Beiträge von Jolinde

    Hallo,

    mein erster Arbeitsversuch nach einer mehrjährigen Arbeitspause war absolut gescheitert: Nach etlichen Gutachten seitens der DRV und des med. Dienstes sagte man mir, ich solle in meinem ersten Beruf als Office Manager wieder arbeiten. (Eigentlich war ich inzwischen IT-Beraterin.) Nach dem Sacken lassen dieser von mir als Demütigung empfundenen beruflichen Degradation, wagte ich einen ersten Versuch, obwohl ich aus eigener Erfahrung wusste, dass Office Management nicht weniger stressig als eine Beratungstätigkeit ist. Eher umgekehrt. Termindruck und ständig spontan wechselnde Aufgaben gehören zum Berufsbild.

    Ich versuchte meinem Chef und dem Team mehrfach zu erklären, was mir Stress bereitet. Es wurde von ihnen aber nicht verstanden oder ernst genommen, da ich im ausgeglichenen Modus sehr souverän auftrete.

    Flüchtigkeitsfehler wurden mir von meinem Chef dann schriftlich vorgeworfen und nach einem Tages-Firmenevent, zu dem wir in eine andere Stadt fliegen mussten (ca. 14 Stunden Abwesenheit), sollte ich am nächsten Tag wieder zur Arbeit kommen, obwohl ich um einen freien Tag bat, zudem ich nur einen 20-Stunden-Vertrag hatte. Natürlich gab es dann aufgrund der Überforderung einen Zusammenbruch mit Panikattacke, den meine Kollegin fassungslos machte. Während meiner Krankschreibung wurde ich dann noch in meiner Probezeit gekündigt. Ich spielte von Anfang an mit offenen Karten und wurde nicht ernst genommen. Diese Kündigung musste ich dann noch sehr lange verarbeiten.


    Als Schwerbehinderte neu angestellt zu werden, ist sowieso sehr schwierig. Wenn ich den "Joker" in der Bewerbung offen ausspielte, wurde ich meist trotzdem nicht eingeladen. Da muss nur der Studienabschluss nicht stimmen, obwohl man Praxiswissen in dem geforderten Feld nachweisen kann, dann ist man raus und muss auch nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Einfach ist es wirklich nicht!


    Einen Jobcoach hätte ich damals gerne gehabt, der mit dem Arbeitsumfeld und einem selbst kommuniziert, zwischen den Parteien vermittelt und klärende Gespräche führt. Anfangs oder phasenweise ist man ja mit sich selbst völlig überfordert. Wie soll man anderen dann noch erklären, was mit einem los ist. Es ist ja immer auch eine sehr persönliche Angelegenheit, und man möchte vor fremden Menschen nicht alles preisgeben. Hier zu erklären und gleichzeitig eine Distanz zu wahren, ist für mich immer noch sehr schwierig. Zum Glück bin ich jetzt berentet. So habe ich diesbezüglich weniger Druck.

    Hallo Jolinde,

    in diesem Themenpfad geht es um das Budget für Ausbildung, Ihr Beispiel betrifft andere Leistungen oder Maßnahmen.

    Gibt es Erfahrungen mit dem Budget für Ausbildung und Problematiken beim Verfahren bzw. der Dauer bis zur Bewilligung?

    Ich wollte den Grund aufzeigen, warum ich die Leistung nicht in Anspruch nehmen konnte. Darum ging es im Artikel, durch den ich auf die Diskussion aufmerksam gemacht wurde.

    Ich war damals durch mein jahrelanges Gerichtsverfahren mit der DRV wegen der Verlängerung meiner Erwerbsminderungsrente und den Antrag auf eine berufliche Reha bei der DRV "blockiert". Nichts ging voran, ich war ewig in Warteposition. Die Agentur für Arbeit sagte mir immer, dass es zwar Möglichkeiten gebe, mir mit einer Weiterbildung o. ä. zu helfen, durch meinen Antrag auf berufliche Reha seien der Rehateam-Beraterin jedoch die Hände gebunden. Mein Antrag zur beruflichen Reha und das laufende Gerichtsverfahren zur Verlängerung der Erwerbsminderungsrente würden alles zum Stillstand bringen. - So verliert man als Betroffene*r viel Zeit, Kraft und Motivation, und der Arbeitsmarkt verliert unnötigerweise Fachkräfte!


    Hier gibt es viel Verbesserungsbedarf: Streitverfahren mit der DRV müssen unbedingt auf max. 4 Monate begrenzt werden!

    Hallo zusammen,


    wenn ich die Beiträge lese, habe ich oft das Gefühl, dass hier Nicht-Betroffene besser wissen wollen, was für Betroffene gut ist oder nicht. Das alte Problem. Außerdem schreiben die meisten im Forum über Personen, die noch in einen Betrieb eingebunden sind. Aber was ist mit den Menschen, die schon lange raus sind aus dem System? Die keinen Arbeitgeber haben, die sie mit Hilfe anderer, wie z. B. der Schwerbehindertenvertretung, wieder eingliedern möchten. Was ist mit den Menschen, die seit 10 Jahren nicht mehr in ihrem Beruf tätig waren, deren Wissen veraltet ist, die komplett raus sind?


    Ich bin auch der Meinung, dass ein Gutachtertermin von 1 Stunde bei einer komplett fremden Personen keinen validen Eindruck über die Arbeitsfähigkeit eines Menschen verschaffen kann, sondern hierfür von psychologischem Fachpersonal begeitete Arbeitserprobungen von mehreren Wochen erforderlich sind. An diesen Arbeitserprobungen kann man meines Wissens aber nur über eine berufliche Reha teilnehmen. Wenn gleichzeitig aber ein alter oder neuer Rentenantrag, für eine (Teil-)Erwerbsminderungsrente, läuft, wird der Rentenantrag "bevorzugt" behandelt. Das dauert aber bekanntlich mehrere Jahre. So passiert gar nichts - und wertvolle Zeit geht verloren. Diese Kampf- und Wartezeit ist für den Genesungsprozess aber auch nicht gerade förderlich...


    @Ina Riehert: Zu Ihrer Meinung: "Zum Thema Teilzeit und Stundenreduzierung. Das sehe ich sehr kritisch. Immerhin muss der Mensch ja auch mit dem geringeren Einkommen und später einer entsprechend geringeren Rente auskommen können. Ich finde, es sollten eher Möglichkeiten geprüft werden, die das Einkommen sichern und evtl. den Betrieb entlasten mit einer Arbeitsassistenz oder einem Beschäftigungssicherungszuschuss. Hilfreich ist in diesem Fall sicherlich eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung.Ein gewisses Maß an "Minderbelastung" ist allerdings jedem Betrieb zuzumuten."


    Dies geht in vielen Fällen leider an der Realtität vorbei. Sicherlich ist eine Vollzeitbeschäftigung aus finanzieller und Sicht auf die Rente wünschenswert, aber wir sprechen hier von seelisch beeinträchtigten Personen. Diese sind oftmals eben nicht mehr so leistungsfähig wie gesunde Menschen. Wenn hier von vornerein Druck in Hinsicht auf eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt wird, entsteht (noch mehr) Überforderung. Das wäre keine gute Voraussetzung für eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Besser ist: langsam - Schritt für Schritt - im Tempo der betroffenen Person, sonst klappt es nicht.

    • Bestehen in Bezug auf psychische Beeinträchtigungen besondere Teilhaberisiken?

    Ja, die Überforderung. Es gibt Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die man ihnen auf der ersten Blick nicht ansieht und anmerkt. Die aber dann Schwierigkeiten bekommen, wenn ihnen die Arbeitsbelastung in Form von zeitlichem Umfang und / oder Druck zu viel wird. Dann tritt Überforderung ein. Daher müssen gezielt Arbeitsplätze geschaffen werden, die einen geringen Leistungsumfang haben und von der Arbeitszeit flexibel sind. Für manche Menschen sind die übliche Teilzeitstelle mit 20 Stunden pro Woche eben schon zu viel. Manchmal würde es gehen, manchmal aber auch nicht. Je nach Tagesverfassung. Dem muss Rechnung getragen werden. Vor allem auch Verwaltungen müssen Teilzeitstellen mit geringerem Stundenumfang zur Verfügung stellen, um dieser Personengruppe die Teilhabe zu ermöglichen. Menschen mit psych. Erkranken sind vielfach auch gut qualifiziert, können mit dem Druck in der freien Wirtschaft und einem hohen Stundenumfang nicht teilhaben, obwohl sie fachlich geeignet wären.

    • Wie unterstützen die Rehabilitationsträger in diesen Fällen?

    Schlecht. Umschulungen mit IHK-zertifizierten Abschlüssen gibt es (meist?) nur bei Vollzeitumschulung. Warum werden keine Teilzeit-Umschulungen und -Weiterbildungen angeboten? Das muss sich ändern!


    ---> Wenn man bei der DRV im Widerspruchs- oder Klageverfahren wegen eines abgelehnten LTA-Antrags ist (bei >= 15 Jahren anrechenbare Zeiten bei der DRV), darf die Agentur für Arbeit auch nicht mit anderen Maßnahmen aus anderen Töpfen außer der Eingliederungshilfe weiterhelfen. Wenn man in seinem alten Beruf aber keine passende Arbeitsstelle mehr findet und eine Umschulung braucht, muss man Jahre warten, bis das Verfahren bei Gericht durch ist. Das ist ein staatlich gemachtes Problem! Hier müssen die Bearbeitungszeiten dringend verkürzt werden!