Beiträge von Franz Dillmann

    Es ist für eine sog. sozialhilferechtliche Kfz-Hilfe nicht ausreichend, dass das Kfz erforderlich ist, um allgemein mobil zu sein. Es muss stets ein überschießender besonderer Zweck gegeben sein. Die Teilhabe am Arbeitsleben als Zweck ist Gegenstand der KfzHV. Der besondere Zweck kann auch darin bestehen, die (soziale) Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu erleichtern oder zu ermöglichen (§§ 55 ff. SGB IX). Der entsprechende sozialhilferechtliche Leistungsanspruch setzt für die Hilfe zur Anschaffung eines Kfz aber nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO voraus, dass der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist. Nach dem BSG (Urteil v. 12.12.2013, Az. B 8 SO 18/12 R) setzt dies voraus, dass das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der sozialen Teilhabe ist. In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII). Diese Messlatte verbietet pauschale Setzungen. In der Sozialhilfepraxis sind von Amts wegen unter Mitwirkung des Leistungsberechtigten alle wesentlichen persönlichen und familiären Umstände zu ermitteln, die einen Einblick in die sozialen Beziehungen und Verhältnisse erlauben. Leitlinie ist die Verhinderung einer sozialen Isolation als Grundbedingung menschenwürdigen Lebens. Ein Rechtsanspruch auf schrankenlose soziale Teilhabe mittels Kfz existiert allerdings meines Erachtens auch unter dem Mantel der UN-BRK nicht.

    Die Ausführungen von Felix Welti verdienen Zustimmung. Der im Hilfsmittelrecht des SGB V zentrale Begriff des "Grundbedürfnis" muss im Lichte der Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention neu ausgelegt werden. Das BSG folgt in der Entscheidung vom 10.3.2011 zum "Einkaufsfuchs" (az. B 3 KR 9/10 R) bereits der Spur des Art. 19 UN-BRK, der Unterstützungen für eine unabhängige Lebensführung von Menschen mit Behinderungen in der eigenen Wohnung einfordert. Das in dieser Entscheidung ausgeweitete Grundbedürfnis des selbständigen Wohnen umfasse auch die Fähigkeit, die für eine selbständige Lebens- und Haushaltsführung notwendigen Informationen erhalten bzw aufnehmen zu können. Es wäre zu wünschen, wenn das BSG auch das in Art. 24 UN-BRK verbriefte Recht auf inklusive Bildung für die Hilfsmittelversorgung fruchtbar macht. Die Beschränkung der Hilfsmittelversorgung auf die allgemeine Schulpflicht (in der Regel bis 10. Klasse) erscheint vor dem in Art. 24 UN-BRK verbrieften umfassenden und ganzheitlichen Bildungsbegriff überholt. Es müsste auch ein "Grundbedürfnis" sein, über die Basisschulbildung hinaus, fähig zu sein, sich grundlegendes neues soziales und anderes Wissen anzueignen.