Hallo "Michael",
Sie schreiben: "Ich arbeite bei einem Kostenträger im Bereich der Bedarfsermittlung, wir ermitteln Bedarfe anhand von Teilhabebeeinträchtigungen und nicht anhand von Diagnosen", soweit, so gut. Aber wie Herr Welti betont: Ihre Aufgabe ist es, alle potenziellen Bedarfe nach allen Leistungsgruppen zu erkennen und die jeweiligen Verfahren in Gang zu setzen. Dazu brauchen Sie eben auch Erkenntnisse zu Schädigungen körperlicher Funktionen/Strukturen: wie könnten Sie sonst beurteilen, ob bspw. auch medizinische Reha-Leistungen von Nöten sind?
Beeinträchtigungen gesellschaftlicher Teilhabe können viele Gründe haben: Alter, Geschlecht, Einkommen bzw. Vermögen, Herkunft, ...... und eben auch: das Ergebnis der Wechselwirkung von gesundheitlichen Schädigungen und Kontextfaktoren auf die Teilhabe sein, die das Reha-System auszugleichen will. Ohne Medizin geht es also nicht, und gerne nehmen wir doch auch Befunde von Hausärzten, die in ICF-Sprache Aussagen zu funktionellen Schädigungen/Beeinträchtigungen haben.
Vielleicht liegt es aber auch am Begriff: Bedarf. Bedarf ist nicht Leistung. Bedarf sind die Hilfen, die jemand braucht, um seine Teilhabeziele zu erreichen, weil sein Körper, Geist, Seele, Sinne, ... im Zusammenhang mit einer gesundheitlichen Störung nicht das tun, was Körper, Geist, Seele, Sinne, ... normalerweise bei anderen Menschen tun. Wer die Hilfe erbringt, und schließlich, wer sie zahlt, ist keine Frage der Bedarfsermittlung, sondern der Feststellung der jeweiligen Leistungen.