) oder durch konkludentes Handeln gestellt werden können. Der Versicherte kann hierzu auch einen Dritten, etwa einen Hilfsmittelexperten ermächtigen. Der Antrag bedarf weder zwingend einer Unterschrift noch einer Einverständniserklärung, allerdings muss die Einbeziehung des Versicherten deutlich werden. Die Vollmacht ist auf Verlangen gegebenenfalls schriftlich nachzuweisen (§ 13 SGB X).