Beiträge von Denise Posch

    Ich darf aus einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien, durgeführt im Auftrag des Bundesministeriums Arbeit- und Wirtschaft, aus dem Jahre 2022 direkt zitieren:

    "Aussagen und Kennzahlen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung bzw. zu jenen, die beim AMS vorgemerkt sind, werden seitens des AMS/BMAW in unterschiedlichen Berichten kommuniziert. Dabei wird einerseits zwischen Menschen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen bzw. der etwas enger gefassten Gruppe der begünstigt Behinderten unterschieden (=formal anerkannter Grad der Behinderung von mindestens 50 v. H. bei Personen im Erwerbsleben).

    Als arbeitslos beim AMS registriert waren mit Oktober 2022 62.270 Personen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen (Arbeitsmarktdatenbank online 2022). Der Großteil von ihnen (50.869 Personen) wies dabei eine sonstige gesundheitliche Vermittlungseinschränkung auf. 11.401 Personen haben eine formal anerkannte Behinderung nach BEinstG oder Landesbehindertengesetz bzw. Chancengleichheitsgesetz oder sind Inhaber:innen eines Behindertenpasses. In dieser Gesamtsumme nicht inkludiert sind beispielsweise Personengruppen, die sich in Schulung oder auf Lehrstellensuche befinden sowie jene, bei denen die Arbeitsfähigkeit noch nicht geklärt wurde.

    (...)

    Die Arbeitslosenquote der begünstigt behinderten Personen lag 2021 bei 7,8 %. Bis 2019 ist die Arbeitslosenquote bei begünstigt behinderten Menschen höher gelegen als bei Personen ohne diesen Status. Mit Beginn der Corona-Krise hat sich die Situation umgekehrt. Zwar ist die Quote in beiden Personenkreisen gestiegen, unter den begünstigt Behinderten jedoch weniger stark als unter den Personen ohne begünstigter Behinderung." (Quelle: Verfügbare Daten zur Bildungssituation und Arbeitsmarktlage von Menschen mit Behindeurng und Möglichkeiten der Verbesserungen der Informationslage, Endbericht 2022, WU Wien, 105 ff).

    Die gesamte Studie ist dem Beitrag angehängt.

    Ja, richtig und wichtig.

    ABER: Sollten wir uns in D nicht auch mal darauf konzentrieren, dass Menschen mit Behinderung, vor allem nach ihrer Schulzeit, überhaupt gleich in die WfbMs kommen/gehen? Viele Programme und Gesetze lauten: "Du darfs wieder raus...". Geht es nicht zunächst um "Du musst da nicht hin, denn es gibt wirklich (!) andere Wege und Möglichkeiten für dich?"

    An dieser Stelle darf ich einen Input aus österreichischer Perspektive einbringen: Genau dieser Praktik wurde mit 1. 1. 2024 auf rechtlicher Ebene ein Riegel vorgeschoben. Durch eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (§ 8 Abs 5 AlVG) ist es nun nicht mehr möglich, dass Menschen vor ihrem 25. Geburtstag gegen ihren Willen einer Prüfung ihrer „Arbeitsfähigkeit“ unterzogen werden. Damit bleibt man im System – verkürzt gesprochen – jedenfalls bis 25 „arbeitsfähig“, was bedeutet, dass man sämtliche Förderungs- und Weiterbildungsmaßnahmen des Bundes sowie die dort angesiedelten Beschäftigungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen kann. Die WfbM sind in Österreich von den jeweiligen Bundesländern zu regeln und die Zuständigkeit dieser ergibt sich in dem Moment, in dem durch eine (primär) medizinische Untersuchung eine „Arbeitsunfähigkeit“ festgestellt wurde. Vor der Gesetzesänderung kam es – wie Sie dargestellt haben – regelmäßig zu dem vorgezeichneten Weg: Schulzeit – „automatische Feststellung der Arbeitsunfähigkeit“ – Zuständigkeit der Länder und somit häufig Beschäftigung in WfbM.

    Die Idee, dass vor allem junge Menschen im Anschluss an die Schulzeit noch einmal das volle „Repertoire“ an bundesweiten und bundesfinanzierten Förderungen und Möglichkeiten in Anspruch nehmen können und kein automatischer Ausschluss davon erfolgt, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, das steht außer Frage. Freilich wird damit nicht das von Frau Süßmilch angesprochene Problem angegangen (Was ist mit jenen Menschen, die vor der Regelung ihren 25. Geburtstag feierten bzw schon lange in den WfbM sind?). Außerdem gibt es noch keine aussagekräftigen Einblicke, welche Auswirkungen diese Gesetzesänderung tatsächlich mit sich bringt und ob dieses Vorhaben in der Praxis auch zu den gewünschten Effekten führen wird. Die Stoßrichtung ist sicherlich richtig, es wird – wie so oft – von der konkreten Umsetzung und den vorhandenen Ressourcen sowie den politischen und ökonomischen Faktoren innerhalb des Bundes abhängen, ob diese Novelle die von Ihnen angesprochenen wirklichen Wege und Möglichkeiten schafft. Hier fehlt es schlichtweg noch an einer entsprechenden Datenlage, da die Neuregelung wie eingangs erwähnt, erst seit Beginn des Jahres in Kraft steht.