Beiträge von D. Kulka

    Meines Erachtens fehlt nicht eine neue Behörde sondern die bessere Abstimmung und die Bekanntmachung der bestehenden Möglichkeiten.

    Ja genau um die Bekanntmachung geht es, viele Betroffene wissen nicht was überhaupt möglich ist. Mich eingeschlossen kann ich mit Person-Environment-Fit, AIST, MBOR, RehaFuture und wahrscheinlich einigen weiteren Begrifflichkeiten nichts in Verbindung bringen. Ich finde es positiv hier nun davon zu erfahren und meine Wissenslücke verkleinern zu können. Leider geht es den Betroffenen meist noch schlechter, dort herrscht oft bereits Unkenntnis darüber, dass es nach einer medizinischen Reha noch weitere Möglichkeiten gibt und dann fängt der Informationsdschungel an. Selbst die Recherche ohne "genau definierte Begrifflichkeiten" bringt wenig Aufschluss für Betroffene. Es wäre wünschenswert mehr offen zu informieren und Beratungsbrücken zwischen den einzelnen Systemen zu bauen ("Wenn..., dann ist dies und das möglich... und dort können Sie Hilfe/Unterstützung dazu erhalten").

    Im System gibt es immer wieder Grenzen und die Fragen der Zuständigkeit bzw. finanzielle Enge. Durch das BTHG soll dies ja nun vereinfacht worden sein. Meiner Meinung nach versucht man nun den Bedarf an den Menschen auszurichten, daher auch die gesetzliche Einbeziehung der Betroffenen. Ich denke das es ein gute Ansatz ist, denn viele Menschen sind gefangen zwischen Krankheit -> dem Versuch auf dem Arbeitsmarkt standzuhalten "hohe Erwartungen, hohes Arbeitsaufkommen - höher, schneller, weiter'" -> dem Scheitern, wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden können bis zum weiteren Ausfall, wenn keine Arbeit gefunden wurde, die für den Betroffenen auch dauerhaft geleistet werden kann. So, da beginnt es.


    Hier möchte ich meine eigene Meinung zu dieser Problematik wiedergeben. Ich selber bin auf der Seite der Hilfesysteme in unterschiedlichen Bereichen Jobcenter, Jugendamt, Rehaeinrichtung etc. tätig bzw. tätig gewesen.Es gibt viele Sichtweisen und ich würde es schön finden, mich mit weiteren Perspektiven beschäftigen und bereichern zu können.


    Meist wissen die Betroffenen nichts mit ihrer Erkrankung und deren Bedeutung anzufangen, was können sie überhaupt noch nach einer psychischen Erkrankung leisten, wie können sie sich angemessen abgrenzen, wie können sie die ganzen Anforderungen unter einen Hut bringen.
    - hier wäre es gut, wenn es den Betroffenen ermöglicht werden kann gute Testungen durchzuführen, die auch eine Aussagekraft haben, was bei den Betroffenen den innerlichen Druck hervorruft, wo "Schwachstellen - Perfektionismus, Abgrenzbarkeit etc." aber auch Potenziale liegen, um genau dort anzusetzen und mit diesem Paket eine passendere Arbeit/Aufgabe zu finden (Stichwort: Unterstützung der Selbstverantwortung). Die LTA Angebote der Rentenversicherung sind meiner Meinung nach sehr statisch, wenig am Betroffenen ausgerichtet und meist beschränkt. Möchte ein Klient zum Beispiel Berufsimker werden und findet es für sich passend, warum soll er dies dann nicht dürfen? Natürlich darf der Betroffene dies, dann allerdings ohne die Unterstützung der DRV, da meist kein zertifizierter Träger für diese Umschulung vorhanden ist. Somit für den Betroffenen ohne finanzielles Einkommen schlichtweg nicht umsetzbar. Eine Empfehlung zu solchen Berufszweigen wird es von der Rentenversicherung nicht geben. Ja, LTA soll nachhaltig sein, es soll eine fundierte Ausbildung sein, die danach auch dauerhaft ausgeübt werden sollte und auch auf dem Arbeitsmarkt Sinn macht. Völlig nachvollziehbar, leider auch auf die zertifizierten Angebote beschränkt. Zumal diese Umschulungen einen sehr hohen Anspruch haben, wo viele Betroffene vorher schon Versagensängste entwickeln und sich selber einen enormen Druck auferlegen, denn sie haben ja Glück und eine Bewilligung erhalten, um damit ein neues berufliches Leben zu beginnen. Dennoch bleibt danach die Suche nach einer Arbeit, wo wir genau wieder beim Anfang wären. Weiß der Betroffene nicht, was er sich zumuten kann, wo seine Fallstricke oder Potenziale liegen, so ist es ihm auch nicht bewusst woran er seine Berufswahl ausrichten sollte. Manche Betroffene schaffen es, eine glückliche Arbeitsbeziehung einzugehen, einige Scheitern und müssen dann weiter den passenden Arbeitgeber/Anforderung finden und andere laufen in die nächste Erkrankungsepisode und haben eine weitere Erfahrung, gescheitert zu sein, im Gepäck. Für Erkrankte ist es unheimlich schwer eine realistische Selbsteinschätzung nach einer ersten Erkrankung abzugeben, meist wissen sie nicht warum es überhaupt dazu kam. Dies wiederum wird mit einer Massenrehabilitation behandelt, was wenig individuell ist. Kliniken mit unterschiedlichen Schwerpunkten und verschiedenen Angeboten mit der Prämisse das sich irgendwas danach verbessert haben muss, da sonst das Einrichtungsziel in Frage gestellt werden könnte. Da geht die Individualität der Erkrankungen und die unterschiedlichen Ausprägungen verloren, letztendlich stehen die Betroffenen allein da und müssen ihren Weg mit dem wenig hilfreichen Leistungsbild finden, manche schaffen es, einige leider auch nicht. Es fehlt hier an einer Begleitung die wirklich in die Tiefe geht und daraus einen Fahrplan mit dem Betroffenen entwickelt. Auch der Betroffene ist natürlich derjenige mit dem es steht oder fällt, fehlende Erfolgserlebnisse und lange Zeiten Zuhause sind dabei leider wenig hilfreich und dämpfen die Motivation diesen enormen Kraftaufwand zu betreiben. Auch gibt es Menschen, denen eine psychische Erkrankung gerade recht kommt, das sam Rande. Die Mehrzahl der Erkrankten sind sehr engagiert.


    Menschen die an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren, haben meist Mühe ihre vorherige Arbeitsleistung weiterhin zu halten. Dadurch natürlich Ängste den Anforderungen nicht mehr gerecht zu werden. Immer mehr Arbeitsplätze, welche durch Zusammenlegung, Technologien etc. eingespart werden erhöhen den Druck auf diejenigen, die dem Druck nicht mehr gut gewachsen sind. Was kann da der Rehaträger machen? Wie soll die Teilhabe dort umgesetzt werden? Entweder der Betroffene nutzt gemeinsam mit seinem Arbeitgeber die Möglichkeiten... finanzielle Förderungen, Unterstützungen am Arbeitsplatz, Hilfsmittel, Umschulung, Weiterbildung etc. oder erfüllt die Voraussetzungen nicht mehr an diesem Arbeitsplatz zu verbleiben. Hier ist auch der Arbeitgeber gefragt, ist er dem Betroffenen wohl gesonnen oder hat er kein soziales Interesse oder nutzen es sogar manche Arbeitgeber, um noch ein bisschen mehr Druck zu machen, damit der Betroffene die Segel von allein streicht? Es geht, wie so oft um Finanzen, sei es beim Rehaträger, beim Arbeitgeber oder weiteren sozialen Systemen. Alles starr an Normen gebunden, daher auch durchlässig für Menschen, die nicht oder nicht mehr der Norm angehören.


    Ich glaube, wenn das BTHG in seinem eigentlichen Sinne durch qualifizierte, unabhängige Menschen durchgeführt werden würde, könnten einige Lücken geschlossen und auch der Bedarf des Einzelnen gesehen werden. Das System tut sich nur leider sehr schwer zu funktionieren, viele wissen nicht Bescheid, negieren das Vorhandensein oder arbeiten weiter wie bisher nach dem Schema F -> die Einrichtungen geben vor was angeboten wird und was für den Betroffenen als sinnvoll erachtet wird. Hier wird meiner Erfahrung nach (noch) nicht über den Tellerrand drüber hinaus gesehen und irgendwie kaum Informationen, wie es nun richtig funktioniert, gestreut, also kaum Werbung für dieses Instrument gemacht. Ja auch mangelt es an Angeboten die außerhalb der Norm genutzt werden können, finanziell abgeschmettert werden oder die Verantwortung voll auf den Schultern der Betroffenen lastet.


    Ich könnte noch so weiter Schreiben, abschließend möchte ich sagen, dass alles sehr starr ist und kaum in die heutige Zeit passt oder sehr, sehr langsam ist, eher hinterher läuft. Die Arbeiten werden immer individueller, immer spezialisierter, immer anspruchsvoller. Die "einfacheren" Arbeitsgebiete nehmen ab oder sind finanziell desaströs, die Stigmatisierung will ich nicht weiter erwähnen. Präventiv begleitend ist halt nicht viel da, lediglich für Menschen mit einer bescheinigten Schwerbehinderung. Andere die vor einem krankhaften Ausfall und/oder an den Ablehnungen eines Grades der Behinderung scheitern haben wenig bis keine individuellen Begleitungen die sie nutzen könnten.


    Viele Grüße
    Doreen

    Das ist eine Interessante Frage. Nach meiner Erfahrung wird der betriebliche Arbeitsschutz bei der Wiedereingliederung nicht ins Auge gefasst. Die Kommunikation zwischen dem Arbeitgeber und dem Hausarzt/Facharzt etc. übernimmt der Arbeitnehmer. Wenn es einen Betriebsarzt gibt, so wird dieser vom Arbeitgeber einbezogen, um die Anforderungen des Arbeitsplatzes und die gesundheitliche Situation des Arbeitnehmers zu prüfen.


    Ich bin gespannt, was sich hinsichtlich dieser Fragestellung ergibt.