Beiträge von M. Liebsch

    Einen vom Arbeitgeber berücksichtigungsfähigen Anreiz bietet, neben der Reputation und Rechtskonformität eines inklusiven Betriebes/einer inklusiven Dienststelle, ggf. § 167 Abs. 3 SGB IX. Hiernach können die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter Arbeitgeber, die ein betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.

    Für ein konkretes Problem habe ich um Unterstützung gebetenund gehofft, dass mir vielleicht jemand einen Hinweis geben kann, aufden ich bisher bei meiner Recherche noch nicht gestoßen bin.

    Meines Erachtens kann neben den bereits erwähnten §§ 178 Abs. 1 Nr. 1 sowie 164 Abs. 1 SGB IX auch die Norm zur Inklusionsvereinbarung argumentativ nutzbar gemacht werden. Nach § 166 Abs. 2 SGB IX enthält eine verbindliche Inklusionsvereinbarung grundsätzlich Regelungen zur Personalplanung zwecks der Eingliederung schwerbehinderter Menschen. Um seitens der SBV diesbezüglich tätig werden zu können, bedarf es einer umfassenden Unterrichtung, was auch den personalwirtschaftlichen Stellenplan einer Kommune umfasst. Nur so kann gemäß § 166 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB IX eine Vereinbarung gefunden werden, welche schwerbehinderte Menschen bei der Besetzung freier, frei werdender oder neuer Stellen angemessenen berücksichtigt und insoweit eine anzustrebende Beschäftigungsquote vorsieht.

    Seit Dez. 18 Vorlage Entwurf Inklusionsvereinbarung der SBV, kein Kommentar weder von Dienststelle noch von PR oder Gleichstellungsbeauftragter. Kein gemeinsames Vorantreiben zum Ernennen einer/s Inklusionsbeauftragten. Ich spreche viel.


    Auf einen Antrag zum Abschluss einer Inklusionsvereinbarung gab es nach über 7 Monaten noch nicht einmal eine Reaktion.

    Nach § 166 Abs. 1 Satz 2 SGB IX steht der SBV gegenüber dem Arbeitgeber und unter Beteiligung des Personalrats ein Verhandlungsanspruch über eine verbindliche Inklusionsvereinbarung zu. In der Arbeitsgerichtsbarkeit ist anerkannt, dass dieser Verhandlungsanspruch justiziabel ist (so bereits Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 19. Januar 2007 – 13 TaBV 58/06 –, Rn. 33 mwN., juris). Ein Ignorieren der Dienststelle kann daher aufgebrochen werden. Ferner sollte gemäß § 166 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX das Integrationsamt zu den Verhandlungen eingeladen werden, damit dieses eine Art Moderationsrolle wahrnehmen kann. Durch die Beteiligung des Integrationsamts als außerdienstliche Stelle können ggf. festgefahrene Verhandlungspositionen aufgebrochen werden, um so die Diskussion zielführend zu versachlichen.

    Liebe/-r Genesis0704,


    Ihre geschilderte Situation liegt darin begründet, dass die SBV – im Gegensatz zum Betriebs-/Personalrat – kein Kollektivorgan, sondern eine personalisierte Interessenvertretung darstellt.


    Keinesfalls muss die Vertrauensperson aber als Einzelkämpfer/-in auftreten. Neben der Möglichkeit einer Stellvertretung kann die Vertrauensperson die gewählten Stellvertreter/-innen in größeren Betrieben/Dienststellen gemäß § 178 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB IX zu bestimmten SBV-Aufgaben heranziehen. Hierzu gehören etwa die Betreuung bestimmter Dienststellenteile sowie die Teilnahme an bestimmten Ausschüssen (bspw. dem Arbeitsschutzausschuss gemäß § 11 ASiG). Insoweit ist die Stellvertretung von der Heranziehungsmöglichkeit zu unterscheiden. Beide Rechtsinstitute stehen nebeneinander und dienen zur Entlastung der Vertrauensperson. Durch das Bundesteilhabegesetz wurden die Heranziehungsmöglichkeiten mit Wirkung zum 30.12.2016 über das Heranziehen lediglich der ersten beiden Stellvertreter/-innen entsprechend der jeweiligen Betriebs-/Dienststellengröße erweitert.


    Mit besten Grüßen
    Matthias Liebsch

    Ich stimme meinen Vorrednerin von der Beratungsstelle vollständig zu. Die SBV-Tätigkeit ist keinesfalls über ein Zeitkontigent beschränkbar. Ergänzend sei angemerkt, dass § 179 Abs. 4 Satz 2 SGB IX eine Ermächtigungsgrundlage vorsieht, über die gesetzlich vorgesehenen Freistellungen hinaus weitergehende Vereinbarungen zu treffen. Unter Verweis auf diese ausdrückliche Gesetzeslage bietet sich für die SBV die Chance, gegenüber dem Arbeitgeber eine der betrieblichen/dienstlichen Situation angepasste Regelung zu forcieren und so für alle Beteiligten Planungs- und Rechtssicherheit zu schaffen.


    Mit besten Grüßen
    Matthias Liebsch

    Liebe Aktive,


    der Unterrichtungsanspruch der SBV gegenüber dem Arbeitgeber ist der Zugang zu jeder ordnungsgemäßen Beteiligung. Sollte dem, auch unter Berücksichtigung einer vertrauensvollen und engen Zusammenarbeit, welche zudem in § 182 Abs. 1 SGB IX ausdrücklich normiert ist, nicht entsprochen werden, steht der SBV regelmäßig der Rechtsweg offen.


    Darüber hinaus gibt es aber auch weitere Informationszugänge für die SBV: So sind Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung im Arbeitsschutzausschuss gemäß § 11 ASiG zu beraten, wobei die SBV hier nach § 178 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ein beratendes Teilnahmerecht hat und Punkte für die Tagesordnung initiieren kann. Im gleichen Umfang hat die SBV das Recht, an allen Betriebs- und Personalratssitzungen teilzunehmen. Erfahrungsberichte zeigen, dass ein zwischen Betriebs-/Personalrat und SBV abgestimmtes Auftreten gegenüber dem Arbeitgeber zielführend ist.


    Mit besten Grüßen
    Matthias Liebsch

    Meines Erachtens enthält § 177 Abs. 3 Satz 2 SGB IX hier eine planwidrige Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung von § 6 Abs. 2 Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG) zu schließen ist. Diese Einschränkung ist sodann auch in das Wahlausschreiben aufzunehmen. Im Übrigen enthält § 211 Abs. 3 SGB IX eine umfassende Verweisung für die persönliche Rechtsstellung schwerbehinderter Soldatinnen und Soldaten, so auch im Rahmen des SBV-Wahlrechts der §§ 176 bis 182 SGB IX.

    Auch bei der Stellvertreterwahl ist zwischen dem förmlichen und dem vereinfachten Wahlverfahren zu unterscheiden. Während im förmlichen Wahlverfahren der Wahlvorstand nach § 2 Abs. 4 SchwbVWO die Anzahl zu wählender stellvertretender Mitglieder nach Erörterung mit der amtierenden SBV, dem Betriebs- oder Personalrat und dem Arbeitgeber beschließt, beschließt im vereinfachten Wahlverfahren die Wahlversammlung gemäß § 20 Abs. 2 SchwbVWO mit einfacher Stimmenmehrheit, wie viele stellvertretende Mitglieder zu wählen sind. Nach der Systematik des § 20 SchwbVWO erfolgt dies nachdem eine Wahlleitung gewählt wurde und bevor Wahlvorschläge sowohl für die Wahl der Vertrauensperson als auch der stellvertretenden Mitglieder eingereicht werden, auf deren Grundlage die eigentliche Wahl sodann stattfindet.

    Nach § 177 Abs. 2 SGB IX verlangt die aktive Wahlberechtigung zwingend eine Beschäftigung. Eine Aufnahme in die Wählerliste sollte daher auch erst dann erfolgen, wenn der zukünftige Kollege/die Kollegin tatsächlich im Betrieb oder der Dienststelle tätig wird. Der Eintrittstag ist vom Wahlvorstand als Gedankenstütze zu vermerken.


    Der Verweis von Wolfgang auf § 4 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO ist zutreffend. Hiernach kann die Wählerliste bei Eintritt oder Ausscheiden eines Wahlberechtigten bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden. Zwar gilt dies nach dem Gesetzeswortlaut nur nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen die Wählerliste, muss erst Recht aber auch schon vorher möglich sein. Zum Zwecke der Ergänzung bzw. Änderung der Wählerliste ist der Wahlvorstand auf die Mithilfe des Arbeitgebers angewiesen. Dieser sollte daher frühzeitig gebeten werden, über personelle Veränderungen unverzüglich Auskunft zu geben. Dies erfolgt am besten bereits im ersten Anschreiben an den Arbeitgeber, worin dieser um erforderliche Auskünfte für die Erstellung der Wählerliste gebeten werden sollte.

    Hallo Wolfgang,
    nach § 177 Abs. 2 SGB IX sind alle in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten oder diesen gleichgestellt behinderten Menschen wahlberechtigt. Das Gesetz stellt damit ausdrücklich auf das Beschäftigungs- und nicht auf das Arbeitsverhältnis ab. Bereits mit Beschluss vom 27. Juni 2001 – 7 ABR 50/99 entschied das BAG daher zutreffend, dass die aktive Wahlberechtigung von Rehabilitanden nicht zwingend einen Arbeitsvertrag voraussetzt. Entscheidend für das Beschäftigungsverhältnis und damit für die Wahlberechtigung ist vielmehr die betriebliche Eingliederung im Betrieb bzw. der Dienststelle. Für Ein-Euro-Jobber gilt insoweit nichts anderes.


    Auch verlangt die Wahlberechtigung gemäß § 177 Abs. 2 SGB IX nicht zwingend ein Beschäftigungsverhältnis i. S. d. SGB IV. Das SGB IV ist der allgemeine Teil für die Sozialversicherung, für das Schwerbehindertenrecht ist es daher lediglich eine Auslegungshilfe.


    Mit besten Grüßen
    Matthias Liebsch

    Ihre Sorgen fehlender Sanktionierungen sind berechtigt. Oftmals setzen Arbeitgeber in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen Maßnahmen um, ohne die SBV gemäß § 95 Abs. 2 SGB IX (nach dem Entwurf zum BTHG inhaltlsgleich § 178 Abs. 2) rechtzeitig, also vor einer Entscheidung, anzuhören. Da die SBV keine dem Betriebsrat vergleichbaren echten Mitbestimmungsrechte hat, laufen die Befugnisse der SBV regelmäßig leer.


    Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) bittet den Bundesrat nun erfreulicherweise, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Möglichkeit verbindlicherer Beteiligungsrechte für die SBV zu prüfen und dabei eine Möglichkeit wirksamer Sanktion für die Verletzung der Beteiligungsrechte zu finden. Diese sollte aber unterhalb eines aktiven "Vetorechts" bleiben, um keine Spannungsverhältnisse zum Betriebs-/Personalrat aufzubauen (siehe BR - Empfehlungen der Ausschüsse vom 13.09.16 - BR - Drucksache 428/1/16, Seite 71f., http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2016/0428-1-16.pdf).


    Anschaulich diskutiert in diesem Zusammenhang Prof. Dr. Kohte in einem in unserer Infothek veröffentlichten Gutachten zur Effektivierung der Beteiligunsrechte der SBV nach § 95 Abs. 2 SGB IX, ob und inwieweit die Rechtsfigur der privatrechtlichen Unwirksamkeit bei fehlerhafter Beteiligung der SBV möglich ist (http://www.reha-recht.de/nc/in…list%5B0%5D=unwirksamkeit).


    Mit besten Grüßen,
    Matthias Liebsch