Beiträge von Betje Schwarz_iqpr

    Den richtigen Zeitpunkt für eine (stufenweise) Wiedereingliederung gibt es nur für den jeweils aktuellen Fall – und auch hier meine ich die Fallkonstellation aus Beschäftigtem und Betrieb. So sind eben nicht nur erkrankungs- und personenbezogene Faktoren auf Beschäftigtenseite (was kann, möchte der Betroffene… à individuelle Passung) entscheidend, sondern auch ob und wie auf der betrieblichen Seite Anforderungen flexibel angepasst werden (können) (à betriebliche Passung). Daher ist (fortbestehender) Kontakt und der bereits angesprochene gemeinsame Such-/Abstimmungsprozess so wichtig (denn das eine wird vom anderen beeinflusst und letztlich braucht es für eine erfolgreiche Wiedereingliederung beides: individuelle und betriebliche Passung).

    Ferner sollten aus meiner Sicht Krankheitsbewältigung und Wiedereingliederung nicht als getrennte und zwingend nacheinander einzuleitende Prozesse verstanden werden. Krankheitsbewältigung heißt in vielen Fällen auch, mit veränderten (eingeschränkten) Möglichkeiten und Fähigkeiten klar zu kommen und in das eigene Selbstbild zu integrieren. Eine gut vorbereitete, begleitete und flexible Wiedereingliederung (die fortlaufend angepasst werden kann), kann die Krankheitsbewältigung und Neuausrichtung der eigenen Identität unterstützen. Dies wird in qualitativen Studien zum Return to Work bei chronischen Erkrankungen immer wieder beschrieben – auch im Sinne einer Rückkehr zur „Normalität“.

    Das (tolle!) Beispiel (Danke!) unterstreicht für mich noch einmal, wie wichtig es eigentlich wäre, schon in die Erstellung des Wiedereingliederungsplans regelhaft alle relevanten Seiten (Betroffene, med.-therapeutische und betriebliche Akteur:innen) einzubinden.

    Ich möchte aber noch ein weiteres Thema einbringen. Bislang kamen die STW der KK und der DRV zur Sprache (in denen Krankengeld- bzw. Übergangsgeld bezahlt werden). In meinen Studien begegnet mir aber immer wieder noch eine weitere Form... die "(Rest-)Urlaubs(-finanzierte)-STW", bei der die zuvor häufig sehr lang krankgeschriebenen Betroffenen mit ihren Arbeitgeber:innen einen Wiedereingliederungsplan vereinbaren, in dem (Rest-)Urlaubsansprüche für (mitunter über einen sehr langen Zeitraum andauernde, mit KK/DRV-STW nicht abbildbare?) Arbeitszeitreduktionen eingesetzt werden - bei vollem Entgelt. Die Betroffenen "opfern" hier also ihren Urlaub (was nach langer Ausfallzeit von ihnen aber erst einmal gar nicht als großes Opfer empfunden wird), verhindern aber weitere Lohneinbußen (durch Kranken-/Übergangsgeldbezug, dauerhafte Arbeitszeitreduktionen; - was häufig drängender ist). Die Arbeitgeber:innen zahlen voll, müssen aber keine weiteren "Ausfallzeiten" durch angestauten Urlaub hinnehmen. Ich würde mich sehr über entsprechende Erfahrungsberichte, Meinungen und rechtliche Einordnungen freuen!

    Das (tolle!) Beispiel (Danke!) unterstreicht für mich noch einmal, wie wichtig es eigentlich wäre, schon in die Erstellung des Wiedereingliederungsplans regelhaft alle relevanten Seiten (Betroffene, med.-therapeutische und betriebliche Akteur:innen) einzubinden.

    Ich möchte aber noch ein weiteres Thema einbringen. Bislang kamen die STW der KK und der DRV zur Sprache (in denen Krankengeld- bzw. Übergangsgeld bezahlt werden). In meinen Studien begegnet mir aber immer wieder noch eine weitere Form... die "(Rest-)Urlaubs(-finanzierte)-STW", bei der die zuvor häufig sehr lang krankgeschriebenen Betroffenen mit ihren Arbeitgeber:innen einen Wiedereingliederungsplan vereinbaren, in dem (Rest-)Urlaubsansprüche für (mitunter über einen sehr langen Zeitraum andauernde, mit KK/DRV-STW nicht abbildbare?) Arbeitszeitreduktionen eingesetzt werden - bei vollem Entgelt. Die Betroffenen "opfern" hier also ihren Urlaub (was nach langer Ausfallzeit von ihnen aber erst einmal gar nicht als großes Opfer empfunden wird), verhindern aber weitere Lohneinbußen (durch Kranken-/Übergangsgeldbezug, dauerhafte Arbeitszeitreduktionen; - was häufig drängender ist). Die Arbeitgeber:innen zahlen voll, müssen aber keine weiteren "Ausfallzeiten" durch angestauten Urlaub hinnehmen. Ich würde mich sehr über entsprechende Erfahrungsberichte, Meinungen und rechtliche Einordnungen freuen!

    Wolfgang: Aktuell bieten beide, GKV und DRV, Formulare nur die Möglichkeit, vier Start- und Enddaten für eine best. tägliche Arbeitszeit einzutragen (z.B. vom 1.11.-8.11., 2h, vom 11.-15.11. 4h usw.) sowie eine KURZE Notiz dazu zu schreiben, welche Art der Tätigkeit möglich bzw. welche Einschränkungen zu beachten sind. Die Betonung liegt auf kurz - denn die dafür vorgesehenen Felder sind sehr, sehr begrenzt... Wie soll da ein wirklich individuelles Vorgehen, jenseits Schema F, Platz finden bzw. angeregt werden? Schon das Formular sollte aus meiner Sicht deutlich machen, welche Möglichkeiten bestehen.

    @A. Adams Zitat: "Ich warne also davor den Ratsuchenden Menschen im Betrieb von Beginn an einen Strauß der Möglichkeiten in der Wiedereingliederung vorzustellen, da dass aus meiner Erfahrung auch Begehrlichkeiten weckt die ich dann nur mit der Zustimmung des Arbeitgebers erfüllt werden können." --> Hier sehe ich ebenfalls "Überarbeitungsbedarf", diesmal am Prozedere: So sollte doch der Wiedereingliederungsplan idealerweise Ergebnis eines gemeinsamen Such-/Abstimmungsprozesses zw. "Betroffener" Person, Arbeitgeber und behandelnder Person sein. Und Startpunkt sollte zwar kein Strauß aller Möglichkeiten sein, so aber doch eine Offenheit dafür, die Möglichkeiten und Wege zu eruieren, die in der individuellen Fallkonstellation passend und effektiv sein können - und mit Fallkonstellation meine ich die Konstellation aus "Betroffener" Person und Arbeitsplatz/betrieblichen Kontext/betriebl. Rahmenbedingungen.

    Tolle Beispiele, die verdeutlichen, dass die Grenzen zwischen STW und (dauerhaften) Arbeits(platz)anpassungen fließend sind bzw. sich beides sehr gut kombinieren lässt :) Wichtig aber auch der Hinweis in Klammern, dass (neben Kompetenzen und Möglichkeiten, also dem "Können") auch der Willen ("Wollen") auf Seiten des Betriebs da sein muss. Auch hier könnten Informationen, Praxishilfen und -beispiele sowie unterstützende Begleitung (nach)helfen, wobei sich bei mir (als rechtliche Laiin) da immer auch Fragen bezüglich betrieblicher Fürsorge-/Mitwirkungspflichten (und deren (rechtlicher/gesetzlicher) Stärkung) ergeben... insbesondere mit Blick auf Beschäftigte, die "nur" eine chronische Erkrankung haben (aber keinen Schwerbehindertenstatus).

    Wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass stufenweise Wiedereingliederungen die Rückkehr nach längerer Arbeitsunfähigkeit befördern – Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sollten dem Vorschlag einer stufenweisen Wiedereingliederung (STW) daher erst einmal grundsätzlich positiv gegenüberstehen oder die STW sogar proaktiv (z.B. als ein Instrument im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements, BEM) anbieten. Damit die STW bestmöglich greifen kann, sollte sie einem individuellen Wiedereingliederungsplan folgen, in dem die Möglichkeiten des Instruments (die über die reine Anhebung der täglichen Arbeitszeit hinausgehen und v.a. auch Anpassungen bzgl. Arbeitsort, Arbeitsmenge, Aufgaben und Tätigkeitsspektren umfassen) unter Berücksichtigung betrieblicher Rahmenbedingungen bedarfsorientiert ausgeschöpft werden. In eigenen Studien wird jedoch immer wieder deutlich, dass sowohl „Betroffenen“ als auch betrieblichen Akteur:innen häufig nur das Standardschema „2-4-6(-8) Stunden“ (mit einer Anhebung im 1-2 Wochentakt) geläufig ist, und eine STW genau deshalb in einigen Fällen (für eine oder beide Seiten) nicht in Betracht kommt. Hier braucht es aus meiner Sicht, gezielter Informationen und geeigneter Praxishilfen. Ferner sollte über eine Überarbeitung der Formulare der GKV und DRV (Wiedereingliederungsplan) nachgedacht werden, damit auch hier passgenaue Lösungen Platz finden und angeregt werden.

    Ob eine Ablehnung von Wiedereingliederungsplänen durch bzw. eine Er-/Überarbeitung durch die KK bzw. den zuständigen Träger rechtskonform ist, wie von Wolfgang zur Frage gestellt, kann ich leider nicht beantworten.