Beiträge von Wolfgang

    "Wer kann und sollte die Initiative in einem Betrieb ergreifen, in dem es noch keine SBV gibt?"


    Ich denke, hier ist in erster Linie der örtliche Be­triebs­rat gefragt, auf die Wahl hinzuwirken. Denn dieser sollte zumindest das jährliche Verzeichnis der Namen sbM des Betriebs haben und auswerten nach § 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX. Das ist aber nicht unbedingt vollständig, etwa bezüglich Minijobber, Teilzeit unter 18 WoSt oder schlicht deshalb, weil nur so viele eingetragen sind, wie für die Mindestbeschäftigung nötig sind. Es zählen ggf. aber auch schwer­be­hin­der­te Ein-Euro-Jobber nach § 16d SGB II sowie schwer­be­hin­der­te Leih­ar­beit­er. Leiharbeitnehmer zählen ggf. ab dem ersten Tag (im Unterschied zur BR-Wahl). Die Frage ist nur, ob der BR ggf. von deren Schwer­be­hin­der­rung ggf. was erfährt und ob der Verleiher das dem Entleiher zu melden hat. Ferner zählen ruhende Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se wie Elternzeit und Er­werbs­min­de­rungs­ren­te auf Zeit, was aber laut Recht­spre­chung "ger­ne mal" über­se­hen wird. Ob und inwieweit auch "Be­triebs­in­te­grier­te Arbeitsplätze" (aus­ge­la­ger­te Arbeitsplätze aus WfbM) zäh­len, ist höchst­rich­ter­lich noch nicht geklärt. Bei diesen Au­ßen­ar­beits­plät­zen geht es um eine Viel­zahl von Einzel- und Grup­pen­ar­beits­plät­zen.


    Sind es weniger als fünf, dann wäre, sofern vor­han­den, z.B. die überörtliche GSBV gefordert zu klä­ren, ob eine Zu­sam­men­fas­sung etwa mit einem wahlfähigen oder mit mehreren nicht wahlfähigen Betrieben in der Nähe möglich ist, ob also ggf. ein Wahlbetrieb mit mindestens fünf sbM gebildet werden kann. Der Ge­setz­ge­ber sieht das wohl als selbst­ver­ständ­lich an, da überörtliche Vertretungen nicht eigens in § 176 SGB IX erwähnt - nicht GSBV sowie nicht GBR.

    Kann der nachträglich noch auf die Wählerliste aufgenommen werden, ohne irgendwelche Fristen zu verschieben?


    Hallo, dass sollte problemlos möglich sein. Dazu ist der Wahlvorstand auch eindeutig verpflichtet, da es sich ja um den "Eintritt eines Wahlberechtigten" handelt im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO Ob der Neue aber evtl. schon im Vorfeld im August in die Wählerliste aufgenommen werden kann/muss und sodann einen Wahlvorschlag bereits im August unterstützen könnte, da bin ich momentan etwas überfragt.

    Dies soll spätestens 8 Wochen vor Ende der Amtszeit erfolgen. Es ist besser, wenn die bestellung etwas früher erfolgt und ein zeitlicher Puffer besteht.


    Ja, könnte auch schon jetzt sein oder noch früher, um sich zum Beispiel als Mitglied des Wahlvorstands ausweisen zu können ggü. dem Arbeitgeber zwecks Beantragung einer Wahlschulung, die ja teils schon ab Jahresanfang angeboten wurden zum Beispiel von einzelnen Integrationsämtern.


    Dann ist das Beschleunigungsgebot in § 2 Absatz 3 SchwbVWO ("unverzüglich einzuleiten") jedoch nicht wörtlich auszulegen und das Ausschreiben nicht etwa schon vor den Sommerferien 2018 zu erlassen.

    Ja, Doppelkandidatur ist zulässig und verbreitet. Darauf muss der Wahl­vor­stand auch in seinem Wahl­aus­schrei­ben eigens hinweisen. Das bedeutet aber nicht, dass man dann auch doppelt so viele Stütz­un­ter­schrif­ten für eine Dop­pel­kan­di­da­tur bräuchte, wie teils von Wahl­vor­stän­den verkannt wird. Benötigt und ausreichend ist die Zahl der im Wahlausschreiben anzugebenden Unterstützer.


    Das bedeutet auch nicht, dass Bewerber un­be­dingt zwei Wahl­vor­schlags­for­mu­la­re bräuchten, so wie manche Wahl­vor­stän­de meinen. Beide Varianten sind zu­läs­sig (Düwell, Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung, 2. Aufl. 2018, Seite 73). Es muss nur un­miss­ver­ständ­lich sowie zwei­fels­frei zum Ausdruck kom­men, was genau gemeint und angestrebt wird.

    Betriebe mit weniger als 5 Wahlberechtigten können zusammengefasst werden, auch mit einem räumlich nahen größeren Betrieb, so dass auf diese Weise eine SBV-Wahl ermöglicht wird.


    Ist das mit (maximal?) einem größeren Betrieb wörtlich zu nehmen? Denn in einer ganzen Reihe von SGB IX-Kom­men­ta­ren wird die weite Ansicht vertreten, dass generell auch mehrere größere Betriebe in eine Zu­sam­ti­men­fas­sung zu einem Wahlbetrieb mit ein­be­zo­gen werden könnten, obwohl selbst wahlfähig mit jeweils minndestens fünf Wahlberechtigten (z.B. Hohmann in Wiegand, SGB IX, § 94 Rn. 90 mit zahlreichen Quellen). Dies ergebe sich aus BVerwG vom 08.12.1999.


    Das vermag ich nicht aus diesem Beschluss ab­zu­lei­ten. Wie wird das im Forum gesehen? Welchen Sinn und Zweck sollte das wahlrechtlich haben, örtliche Schwerbehindertenvertretungen zu dezimieren per Zusammenfassung, etwa 4+8+40 ? Halte das für nicht erforderlich bzw. für unzulässige Zweck­ent­frem­dung entgegen verbreiteter Meinung im Fach­schrift­tum.


    BVerwG, 08.12.1999 - 6 P 11.98
    http://tinyurl.com/BVerwG-6-P-11-98

    Hallo zusammen, laut LAG Stuttgart ist es zwar unerlässlich, dass wegen der gebotenen Tranz­pa­renz und der Chan­cen­gleich­heit unbedingt die kom­plet­te Wählerliste zur Einsicht ausgelegt werden muss sowie vollständige Einsicht auf Wunsch zu gewähren ist. Das darf der Wahlvorstand ent­ge­gen ArbG Stuttgart, 21.05.2003 - 24 BV 255/02 - nicht versagen.


    Hingegen halte ich einen frei zu­gäng­li­chen "Aushang" der Wäh­ler­lis­te (sei es in Papierform am "Schwarzen Brett" oder elektronischer Form im Intranet) für verboten, da eine er­gän­zen­de Ver­öffent­li­chung der Wäh­ler­lis­te im Intranet meiner Ansicht nach nie erlaubte "Auslegung" sein kann. Das ist nicht "an geeigneter Stelle" i.S. des § 3 SchwbVWO. Die Annahme in der Wahlbroschüre, dass auch die "Wählerlisten" zusätzlich ergänzend in elek­tro­ni­scher Form "ver­öffent­licht­" werden könnten, sehe ich äußerst kritisch, wenn damit das Intranet gemeint sein sollte. Das geht über die SchwbVWO hinaus, das ist unvereinbar mit ele­men­ta­rsten Grundsätzen des Da­ten­schut­zes und das ist strikt abzulehnen. Wie soll da z.B. berechtigtes Interesse beim Zugriff auf die Datei der Wählerliste im Intranet geprüft werden für Personen, die weder passives noch aktives Wahlrecht haben, sondern bloße "NEUGIER" ??? Viele Grüße


    LAG Stuttgart, 27.01.2004 - 8 TaBV 4/03
    http://dejure.org/2004,44995

    Was ist von einer Veröffentlichung im Intranet zu halten?


    Hallo, eine solche Veröffentlichung der Liste aller schwerbehinderten Wahlberechtigten im Intranet geht m.E. gar nicht. Das wäre aus meiner Sicht ein grober eklatanter Verstoß gegen den Datenschutz, da sensible Daten. Das ließe sich auch nicht mit der UN-BRK oder nationalem Recht rechtfertigen, da nicht zwingend nötig für Barrierefreiheit. Hier liegt Hohmann m.E. klar daneben und geht wohl viel zu weit, da hier abgewogen werden muss. Da würden sich die Schwerbehinderten wohl zu Recht empören über eine solche Veröffentlichung! Gibts dazu noch andere Meinungen?

    Bestellung muss spätestens 8 Wochen vor Ablauf der Amtszeit der alten SBV erfolgen.


    Was aber gilt, wenn die SBV diese Mindestfrist einmal versäumen sollte, etwa wegen Erkrankung, Unfall oder warum auch immer? Darf die SBV dann trotzdem noch den Wahl­vor­stand verspätet bestellen, z.B. sieben Wochen vor Ende ihrer Amtszeit? Oder muss dann der Wahl­vor­stand zwingend gewählt werden nach § 1 Abs. 2 SchwbVWO, so wie das offenbar in der Wahlbroschüre, Seite 47, vertreten wird:


    "Versäumt die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung die Acht-Wochen-Frist zur Be­stel­lung eines Wahl­vor­stan­des,­ darf sie den Wahlvorstand NICHT MEHR BESTELLEN. Der Wahl­vor­stand ist in einer Ver­samm­lung der Wahl­be­rech­tig­ten mit der Mehrheit der anwesenden Wahl­be­rech­tig­ten zu wählen."


    Diese Auslegung erscheint mir ziemlich prob­le­ma­tisch­, weil dadurch ja zwangs­läu­fig noch mehr Zeit verloren geht bzw. größere Ver­tre­tungs­lücken entstehen könnten, die aber gerade vermieden werden sollen. Außerdem u.U. kos­ten­träch­tig­­ bei weit­läu­fi­gen Wahl­be­zir­ken! Gibts dazu Recht­spre­chung? Wie ist das ver­gleichs­wei­se­ bei BR-Wahlen, wenn der Betriebsrat mal die frist­ge­rech­te Be­stel­lung­ des Wahl­vor­stands z.B. um ei­nen­­ oder wenige Tage ver­pas­sen­ sollte?

    Hallo zusammen,
    bisher waren zwei Betriebe für die Wahl der SBV zusammengefasst. Nun soll ein dritter Betrieb in der Nähe dazukommen. Darf dann eigentlich einer von den drei Betriebsräten zu der gemeinsamen Wahlversammlung einladen nach § 19 Absatz 2 SchwbVWO, obwohl er nur für einen und nicht für alle Betriebe zuständig ist? Oder darf keiner dieser örtlichen Betriebsräte einladen, weil keiner für den gesamten Wahlbezirk zuständig ist? Danke!


    http://www.gesetze-im-internet.de/schwbwo/__19.html

    Liebe Foristen,
    den sog. Ein-Euro-Jobbern, die im Schnitt um die 30 WoSt arbeiten, wird laut Schulungen und Literatur teils das SBV-Wahlrecht pauschal versagt, da kein Ar­beits­ver­hält­nis iSd Arbeitsrechts und kein Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis iSd SGB IV besteht laut § 16d Abs. 7 Satz 2 SGB II. Andererseits wird ihnen aber in Pra­xis­­kom­men­ta­ren­ das aktive Wahlrecht zu­er­kannt nach § 177 Abs. 2 SGB IX. Be­grün­det wird dies damit, dass es (im Un­ter­schied zur BR-Wahl) nicht auf Ar­beits­ver­träge sowie nicht auf Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se i.S.d. SGB IV an­kom­me, sondern dass ein Rechts­ver­hält­nis mit Arbeitspflicht für wei­sungs­ge­bun­de­ne Arbeit genüge.


    Die BA sagt in ihren Fachlichen Weisungen 2017 zu den Ar­beits­ge­le­gen­hei­ten nach § 16d SGB II, Nr. 2.4.1, dass die Arbeit bei den Ein-Euro-Jobs im Vordergrund stehe wie folgt: "Es gilt der Grundsatz, dass die Verrichtung von Arbeit im Vordergrund steht." Auch stehe ihnen laut Nr. 2.7 dieser BA-Weisungen als sbM der Zusatzurlaub zu nach § 208 SGB IX. Sie werden folglich schwer­be­hin­der­ten­recht­lich als Be­schäf­tig­te i.S.d. § 208 SGB IX an­ge­se­hen. Denn dort ist mehrfach aus­drück­lich vom "Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis" die Rede. Welcher Aus­le­gung ist der Vorzug zu geben? Danke!


    https://con.arbeitsagentur.de/…ocuments/dok_ba014267.pdf

    Durch das BTHG ist die Beteiligung der SBV vor Kündigungen rechtlich gestärkt worden. Gilt dies auch in der Probezeit?


    Ja, zuvor zu "informieren" und auch zuvor an­zu­hö­ren und der SBV die Möglichkeit zur Stel­lung­nah­me zu eröffnen nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, weil ohne ord­nungs­ge­mä­ße Anhörung der SBV un­wirk­sa­me ­Pro­be­zeit­kün­di­gung nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX (Dr. Michael Karpf, HSBV, Be­hin­der­ten­recht br 2/2017, Seite 30 bis 36).
    http://sowiport.gesis.org/search/id/dzi-solit-000230840

    Es gibt auch Möglichkeit, schwerbehinderte Auszubildende auf je zwei Pflicht­ar­beits­plät­ze anzurechnen.


    Dass die jetzige Ausgleichsabgabe den unwilligen Arbeitgeber so wenig motiviert liegt wohl auch daran, dass er seine gesamte Abgabe von seiner Steuer als "Betriebsausgabe" absetzen kann und zwar in voller Höhe, weiß jeder Steuerberater und sagt das BVerfG: Der Unwillige wird also sozusagen für seine Rechtsbrüche sogar noch vom Finanzamt steuerlich dafür "gefördert" bzw. begünstigt, wenn er systematisch keine Schwerbehinderten einstellt. Das heißt: Je geringer die Quote, desto höher die Steuerersparnisse!


    Die Antriebs- bzw. Ausgleichsfunktion der Abgabe erscheint daher marginal, wenn jeder Unternehmer sie großteils je nach Steuersatz gleich wieder ganz legal von Unternehmenssteuer abziehen kann :( Diese steuerliche Subvention ist kontraproduktiv!

    exkludierend - substituierend - Empowerment - Ver­ant­wor­tungs­dif­fus­ion


    Liebe Teilnehmer, bitte an die Leser denken und möglichst lai­en­ver­ständ­li­che Sprache posten statt eine mit fach­spezifischer Terminologie gespickte Sprache, da sonst wo­mög­lich "ab­schre­ckend". Das wäre super! Herzlichen Dank :)

    Im Lichte dessen, dass solche Informationsquellen z.B. in Form von Rehadat-Talentplus existieren, dies den Informationsmangel aber scheinbar nicht behoben hat


    Ich glaube eher nicht, dass es an ir­gend­wel­chen Informationsdefiziten über die wirklich attraktiven För­der­mög­lich­kei­ten liegt. Zu erinnern ist da etwa an das hochgelobte und platt­form­un­ab­hän­gi­ge neue LeistungsNAVI der BIH, um nur mal ein aktuelles Beispiel zu nennen.
    https://forum.integrationsaemter.de/viewtopic.php?f=7&t=918