Beiträge von Prof. Dr. Andreas Eckert

    In der aktuellen Situation gibt es ein breites Netz an verschiedenen außerfamiliären Wohnformen, die den individuellen Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit einer Behinderung gerecht zu werden versuchen - von der betreuten Wohngemeinschaft bis hin zum Wohnheim mit einem hohen Betreuungsschlüssel. Sie befinden sich in der Trägerschaft unterschiedlicher Sozialverbände und Vereine wie der Lebenshilfe, Caritas, Diakonie etc..
    Das Passungsverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage variiert gleichzeitig regional sehr stark, so dass die Suche nach einer adäquaten Einrichtung im Einzelfall für die Angehörigen sehr anstrengend und zeitaufwändig sein kann.
    Mit diesem Hintergrund erscheint es sehr sinnvoll, bereits frühzeitig in die Auseinandersetzung mit der außerfamiliären Betreuung einzusteigen. Der Auszug aus dem Elternhaus bedarf auch mit dem Blick auf Ablösungsprozesse einer langen und bewussten Vorbereitung.
    Weder für die (erwachsenen) Kinder noch für die Eltern ist dies ein leichter Prozess. Die Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten kann dabei für alle Beteiligten sehr hilfreich sein. Monika Seifert (2004, in Eckert 2007 https://www.behindertemenschen.at/content/view/full/5168) benennt in einem Aufsatz zur Ablösung vom Elternhaus folgende Aspekte als besonders unterstützend:

    • Die bewusste Thematisierung des Auszugs (und der damit verbundenen Gedanken, Ängste, ambivalenten Gefühle) auf der Elternebene
    • Der Austausch mit anderen betroffenen Eltern (in Elternvereinen, Selbsthilfegruppen)
    • Die Inanspruchnahme von Elternberatungsangeboten (z.B. im institutionellen Rahmen der Schule, des Familienentlastenden Dienstes)
    • Die Inanspruchnahme von außerfamiliären Freizeitangeboten (z.B. Familienentlastende Dienste)
    • Das Üben von Trennungssituationen (z.B. durch Ferienreisen, Kurzzeitunterbringung)
    • Ein frühes Vertrautmachen und Kennenlernen möglicher Wohnformen (Informationsgewinn, Erweiterung eigener Vorstellungen)
    • Die Einbeziehung der Heranwachsenden in die Gedanken und Planungen in individuell angemessener Form (anhand von Gesprächen, gemeinsamen Besichtigungen)
    • Das Nachdenken der Eltern über die eigene Lebensplanung (z.B. Partnerbeziehung, Aktivitäten, Hobbys, Beruf)
    • Die Kontaktaufnahme zu den in Frage kommenden, ausgewählten Institutionen (u.a. bezüglich Information, Gesprächsmöglichkeiten, Hospitationen)
    • Die konkrete Vorbereitung des Umzugs (u.a. auf der persönlichen und organisatorischen Ebene)

    Fachleute sind in diesem Sinne gefragt, die Bedürfnisse nach Ablösung und einer positiven Zukunftsgestaltung sowohl auf der Ebene des Kindes, Jugendlichen oder Erwachsenen mit einer Behinderung als auch der Ebene ihrer Eltern frühzeitig wahrzunehmen und individuell zu begleiten.