Beiträge von Lutz07

    Es ist meine tägliche Arbeit, Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Job und Ausbildung zu begleiten.
    Sich klar werden, dass man ein Problem hat, ist die größte Herausforderung. An die Lösung denken wir noch gar nicht.
    Es sind so viele kleine Körnchen, die sich ansammeln bis sie zu einem Problem werden. Angst zu versagen, zu hohe Haushaltausgaben, zu wenig Zeit für Kinder, Kinder, die sich zu sehr bemuttert fühlen, ...ewige Pendelei mit Schienenersatzverkehr, ..., Umgang mit sterbenden, erkrankenden Mitarbeitern, Bewohnern, Angehörigen - die Palette ist unendlich. Die Herangehensweise noch komplexer. Wenn wir zum ersten Mal aufeinandertreffen (der Teilnehmer und ich), entscheidet sich alles, wie in der Liebe. Der Geruch, der Ort, das Aussehen, das erste Wort. Wir müssen zueinander passen und ich weiß, dass ich den anderen nur ein kleines Stück begleiten werde, ich loslassen werde. Ich begleite, zeige Wege, vieles wird nicht weiterverfolgt, weil die Wege nicht zum Ziel führen würden, kein Problem für mich.
    Und es gibt Rückschläge für mich. Mitunter brauche ich drei Anläufe, um eine Perspektive entwerfen zu können.
    Mit einem Teilnehmer sprach ich im Januar, nach zwanzig Minuten waren wir fertig, wir redeten aneinander vorbei. Zwei Monate später der nächste Anlauf, er redete allein und zerrieb meine Vorschläge. Zwei Monate später der nächste Anlauf, nun fanden wir einen Ansatzpunkt, entwickelten diesen, immer wieder mit Unterbrechungen, und dann fügte sich alles nahtlos zueinander.
    Er diskutierte in dieser Zeit mit anderen Personen, war eigentlich nie allein gelassen worden, familiär legte er noch eine Achterbahnfahrt hin, es war heftig. Beide gaben wir nicht auf, wir wußten, es braucht Zeit und wir wollten, dass er mit 55 noch einmal durchstarten kann.

    Mir geht es ebenso. Auch ich sammelte viele Erfahrungen, erlebte, was funktioniert, was nicht. Zuständig bin ich für die Begleitung, vor allem junger Menschen mit Behinderung, in Arbeit oder Ausbildung. Vieles ist reine Kaltakquiese, aber es funktioniert, auch die Ämter, Unternehmen unterstützen das.
    Was mich stört, wenn Jugendliche mit Behinderungen eine geförderte Berufsausbildung absolvierten und sich in dieser Zeit herausstellt, dass diese Ausbildung nicht für sie geeignet ist.
    (Malerhelfer mit Angst auf eine Leiter zu steigen; Küchenhelfer mit fehlender Handmotorik; Verkäufer, welche nie an einer Kasse saßen; Pflegehelfer, welche selbst gepflegt werden sollten; Metallverarbeiter, die nie eine Maschine je sahen, ...).
    Eine neue Ausbildung zu beginnen ist kaum möglich, da ja schon drei Jahre sehr viel Geld investiert wurde.
    Was läuft falsch?