Beiträge von Dr. CMD

    Lieber Herr Rosenow,


    ich kann nur jedem Antragstellenden empfehlen, so früh wie möglich einen Antrag auf ein Persönliches Budget zu stellen. Ist die Leistung vorweg als klassische Eingliederungshilfe oder vorher sogar in einer Einrichtung mit Rahmenvertrag mit dem Leistungsträger erbracht worden, dürfte das Argument "Mehrkostenvorbehalt" schnell auf den Tisch kommen (ob berechtigt oder nicht).
    Wir haben dem Antrag eine dezidierte Kostenaufstellung mit Personalnebenkosten, Budgetassistenz etc. beigefügt. Anschließend gab es zur Höhe des Budgets keine Diskussion mehr.


    Notfalls ist das natürlich mit dem Sozialgericht zu klären. Man scheue sich nicht davor!

    Liebe Kirsten,


    können wir statt "Budgetvereinbarung" das Wort "Zielvereinbarung" nutzen? Dann ist klar, worum es hier geht.


    Ich stimmte Michael zu, dass die Güte des Persönlichen Budgets (PB) ja gerade darin liegt, dass es kein Vertragsverhältnis zwischen Budgetgeber und Assistenz, die von dem Budgetnehmer/der Budgetnehmerin mehr gibt. Genau das ist das Neue und des Pudels Kern, der von dem Budgetgeber meist noch nicht verstanden wird.


    Also, es können keine Berichte verlangt werden. Es kann nur gemäß Zielvereinbarung das Erreichen der Ziele kontrolliert werden. Wir haben dem Budgetgeber angeboten, detaillierte Stichproben bei Verdacht vornehmen zu können, verwehren uns aber strikt gegen das traditionelle Einmischen des Kostenträgers.


    Das PB macht nur Sinn, wenn diese alten Kontrollmechanismen ad acta gelegt werden. Zugunsten eines selbstbestimmten teilhabenden Lebens der behinderten Menschen.

    Liebe Kirsten,


    wir haben nun eineinhalb Jahre (!) damit verbracht, eine vernünftige Zielvereinbarung mit der Verwaltung zu schließen. Und genau die von Dir aufgeworfenen Fragen - Schwankungsreserve, Art der Assistenzleistungen (wann qualifiziert, wann nicht) - und Fragen zum notwendigen Nachweis entprachen aus unserer Sicht zu Beginn der Verhandlungen überhaupt nicht der Idee des Persönlichen Budgets (PB). Das Persönliche Budget soll dem/der BudgetnehmerIn mehr Eigenständigkeit und freie Auswahl der Dienstleistung ermöglichen. Die Zielvereinbarung, die man uns vorschreiben wollte, ging jedoch von kleinteiligen Kontrollmechanismen aus, wie in den alten Zeiten der Sozialhilfe.
    Die Inhalte für Zielvereinbarung laut § 29 SGB IX sind schlank und zeigen, dass die ZV die Ziele, nicht den Weg dorthin, klären muss. Das bedeutet, dass die/der BudgetnehmerIn frei sein muss zu bestimmen, wie diese Ziele erreicht werden. Dieser Paradigmenwechsel, dieses Empowerment der behinderten Menschen, ist in den Köpfen der Verwaltung noch nicht vorhanden.


    Unserer Erfahrung nach wird auch bei einem PB davon ausgegangen, dass jeder Cent des Sozialbudgets missbraucht werden könnte und es einer straffen Kontrolle unterliegen muss. Aber dieses Misstrauen konterkariert den Gedanken des PBs. So ist es m.E. nicht zulässig, sich Arbeitsverträge der AssistentInnen schicken zu lassen.


    Wir haben nun nach langem Ringen eine ZV "unter Vorbehalt" akzeptiert, um sie noch einmal rechtlich prüfen zu lassen. Ohne ZV gibt es - mit wenigen Ausnahmen, die vor Gericht geklärt wurden - kein PB.


    Übrigens: Ein PB darf nach neuester Rechtsprechung nicht befristet werden, siehe
    https://kobinet-nachrichten.or…des-bundessozialgerichts/
    "Befristungen sind nur dort zulässig, wo der Anspruchsgrund selbst zeitlich begrenzbar ist, beispielsweise bei der Ausbildung."


    Ergo, das PB ist ein Segen, wird viel zu wenig genutzt, und die Zielvereinbarung ist eine Hürde dabei.

    Guten Abend, zur Frage von Bedarfsermittlung und dem Umgang mit Gutachten halte ich den Hinweis auf § 117 SGB IX nicht für zielführend. Die hier angesprochene Kriterium „transparenz" gibt für den Umgang mit Gutachten keine Grundlage. Für die Eingliederungshilfe gibt es eine Erläuterung zu § 117 Abs. 3 a) transparenz in der "Orientierungshilfe zur Gesamtplanung" der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger (BAGüS).Mit dem SGB IX weist der Gesetzgeber auf eine partizipative Gestaltung aller Verfahren hin. Daran sollen sich alle Beteiligten orientieren. Die Praxis folgt dem bislang nur teilweise und langsam. Für die Einsicht in ein Gutachten, dass Aktenbestandteil ist/wird kann auf das Recht zur Akteneinsicht zurückgegriffen werden. Wünschenswert wäre selbstverständlich die Bereitschaft zu Kommunikation und schneller Information.

    Vielen Dank für den Hinweis auf Erläuterungen zum § 117 SGB IX durch die BAGüS. Ich habe mir die Erläuterungen dort angesehen:


    "... transparent: Das Verfahren soll so gestaltet werden, dass alle Beteiligten - vor allem aber der Leistungsberechtigte unter Berücksichtigung seiner kommunikativen Fähigkeiten – Ziel, Ablauf und Hintergrund des Gesamtplanverfahrens nachvollziehen können. Es muss deutlich werden, wie und nach welchen Kriterien, mit welchen Methoden und mit welchen Instrumenten der individuelle Bedarf ermittelt und festgestellt wird. Nur ein transparentes Verfahren führt zu vergleichbaren und überprüfbaren Ergebnissen."


    Zu einem transparenten Verfahren gehört für mich, dass Gutachten selbstverständlich zur Verfügung gestellt werden. Es geht mir also nicht um den Umgang mit dem Inhalt von Gutachten, sondern um die Selbstverständlichkeit, mit der Gutachten nach der Erstellung umgehend der/dem Antragsteller*in geschickt werden sollten. Ich finde, dass § 117 SGB IX einschlägig ist, denn sonst hätte es an dieser Stelle heißen müssen "Nur ein verständliches Verfahren führt zu vergleichbaren und überprüfbaren Ergebnissen."


    Und Ergebnisse sind nur überprüfbar, wenn auch die Inhalte von Gutachten bekannt sind. Und bitte nicht erst mit der Bewilligung, denn dann bleibt nur noch der Rechtsweg.
    Eine Bedarfsermittlung unter Beteiligung der Leistungsberechtigten gemäß § 117 SGB IX berührt daher m.E. die Frage des Umgangs mit Gutachten.

    Zum Thema "starke Verbände":


    Wir sind in den Vorjahren (als wir auch noch dachten, unsere Tochter müsste später in einer Einrichtung wohnen) bereits mehrfach über die von den angeblich starken Wohlfahrtsverbänden ausgehandelten Rahmenverträge mit den kommunalen Eingliederungshilfen gestolpert:
    Die darin festgelegten Durchschnittskostensätze (z.B. für Tageskostensätze) und Personalschlüssel (Personal pro Betreute/r) führen zu einer Pauschalierung der Leistungen, die sich in den Köpfen der Beteiligten festsetzen und gegen individuelle Lösungsansätze sprechen.
    Diese Rahmenverträge werden pro Bundesland ausgehandelt und führen wohl zu sehr unterschiedlichen Kostensätzen: So erhalten Leistungserbringer in Mecklenburg-Vorpommern angeblich einen viel niedrigeren Tagessatz für Unterkunft und Verpflegung als jene in Niedersachsen. Daher wurde uns bei einem Besuch einer Einrichtung der dringende Rat gegeben, wieder nach Niedersachsen zurückzukehren. In Meck-Pom hätte man aufgrund der niedrigen Pauschalsätze gerade alle Nachtwachen reduzieren müssen (statt pro Haus jetzt pro zwei Häuser etc.).
    Ich verstehe, dass Rahmenverträge Planungssicherheit geben, aber es führt auch zu nicht intendierten Folgen intentionalen Handelns, in diesem Fall zur Abwehr von behinderten Menschen, die einen hohen Pflegebedarf haben. Diese Menschen werden dann nicht aufgenommen, weil ihr Bedarf nicht zu den ausgehandelten Durchschnittskostensätze passt.
    Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die starken Verbände schlecht verhandelt haben.

    Liebe/r Sonnenschein,
    ich danke für den guten Hinweis auf das Urteil.
    Mein Mann und ich recherchieren schon seit vielen Jahren einschlägige Urteile. Wir sind aber beide keine Juristen. Gleichwohl frage ich mich, warum sich eine Leistungsberechtigte zusammen mit ihren Eltern mit Urteilen wappnen muss.
    Es müsste doch die umgekehrte Logik sein: Die gewünschte Teilhabe wird erst einmal angenommen. Und davon abweichende Vorstellungen der Leistungsträger müssten legitimiert werden.
    Aus meiner Sicht ist es aber immer noch so, dass die Antragstellerin/der Antragsteller für ihre/seine Wünsche kämpfen (deshalb nutze ich auch das Wort "wappnen") muss. Eigentlich ist es ein Kampf gegen den latenten Vorwurf, man wolle Steuergelder missbrauchen, wenn man z.B. von der traditioneller Logik "Behinderte Menschen gehören in Einrichtungen [Exklusion]" abweichen möchte.
    "Zwangsunterbringung" wird bestimmt als Wort nicht mehr gebraucht (angesichts unserer Geschichte auch überhaupt nicht opportun), aber der Verwaltungswind, der uns bei dem Wunsch, unsere schwer geistig behinderte Tochter ambulant pflegen und betreuen zu lassen, entgegenweht, bringt dieses Wort mit.

    Ich möchte im Rahmen dieser Diskussion auf einen weiteren Aspekt der trägerübergreifenden Zusammenarbeit hinweisen:
    Bei unserer Budgetkonferenz wollten die Kostenträger immer wieder wissen, welcher Prozentsatz der Assistenzleistung auf Eingliederungshilfe und welcher auf Hilfe zur Pflege enthält. Dies entsprach der organisatorischen Logik der Verwaltung, die bis auf den Cent genau ausrechnen möchte, welche Abteilung welchen Anteil an der Budgetleistung überweisen muss.
    Entsprechend haben wir minutengenaue (!) Vorgaben erhalten, wieviele Stunden am Tag mit einer Pflegekraft und wieviele Stunden mit einer Eingliederungshilfe und wieviele Stunden davon wiederum mit unqualifizierten Kräften besetzt werden können.
    Aktuell erhalten wir ja nur einen Vorschuss. Dieser setzt sich dann auch aus unterschiedlichen Teilen zusammen. Die Vorschuss- Bewilligungsbescheide kamen auch von zwei Absendern (zeitverzögert).
    Für mich bedeutet dies, dass die alte Logik "hier Eingliederungshilfe - dort Hilfe zur Pflege - und dort drüben Pflegegeld" noch nicht aufgelöst ist.

    Lieber Herr Wurm,


    ich möchte nicht falsch verstanden werden, daher: Die EUTBs sind ein Segen!


    Aber wer neu mit Fragen der Teilhabe beschäftigt ist, erfährt von den EUTBs nichts (zumindest hier im Landkreis). Kein Amt, keine Schule, kein Kindergarten, keine Ärztin, kein Arzt macht darauf aufmerksam.
    Als Schulelternratsvorstand haben wir nach einem Zeitungsartikel die EUTB-Mitarbeiterinnen eingeladen, also sind wir als Betroffene aktiv geworden.


    Ja, ich spreche aus der Perspektive einer Mutter eines von Geburt an behinderten Kindes. Welche Mutter oder welcher Vater eines behinderten Kindes sucht denn den Sozialdienst in einem Krankenhaus oder in einer Rehabilitationseinrichtung oder
    eine Reha-Beraterinnen und Reha-Berater der Rehabilitationsträger oder online eine Ansprechstelle für Rehabilitation und Teilhabe auf, wenn sie und er mit dem behinderten Kind alle Hände voll zu tun haben?
    Rhetorische Frage - Antwort: Niemand.


    Wir als Eltern können mit dem Begriff Rehabilitation und Teilhabe doch erst etwas anfangen, wenn diese Worte aus den SGB-Texten wahrgenommen wurden, also erst nach einer entsprechenden Beratung (die wir aber nicht erhalten). Sind die damit Befassten vielleicht ein wenig betriebsblind?


    Daher bleibt es für mich dabei: Der Gesetzgeber hat es versäumt, Möglichkeiten zu schaffen, die Betroffenen dort abzuholen, wo sie mit ihren Wünschen (die erst später als "Teilhabewünsche" erkannt werden) sind: Bei der/dem KinderärztIn, in der integrativen Krippe, Schule etc.
    Der Gesetzgeber hätte doch dafür sorgen können, dass die Kultusministerien alle Schulbehörden und damit Förderschulen darauf aufmerksam machen, dass es EUTBs gibt.


    Ein frühzeitiger und niederschwelliger Zugang zu Teilhabeleistungen ist noch weit entfernt.


    Übrigens: Die hiesige Verwaltung bat die EUTB-Mitarbeiterin darum, doch bitte dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr Anträge gestellt würden. Das gehört zum Thema Bedarfserkennung, denn hier wurde darum gebeten, die Bedarfe nicht zu erkennen.

    Danke, Prof. Seidel, zur Frage der Begutachtung habe ich Neues gelernt.


    Ja, wir dachten auch nicht, dass wir die Gutachten über Umwege anfordern müssten.


    Die erste Antwort, die wir nach der Bitte um Einsicht in die Stellungnahme des Gesundheitsamtes von der Eingliederungshilfe im Rahmen des Antrags auf das Persönliche Budget erhielten, lautete so:


    "... nach Rücksprache mit meiner Teamleitung, XYZ, übersende ich die Stellungnahme gerne nach Abschluss der Zielvereinbarung und entsprechender Bescheiderteilung zu dem beantragten persönlichen Budget. Momentan befindet sich das Verfahren Ihrer Tochter und Betreuten, Frau XYZ, sozusagen noch im Abstimmungsmodus zwischen den einzelnen Trägern. Daher ist es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass es auch noch zu Änderungen kommt. Die Stellungnahme wird daher bis zum o. a. Abschluss als internes Arbeitspapier angesehen, das zum jetzigen Zeitpunkt nicht herausgegeben werden kann."


    Transparenz gemäß § 117 SGB IX? Zero.

    Lieber Herr Schmitt-Schäfer,
    ich stimme mit Ihnen zu dem folgenden Satz aus dem Gutachten nicht überein:
    "Ob die gewünscht ambulante Wohnform verhältnismäßig ist und unter den gesetzlichen Vorgaben möglich ist, ist meines Erachtens durch den Kostenträger zu prüfen."
    Unsere Tochter hat ein Wahlrecht. Es unterliegt nicht dem Kostenträger zu prüfen, ob sie ambulant wohnen kann.

    Es gibt hier hinsichtlich der Gutachten stets ein zusätzliches Problem: Wir als AntragstellerInnen für unsere Tochter erhalten die Gutachten und Stellungnahmen nicht. Wenn wir nicht fragen, ob vielleicht ein Gutachten oder eine Stellungnahme des Gesundheitsamtes genutzt werden solle, so wissen wir davon nichts. Aber selbst wenn wir dann wissen, dass die Bewilligung sich auf ein oder zwei Gutachten des Gesundheitsamtes beziehen wird, so erhalten wir das Gutachten vom Gesundheitsamt nicht. Dort erklärt man uns, dass wir es nur von der Eingliederungshilfe erhalten könnten. Das kostet Zeit, die wir brauchen, um ggf. Einwände gegen das Gutachten geltend machen zu können.
    In einem für den Antrag auf das TPB wichtigen Gutachten stand Folgendes:"Sie benötigt eine engmaschige Anleitung, sowie Teilunterstützung bis volle Übernahme bei allen Dingen des täglichen Lebens. Dies kann nach meinem Ermessen durch eine stationäre Wohnform sichergestellt werden. Eine Sicherstellung der Pflege in einer ambulanten Wohnform (wie es sich die Eltern zurzeit wünschen) ist meines Erachtens möglich, erfordert aber einen großen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Ob die gewünscht ambulante Wohnform verhältnismäßig ist und unter den gesetzlichen Vorgaben möglich ist, ist meines Erachtens durch den Kostenträger zu prüfen." (Mai 2020)
    Übersetzung: Die Eltern haben sich die Rosinen herausgepickt, aber wir werden schon klären, wer hier bestimmt.

    Ich sehe kein Problem darin, einen Antrag auf ein trägerübergreifendes persönliches Budget ordentlich und respektvoll gegenüber der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu bearbeiten, auch wenn man die anderen Leistungsträger nicht kennt. SGB IX klärt doch ziemlich genau, was wann zu tun ist.
    Der Sachbearbeiter der Pflegekasse erachtete es aber noch nicht einmal für nötig, uns die TeilnehmerInnen der Budgetkonferenz zu nennen (wir mussten nachfragen). Er unterließ es, die Moderation und das Protokoll für die Budgetkonferenz zu klären. Und gleich zu Beginn der Budgetkonferenz sagte er, dass die Pflegekasse ja eh nur 901 Euro zahlen werde, so dass er hier eigentlich kaum beteiligt sei.
    Die von mir versandte Muster-Zielvereinbarung wurde negiert, statt dessen hinter unserem Rücken eine Zielvereinbarung mit den anderen Leistungsträgern ausgetauscht und uns erst ganz zum Schluß fertig per Post zugesandt. Wir sollten das umgehend unterschreiben, sonst würden wir die Leistung verzögern. Das war ein Vogel-friß-oder-stirb-Moment.
    Wir haben diese Zielvereinbarung nicht akzeptiert, die unhaltbaren Passagen korrigiert und drei Monate lang versucht, dem Herrn von der sehr großen Pflegekasse (ich vermeide den Superlativ) die Idee des Persönlichen Budgets zu erklären (mit Zitaten aus dem Büchern von Prof. Wansing und Prof. Welti!). Sinnlos! Man blieb bei der kleinteiligen misstrauischen Haltung, bei der nicht die Ziele sondern jeder Cent mit umfangreichen monatlichen Darlegungspflichten geprüft werden sollte. Die anderen Leistungsträger konnten sich dabei hinter der großen Pflegekasse verstecken. Das war die "Zusammenarbeit" der Leistungsträger GEGEN die Antragstellerin.

    Auch wir sind bereits mit dem Thema Mehrkostenvorbehalt traktiert worden. Ich zitiere aus einem Schriftstück aus Januar 2021: "Die Bewilligungssumme ist derzeit noch nicht aufgeführt, da noch keine abschließende Stellungnahme des Fachdienstes Gesundheit beim Landkreis XYZ und abschließende Entscheidung des XYZ Landessozialamt zur Festsetzung des Budgetbetrages unter Beachtung des Mehrkostenvorbehalt vorliegt."
    Das ist vor allem auch deshalb unverständlich, weil es keine Einrichtung gibt, die unserer Tochter einen Platz geben möchte (weil der Betreuungsaufwand 1:1 jeden Personalschlüssel, der in den Verbandsverträgen festgelegt wurde, kaputtmacht) und unsere Tochter noch nie in einer Einrichtung war. Selbst wenn also der Mehrkostenvorbehalt als Legitimation Bestand hätte, so dürfte er nicht herangezogen werden.
    Die Gesprächspartner der hiesigen Verwaltung spielen nun das Sandwich-Spiel (wir würden ja gern, aber das Landessozialamt möchte nicht).
    Da wir bisher keinen Kontakt zum Landessozialamt hatten, wird die hausinterne Informationsmacht missbraucht.
    Wir werden nun mit den Personen im Landessozialamt kommunizieren.

    Wo findet dann die Evaluation statt, um als behinderter Mensch oder als gesetzliche BetreuerInnen zu erfahren, welcher Rehabilitationsträger, welche Pflegekasse die personellen Ressourcen aufgebaut hat, um den gesetzlichen Vorgaben entsprechen zu können? Meiner Meinung nach können fehlende personelle Ressourcen seit 2001 im Jahr 2020 kein Grund mehr sein.
    Wo gibt es online eine Übersicht über die den gesetzlichen Vorgaben entsprechend verantwortlich handelnden Leistungsträger und Leistungserbringer?


    Warum kennt kaum jemand von den Betroffenen die jährlich ausgehandelten Verträge zwischen den Wohlfahrtsverbänden und den Kommunalen Trägern, in denen immer noch Pauschalsätze für die Bedarfe der behinderten Menschen festgelegt werden (nach Leistungsgruppen)?


    Als Moderatorin einer Selbsthilfegruppe im medizinischen Bereich habe ich Erfahrung mit Empowerment-Möglichkeiten (interne Ärzte-Rankings, kodierte Erfahrungsberichte, sehr enge Zusammenarbeit mit herausragenden Spezialkliniken, um hohe Standards zu setzen etc.). Warum funktioniert dies bei Fragen der Teilhabe nicht?


    Welcher Verband, welcher Verein ist bereit, transparent darzulegen, in welcher Gemeinde, in welcher Stadt die gesetzlichen Vorgaben auch wirklich umgesetzt werden (oder auch nicht)? Nur so würde, glaube ich, genügend Druck entstehen. Oder liegt es daran, dass der Wohnort kaum Ausweichmöglichkeit erlaubt? Das gilt zumindest nicht für Kranken- und Pflegekassen. Dort könnte der Wettbewerb an dieser Stelle viel größer sein, wenn es Transparenz gäbe.


    Warum dauert es so elendlich lange und braucht mutige finanzkräftige KlägerInnen vor den Gerichten (meist bis zur zweiten oder dritten Instanz), bis in den Städten und Kommunen den Gesetzen entsprechend (z.B. mit den richtigen Bedarfserkennungsinstrumenten) gearbeitet wird?


    Ich weiß, mehr Fragen als Antworten, aber vielleicht Anregungen.

    Wir stecken seit Monaten in der Bearbeitung des Antrags und drehen uns m.E. im Kreis mit den Schlussfolgerungen, die das Team beim Sozialamt aus den schlechten Gutachten vom Gesundheitsamt zieht. Schlecht deshalb, weil der Paradigmenwechsel von Versorgung zu Teilhabe in den Köpfen der Beteiligten dort nicht erfolgt ist.
    Man hat uns nun vorgeschlagen, ein Persönliches Budget ohne Zielvereinbarung zu akzeptieren. Die Zielvereinbarung ist aus unserer Sicht aber ein Kern von selbstbestimmter Teilhabe, weil nur dort geklärt wird, dass es um eine Ergebnisqualitätskontrolle statt um kleinteilige Dauer-Legitimationen geht.
    Glücklicherweise haben wir einen Vorschuss beantragt, der aktuell in die nächste Verlängerung geht. So kann das bereits aufgebaute Assistenzteam erhalten bleiben.

    Warum kommen die wenigsten GutachterInnen zu dem behinderten Menschen ins Haus und verschaffen sich einen Eindruck zum Umfeld? Wir haben dies nur bei dem Richter des Betreuungsgerichts erlebt. Ein anderes Mal kam ein Team eines Leistungserbringers zu unserer Tochter und uns, um ihren Bedarf zu ermessen.
    Alle anderen GutachterInnen - und wir können die Anzahl kaum noch zählen! - liessen unsere Tochter und uns stets zu sich in die Praxis- oder Behördenräume kommen, die eine unnatürliche Umgebung für unsere Tochter darstellen.
    Selbst das Fördergutachten sollte damals (da war unsere Tochter 6 Jahre alt) in den Räumen der ihr und uns unbekannten Förderschule ohne elterliche Begleitung [sic!] stattfinden, eine Begutachtung über drei Tage! Wir waren damals die ersten Eltern, die sich weigerten, unsere kleine geistig behinderte Tochter "abzugeben". Das hätte wir bei unseren anderen Töchtern doch auch nicht gemacht.
    Behinderte Kinder sind aus unserer Sicht immer noch sozialpädagogische und medizinische "Objekte", deren Begutachtung ohne Respekt für das Umfeld (Menschen, Raum, Zeit) erfolgt.

    Unseren ersten Antrag auf ein TPB (Trägerübergreifendes Persönliches Budget) stellten wir bei der Pflegekasse, einer sehr großen bundesweit agierenden Pflegekasse. Wir dachten, dort wäre die meiste Kompetenz und Erfahrung für einen solchen Antrag vorhanden. Fehlanzeige! Die Arroganz, die Inkompetenz und das Desinteresse an unserem Antrag war kaum noch zu steigern. Nach monatelangem Ringen und einer Zeit, in der wir dem Herrn von der Pflegekasse Texte und Urteile sandten, um seine falschen Informationen zu widerlegen, nach zahlreichen Mails mit der Bitte um rechtskonformes Handeln (z.B. Protokollerstellung für die Budgetkonferenz) zogen wir unseren Antrag zurück und stellten ihn erneut bei einem anderen Leistungsträger. Das bedeutete eine Verzögerung der Leistung von fünf Monaten. Die Zusammenarbeit mit dem Leistungsträger, dessen SachbearbeiterInnen man hier in der Kleinstadt auch manchmal persönlich trifft, ist auch nicht leicht, aber von Respekt getragen.

    Für uns war es sehr belastend, dass die Eingliederungshilfe sich stets und immer und einseitig auf die Gutachten des Gesundheitsamtes bezog. Dadurch erhielten diese Gutachten einen hohen Stellenwert bei der Frage der Bewilligung von Leistungen. Ärztliche und sozialpädagogische Gutachten, die wir einreichten, wurden nur dann berücksichtigt, wenn das Gutachten des Gesundheitsamtes diese wohlwollend nutzte. Die Macht der GutachterInnen im Gesundheitsamt wird daher unverhältnismässig groß. Wir erhielten durch ein Gutachten, in dem uns sozusagen vorgeworfen wurde, der Antrag auf das Persönliche Budget entspreche einem "Rosinenpicken" für unsere Tochter", viele Schwierigkeiten.

    Die Bedarfserkennung gab es bis 2018 strukturell überhaupt nicht. Weder die KinderärztInnen noch die Pflegeversicherungen noch die Förderschulen oder die inklusiven Kindergärten noch die Reha-BeraterInnen noch die TherapeutInnen noch das Gesundheitsamt noch die Sozialpädiatrischen Zentren noch irgendjemand wies uns je auf Teilhabe- oder Rehabilitationsleistungen hin. Bis 2018.


    Damals lernte ich als Elternratsvorsitzende der hiesigen Förderschule die beiden kompetenten Damen der neu gegründeten EUTB kennen, ein Lichtblick sondergleichen! Seither erhalten wir dort Rat und Tat (in Form von Broschüren, Vernetzung, Informationen online).


    Wir haben uns daher auch sehr dafür eingesetzt, dass die EUTBs unbefristet finanziert werden. Ich habe schon viele Menschen dorthin geschickt, damit ihnen geholfen werden kann.


    Ohne unsere private Unterstützung wäre unsere Tochter in eine geschlossene Anstalt gesteckt worden.

    Die Bedarfserhebung erfolgte für unsere volljährige Tochter ganz traditionell: Wir wurden zu einem festgelegten Termin ins Gesundheitsamt gebeten. Dort unterhielten wir uns im Beisein unserer Tochter (sehr anstrengend!) 1,5 Stunden mit einer uns bekannten Ärztin, einer Sozialpädagogin und einer Pflegefachkraft. Anschließend wurden zwei Gutachten erstellt, ein sozialpädagogisches und ein pflegerisches Gutachten. Beide Gutachten wurden uns zuerst vorenthalten, erst mit massivem Nachdruck erhielten wir Kenntnis davon (über die Eingliederungshilfe). Die in Niedersachsen eingeführten B.E.N.I.-Bögen wurden NICHT genutzt.
    Beide Gutachten erwiesen sich für den Antrag auf das Trägerübergreifende Persönliche Budget als essentiell. Da das pflegerische Gutachten lapidar erklärte, unsere Tochter könne doch auch in einer Einrichtung betreut werden (obgleich wir ausführlich dargelegt hatten, warum dies nicht erwünscht ist und dass auch keine Einrichtung einen Platz mit einer 1:1-Betreuung angeboten hatte), mussten wir auch an dieser Stelle intervenieren. Die Pflegefachkraft hatte das Persönliche Budget noch überhaupt nicht verstanden.

    Die Bedarfsermittlung im Rahmen unseres Antrags eines Trägerübergreifenden Persönlichen Budgets fand im Sommer 2020 noch persönlich statt. 14 TeilnehmerInnen mit Mundschutz und Abstand trafen sich in einem großen Raum im Rathaus.


    Die Begehung der Wohnung im Rahmen der Anpassung der Grundsicherung (eigene Wohnung im Haus der Eltern) wurde abgesagt, da wir als Eltern und gesetzliche BetreuerInnen umfangreiches Fotomaterial und Grundrisse zur Verfügung gestellt hatten.


    Beratungseinsätze zur Sicherstellung der Pflege finden aktuell per Telefon statt.