Probleme fangen an, wenn von einem Menschen etwas erwartet wird, was er nicht erfüllen kann. Solange es Normvorstellungen von Menschen gibt, bei "Menschen mit Beeinträchtigungen" die Defizitwahrnehmung im Fokus liegt und "die Behinderung" als Problem gesehen wird, wird man dem individuellen Menschen nicht gerecht und er gerät in die Sackgasse der Aussonderung.
Menschen müssen in ihrem Sosein akzeptiert werden, um den Blick auf ihre besonderen Fähigkeiten richten zu können. Es ist zunächst die Aufgabe von Eltern, Erziehern und Lehrern, Kinder und Jugendliche zu unterstützen und zu befähigen, inmitten der Gesellschaft ihren Platz finden.
Dazu gehört auch die Entwicklung von beruflichen Perspektiven, um nach der Schule zu wissen, wie der eigene Lebensweg weitergehen könnte. Das geht nicht theoretisch sondern muss praktisch erprobt werden, um Eindrücke und Erfahrungen zu sammeln. Es ist zunächst die gemeinsame Aufgabe von Eltern und Lehrern für einen besonderen Menschen einen geeigneten Praktikumsort zu finden, der an seinen Interessen ansetzt, und ihn dort so zu unterstützen, dass vor allem Potentiale sichtbar werden aber auch Schwierigkeiten deutlich werden, die es in einem zweiten, dritten, vierten, ... Praktikum zu fördern oder zu vermeiden gilt. Es ist ein notwendiges "Learning by doing" im echten Arbeitsleben, damit der Schüler am Ende seiner Schulzeit weiß, wie sein Lebensweg weitergehen soll.
Wenn inklusives Lernen, Arbeiten und Leben die Ziele sind, die nicht nur auf dem Papier stehen sollen, können Eltern und Lehrer nicht auf wünschenswerte Rahmenbedingungen warten. Sie müssen mit den in ihrer jeweiligen Region derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln möglichst früh anfangen, die Schulzeit als Vorbereitungszeit für das Leben und Arbeiten nach der Schule zu nutzen.
Für Praktika während der Schulzeit braucht es drei Dinge: den Schüler, der gerne arbeiten und etwas ausprobieren möchte, den Arbeitsort, der geeignet scheint und dies zulässt, und die Unterstützungsperson, die dieses Lernen im Betrieb unterstützend begleiten kann. Das muss eine Vertrauensperson für den Menschen mit Beeinträchtigung sein, die sich zum einen in einem Betrieb zurechtfindet und Ideen entwickelt, was der Mensch an diesem konkreten Arbeitsort machen könnte. Es gibt in jedem Betrieb Dinge, die bisher liegenbleiben sind, Teilarbeiten, die jemand übernehmen könnte, oder auch Arbeiten, die schön wären, wenn es jemanden gäbe, der sie machen würde. Umdenken und Kreativität sind gefragt.
Diese praktischen betrieblichen Erfahrungen brauchen Schüler, Eltern und Lehrer, um am Ende der Schulzeit zu wissen, was dieser Mensch kann, was seine spezifischen Fähigkeiten sind und in welchem Betrieb er sein berufliches Lernen vielleicht sogar fortsetzen könnte. Dieses konkrete Vorwissen ist notwendig, um mit dem dann zuständigen Leistungsträger, in der Regel ist das die Agentur für Arbeit, einen individuellen auf die Person zugeschnitten Weg der beruflichen Qualifizierung mit der dazu notwendigen Unterstützung einschlagen zu können. Die während der Schulzeit gemachten Praxiserfahrungen sind weit aussagekräftiger und zielführender als medizinische oder psychologische Gutachten.