Beiträge von D.Kalina

    Anknüpfend hieran sei auf eine jüngst veröffentlichte Umfrage der Arbeitnehmerkammer Bremen hingewiesen:
    https://www.arbeitnehmerkammer…leidoskop_2017-09_web.pdf


    Hieraus geht zum einen hervor, dass Frauen den weit überwiegenden Anteil der Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren darstellen und ihre Erwerbsbeteiligung als „gering“ zu beurteilen ist (häufig arbeitslos oder in Teilzeit-Jobs). Die Situation der Alleinerziehenden ist schwierig: sie sind oft von Armut betroffen oder bedroht. Zum anderen zeigt die Umfrage, dass sich die Wünsche der Befragten mit den bereits genannten Aspekten decken. Zum Beispiel wird der Handlungsbedarf im Bereich der Kinderbetreuung thematisiert: hier wünschen sich Alleinerziehende flexiblere
    Angebote hinsichtlich der Betreuungszeiten, vor allem in den Rand- und Ferienzeiten; unter anderem aber auch mehr Hortplätze für behinderte Kinder/Jugendliche. Außerdem ist das Thema Arbeit ein wichtiges Thema, wobei die
    Befragten sich hauptsächlich Flexibilität von den ArbeitgeberInnen hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung und eine bessere Entlohnung in den sog. „Frauenberufen“ wünschen.

    Ich schließe mich den Ausführungen von K. Nebe an und möchte noch einen weiteren Aspekt ansprechen. Unterstützung im Arbeitsumfeld kann auch durch die Aufmerksamkeit und vorurteilsfreie Rücksichtnahme durch die Kolleginnen erfahren werden. Gerade, wenn es um kurzfristige Arbeitsverhinderungen oder flexible Arbeitszeitvereinbarungen geht, ist ein verständnisvolles kollegiales Arbeitsumfeld eine wichtige Stütze. Insofern sollten das Bewusstsein und das
    Verständnis für die besonderen Bedürfnisse von Beschäftigten mit behinderten Kindern auch im kollegialen Umfeld geschaffen werden.
    In diesem Zusammenhang sei noch auf die sich aus § 12 AGG ergebende Schutzpflicht des Arbeitgebers hingewiesen. Die Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber, Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen - nach Möglichkeit
    bereits präventiv und unter Einbeziehung der anderen Beschäftigten. Frau Rabe-Rosendahl hat bereits darauf hingewiesen, dass auch ein nicht behinderter Mensch nicht wegen der engen Verbindung zu einem behinderten Menschen diskriminiert werden darf (Fall Coleman).

    Der Verwandtenunterhalt ist in §§ 1601 ff. BGB geregelt. Zu ermitteln ist der Bedarf der unterhaltsberechtigten Person, wobei dieser bei Menschen mit Behinderung deutlich höher ausfallen kann(sog. Mehrbedarf, vgl. § 1610 BGB).


    Der Pflichtige wird vielfach durch Sozialleistungen an den Berechtigten entlastet. Hierbei gilt es zu unterscheiden: Sofern die Sozialleistungen nicht nachrangig gegenüber dem Unterhaltsrecht sind, zählen sie als Einkommen des Berechtigten und werden auf den Unterhaltsanspruch angerechnet (insb. Entgeltersatzleistungen wie das Arbeitslosengeld). Sind die (unterhaltssichernden) Sozialleistungen hingegen nachrangig, werden sie nicht auf den Unterhaltsanspruch angerechnet; im Umfang der gewährten Leistungen geht der Unterhaltsanspruch vielmehr auf den
    Sozialleistungsträger über. So verhält es sich bspw. bei den unterhaltssichernden Leistungen des Sozialgesetzbuches II (dem sog. Arbeitslosengeld II, vgl. §§ 19 ff. SGB II). Die Nachrangigkeit und der Anspruchsübergang ergeben sich aus § 33
    SGB II. Zu berücksichtigen ist, dass in manchen Fällen – bspw. unter erwachsenen Verwandten – der Anspruch nicht übergehen kann (vgl. § 33 Abs. 2 SGB II); in einem solchen Fall ist das Arbeitslosengeld II dann doch als Einkommen des Berechtigten im Unterhaltsrecht einzuordnen. Im Grunde ähnlich verhält es sich im Bereich der Sozialhilfe. Auch diese ist eine subsidiäre Leistung, die den Pflichtigen im Grunde nicht von seiner Unterhaltspflicht befreien soll; auch insofern geht der Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger über (vgl. §§ 2, 94 SGB XII), wobei ebenso der Ausschluss des gesetzlichen Übergangs – z.B. bei Grundsicherung wegen Erwerbsminderung und/oder bei bestimmten Verwandtschaftsverhältnissen - zu berücksichtigen ist.


    Aufgrund der Komplexität der Regelungen lässt sich eine verallgemeinernde Aussage daher kaum treffen. Vielmehr bedarf es einer sorgsamen Prüfung im Einzelfall. Allerdings dürfte in vielen Fällen eine Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen durch den Leistungsträger ausscheiden. Darüber hinaus kommt es auch immer auf die individuelle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen an.

    In diesem Zusammenhang sei noch kurz auf den Unterhalt der Mutter anlässlich der Geburt hingewiesen. Der Vater hat nach § 1615l Abs. 1 S. 1 BGB der unverheirateten Mutter für die Dauer von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. Diese Regelung lehnt sich erkennbar an die Mutterschutzvorschriften an und bezweckt, die Mutter in dieser Zeit von jeder Erwerbspflicht freizustellen und sie wirtschaftlich abzusichern (BGH NJW 1998, 1309). Mit Wirkung vom 30.05.2017 - im Zuge der Reform des Mutterschutzgesetzes – wurde die nachgeburtliche Schutzfrist bei der Geburt eines behinderten Kindes über die übliche Frist von 8 Wochen auf 12 Wochen verlängert (§ 6 Abs. 1 S. 1 MuSchG bis 31.12.2017; § 3 Abs. 2 MuSchG ab 01.01.2018; vgl. BGBl. 2017 I, S. 1228). Diese im Mutterschutzrecht verlängerte Schutzfrist spiegelt sich jedoch nicht gleichfalls im Unterhaltsrecht wieder. Eine Änderung des § 1615l Abs. 1 S. 1 BGB erfolgte (noch) nicht.

    Als (teilweise) unterschiedliche Ausgestaltung von Unterhaltspflichten sei § 1615l BGB erwähnt. Dieser regelt die Unterhaltsansprüche nicht miteinander verheirateter Eltern untereinander, insbesondere die der Mutter des nichtehelichen Kindes gegen dessen Vater, aber auch (teilweise) umgekehrt, die des Vaters gegen die Mutter (§ 1615l Abs. 4 BGB). Für geschiedene Ehegatten ist auf den weitestgehend vergleichbaren § 1570 BGB abzustellen.


    In ihrem Absatz 2 sieht die Vorschrift vor, dass der Vater über die allgemeine Schutzfrist hinaus Unterhalt zu gewähren hat, soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht und dies von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes nicht erwartet werden kann. Dieser allgemeine Betreuungsunterhalt besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt (vgl. § 1615l Abs. 2 S. 2 und 3 BGB).


    Verlängerung des Unterhalts für die Betreuung eines behinderten, nichtehelichen Kindes
    Eine Besonderheit stellt § 1615l Abs. 2 S. 4 und 5 BGB dar. Danach verlängert sich die Unterhaltspflicht, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Kindbezogene Gründe in diesem Sinne liegen vor allem dann vor, wenn das Kind behindert, dauerhaft krank oder schwer in seiner Entwicklung gestört und deshalb auf weitere Betreuung durch die Mutter angewiesen ist (BT-Drucks. 13/4899 S. 89)


    Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. Juni 2015 (NJW 2015, 2257). Im zugrundeliegenden Fall ging es um ein im Haushalt der betreuenden Mutter lebendes dreijähriges und zu 100% schwerbehindertes Kind (Down-Syndrom). Der BGH stellte zunächst klar, dass für eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs der Mutter auch in einem solchen Fall eine Gesamtabwägung vorzunehmen ist, die insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung berücksichtigt. Von wichtiger Bedeutung ist diese Entscheidung aber vor allem, da sie betont, dass allein der Umstand, dass das Kind von montags bis freitags von 9.00-15.00 Uhr eine Kindertagesstätte besucht, nicht bedeutet, dass die Mutter in der Lage wäre, einer geregelten Erwerbstätigkeit bis zu fünf Stunden werktäglich nachzugehen. Denn angesichts der erheblichen Anzahl von Krankheitstagen des Kindes (60 Werktage in einem Jahr) musste die Mutter ständig damit rechnen, dass eine persönliche Betreuung notwendig wird. Darüber hinaus hatte sie eine erhebliche Anzahl von Therapieterminen (unter anderem „Therapiewochen“) mit dem Kind wahrzunehmen sowie täglich Übungen durchzuführen. Nach Ansicht des BGH sprechen diese Umstände – und folglich auch der in der „Freizeit“ aufgewendete Mehraufwand - zu Gunsten eines kindbezogenen Grundes für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts.

    Bisher „klassisches“ Modell der beruflichen Erstausbildung behinderter Jugendlicher ist die außerbetriebliche Ausbildung, zumeist in Berufsbildungswerken (BBW). Diese ist eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, die in aller Regel von der Bundesagentur für Arbeit als zuständiger Leistungsträgerin nach den §§ 112 Abs.1, 117 Abs.1 S.1 Nr.1 SGB III sowie §§ 33 Abs.1, Abs.3 Nr.4 und 35 Abs.1 S.1 SGB IX erbracht wird, wenn „Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung des Erfolges“ die besonderen Hilfen einer beruflichen Reha-Einrichtung erforderlich machen. Wichtige Impulse für eine inklusive Ausbildung mit BBW liefert die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Die zentrale Leitideen von Art. 27 UN-BRK (Arbeit und Beschäftigung) lassen sich wie folgt benennen: „So wenig Sonderarbeitswelten wie möglich“ und „Wenn schon Sonderarbeitswelten, dann so normal wie möglich“. Ganz konkret fordert Art. 27 Abs.1 S.2 Buchst. k) UN-BRK eine inklusive berufliche Rehabilitation, womit auch die berufliche Ausbildung behinderter Menschen erfasst wird. Aus der UN-BRK folgt daher die Verpflichtung zur inklusiven Ausbildung, also einer Ausbildung möglichst nicht in „Sonderausbildungswelten“ und falls doch Sonderausbildungswelten notwendig sind, dann soll die Ausbildung „so normal wie möglich“ ausgestaltet sein. Vor diesem völkerrechtlichen Hintergrund ist § 35 Abs.2 SGB IX zu verstehen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich für die beruflichen Reha-Einrichtungen, bspw. die BBW, die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass Teile der Ausbildung in Betrieben und Dienststellen durchgeführt werden. Zudem müssen die Einrichtungen die Arbeitgeber bei der Ausbildung und der Betreuung der behinderten Auszubildenden unterstützen. Mit einer solchen „Verzahnten Ausbildung“ tragen die BBW ganz entscheidend zur inklusiven Ausbildung bei.
    Im Übrigen sei hierzu auf den Beitrag Nr. 2/ 2013 im Forum B „Innovative berufliche Rehabilitation durch betriebliche Realisierung am Beispiel der Berufsbildungswerke“ verwiesen.