Beiträge von Jörg Bungart - BAG UB

    Guten Tag Michael,


    vielen Dank für Ihre Nachfrage. Sie haben Recht, an diesem Punkt war ich in der Kürze unpräzise.


    Natürlich gibt es Personen in WfbM oder im Aufnahmeverfahren zur WfbM, die die formalen Voraussetzungen für eine Ausbildung mitbringen. Ein gewisser Anteil der WfbM Beschäftigten waren auch zuvor auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig und bringt hierüber (zusätzlich) betriebliche Erfahrungen mit.


    Was ich meinte, sind die individuell-aktuellen Voraussetzungen, d.h. ungeachtet formaler Grundlagen, ob jemand "wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden kann" (§ 219 SGB IX). Daher gab es im Vorfeld der gesetzlichen Verankerung des Budgets für Ausbildung auch eine Diskussion darüber, wer davon profitieren kann und ob es überhaupt die passende Leistung in diesem Rechtsstatus ist (eine Diskussion, die ja auch hier noch geführt wird). Mittlerweile liegen zum individuellen Nutzen erste Erfahrungen vor, die ich in meiner Aussage oben kurz beschrieben habe.


    Ich gehe, wie Sie, davon aus, dass oftmals das Wissen um die Möglichkeiten eines Budgets für Arbeit/Ausbildung bei den WfbM Beschäftigten bzw. "Anwärter*innen" fehlt. Dies wurde auch von anderen Diskussionsteilnehmenden hier erwähnt. Hier müsste viel mehr Information und Aufklärung erfolgen. Ob sich das gesetzlich (besser) regeln lässt, kann ich nicht beurteilen. Im Prinzip ist das im (Gesamt-)Teilhabeplanverfahren zu leisten. Das läuft nach meiner Kenntnis leider (noch) nicht überall im Sinne der Personenzentrierung.


    Interessant wurd es auch sein, wei es nach erfolgreichem Abschluss eines Budgets für Ausbildung weiter geht. Die Bundesagentur für Arbeit verweist in ihren Fachlichen Weisungen grundsätzlich auf zwei Möglichkeiten [Punkt 7 (1)]: https://www.arbeitsagentur.de/…eschaftigung_ba146221.pdf


    "Die Zielsetzung ist, im Anschluss eine Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt zu realisieren. Dabei ist ungewiss, ob regelmäßig ein Übergang in ein voll-sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis gelingt oder eine Anschlussförderung z. B. mit dem Budget für Arbeit erforderlich wird. Die Prozesse der Teilhabeplanung (siehe Fachliche Weisung zu § 19 SGB IX) sollen deshalb auch bei der Förderung eines Budgets für Ausbildung analog denen des Eingangsverfahrens/Berufsbildungsbereiches gestaltet werden. D. h. der zuständige Träger der Eingliederungshilfe ist gem. § 15 Abs. 2 SGB IX von Anfang an zu beteiligen."


    Kaum bekannt ist offenbar, wie ein Budget für Ausbildung aus dem Arbeitsbereich nach § 58 SGB IX heraus genutzt wird. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger (BAGüS) hat meines Wissens nach auch noch keine erweiterten Empfehlungen hierzu vorgelegt. Das wäre aus Sicht der BAG UB aber dringend erforderlich, denn wo Unklarheit besteht, ist zumeist auch der Zugang erschwert. In diesem Bereich benötigten wir unbedingt (weitere) Erkenntnisse udn Handlungsanweisungen der zuständigen Leistungsträger.


    Vorschläge wie das Budget für Arbeit/Ausbildung aus Sicht der BAG UB weiter zu entwickeln wären, habe ich unter "Was braucht es noch?" gemacht.


    Beste Grüße

    Guten Tag Frau Eckardt,


    die Namensgebung mag irritierend oder unpassend sein. Nur, neben dem Lohnkostenzuschuss gibt es die Erstattung der "Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderlichen Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz". Diese kann durchaus als Persönliches Budget in Anspruch genommen werden.


    Beste Grüße

    Guten Tag Frau Mattern,


    wie Sie schreiben, steht im Gesetz "angeboten" und eben nicht "vorliegen". In der Praxis ist es in der Regel so, der Betrieb bietet an und möchte dann aber auch wissen, welche Förderungen konkret erfolgen. Vielmals kann erst auf dieser Basis ein Arbeitsveretrag auch tatsächlich abgeschlossen werden.


    Beste Grüße

    Nach Informationen unserer Mitglieder gibt es verschiedene Hürden in der Praxis wie lange und komplexe Beantragungsverfahren sowie die Kooperation mit Kammern und Berufsschulen und deren Erreichbarkeit. Zum Teil scheitern daran Abschlüsse über ein Budget für Ausbildung, obwohl ein ausbildungsbereiter Betrieb vorhanden ist. Diese Strukturen und Verfahrenwege sind unbedingt zu verbessern.


    Grundsätzlich:


    Beim Budget für Ausbildung wird ausschließlich eine betriebliche Erstausbildung gefördert. Für manche Menschen mit Behinderungen, die bereits eine Erstausbildung abgeschlossen haben, diese jedoch behinderungsbedingt nicht mehr nutzen können, ist es von Bedeutung bei Bedarf eine weitere Ausbildung gefördert zu bekommen.

    Zudem zielt das Budget für Ausbildung ausschließlich auf den Abschluss in Regel- und Fachpraktikerberufen ab. Dies bleibt jedoch für viele Werkstattbeschäftigte nach wie vor nicht erreichbar. Sie bleiben daher von einer formal-beruflichen Anerkennung ihrer erworbenen Kompetenzen weiterhin ausgeschlossen. BAG UB und Partner erproben im vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projekt TalentPASS (https://talent-pass.de/) erfolgreich Verfahren, auch unterhalb von Regel- und Fachpraktikerabschlüssen, informell erworbene Kompetenzen zu zertifizieren.


    Beide Aspekte sollten nach Auffassung der BAG UB gesetzlich erweitert geregelt werden.

    Das Budget für Ausbildung wird vergleichsweise selten in Anspruch genommen. Zum einen liegt das wohl daran, dass es eine relativ neue Leistung ist. Zum anderen war das absehbar, da Menschen, die Anspuch auf Leistungen nach §§ 57 (Eingangsverfahren + Berufsbildung) sowie 58 (Arbeitsbereich) SGB IX haben, eher selten die Voraussetzungen für eine Ausbildung, auch wenn sie umfassend gefördert wird, mitbringen.

    Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (§ 57 SGB IX betreffend) liegen jahresdurchschnittlich bei vier (2020), 19 (2021) und 28 (Januar - März 2022) Inanspruchnahmen. Die Zahlen entstammen einer kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (20/3217) und der Antwort der Bundesregierung (20/3476). Trotz der vergleichsweise geringen Inanspruchnahme belegen die Zahlen eine relativ zügige Steigerung in kurzerm Zeitraum. Dies spricht dafür, dass die Möglichkeit zunehmend erkannt und genutzt wird. Hier ist es interessant, die weitere Entwicklung zu beobachten.


    Verschiedene Mitglieder der BAG UB begleiten mittlerweile ein Budget für Ausbildung. Das Potential des Budgets für Ausbildung liegt vielleicht weniger in der Menge, aber eben in der individuellen Chance und Inanspruchnahme. Nutzer*innen sind nach Erfahrungen unserer Mitglieder sowohl Menschen mit Lernschwierigkeiten als auch Personen mit psychischen Beeinträchtigungen, für die die Förderleistungen im Budget für Ausbildung eben genau richtig sind. In der Regel sind sie mit einem Berufsbildungsbereich nach § 57 SGB IX gestartet, der in einem Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarktes durchgeführt und von einem Fachdienst am Arbeitsplatz begleitet wurde. Im weiteren Verlauf wurde sowohl von Seiten der Person als auch des Betriebes das Potential einer Ausbildung erkannt und schließlich ein Vertrag über ein Budget für Ausbildung abgeschlossen. Eine spätere Anstellung wird angestrebt. An diesen Standorten wird dadurch mehr und mehr von allen Beteiligten erkannt, welche Chancen ein Budget für Ausbildung bieten kann und vom zuständigen Leistungsträger, der hier nun Erfahrungen gesammelt hat, auch empfohlen. In diesem Sinne erfüllt das Budget für Ausbildung neben einer individuellen Chancenerweiterung auch eine wichtige Umsteuerungsfunktion im Rehabilitationssystem.

    Was fehlt?

    Eine Anbahnung des Beschäftigungsverhältnisses (Bsp. Arbeitsplatzakquise, training on the job bzw. jobcoaching, Begleitung in Praktika) im Vorfeld, ist im Budget für Arbeit nicht enthalten.

    Derzeit fehlt es außerdem an Strukturen, um Anspruchsberechtigte, die nicht in der WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter beschäftigt sind, Zugang zur Leistung Budget für Arbeit erhalten (Bsp. Menschen mit psychischer/ neurologischer Behinderung).

    Das Budget für Arbeit scheitert zudem oft bereits zu Beginn daran, dass nach Auffassung des zuständigen Leistungsträgers vor einer Leistungsbewilligung bereits ein Arbeitsvertrag vorliegen muss. Dies widerspricht sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch der betrieblichen Einstellungspraxis.

    Die Deckelung der Förderung des Lohnkostenzuschusses (§ 60 Abs. 2 SGB IX Satz 2: "..., höchstens jedoch 40 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches") ist bundesweit aufzuheben, da ansonsten die reale Lohnförderung nicht max. 75%, sondern entsprechend weniger beträgt. Das kann dann im Einzelfall unzureichend sein, so dass kein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird.

    Auch ist klar zu stellen, dass zur Inanspruchnahme eines Budgets für Arbeit vom Leistungsträger KEINE festgestellte dauerhafte Erwerbsminderung oder ein vollständiges Absolvieren des Eingangsverfahrens und Berufsbildungsbereichs nach § 57 SGB IX verlangt wird. Die ist leider immer wieder Praxis im Rahmen der Leistungsbeantragung.

    Die Ausgrenzung aus der Arbeitslosenversicherung ist aufzuheben und eine freie Wahl bezogen auf Arbeitslosenversicherung bzw. Leistungen nach § 58 SGB IX einzuführen. Das mindert nicht die Inanspruchnahme von individuell erforderlichen (Reha-)Teilhabeleistungen im Sinne des Nachteilsausgleichs.

    Die Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz ist individuell und nicht pauschal zu bewilligen, so dass tatsächlich der persönliche Unterstützungsbedarf gedeckt ist.

    Ein Budget für Arbeit in Teilzeit wäre zu prüfen. Ein Beispiel aus der Praxis: Frau X. arbeitet in einer WfbM. im Rahmen eines Praktikums zur Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt stellt sich heraus, dass der Arbeitsgeber (ein Cafè) sie gerne an zwei Tagen pro Woche beschäftigen möchte. Da Frau X. auch an den anderen Arbeitstagen behinderungsbedingt eine Struktur benötigt, würde sie gerne an drei Tagen in der WfbM weiter beschäftigt sein. Also zwei Tage Budget für Arbeit und drei Tage WfbM. Das entspricht ihrem persönlichen Wunsch. Eine solche Teilzeitform wird jedoch vom zuständigen Leistungsträger in Frage gestellt.

    Alle diese Punkte sind nach Auffassung der BAG UB gesetzlich nachzuregeln und in den Verfahrensanweisungen der zuständigen Leistungsträger eindeutig festzuschreiben, um Hürden abzubauen und Verbesserungen bei der Nutzung des Budgets für Arbeit zu erzielen.