Beiträge von N.Kamps

    Schwierige Frage, die ich nur zum Teil beantworten kann. Grundsätzlich hat der Versicherte einen Anspruch auf ein funktionsfähiges und sicheres Hilfsmittel (vgl. § 33 SGB V). Dazu zählt auch, so § 33 SGB V, dass der Anspruch "auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen" umfasst. Darin eingeschlossen ist also auf jeden Fall die Reparatur und Ersatzbeschaffung, egal ob der Versichert Einfluss darauf hatte oder nicht. Auch vorbeugende Wartungen (damit es nicht zu Ausfall kommt) sind eingeschlossen, doch hat der Gesetzgeber hier ja formuliert "soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich". Was auch immer man darunter verstehen mag. Aus der Rechtsprechung ist bekannt, dass auch Folge- und Betriebskosten (wie z.B. Stromkosten) übernommen werden müssen. Konkrete Aussagen zu Ihrem Fall finden sich aber nicht.

    Schwierige Frage, die ich nur zum Teil beantworten kann. Grundsätzlich hat der Versicherte einen Anspruch auf ein funktionsfähiges und sicheres Hilfsmittel (vgl. § 33 SGB V). Dazu zählt auch, so § 33 SGB V, dass der Anspruch "auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen" umfasst. Darin eingeschlossen ist also auf jeden Fall die Reparatur und Ersatzbeschaffung, egal ob der Versichert Einfluss darauf hatte oder nicht. Auch vorbeugende Wartungen (damit es nicht zu Ausfall kommt) sind eingeschlossen, doch hat der Gesetzgeber hier ja formuliert "soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich". Was auch immer man darunter verstehen mag. Aus der Rechtsprechung ist bekannt, dass auch Folge- und Betriebskosten (wie z.B. Stromkosten) übernommen werden müssen. Konkrete Aussagen zu Ihrem Fall finden sich aber nicht.

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    Ich lese heute in der Deutschen Apotheker Zeitung, die Überarbeitung des Hilfsmittelverzeichnisses für Inkontinenzhilfen keinerleit Verbesserungen gebracht haben. Im Gegenteil, die Preise seien noch weiter abgesenkt worden. Wie kann das sein?


    Das Hilfsmittelverzeichnis ist nicht mehr und nicht weniger als nur eine unverbindliche Auslegungshilfe und muss losgelöst von den Verträgen - welche die Krankenkassen ja jeweils mit den Leistungserbringern schließen - gesehen werden. Insofern kann auch dass Hilfsmittelverzeichnis nicht die Probleme lösen, die auch "schlechte" Verträge verursacht werden. Eine Überarbeitung des Hilfsmittelverzeichnisses - egal in welchen Bereichen - verbessert noch lange nicht die Versorgung.


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    Wer war an der Erstellung des neuen Hilfsmittelverzeichnisses beteiligt? Haben dies etwa die Krankenkassen im Alleingang geändert? Gibt es dazu Stellungnahmen von Fachverbänden? Kann man diese einsehen?


    Der GKV-Spitzenverband zeichnet verantwortlich für das Hilfsmittelverzeichnis. In der Regel stimmt der GKV-Spitzenverband sich mit den Kassenartenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen ab. Gemäß § 139 SGB V ist vor einer Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen des Hilfsmittelverzeichnisses den Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind dann in die Entscheidung einzubeziehen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass sich der GKV-Spitzenverband bei der Erstellung / Fortschreibung von Produktgruppen durch den Medizinischen Dienst (MDS / MDK) beraten lässt. Dies ist aber nicht vorgeschrieben. Ob der GKV-Spitzenverband dann die Beratungsergebnisse umsetzt oder auch nicht, liegt wiederum in seinem Ermessen. Fazit: Im Großen und Ganzen erstellt und verantwortet der GKV-Spitzenverband das Hilfsmittelverzeichnis alleine.

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    - Wir fordern das Recht, die besten Sanitätshäuser zu beauftragen und so das allgemeine Qualitätsniveau zu steigern!



    Gemäß § 33 Abs. 6 SGB V können die Versicherten alle Leistungserbringer (=Sanitätshäuser) in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind, d.h. zwischen allen diesen Leistungserbringern darf der Versicherte frei wählen. Hat die Krankenkasse aber Verträge nach § 127 Abs. 1 SGB V (Ausschreibungen) über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist. Hier ist in der Tat das Wahlrecht zugunsten der Wirtschaftlichkeit eingeschränkt worden. Zwar können die Versicherten ausnahmsweise einen anderen Leistungserbringer wählen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht (was auch immer dies sein mag); dadurch entstehende Mehrkosten hätten sie aber selbst zu tragen. Das im Entwurf vorliegende Heilmittel- und Hilfsmittelversorgungsgesetz sieht hier eine Möglichkeit der Verbesserung vor. Danach können (nicht müssen!) die Krankenkassen auch bei Verträgen nach § 127 Abs. 1 SGB V (Ausschreibungen) mehrere Vertragspartner benennen.


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    - Wir fordern: Ausschreibungen von Hilfsmitteln müssen verboten werden! Kein gutes Sanitätshaus kann ein ganzes Bundesland versorgen und überall gleichzeitig vor Ort sein.


    Gemäß § 127 Abs. 1 SGB V haben die Krankenkassen bereits jetzt schon die Qualität der Hilfsmittel sowie die notwendige Beratung der Versicherten und sonstige erforderliche Dienstleistungen sicherzustellen und für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen. Leider ist der Begriff Wohnortnah nicht weiter definiert. Hier wäre eine Spezifizierung wünschenswert.


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    - Wir fordern flächendeckend öffentliche Hilfsmittelberatungsstellen, etwa wie in der Schweiz.


    Eine alleinige Hilfsmittelberatung ohne Berücksichtigung der gesamten Versorgungssituation ist nicht ausreichend. Die Hilfsmittel sind immer in einem Kontext zu betrachten. Gemäß § 11 Abs. 4 SGB V haben Versicherte Anspruch auf ein Versorgungsmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche, etwa bei der Entlassung aus einem Krankenhaus oder bei einem Übergang in eine Pflegeeinrichtung. Der Gesetzgeber hat hier also bereits erkannt, dass ein erheblicher Beratungs- und d Koordinierungsaufwand erforderlich ist. Dafür sorgen müssen gem. § 11 die Leistungserbringer, welche auch von den Krankenkassen zu unterstützen sind. Unter anderem ist hier auch eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a SGB XI zu gewährleisten. Hier könnte ergänzend eine weitere, hilfsmittelbezogene Beratung, z.B. durch speziell ausgebildete Casemanager eingeführt werden. Dabei muss aber sichergestellt werden, dass die Beratung auch um unabhängig (!) und von wirtschaftlichen Interessen (Sparzwang auf der einen Seite und möglichst großer Gewinn auf der anderen Seite) losgelöst erfolgt. Das im Entwurf vorliegende Heilmittel- und Hilfsmittelversorgungsgesetz sieht vor, dass eine Beratung von den Sanitätshäusern selbst durchgeführt wird. Dies ist genauso ungünstig wie die in den letzten Jahren heftig diskutierte - und auch zu recht kritisierte – „Hilfsmittelberatung“ im Auftrag der Krankenkassen.


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    - Wir fordern die notwendigen Zweitausstattungen …


    Eine Mehrfachausstattung (ich denke dies meinen Sie mit einer Zweitausstattung) mit Hilfsmitteln kann gemäß Hilfsmittelrichtlinie (§ 6) nur dann verordnet werden, wenn diesaus medizinischen, hygienischen oder sicherheitstechnischen Gründen notwendig oderaufgrund der besonderen Beanspruchung durch die oder den Versicherten zweckmäßigund wirtschaftlich ist. Insofern ist also bereits jetzt eine Zweitausstattung möglich. Als Mehrfachausstattung sind funktionsgleiche Mittel anzusehen.


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    - … wir verlangen die Offenlegung der Produktprüfungen des medizinischen Dienstes!


    Hierzu möchte ich auf die spezielle Diskussion verweisen: Produktprüfungen des Medizin. Dienstes


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    - Wir fordern den Schutz des Arztgeheimnisses auch durch die Krankenkassen! Die "Mitwirkungspflicht" von Leistungsempfängern darf nicht zur Opferung von Grundrechten führen…


    Sofern für die Prüfung eines Leistungsanspruchs medizinische Bewertungen erforderlich sind, müssen diese Bewertungen gemäß § 275 Abs. 1 SGB V durch den MDK erfolgen. Bisher haben die Leistungserbringer (z. B. die Vertragsärzte) die Unterlagen entweder direkt dem MDK übersandt oder auf aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung über die Krankenkasse an den MDK übermittelt. Hierfür wurde das sogenannte Umschlagverfahren genutzt. Dabei werden die angeforderten Unterlagen in einem verschlossenen Umschlag mit dem Hinweis, dass die Unterlagen nur für den MDK bestimmt sind, an die Krankenkasse gesandt. Die Krankenkasse leitet den verschlossenen Umschlag dann an den MDK weiter. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit wiederholt beanstandet, dass das beschriebene Umschlagverfahren nicht eingehalten wird und Krankenkassen Kenntnis von Unterlagen erhalten, die nur für den MDK bestimmt sind. Deshalb hat der Gesetzgeber mit dem Krankenhausstrukturgesetz 2015 den § 276 Abs. 2 Satz 2 SGB V geändert. Die Neuregelung sieht vor, dass es zwar zur Vereinfachung des Verwaltungsablaufes weiterhin möglich ist, dass auch die Krankenkasse für den MDK personenbezogene Daten anfordern kann, der Rücklauf aber nur noch direkt an den MDK zu erfolgen hat. Damit wird sichergestellt, dass die Krankenkasse keine Kenntnis von den für die Begutachtung durch den MDK erforderlichen und nur für diesen bestimmten Daten erhält. - Wir fordern Evaluation: welche Unterversorgung ist entstanden, seit Brillen nicht mehr bezahlt werden? - Wir fordern Forschung und Entwicklung neuer Hilfsmittel! - Wir fordern zeitgemäße Produktgestaltung, das heißt Universelles Design! - Wir fordern die Öffnung des Begriffs "Hilfsmittel": jedes Produkt kann geeignet sein, eine Behinderung auszugleichen und muß dann auch von der Kasse bewilligt werden. Hier ist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu verweisen. Danach gilt, dass die Krankenversicherung nur den „Sonderbedarf“ von Kranken und Behinderten abdeckt. Hingegen ist ein Gegenstand, mag er auch Kranken und/oder Behinderten in hohem Maße helfen, nicht als Hilfsmittel der Krankenversicherung zu gewähren, wenn er schon von seiner Konzeption her nicht vorwiegend für Kranke und/oder Behinderte gedacht ist. Zur Ermittlung des Vorliegens der Eigenschaft eines Hilfsmittels der Krankenversicherung ist deshalb allein auf die Zweckbestimmung des Gegenstands abzustellen, die einerseits aus der Sicht der Hersteller (Zweckbestimmung des Produkts), andererseits aus der Sicht der tatsächlichen Benutzer (gesunde oder behinderte/kranke Menschen) zu bestimmen ist. Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt sowie hergestellt worden sind und die ausschließlich oder ganz überwiegend auch von diesem Personenkreis benutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Der Begriff des Hilfsmittels ist damit bereits jetzt sehr weit gefasst.


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    - Handbikes ins Hilfsmittelverzeichnis!


    Warum? Was ist die Konsequenz? Das Hilfsmittelverzeichnis hat keinen für den Individualanspruch der Versicherten bindenden Charakter. Das Verzeichnis ist systematisch strukturiert und thematisch in Produktgruppen, Produktuntergruppen, Produktarten und Einzelproduktbeschreibungen unterteilt. Auch wenn das Hilfsmittelverzeichnis Definitionen und Aussagen zu Leistungsrecht, medizinischen Indikationen, Produktanforderungen und –informationen sowie allgemeine Hinweise zur Verordnung enthält, so ist es dennoch nicht abschließend und stellt keine Positivliste, sondern vielmehr eine Handlungsempfehlung für alle Beteiligten im Versorgungsprozess dar. So etwa auch bestätigt durch die Hilfsmittelrichtlinien: „Das Hilfsmittelverzeichnis dient hierbei als Orientierungs- und Auslegungshilfe und bietet einen für Vergleichszwecke geeigneten Überblick.“ (§ 6 Abs. 5 der Hilfsmittel-Richtlinie). Ob also das Handbike im Verzeichnis enthalten ist oder nicht, spielt im speziellen Einzelfall keine Rolle. Wenn sich dem Versicherten z.B. mit einer vorhandenen Rollstuhlversorgung der Nahbereich nicht erschließt (Grundbedürfnis welches eine Hilfsmittelversorgung durch die GKV zur Folge haben kann) und das Handbike wird gerade dafür beantragt und nicht für die Zurücklegung von Freizeitwegen oder als Fahrradersatz (beides kein Grundbedürfnis), dann muss das Handbike auch als Hilfsmittel der GKV geleistet werden, wenn es nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt ist.

    Grundsätzlich müssen hier die Zuzahlungen und Eigenanteile der Versicherten von den sogenannten "wirtschaftlichen Aufzahlungen" unterschieden werden.


    Zuzahlungen: Hilfsmittel sind für den Versicherten in Form einer Sachleistung zur Verfügung zu stellen mit der eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung gewährleistet wird. Gemäß § 61 in Verbindung mit § 33 SGB V hat grundsätzlich jeder Versicherte, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, zu jedem Hilfsmittel eine Zuzahlung zu leisten. Hierbei ist zwischen zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln und nicht zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln zu unterscheiden. Grundlage für die Berechnung der Zuzahlung ist der von der Krankenkasse zu übernehmende Betrag, also der von der Kasse an den Leistungserbringer gezahlte Vertragspreis gemäß § 127 SGB V. Vertagspreis bedeutet, dass der Leistungserbringer als r den Vertrag mit der Krankenkasse abgeschlossen hat, dass er das Hilfsmittel mit allen Nebenleistungen (siehe unten), also die gesamte Versorgung so zur Verfügung stellen muss, dass der Versicherte keine "wirtschaftliche Aufzahlung" Leisten muss.
    Die Zuzahlung berechnet sich aus den Kosten für die gesamte Versorgung für das jeweilige Hilfsmittel, also unter Einbeziehung aller Kosten für Zubehör-, Zurüst- oder Zusatzteile sowie die Auslieferung, Anpassung oder Erprobung des Hilfsmittels. Preise für Hausbesuche und Wegegeld werden ebenfalls dem Preis für das Hilfsmittel zugeschlagen, da sie dazu dienen, das Hilfsmittel gebrauchsfertig zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch für Verbrauchsmaterialien, die im - ggf. vertraglich vereinbarten – Lieferumfang eines nicht zum Verbrauch bestimmten Basisproduktes enthalten sind und in einer Versorgung ausgeliefert werden. In diesem Fall wird für das Verbrauchsmaterial keine gesonderte Zuzahlung berechnet. Die Kosten werden der Grundleistung (dem Grundprodukt) zugeschlagen und die Zuzahlung gemäß den Regelungen für nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel berechnet. Diese gesetzliche Zuzahlung liegt - voreiligen wenigen Ausnahmen abgesehen - zwischen 5 Euro und maximal 10 Euro. Besondere Regelungen gibt es z.B. für paarweise Versorgungen (etwa bei orthopädischen Schuhen). Zuzahlungen sind also per Gesetz vorgeschrieben und dürfen nicht erlassen werden. Die Zahlung wird direkt an den Leistungserbringer (z.B. Sanitätshaus) gezahlt, dieser verrechnet diese Summe dann mit der Krankenkasse.


    Wirtschaftliche Aufzahlung: Grundsätzlich ist es der Krankenkasse nicht möglich und auch nicht erlaubt, zusätzliche Leistungen die über das Maß des Notwendigen hinausgehen zu übernehmen, denn gemäß § 12 Absatz 1 SGB V heißt es, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und sie das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. § 33 SGB V erlaubt aber dem Versicherten den Bezug eines höherwertigen Hilfsmittels bzw. zusätzlicher Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen (also nicht erforderlich wären, sogenannte Luxusversorgung), wenn er die Mehrkosten selbst trägt. Diese Zahlung wird direkt vom Versicherten an den Leistungserbringer geleistet und als ‚wirtschaftliche Aufzahlung‘ bezeichnet. wirtschaftliche Aufzahlungen sind also Zahlungen für Leistungen die der Versichert zusätzlich zur Hilfsmittelleistung (das was die Krankasse bis auf 5 - 10 Euro übernimmt) bestellt.


    Da vielen Menschen dieser Unterschied nicht bekannt ist, verlangen Leistungserbringer häufig nur eine zusätzliche Zahlung und bezeichnen diese insgesamt (also Zuzahlung und wirtschaftliche Aufzahlung) als "Zuzahlung". Es ist ja auch einfach für den Leistungserbringer, den schwarzen Peter auf die Krankenkassen zu schieben und dann zu behaupten, die Kasse würde das Hilfsmittel nur zum Teil erstatten. Oftmals werden aber gar keine zusätzlichen Leistungen vom Versicherten bestellt oder gewollt, sondern nur das "Kassenprodukt" abgegeben und auf diesem Weg der Gewinn für den Leistungserbringer angehoben. Sollte man Ihnen also solch eine "Zuzahlung" in Rechnung stellen, fragen Sie genau nach, wofür diese zu leisten ist. Fragen Sie sodann bei der Krankenkasse nach, ob dies eine gesetzliche Zuzahlung oder eine wirtschaftliche Aufzahlung ist. Denken Sie immer daran, die Krankenkasse muss Ihnen eine ausreichendes und zweckmäßiges Hilfsmittel mit allen notwendigen Eigenschaften und Funktionen zur Verfügung stellen. Wenn Sie nicht mehr verlangen, brauchen Sie auch keine zusätzlichen Zahlungen leisten.


    Ulrike, in Ihrem Beitrag führen Sie das Beispiel der Kompressionsstrumpfhose an. Diese muss Ihnen (wie die ärztliche Verordnung es auch vorsieht) als Maßprodukt aufzahlungsfrei (bis auf die o.g. gesetzliche Zuzahlung) vom Sanitätshaus zur Verfügung gestellt werden. Dazu hat sich das Sanitätshaus vertraglich mit der Krankenkasse verpflichtet. Wenn der ausgehandelte Betrag aber für das Sanitätshaus nicht kostendeckend ist, so darf man dies nicht auf Sie abwälzen, dass ist einzig und allein zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer zu klären. Ihr Anspruch besteht weiterhin auf ein vollständiges und funktionsfähiges Hilfsmittel und wenn erforderlich, auch in Maßanfertigung. Diese durch die Krankenkassen oftmals geduldete und von den Leistungserbringern durchgeführte Art der Quersubventionierung auf Kosten der Patienten ist nicht zu tolerieren, zerstört letztendlich das Solidaritätsprinzip der Krankenkasse und setzt nur eine Preisspirale in Gang, die allein zu lasten der Versicherten geht. Wie Herr Welti schon vollkommen korrekt angeführt hat, für Sie ist die Krankasse der Ansprechpartner. Weisen Sie das Sanitätshaus auf diesen Umstand hin. Wird weiter eine Aufzahlung über die gesetzliche Zuzahlung hinaus verlangt, informieren Sie ihre Krankenkasse und verlangen Sie eine aufzahlungsfreie Versorgung, wie sie gemäß § 33 SGB V vorgesehen ist.

    Für den Bereich der GKV möchte ich noch ein wenig präzisieren: Denn es ist zu beachten, dass die Hilfsmittelrichtlinien den Anspruch des Einzelnen nicht abschießend begrenzen, so das BSG bereits in einem Urteil aus 1997.

    In direkter Konsequenz aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln zunächst nur die Grundausstattung in einfacher Stückzahl. Eine Mehrfachausstattung sollte aber immer dann vorgenommen werden, wenn das Hilfsmittel aus hygienischen Gründen ständig oder häufiger gewechselt werden muss bzw. Zwischenreinigungen erforderlich sind (z. B. Trachealkanülen bei einem tracheotomierten Patienten). Ferner kann eine Mehrfachausstattung mit einem typengleichen Hilfsmittel angezeigt sein, wenn sich dies wegen der besonderen Beanspruchung durch den Anwender als zweckmäßig und wirtschaftlich erweist. Zum Beispiel, wenn das Hilfsmittel so stark beansprucht wird, dass ein regelmäßiger Austausch erforderlich ist. Eine Ausstattung mit einem weiteren Hilfsmittel derselben Art kann auch dann vorzunehmen sein, wenn den Bedürfnissen des Betroffenen mit einem Hilfsmittel nicht ausreichend Rechnung getragen werden kann. Auch aus Gründen der Sicherheit kann eine Mehrfachversorgung sinnvoll sein. So ist z. B. bei von Beatmungsgeräten abhängigen Patienten die Beatmungsmaschine in doppelter Anzahl zur Verfügung zu stellen, damit im Falle eines Gerätedefektes jederzeit auf ein Ersatzgerät gewechselt werden kann.Denkbar wäre auch eine Mehrfachausstattung wenn das Hilfsmittel an verschiedenen Orten eingesetzt werden muss (beispielsweise in der Schule und in der Häuslichkeit) aber nicht zwischen diesen Orten transportiert werden kann (z. B. ein Therapiestuhl).


    Eine Mehrfachausstattung ist aber in der GKV in der Regel nicht möglich, wenn das Produkt beispielsweise in einem Ferienhaus benötigt wird. Hier wäre zu prüfen ob das Maß des Notwendigen überschritten wird. Es stellt sich also die Frage, ob ein "Urlaubsanspruch" besteht und ob dann die GKV diesen Anspruch erfüllen muss. Ein Behinderter hat also einen Anspruch auf eine Doppelversorgung mit Hilfsmitteln, wenn der erforderliche Behinderungsausgleich im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse nicht anders erfüllt werden kann. Es muss damit das gesamte alltägliche Leben betroffen sein. Ob das für eine Urlaubssituation oder einen Zweitwohnsitz zutrifft, muss wohl im Einzelfall geprüft werden.

    Das Wirtschaftlichkeitsgebot bezieht sich zunächst auf den konkreten Einzelfall. Danach müssen die Hilfsmittel wirksam und wirtschaftlich erbracht werden und dürfen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Die Hilfsmittel müssen ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sein. Im Einzelfall heißt das, jedes beantragte Hilfsmittel muss in vier Schirrten geprüft werden.
    1. Schritt: Notwendigkeit
    Das stets zu beachtende Maß des Notwendigen verbietet ein Übermaß nach Art und Umfang der Leistungen. Es gebietet aber auch das zur Zielerreichung Notwendige einzusetzen.Das heißt es muss sehr genau im Einzelfall geschaut werden, was wirklich benötigt wird, um das Versorgungsziel zu erreichen. Dabei muss sich das Versorgungsziel an den Aufgaben der GKV orientieren, so muss z. B. bei einem mittelbaren Behinderungsausgleich stets mindestens ein Grundbedürfnis betroffen sein. Ist dies nicht der Fall, liegt keine Notwendigkeit der Versorgung mit einem behinderungsausgleichenden Produkt vor und das Hilfsmittel darf nicht geleistet werden. Andererseits muss die GKV auch alle erforderlichen Grundbedürfnisse ermöglichen und darf sich z. B. nicht nur auf ein Grundbedürfnis zurückziehen und nur für einen Teilbereich die Leistung gewähren. Beispiel: Ein Versicherter benötigt zum Gehen in der Wohnung eine Gehhilfe. Mobilität in der Wohnung ist ein Grundbedürfnis, das Gehen selbst ist auch ein Grundbedürfnis. Folglich besteht eine Notwendigkeit zur Versorgung mit Gehhilfen, wenn eine Behinderung vorliegt, die das Gehen nicht erlaubt.


    2. Prüfschritt: Ausreichende Versorgung
    Ein Hilfsmittel ist immer dann ausreichend wenn es nach Art der Ausführung und Umfang der Versorgung genügt, um die jeweilige Zielsetzung zu erreichen. Damit ist neben einer Begrenzung nach oben (d.h. nicht zu viel) auch eine Begrenzung nach unten (d.h. nicht zu wenig) durch den Begriff ausreichend definiert. Grundsätzlich gilt für alle Leistungen der GKV, dass ‚mehr’ nicht zulässig ist, wenn geringere Leistungen ausreichend sind, das Versorgungsziel zu erreichen.Umgekehrt gilt, dass ‚weniger’ Leistungen nur dann zulässig sind, wenn das Notwendige überschritten wird. Damit ist der Begriff nicht, wie häufig interpretiert, im Sinne der Schulnote 4 (gerade eben noch erreicht) zu verstehen ist, sondern vielmehr als ‚exakt und auf den Punkt genau’. Denn nur dann kann das leistungsbegründende Versorgungsziel überhaupt im notwendigen Maße erreicht werden.Zur Bestimmung, ob eine Versorgung ausreichend ist, werden alle GKV-relevanten Versorgungsziele den Eigenschaften des Hilfsmittel gegenüber gestellt. Können nicht alle der Versorgungsziele durch das Hilfsmittel bedient werden, wäre die Versorgung noch nicht ausreichend. Zugleich wird geprüft, ob die Leistungen des Hilfsmittels über das Hinausgeht, was die GKV leisten muss. Dies wäre dann nicht Notwendig und damit mehr als ausreichend. Ausreichend heißt, dass eine punktgenaue Versorgung erzielt werden muss.
    Hinwies: Die Kosten eines Hilfsmittels spielen bei der Bestimmung, ob das Produkt ausreichend ist, zunächst nur eine untergeordnete Rolle. Hier geht es zunächst um eine reine Betrachtung des Erreichens der Versorgungsziele und die Kosten werden später betrachtet. Beispiel: Der o.g. Versicherte wäre mit einem Gehstock in der Wohnung gut ausgestattet, er kann dort sich frei bewegen. Allerdings hat er nicht genügend Kraft sich im Bad auf den nassen Fliesen mit nur einer Hand am Gehstock zu halten. Der Gehstock wäre also nicht ausreichend. Ein Rollatom könnte dies leisten, hat aber auch die Funktion, das Gehen im Außenbereich zu ermöglichen. Das ist aber gar nicht das Versorgungsziel. Der Rollator wäre also zu viel, er wäre mehr als ausreichend. Zur Auswahl könnte aber ein Gehgestell kommen. Dies ermöglicht das Gehen in der Wohnung und bietet auch im Bad einen sicheren Halt. Genauso auch eine Mehrfußgehhilfe. Stellt sich also die Frage, welches der beiden Produkte zweckmäßiger ist.


    3. Prüfschritt: Zweckmäßigkeit
    Zweckmäßig ist, was nach seiner Wirkung geeignet ist, das Versorgungsziel zu erreichen. Dies erfordert, dass die Eigenschaften des von Ihnen ausgewählten Hilfsmittels nachweisbar ermöglichen, das Ziel zu erreichen, d.h. es muss ein Wirksamkeitsnachweis für den Einzelfall vorliegen. D.h. hier wird die Auswahl die bisher noch recht pauschal verlief, auf den individuellen Fall und seine Umstände bezogen. Zweckmäßigkeit definiert also die Eigenschaften eines Hilfsmittels exakt um das Versorgungsziel auch zu erreichen. Beispiel: Das Gehgestell "funktioniert" zwar im Sinne des sicheren Gehens, erlaubt es aber nicht in der engen Wohnung sich zu bewegen. In der Küche im WC ist es zu eng für ein Gehgestell. Das Produkt ist nicht zweckmäßig. Die Mehrfußgehhilfe hat diese Nachteile aber in unserem Fall nicht, sie ist hier zweckmäßig, weil sie ein sicheres Gehen und Stehen (auch im Bad) erlaubt. Das Gehen in der Wohnung ist ohne Sturzgefahr möglich, sie ist vom Versicherten gut zu nutzen. Das Produkt ist zweckmäßig.


    4. Prüfschritt: Wirtschaftlichkeit
    Von allen ausreichenden und gleichzeitig auch zweckmäßigen Produkten muss nun das wirtschaftlichste Produkt ausgewählt werden. Jetzt erst wird also auf den Preis geschaut und das günstigste (unter Berücksichtigung der Folgekosten, der Qualität, der Lebensdauer usw.) Produkt ausgewählt.


    Soweit die Theorie. In der Praxis wird das Wirtschaftlichkeitsgebot leider häufig mit "billig" gleichgesetzt. Das ist aber nicht korrekt, siehe oben. Das Wirtschatlichkeitsgebot verlangt nämlich, das neben dem Preis auch die Qualität der Versorgung (Zielerreichung, Zweckmäßigkeit) berücksichtigt werden muss, denn sonst geht die durch § 33 SGB V geforderte Versorgung im Einzelfall verloren, es würde pauschaliert versorgt werden (im Beispiel: Alle Gehbehinderten bekommen einen Gehstock). Dies ist oftmals die Folge einer einer schlechten - weil pauschalierenden - Ausschreibung. Findet die Ausschreibung erst nach Schritt 4 statt, wird sie funktionieren, das günstigste Produkt wird aus allen geeigneten Produkten ausgewählt. Findet die Ausschreibung aber - wie meist in der Praxis vorkommend - vor Schritt 1 statt, wird pauschaliert und nur einige wenige Versicherte werden mit dem Produkt auf den Punkt genau und zweckmäßig versorgt. Besonders ungünstig ist es, wenn die Ausschreibung sich - wie so oft in der Praxis - auf das Hilfsmittelverzeichnis bezieht und Produkte auf den Ebenen der Produktgruppe (Zweisteller) oder Produktuntergruppe (Sechssteller) ausgeschrieben werden. Die in den jeweiligen Gruppen zusammengefassten Produkte sind nämlich nicht gleichartig und gleichwertig und können nicht beliebig gegeneinander ausgetauscht werden. Ein Ausschreibungsgewinner müsste also alle Produkte einer Gruppe anbieten, damit dann ausreichend und zweckmäßig versorgt werden kann. Meist beiten die Gewinner aber nur ein oder zwei Produkte an. Damit ist eine individuelle Versorgung nicht möglich. Und selbst wenn die Ausschreibung auf Produktartebene (Siebensteller) erfolgt, ist dies oftmals noch zu pauschalierend. Beispiel Dekubitusversorgung: Jedes Produkt in einer Produktart der PG 11 "Hilfsmittel gegen Dekubitus" hat spezifische Eigenschaften, die oftmals von anderen Produkten nicht erfüllt werden. Ein Ausschreibungsgewinner müsste also wieder alle Produkte einer Art anbieten, was i.d.R. nicht möglich ist.
    Ausschreibung sind zwar ein Instrument billige Produkte einer zuvor definierten Kategorie zu ermitteln, nicht aber und er Lage eine wirtschaftliche Versorgung im Sinne einer notwendigen, ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung zu gewährleisten. Dies geht nur, wenn die Ausschreibung nicht zu sehr pauschaliert ist und genügend Auswahl an Produkten gestattet. Dies wird nur bei den allerwenigsten Hilfsmitteln überhaupt möglich sein.

    Fazit: Ich lese aus Ihren Fragen die weit verbreitete Meinung, dass der MDS alleine und eigenverantwortlich das Hilfsmittelverzeichnis und die Anforderungen and ei Produkte darin erstellt. Auch wird oft angenommen das der MDS stets alle Produkte die indes Verzeichnis aufgenommen werden strengen Laborprüfungen oder Studien unterzieht. Dies ist aber alles falsch. Allein der GKV-Spitzenverband bestimmt die Inhalte des Hilfsmittelverzeichnisses. Dabei kann er sich vom MDS beraten lassen. Letztendlich trifft er aber alleine und auf Basis aller vorliegenden Erkenntnisse eine Entscheidung. Und dabei ist die Meinung, d.h. das Beratungsergebnis des MDS, sicherlich nur ein Argument von vielen anderen Aspekten, die der GKV-SV (hoffentlich) heranzieht.

    Vielen Dank für Ihre umfangreichen Fragen.


    Frage:

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    welche Daten haben der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) und der Medizinische Dienst beim GKV-Spitzenverband (MDS) zur Qualität von Hilfsmitteln?


    Antwort: Sowohl der MDK als auch der MDS haben auch nur die Daten zur Hilfsmittelqualität die z.B. über Literatur, Fachveröffentlichungen usw. publiziert werden. Weder der MDK noch der MDS erheben systematisch Daten zur Produktqualität. Zum einen fehlt dazu der gesetzliche Auftrag, zum anderen besteht dazu auch keine Möglichkeit, diese zu erheben. Ein Auftrag des MDS ist es, den GKV-Spitzenverband bei er Erstellung des Hilfsmittelverzeichnisses zu beraten, sofern der GKV-Spitzenverband danach verlangt. In diesem Zusammenhang werden dem MDS vom GKV-Spitzenverband häufig Produktunterlagen der Hilfsmittelhersteller vorgelegt. Der MDS bewertet diese Unterlagen und spiegelt das Ergebnis dem Auftraggeber wieder. Der GKV- Spitzenverband entscheidet dann jeweils im Einzelfall über das zugrundeliegende Produkt oder über notwendige Konsequenzen im Hilfsmittelverzeichnis. Aus diesen Herstellerunterlagen könnte zwar eine Einschätzung der Qualität von Produkten vorgenommen werden, doch ist dies keine systematische Betrachtung in der Art, dass man etwa sagen könnte, die Qualität der Produkte hat sich über die letzten Jahre verbessert oder verschlechtert. Hierzu müssten die Daten systematisch ausgewertet werden. Dies ist aber wiederum vom Auftraggeber bisher nicht gewünscht und als Eigentümer der Daten bestimmt der GKV-SV auch, was damit passiert darf (oder eben nicht passiert). Mein persönlicher und subjektiver Eindruck ist, dass die Qualität von Produkten sich nicht per se verschlechtert hat, sondern vielmehr über all die Jahre mehr oder weniger konstant geblieben ist. Allerdings gibt es immer mal wieder Ausreisser nach oben und unten.


    Frage:

    Zitat

    Führen Sie selbst Produkttests durch, etwa in der Art der Stiftung Warentest?


    Antwort: Nein, weder der MDK noch der MDS sind dazu in der Lage. Bei o.g. Prüfung für den GKV-Spitzenverband werden lediglich die vom GKV-SV vorgelegten Herstellerunterlagen bewertet und auf dieser Basis dem GKV-SV eine Einschätzung als Beratungsgrundlage zum Produkt übergeben. Alle weiteren Entscheidungen, etwa externe Prüfungen in einem Labor zu veranlassen, liegen dann allein im Ermessen des GKV-SV. Der MDS kann dies nicht verlangen, sondern nur empfehlen.


    Frage:

    Zitat

    Spricht etwas dagegen, diese Daten zu veröffentlichen?


    Antwort:
    Ja, der MDS darf die Daten nicht veröffentlichen. Sie sind Teil eines Verwaltungsverfahrens, dass vom GKV-Spitzenverband betrieben wird. dieser hat auch die Datenhoheit.


    Frage:

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    Die meisten Hersteller von Aktiv-Rollstühlen geben eine erwartbare Lebensdauer von fünf Jahren an, andere dagegen sechs oder sogar acht Jahre. Das sollte doch in der Versorgung und in den Vertragsverhandlungen zwischen den Kassen und den Sanitätshäusern eine Rolle spielen. Dürfen also die haltbareren Rollstühle um die entsprechenden 20 % (oder sogar mehr) teurer sein, als die anderen?


    Antwort: Seien sie bitte immer vorsichtig mit Aussagen zur Lebensdauer. Gerade bei den mechanisch oft intensiv belasteten Rollstühlen hält die Lebensdauer sehr stark von der jeweiligen Nutzung ab. Sofern die Hersteller hier Angaben machen, wäre immer auch zu hinterfragen, unter welchen Umständen sie diese Lebensdauer ermittelt haben. Sofern ein Hersteller aber eine längere Lebensdauer für sein Produkt reklamiert, sollten auch die Prüfumstände die zu dieser Aussage geführt haben benannt werden. Leider fehlen diese oftmals. Aber wenn belegbar ist, dass ein Rollstuhl "besser" ist als ein anderes Modell, dann halte ich es auch für gerechtfertigt hierfür ggf. auch in den Vertragsverhandlungen einen höheren Preis zu verlangen. Nicht zuletzt verlangt der Gesetzgeber ja gerade deshalb in Referentenentwurf zum HHVG, stärker die Qualität der Produkte zu betrachten.


    Frage:

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    Wer legt die Qualitätsanforderungen für Hilfsmittel fest?


    Antwort: Der GKV-Spitzenverband (vgl. § 139 SGB V)


    Frage:

    Zitat

    Wie erfahren die NutzerInnen von solchen Qualitätskriterien?


    Antwort: Nur über das Hilfsmittelverzeichnis. Hier sind auf der Ebene der Produktuntergruppen (sogenannter Sechssteller) die Anforderungen des GKV-Spitzenverbands niedergeschrieben.


    Frage:

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    In den letzten Jahrzehnten sind Krücken ("Unterarmgehstützen") wesentlich schwerer geworden. Ich lese, jede einzelne soll einer Belastung von 150 kg Körpergewicht standhalten. Durch ihr hohes Gewicht werden sie aber unbrauchbar für schwache Menschen - die vielleicht nur 50 oder 60 kg wiegen. Die Annahme, daß ein Mensch mit 150 kg Gewicht akrobatische Übungen auf einer einzigen Krücke ausüben sollte, scheint mir nicht maßgeblich. (Und wenn, gäbe es für sie extra XXL-Krücken.) Die Kategorie der leichteren "Damenkrücken" scheint dagegen weitgehend ausgestorben. (Es gibt also Beispiele dafür, daß es sinnvoll sein kann, auch vorgeblich "veraltete" Produkte im Hilfsmittelverzeichnis zu belassen.)


    Antwort: Der Wert von 150 kg ist mir nicht nachvollziehbar. Dies stellt sicherlich keine Anforderung aus dem Hilfsmittelverzeichnis dar. Hier werden keine Mindestwerte für die Belastbarkeit vorgegeben. Es können also auch Unterarmgehstützen mit geringeren Maximalbelastungen in das Verzeichnis aufgenommen werden. Das maximale Gewicht der Gehstützen ist dagegen im Hilfsmittelverzeichnis auf 1,2 kg festgelegt. Nachlesen können Sie das z.B. hier: https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/HimiWeb/produktartAnzeigen_input.action?artId=332 und hinter dem Wort "Untergruppe" mit der Maus über das Wort "Unterarmgehstütze" fahren. Klicken Sie dann auf das Fragezeichen. Bei der Bewertung der maximalen Belastung dürfen Sie aber nicht alleine vom Gewicht des Nutzers ausgehen. Vielmehr müssen hier auch die Kräfte bedacht werden, die aus der Bewegung heraus auf das Hilfsmittel wirken (dynamische Last) und so kann es durchaus sein, dass bei einem aktiven Geher mit 100 kg Körpergewicht wesentlich höhere Kräfte an der Gehhilfe auftreten, sie also höher belastbar sein muss. Aber Sie haben natürlich recht, dafür gibt es dann ja auch spezielle, höher belastbare Produkte. Diese Belastungsgrenzen legt im übrigen alleine der Hersteller fest. Warum die sogenannte "Damenkrücke" vom aussterben bedroht ist, kann ich nicht beurteilen. Ich denke aber, dass - wie immer - die Nachfrage den Markt bestimmt und die Verträge möglichst universell einsetzbare Produkte vorsehen. Das durch diese mögliche Pauschalierung dann aber die individuelle Versorgung leidet, ist sicherlich unbestritten.


    Frage:

    Zitat

    Ein weiteres Beispiel: Treppenlifte, lese ich, müssen mit einer "Totmann"-Schaltung ausgestattet sein. Das macht sie unbrauchbar für Menschen, die nicht die ganze Zeit, während der Lift im vorgeschriebenen Schneckentempo fährt, den Knopf gedrückt halten können.
    Dem liegt doch keine nachvollziehbare Risiko-Analyse zugrunde, oder? Es gäbe doch Sensoren, die bei einem Hindernis automatisch halten lassen. Oft wird bereits ein Not-Halt-Knopf ausreichend sein.


    Antwort: Die Hersteller der Hilfsmittel (i.d.R auch Medizinprodukte) müssen gemäß medizinprodukterechtlicher Vorschriften stets auch das Risiko ihrer Produkte bewerten. Diese Risiko-Analyse ist auch Teil des Konformitätsbewertungsverfahrens zur Vergabe des CE-Zeichens. Sofern ein Hersteller aufgrund der Konstruktion und der vorgesehenen Zweckbestimmung des Produkts zur Erkenntnis kommt, dass spezielle Sicherheitsvorkehrungen (z.B. Totmannschalter) entbehrlich sind und dies auch nachvollziehbar darlegen kann, wird solch ein Schalter auch nicht vorgeschrieben. Doch ist es wahrscheinlich einfacher den anderen Weg zu gehen und stets zu sagen, der Schalter ist erforderlich,weil dann andere Sicherheitsvorkehrungen (wie eine geeignete Sensorik) entbehrlich sind. Forderungen an die Sicherheit der Produkte werden Sie im übrigen auch nicht im Hilfsmittelverzeichnis finden, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass alle Medizinprodukte die ein CE-Zeichen tragen, per se sicher sind (vgl. § 139 Abs.5 Satz 1 SGB V.


    Frage:

    Zitat

    Liegt den technischen Standards für Produkte für Menschen mit Behinderung zuweilen ein fragwürdiges Menschenbild zugrunde, als seien sie durch ihre Gruppenzugehörigkeit allesamt zu normalem Handeln unfähig?



    Antwort: Diese Frage müssen Sie den Herstellern der Medizinprodukte stellen. Diese entwickeln die Produkte und benennen auch gemäß Medizinproduktegesetz die Zweckbestimmung sowie den Nutzerkreis.


    Frage:

    Zitat

    Wie kann der MDK/MDS NutzerInnen von Hilfsmitteln in die Entwicklung von Anforderungsprofilen einbeziehen?
    (Vielleicht tut er das bereits in großem Umfang und an maßgeblicher Stelle?)


    Antwort: Der MDS/MDK kann dies gar nicht. Weder der MDS noch der MDK entwicklen Anforderungsprofile. Die im Hilfsmittelverzeichnis aufgestellten Anforderungen werden alleine auch den GKV-Spitzenverband erstellt. Er kann sich dabei - muss es aber nicht und tut es auch oftmals nicht - vom MDS/MDK beraten lassen. Welche Konsequenzen aber aus der Beratung gezogen werden, ist alleine Entscheidung des GKV-SV. Der GKV-SV könnte sich auch von z.B. Organisationen der Selbsthilfe beraten lassen. Dies wäre sicherlich ein guter Weg die speziellen Bedürfnisse und Erfahrungen der echten "Behinderungsexperten", nämlich der Betroffenen, mit in die Diskussion einzubringen. Ob der GKV-SV aber diesen Weg geht, liegt wiederum alleine in seinem Ermessen.

    Frau Cordes liegt da richtig. Aber es gilt natürlich trotzdem, dass Sie weiter einen Anspruch auf Versorgung mit einem funktionsfähigen Hilfsmittel haben (ich gehe davon aus, dass dieser Anspruch auch vorher schon wegen einer Behinderung bestand und auch weiter besteht). D.h der zuständige Kostenträger, z.B. die Krankenkasse bei einem Anspruch nach § 33 SGB V, muss zunächst erst mal für die Reparatur sorgen bzw. Ersatz zur Verfügung stellen. Ob sich dann der Kostenträger später ggf. die Kosten wiederum erstatten lässt, wäre separat zu klären. Sicherlich hängt dies aber auch stark vom Einzelfall ab.

    Der Blindenführhund stellt ja eine ganz spezielle und sicherlich auch die bekannteste Art der Assistenzhunde dar. Blindenführhunde werden im Bereich der GKV als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V angesehen, wenn sie denn vom blinden Versicherten benötigt werden, um die Mobilität im Bereich der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens auszugleichen. Sie finden dazu detaillierte Regelungen, etwa Aussagen zu Folgekosten wie Futter, Tierarztkosten usw., im Hilfsmittelverzeichnis im Rahmen der Produktgruppe 99. Auch wenn die Ausführungen im Hilfsmittelverzeichnis für den Einzelfall unverbindlich sind, kann aber daraus doch abgelesen werden, dass die GKV grundsätzlich eine Leistungspflicht für diese Art von Assistenzhunden sieht.

    Eine erste Übersicht, was ein Hilfsmittel sein kann, findet sich im Hilfsmittelverzeichnis der GKV. Allerdings sind hie längst nicht alle Möglichkeiten aufgeführt, da ja immer im Einzelfall zu entscheiden ist, ob das begehrte Produkte ein Hilfsmittel ist. Allerdings kann bei im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführten Produkten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch für den Einzelfall davon ausgegangen werden, dass eine Hilfsmitteleigenschaft vorliegt. Das offizielle Verzeichnis finden Sie hier: https://hilfsmittel.gkv-spitze…nd.de/HimiWeb/home.action


    Eine weiter Übersicht bietet die Datenbank REHADAT. http://www.rehadat-hilfsmittelportal.de/de/ Hier sind bereits wesentlich mehr Produkte als im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt, allerdings haben Sie hier den Nachteil, dass viele Produkte nicht leistungsrechtlich eingeschätzt werden, so dass immer ein gewisser Unsicherheitsfaktor besteht.


    In der Datenbank des Walhalla-Verlags "Therapien und technische Hilfen - TTH" http://www.walhalla.de/produkte/99/9911 finden Sie zum einen Produkte des Hilfsmittelverzeichnis (HMV) aber auch neue Hilfsmittel die im HMV noch nicht aufgeführt sind. Vorteilhaft ist hier, dass alle Produkte auch leistungsrechtlich eingeschätzt und bewertet und soweit wie möglich der Struktur des HMV zugeordnet werden. Zudem werden weitere Informationen (etwa zur Zuzahlung oder zu technischen Eigenschaften) gegeben.

    Ziel der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln ist die Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 1 Satz 1 SGB IX). Im Rahmen dieser für alle behinderten Menschen (vgl. die Definition in § 2 Abs 1 SGB IX) geltenden Bestimmungen ist die gesetzliche Krankenversicherung allerdings nur innerhalb ihres Aufgabengebietes medizinische Rehabilitation und unter ihren besonderen Voraussetzungen (vgl. § 7 SGB IX) zur Gewährung von Hilfsmitteln verpflichtet.


    Auch bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich (z.B. Prothese oder Hörgerät) gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot, auch wenn das BSG hier festgestellt hat, dass ein Aufschluss zum gesunden Menschen möglich sein muss.


    Der Gebrauchsvorteil eines Hilfsmittels und auch eines Hörgeräts hängt , maßgebend von den körperlichen und geistigen Voraussetzungen des Behinderten und seiner persönlichen Lebensgestaltung ab. Nicht jeder Betroffene ist in der Lage, die Gebrauchsvorteile eines jeden Hörgeräts zu nutzen; dann fehlt es an der Erforderlichkeit dieses speziellen Hilfsmittels. Die Versorgung mit einem besseren Hörgerät kann daher nur derjenige beanspruchen, der im Alltagsleben dadurch deutliche Gebrauchsvorteile hat. Sind die im Lebensalltag erzielbaren Gebrauchsvorteile gegenüber den bislang verwendeten Hörgeräten erheblich und wirken sich bei zahlreichen Aktivitäten im Alltagsleben positiv aus, bestände als ein Anspruch auf "Besserversorgung" oder eben dem o.g. "Mehr".Dann kann sich zur Abwendung ihrer Leistungspflicht die Kasse auch nicht auf die erheblichen Mehrkosten dieser Versorgung berufen, denn zwischen den Kosten und dem Gebrauchsvorteil des Hilfsmittels muss eine "begründbare Relation" bestehen. D.h. wenn der zusätzliche Gebrauchsvorteil des Hilfsmittels im Alltagsleben eher gering wäre, die dafür anfallenden Kosten im Vergleich zu einem bisher als ausreichend angesehenen Versorgungsstandard aber als unverhältnismäßig hoch einzuschätzen sind, bestände kein Anspruch auf das "Mehr". Dies schließt etwa eine Leistungspflicht der Krankenversicherung für solche Innovationen aus, die nicht die Funktionalität, sondern in erster Linie Bequemlichkeit und Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels betreffen. Die Verbesserungen durch das neuartige Hilfsmittel dürfen eben nicht nur in einer größeren Bequemlichkeit, auf die ohne Nachteil für die Funktions verzichtet werden könnte, bestehen.

    Dies hängt von der Art und Weise der Hilfsmittelverordnung im Einzelfall ab. Es können zwei grundlegende Konstellationen unterschieden werden. Für den Bereich der GKV wird dies durch die Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (kurz Hilfsmittel-Richtlinie, HilfsM-RL) erläutert. Bei den folgenden Ausführungen gehe ich davon aus, dass das begehrte Hilfsmittel (A) notwendig, ausreichend und auch zweckmäßig ist, d.h. das ein Leistungsanspruch im Sinne des § 33 SGB V besteht.


    Gemäß § 6 Abs. 4 und 5 HilfsM-RL ist bei der Verordnung von Hilfsmitteln der Grundsatz von Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (vgl. § 12 SGB V) zu beachten. Vor der Verordnung eines Hilfsmittels (A) soll daher geprüft werden, ob entsprechend dem Gebot der Wirtschaftlichkeit das angestrebte Behandlungsziel durch andere Maßnahmen (= anderes Hilfsmittel B) erreicht werden kann. Wenn dem so wäre, d.h. wenn ein anderes Hilfsmittel (B) wirtschaftlicher und ebenfalls ausreichend und zweckmäßig wäre, bestände für das erste Hilfsmittel (A) kein Leistungsanspruch. Von gleichartig wirkenden Hilfsmitteln (A + B) ist nämlich gemäß Hilfsmittelrichtlinie im Rahmen der Indikationsstellung das nach Art und Umfang dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprechende zu verordnen.


    Das Hilfsmittelverzeichnis dient hierbei als Orientierungs- und Auslegungshilfe und bietet einen für Vergleichszwecke geeigneten Überblick, so die Hilfsmittelrichtlinie. D.h. alle Hilfsmittel in einer Produktart werden in der Regel als gleichartig und gleichwertig und damit gegeneinander austauschbar gesehen (so. z.B. im Bereich der aufsaugenden Inkontinenzversorung). Eine Ausnahme stellen aber z.B. Beatmungsgeräte oder CPAP-Therpaiegeräte der Produktgruppe 14 dar. Auch wenn diese in einer Produktart aufgelistet sind, können diese nicht ohne weiteres gegeneinander getauscht werden.


    1. Konstellation - Produkte sind gleichartig und gleichwertig, können gegeneinander getauscht werden (A = B)


    § 7 Abs. 3 HilfsM-RL bestimmt zunächst, dass bei der Verordnung eines Hilfsmittels, das im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt ist, entweder die Produktart entsprechend dem Hilfsmittelverzeichnis genannt oder die 7-stellige Positionsnummer angegeben werden soll (austauschbare Produkte). Das Einzelprodukt wird dann grundsätzlich vom Leistungserbringer (z.B. Sanitätshaus) nach Maßgabe der mit den Krankenkassen abgeschlossenen Verträge zur wirtschaftlichen Versorgung mit der oder dem Versicherten ausgewählt. Zwischen mehreren gleichermaßen geeigneten und wirtschaftlichen Hilfsmitteln haben die Versicherten die Wahl. Wünschen der Versicherten soll bei der Verordnung und Auswahl der Hilfsmittel entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen (§ 6 Abs. 6 HilfsM-RL und § 33 SGB V).


    2. Konstellation - Produkte sind nicht gleichartig und gleichwertig, können nicht gegeneinander getauscht werden (A ≠ B)


    Alternativ ist es gemäß § 7 Abs. 3 HilfsM-RL auch möglich, dass wenn es der Verordner für erforderlich hält, ein spezielles Hilfsmittel einzusetzen, es freigestellt ist, in diesen Fällen unter Verwendung der 10-stelligen Positionsnummer eine spezifische Einzelproduktverordnung, d.h. unter Benennung eines konkreten Produkts, durchzuführen. Allerdings ist dann eine entsprechende Begründung erforderlich (z.B. bei o.g. CPAP-Therpaiegeräten die zwingend erforderliche Druckanpassung durch den Arzt im Schlaflabor) Die Begründung des Verordners muss belegen, dass das besondre Hilfsmittel mit seinen besondern Eigenschaften Notwendig ist und das andere Hilfsmittel nicht ausreichend und zweckmäßig wären. Änderungen und Ergänzungen der Verordnung von Hilfsmitteln bedürfen einer erneuten Unterschrift des Verordners mit Datumsangabe (§ 7 Abs. 4 HilfsM-RL)..



    Sinngemäß gilt diese Regelungen auch für die Verordnung von Hilfsmitteln, die nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind, entsprechend.

    Grundsätzlich hat Frau Cordes Recht, Therapieräder (Dreiräder) können ein Hilfsmittel der GKV sein. Doch kommt es hier - wie meist bei den Hilfsmitteln - stark auf den Einzelfall an. Dazu gibt es auch einschlägige Rechtsprechung. So hat das Bundessozialgericht (BSG) klar gestellt, dass es sich bei den Rädern um Produkte handelt, die dem Behinderungsausgleich (Alternative 3. gem. § 33 SGB V) dienen. Es handelt sich um den mittelbaren Behinderungsausgleich, weil durch das begehrte Hilfsmittel nicht das Gehen selbst ermöglicht wird, sondern lediglich die Folgen einer Funktionsbeeinträchtigung der Beine - hier in Form der eingeschränkten Mobilität und des Gehvermögens - ausgeglichen werden sollen.


    Das hier betroffene Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums (vgl. Diskussion dazu an andere Stelle in diesem Forum) umfasst die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich (BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R). Anknüpfungspunkt für die Reichweite des Nahbereichs ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Dies entspricht dem Umkreis, der mit einem vom behinderten Menschen selbst betriebenen Aktivrollstuhl erreicht werden kann. Für die Bestimmung des Nahbereichs gilt ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnortes unabhängiger Maßstab. Die Frage, ob ein Hilfsmittel der Sicherung menschlicher Grundbedürfnisse dient, betrifft dessen Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele.


    Der Nahbereich wurde nicht im Sinne einer Mindestwegstrecke bzw. einer Entfernungsobergrenze festgelegt, sondern lediglich beispielhaft im Sinne der Fähigkeit konkretisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Dagegen umfasst der von der GKV zu gewährleistende Basisausgleich - so das BSG in ständiger Rechtsprechung - nicht die Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer, zu bewältigen. Von dieser Zielsetzung ausgehend sind dem der Zuständigkeitsabgrenzung der GKV von anderen Rehabilitationsträgern dienenden Nahbereich beim mittelbaren Behinderungsausgleich solche Wege zuzuordnen, die räumlich einen Bezug zur Wohnung und sachlich einen Bezug zu den Grundbedürfnissen der physischen und psychischen Gesundheit bzw der selbständigen Lebensführung aufweisen. In räumlicher Hinsicht ist der Nahbereich auf den unmittelbaren Umkreis der Wohnung des Versicherten beschränkt. Diese ist Ausgangs- und Endpunkt der zum Nahbereich zählenden Wege, so dass die Mobilität für den Hin- und Rückweg durch Leistungen der GKV sicherzustellen ist. Hierfür sind allerdings nicht die konkreten Wohnverhältnisse des behinderten Menschen maßgebend, weil der Nahbereich ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens konkretisiert und somit die Eignung und Erforderlichkeit des Hilfsmittels als objektive Anspruchsvoraussetzung betrifft. Sachlich umfasst der Nahbereich gesundheitserhaltende Wege, Versorgungswege sowie elementare Freizeitwege. Zu den gesundheitserhaltenden Wegen zählen Entfernungen, die zur Aufrechterhaltung der physischen und psychischen Existenz zurückgelegt werden (z.B. Besuch von Ärzten und Therapeuten, Aufsuchen der Apotheke). Der Versorgungsweg umschreibt dagegen die Fähigkeit, die Wohnung zu verlassen, um die für die Grundbedürfnisse der selbständigen Existenz und des selbständigen Wohnens notwendigen Verrichtungen und Geschäfte (Einkauf, Post, Bank) wahrnehmen zu können. Die Mobilität für Freizeitwege ist in Abgrenzung zu der durch andere Leistungsträger sicherzustellenden Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft jedoch nur durch Leistungen der GKV abzudecken, wenn (und soweit) diese Wege von besonderer Bedeutung für die physische und psychische Gesundheit sind. In diesem Sinne zählen zu den Freizeitwegen Entfernungen, die bewältigt werden, um die körperlichen Vitalfunktionen aufrechtzuerhalten (kurzer Spaziergang an der frischen Luft) und um sich einen für die seelische Gesundheit elementaren geistigen Freiraum zu erschließen (z.B. Gang zum Nachbarn zur Gewährleistung der Kommunikation, Gang zum Zeitungskiosk zur Wahrnehmung des Informationsbedürfnisses).


    Hiervon ausgehend eröffnet das Therapierad (Dreirad) dem behinderten Menschen grundsätzlich eine dem Radfahren vergleichbare und somit über den nach den dargelegten Grundsätzen bestimmten Nahbereich hinausgehende Mobilität. Diese ist aber von der Krankenkasse nur durch Hilfsmittel sicherzustellen, wenn die dem Versicherten eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität erforderlich ist, d.h. wenn besondere qualitative Momente dieses "Mehr" an Mobilität erfordern.


    Solche besonderen qualitativen Momente liegen z.B. vor, wenn der Nahbereich ohne das begehrte Hilfsmittel nicht in zumutbarer Weise erschlossen werden kann oder wenn eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität zur Wahrnehmung eines anderen Grundbedürfnisses notwendig ist. So ist etwa die Erschließung des Nahbereichs ohne das begehrte Hilfsmittel unzumutbar, wenn Wegstrecken im Nahbereich nur unter Schmerzen oder nur unter Inanspruchnahme fremder Hilfe bewältigt werden können oder wenn die hierfür benötigte Zeitspanne erheblich über derjenigen liegt, die ein nicht behinderter Mensch für die Bewältigung entsprechender Strecken zu Fuß benötigt. Andere Grundbedürfnisse, die eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität erfordern, sind vom BSG in der Integration von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger sowie in der Erreichbarkeit von Ärzten und Therapeuten bei Bestehen einer besonderen gesundheitlichen Situation gesehen worden. Zur Beantwortung der Frage, ob besondere qualitative Umstände ausnahmsweise die Gewährung eines Therapie- oder Dreirads erfordern, sind somit die Umstände des jeweiligen Einzelfalls maßgebend.

    Stimme Herrn Hackstein da voll und ganz zu. Doch soll alles besser werden. So haben die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV-Bund) und der GKV-Spitzenverband zur Vereinheitlichung der trägerübergreifenden Genehmigungsverfahren bei der Hörhilfenversorgung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bzw. Bundesministerium für Gesundheit beauftragt, eine Gemeinsame Verfahrensabsprache zu vereinbaren. Dies ist in den letzten Wochen erfolgt. In den Empfehlungen werden Verfahrensvarianten für die gemeinsame Bearbeitung eines Antrags auf eine Hörgeräteversorgung durch Krankenkassen und Rentenversicherungsträger beschrieben. Das umfasst die Definition des Antragseingangs (i.d.R. Eingang des Kostenvoranschlages bei der Krankenkasse), die Festlegung von Fristen zur ggf. erforderlichen Weiterleitung des Antrags, die Klarstellung der Prüf- und Mittteilungspflichten der beteiligten Kostenträger und die Regelung von Erstattungsansprüchen des nicht zuständigen Trägers inklusive der Kosten für besondere Verwaltungsaufwände bei Widerspruchs- und Klageverfahren. Die Empfehlungen sehen für die Krankenkassen zwei Verfahrensoptionen vor:


    1. Sind die Krankenkassen innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 14 SGB IX in der Lage, über ihre Leistungsverpflichtung zu entscheiden und liegen plausible Anhaltspunkte dafür vor, dass ein berufsbedingter Mehrbedarf vorliegen könnte, bewilligt die Krankenkasse gegenüber ihrem Versicherten ihre Leistung und leitet den Antrag bezüglich der Prüfung weitergehender Ansprüche an den Rentenversicherungsträger weiter (vgl. BSG-Urteil vom 24.01.2013, Az: B 3 KR 5/12).


    2. In Fällen, in denen die Krankenkasse innerhalb der Frist nicht über ihre Leistungsverpflichtung entscheiden kann und in denen plausible Anhaltspunkte für einen ggf. berufsbedingten Mehrbedarf vorliegen, verzichtet die Krankenkasse auf eine Weiterleitung. Sie informiert den Rentenversicherungsträger und fordert ihn zur Prüfung eines ggf. vorliegenden berufsbedingten Mehrbedarfs auf. Die Krankenkasse entscheidet gegenüber dem Versicherten über den Gesamtleistungsbetrag (einschließlich des Anteils der Rentenversicherung). Die Rentenversicherung erstattet der Krankenkasse den auf sie entfallenden Leistungsanteil nach § 105 SGB X.


    Darüber hinaus wurde vereinbart, dass auch Reparaturen und Serviceleistungen bei anteiliger Kostenübernahme durch mehrere Träger aufgeteilt werden. Als Anlage zu den Empfehlungen wurde ein Orientierungsrahmen formuliert, der eine Beurteilung einer möglichen beruflich bedingten Mehrbedarfslage erleichtern soll. Bei besonderen, im beruflichen Umfeld vorliegenden Schallbedingungen bzw. Höranforderungen ist demnach regelmäßig ein berufsbedingter Mehrbedarf zu prüfen. Die Empfehlungen traten zum 1. Juni 2014 in Kraft und gelten zunächst für ein Jahr, um in dieser Zeit praktische Erfahrungen sammeln und ggf. eintretenden Rechtsentwicklungen Rechnung tragen zu können.

    Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gilt gemäß § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V: "Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen." Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sind damit auch Aufgabe der Krankenkasse, denn ein defektes Hilfsmittel wäre ja nicht mehr ausreichend und zweckmäßig (vgl. § 12 SGBV).


    Die Kosten für Instandsetzung bzw. Ersatzbeschaffung müssen für den gesamten Zeitraum übernommen werden, für den ein Anspruch auf Hilfsmittelversorgung besteht, das Hilfsmittel also auch noch benötigt wird (Notwendigkeit gemäß § 12 SGBV). Bestände die Notwendigkeit nicht mehr, etwa weil eine Verbesserung des Gesundheitszustands eingetreten ist, kann auch keine Änderung oder Instandsetzung begehrt werden.


    Es gibt auch keine feste Grenze, die beschreibt, dass z.B nach bestimmten Zeiträumen ein Hilfsmittel zu verwerfen sei. Dies könnte allein der Hersteller festlegen, wenn er im Rahmen der Festlegung definiert, dass ein Produkt nur für einen bestimmten Zeitraum nutzbar ist. An diese Festlegungen ist dann auch wiederum die Kasse gebunden. Wenn aber eine maximale Lebensdauer vom Hersteller definiert wurde und diese noch nicht erreicht ist, so liegt es an der Kasse zu prüfen, ob eine Instandsetzung wirtschaftlicher als eine Ersatzbeschaffung ist. Nach Ablauf der Lebensdauer wäre dann eine Ersatzbeschaffung angezeigt.


    Zur Problematik der Wartung und technischen Kontrollen möchte ich auf meine Ausführungen zum Beitrag: "Sicherheitstechnische Kontrolle (STK) bei Homecare-Therapiegeräten erforderlich?" verweisen. Im Prinzip gelten hier aber die gleichen Vorgaben.

    Kommunikationshilfen werden im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands in der Produktgruppe 16 "Kommunikationshilfen" abgebildet. Eventuell notwendiges Zubehör wie spezielle Schalter finden sich in der Produktgruppe 02 "Adaptionshilfen". In der Produktgruppe 27 "Sprechhilfen" finden sich nur Produkte, die Laryngektomierten (Kehlkopflosen) dienen und als Stimmprothesen oder Schwingungsgeräte das Sprechen wieder ermöglichen sollen.

    Der Antrag auf Versorgung würde wahrscheinlich von der Krankenkasse abgelehnt werden. Hintergrund: Zwar könnte das Rollfiets zunächst ein Hilfsmittel darstellen, da es speziell für den gebrauch für den behinderten Menschen konzipiert und in Verkehr gebracht wurde. Es ist nicht zum Gebrauch durch jedermann bestimmt und deshalb kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Es handelt sich vielmehr um eine spezielle Rollstuhl-Fahrrad-Kombination, die nur für Kranke und Behinderte hergestellt wird; das Hilfsmittel ist auch nicht durch Rechtsverordnung ausgeschlossen.


    Die Frage ist jetzt aber, wofür wird es im Einzelfall benötigt. Hier kommen theoretisch zwei Möglichkeiten in Betracht:


    1. Nutzung als Hilfsmittel zum Training


    Wenn das Produkt zu Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung (1. Variante des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V) eingesetzt werden würde, könnte es ggf. als Hilfsmittel erforderlich sein. Das Bundessozialgericht (BSG) hat aber für ein Therapietandem entschieden, dass dieses nicht erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, weil eine regelmäßige Krankengymnastik nicht nur ausreicht, sondern sogar gezielter und vielseitiger die angestrebten Verbesserungen der körperlichen und seelischen Verfassung eines behinderten Menschen erreichen kann, einschließlich der Stärkung von Muskulatur, Lungenfunktion, Körperkoordination und Balancegefühl. Solange als im expliziten Einzelfall nicht beleget werden könnte, dass ein therapeutischen Effekte des Rollfiets vorliegt und dieses auch noch wirtschaftlicher Wäre als andere Maßnahmen, so wäre das Hilfsmittel wohl nicht ausreichend, zweckmäßig und notwendig und damit auch unwirtschaftlich.


    2. Nutzung zum Behinderungsausgleich im Bereich der Mobilität


    Die Benutzung des Rollfiets ist auch nicht zum Behinderungsausgleich erforderlich, dass BSG. Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet nicht, dass über den Ausgleich der Behinderung als solche hinaus auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation- etwa im Bereich der Freizeit - ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehört zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens unter anderem das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums. Das hier allein in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung des BSG schon seit den 1990er Jahren immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat das BSG zwar die Bewegungsfreiheit als allgemeines Grundbedürfnis bejaht, dabei aber nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt und dies auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (z.B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post).
    Das Hilfsmittel dient, wie Sie ja schreiben, in erster Linie der Durchführung gemeinsamer Fahrradausflüge. Dazu hat das BSG in einem vergleichbaren Fall Folgendes ausgeführt (BSG, Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R: "Vorliegend kann dahinstehen, ob gemeinsame Fahrradausflüge mit der Familie überhaupt ein relevanter Faktor für die soziale Integration und Kommunikation eines Behinderten sein können, der die Gewährung eines Therapie-Tandems erforderlich machen könnte. Der Kläger hat durch seine vier teils älteren, teils jüngeren Geschwister und den täglichen Besuch einer Behindertenschule relativ gute Möglichkeiten der sozialen Integration und Kommunikation. Das LSG hat darüber hinaus zwar gemeinsame Fahrradausflüge mit seinen Geschwistern und seinen Eltern sowie deren Bekannten und Freunden festgestellt, diesen Ausflügen aber bereits von Anzahl und Anteil an dem gesamten Spektrum familiärer Aktivitäten her keine besondere Bedeutung zugemessen. Selbst wenn, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betont worden ist, in der Heimat des Klägers (Münsterland) Fahrradausflügen sowie dadurch geknüpften und gepflegten Kontakten mit anderen Familien eine besondere soziale Bedeutung zukommen sollte, ändert dies nichts an der zutreffenden Wertung des LSG, dass sie im Falle des Klägers für seine soziale Integration von untergeordneter Bedeutung sind."

    Festbeträge werden, wie an anderer Stelle in diesem Forum bereits ausgeführt, vom GKV-SV gemäß § 36 SGB V festgelegt. Hierbei ist folgendes zu bedenken: Unterschiedliche Fertigungstechniken, Materialien oder Ausführungen bestimmen die Wirkungsweise bzw. die Funktionstauglichkeit eines Produktes und bewirken zwangsläufig Unterschiede bei den Produktleistungen. Stellt sich heraus, dass von konstruktiv unterschiedlichen Produkten trotzdem eine gleiche Wirksamkeit ausgeht oder dass sie in der Funktion gleichartig und gleichwertig sind, werden sie gleichen Gruppen (sogenannten Produktarten) zugeordnet. Diese werden durch die im Hilfsmittelverzeichnis veröffentlichten Standards nach § 139 SGB V definiert, die so konzipiert werden, dass eine Gruppe von Produkten einen "gängigen und vergleichbaren" Indikationsrahmen abdeckt. Die Zusammenfassung von funktional gleichartigen und gleichwertigen Mitteln ist auch Voraussetzung für die Festsetzung von Festbeträgen.


    Hörgeräte wurden demgemäß nach folgenden Eigenschaften eingeteilt: Unterteilung nach Verstärkung, technischer Ausstattung, Signalverarbeitung und Bauform zur Zuordnung der verschiedenen Schweregrade der Hörbehinderungen (Verstärkung, technische Parameter, Signalverarbeitung), Fähigkeiten (Bauform) und Lebensumfeld (Ausstattungen und Einstellmöglichkeiten, Signalverarbeitung) des Hörgeräteträgers. Für alle Produkte die als gleichwertig und gleichartig eingestuft wurden und somit gegeneinander austauschhbar wären, kann dann ein Festbetrag festgelegt werden. Zu diesem Betrag muss der Akustiker die Versorgung durchführen. Dieses Festbetragsgerät muss er auch bei der Hilfsmittelauswahl/-anpassung dem Versicherten anbieten. Dies wäre dann die für die GKV nach § 12 SGB V erforderliche ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung. Wird "mehr" beansprucht, und das "Mehr" ist nicht notwendig, muss der Versicherte für das "Mehr" zuzahlen. Wäre das "Mehr" aber notwendig (was im Einzelfall zu beweisen wäre) und könnte durch die Festbetragsgeräte nicht mehr abgebildet werden, wäre keine Zuzahlung erforderlich, die Kasse müsste das "Mehr", d.h. das höherwertige Gerät, voll bezahlen.


    Hörgeräte stellen definitiv Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V dar, werden ja sogar als Hörhilfen dort explizit benannt. Da sich für Hörgeräte gut vergleichbare Gruppen schaffen lassen und sich jeweils für die resultierenden Arten eine Grund- oder Festbetragsversorgung definieren lassen und zudem Hörgeräte einen Großteil der Hilfsmittelversorgungen ausmachen, haben die Krankenkassen schon vor vielen Jahren von der Möglicheit der Festbeträge gebrauch gemacht, um die Kosten hier einzudämmen. Ebenfalls zu den Hilfsmitteln zählen gemäß § 33 Abs. 1 SGB V die Verbrauchsmaterialien, dazu wiederum die Energiekosten, hier also die Hörgerätebatterien. Nun hat aber der Gesetzgeber, nicht die Krankenkassen, bestimmt, dass für Versicherte mit Vollendung des 18. Lebensjahrs Kosten für Hörgerätebatterien nicht übernommen werden dürfen (vgl. § 34 Abs. 4 SGB V und dazugehörige Rechtsverordnung).


    Cochlear Implantate (CI) zählen - gemäß Aussage des GKV-Spitzenverbands - nicht zu den Hilfsmittel und werden, wie andere Implantate auch (z.B. Herzschrittmacher, künstliche Kniegelenke) vielmehr als Medizinprodukte die im Rahmen einer ärztlichen bzw. stationären Behandlung genutzt werden, gesondert geregelt. Für diese gelten dann aber die Vorgaben des § 33 SGB V und auch die Festbetragsregelungen gemäß § 36 SGB V nicht. Vielmehr werden hier - je nach Produkt - entweder entsprechende DRG (Diagnosis Related Groups) oder spezielle Regelungen und Zusatzentgelte mit den versorgenden stationären Einrichtungen vereinbart. Auch der Sprachprozessor stellt kein Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V dar (so der GKV-SV), da der Prozessor nur mit dem Implantat zusammen eine Funktion erfülle, damit externes Zubehör oder Bestandteil des Implantats sei und damit den gleichen Regelungen unterliegt. In der Folge greifen dann aber auch nicht die Regelungen des § 34 Abs. 4 SGB V zu den Batterien (zudem ist das CI ja auch gemäß GKV-SV kein Hörgerät) und die Energiekosten müssen, wie für andere Implantate auch, von der GKV übernommen werden.


    Aber: Das SG Aachen hat mit Urteil vom 18.02.2010 unter dem Az. S 15 (21) KR 12/07 festgehalten, dass das CI ein dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienendes Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V darstellt und unmittelbar auf die mindestens teilweise Wiederherstellung des körpereigenen Hörvermögens ziele; es sei damit ein Körperersatzstück. Somit könnte der GKV-SV danach Festbeträge für CI definieren, hat er aber nicht, da er ja, wie oben dargelegt, nicht der Meinung ist, dass CI Hilfsmittel darstellen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im übrigen in einem weiteren Verfahren (13.05.2009 Aktenzeichen IVZR 217/08) CI ebenfalls als Hilfsmittel deklariert. Zwar ging es hier um eine Versorgung im Bereich der Privaten Krankenversicherung (PKV) und damit sind die Sachverhalte nicht auf auf den Bereich der GKV übertragbar, aber auch hier haben die Richter, ähnlich wie das SG Aachen argumentiert und deutlich eine Funktion im Rahmen des Behinderungsausgleichs gesehen und CI den Hilfsmitteln (hier der PKV) zugeordnet.

    Für Rampen die im alltäglichen Leben benötigt werden ist ggf. die GKV zuständig. Es handelt sich dann um Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs 1. SGB V, d.h. um Hilfsmittel der dritten Alternative, welche zum Behinderungausgleich dienen. Diese können nur beansprucht werden, wenn sie vom Versicherten im Einzelfall benötigt werden, um die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen (siehe dazugehörige Kommentare in diesem Forum). Als Grundbedürfnis wäre hier das Bedürfnis auf einen gewissen körperlichen Freiraum, ggf. auch das selbständige Wohnen relevant.


    Das Hilfsmittelverzeichnis der GKV (vgl. § 139 SGB V) gibt hier in der Produktgruppe 22 - 'Mobilitätshilfen' einige unverbindliche Hinweise und führt auch Einzelproduktbeispiele (ebenfalls nicht abschließend) in der Produktart 22.50.01.0 - 'Mobile Rampen zum Befahren mit Rollstühlen' auf. Wörtlich heißt es in der Produktart 22.50.0.0 : "Mobile Rampen zum Befahren mit Rollstühlen sind transportable Rampensysteme, die den Patienten in die Lage versetzen, ein Gebäude zu verlassen bzw. wieder aufzusuchen. Sie ermöglichen die Überwindung von Höhenunterschieden mit oder ohne Fremdhilfe (z.B. Treppenstufen) und dienen somit der Befriedigung von Grundbedürfnissen." und weiter wird als Indikation angegeben: "Auf Rollstühle angewiesene Patienten, denen durch die Rampen die Überwindung von Höhenunterschieden mit oder ohne Fremdhilfe ermöglicht wird."

    Für Kommunikationshilfen die im alltäglichen Leben benötigt werden ist die GKV zuständig. Es handelt sich um Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs 1. SGB V, d.h. um Hilfsmittel der dritten Alternative, welche zum Behinderungausgleich dienen. Diese können nur beansprucht werden, wenn sie vom Versicherten im Einzelfall benötigt werden, um die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen (siehe dazugehörige Kommentare in diesem Forum). Als Grundbedürfnisse wären hier benannt:


    1. Kommunikation zur Vermeidung von Vereinsamung (z.B. Kommunikation mit dem Ehepartner)
    2. Kommunikation im Rahmen der selbständigen Lebensführung (z.B. Kommunikation um sich beim Bäcker um die Ecke täglich seine Brötchen zu beschaffen)
    3. Kommunikation zum Erwerb eines lebensnotwendigen Grundwissens (z.B. Kommunikation im Rahmen des Schulbesuchs für Grundschüler)
    4. Kommunikation zur Integration in die Gruppe Altersgleicher, beschränkt auf die Gruppe der heranwachsenden Kinder und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr


    Als Kommunikatiosnhilfen wären möglich (individuell abhängig vom Einzelfall), z.B. Kommunikationstafeln und -bücher,
    elektronische Kommunikationsgeräte (soegenannte Talker) mit schrift- oder symboleingabe und Sprachausgabe oder behinderungsgerechte Kommunikationssoftware zur Anpassung handelsüblicher PC-, Laptop-, Tablet-Systeme (diese Produkte allerdings selbst nicht, sie sind Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, siehe dazugehörige Kommentare in diesem Forum). Auch Hardware, z.B. spezielle Schalter und Taster oder die Montage der Geräte an den Rollstuhl könnten - wie immer vonm Einzelfall abhängig - in diesem Zuammenhang Leistung der GKV sein. Über die o.g. Grundbedürfnisse hinausgehender Kommunikationsbedarf wäre dann Leistung anderer Träger, etwa der Eingliederungshilfe (§ 54 SGB XII) oder z.B. auch - sofern für den Arbeitsplatz benötigt - der Rentenversicherung.

    Festbeträge werden, wie von Herrn Welti bereits ausgeführt, vom GKV-SV gemäß § 36 SGB V festgelegt. Hierbei ist folgendes zu bedenken: Unterschiedliche Fertigungstechniken, Materialien oder Ausführungen bestimmen die Wirkungsweise
    bzw. die Funktionstauglichkeit eines Produktes und bewirken zwangsläufig Unterschiede
    bei den Produktleistungen. Stellt sich heraus, dass von
    konstruktiv unterschiedlichen Produkten trotzdem eine gleiche Wirksamkeit ausgeht oder
    dass sie in der Funktion gleichartig und gleichwertig sind, werden sie gleichen Gruppen (sogenannten Produktarten) zugeordnet.
    Diese werden durch die im Hilfsmittelverzeichnis veröffentlichten Standards nach §
    139 SGB V definiert, die so konzipiert werden, dass eine Gruppe von Produkten einen "gängigen
    und vergleichbaren" Indikationsrahmen abdeckt. Die Zusammenfassung von funktional gleichartigen und gleichwertigen Mitteln ist auch Voraussetzung für die Festsetzung von Festbeträgen.


    Hörgeräte wurden demgemäß nach folgenden Eigenschaften eingeteilt: Unterteilung nach Verstärkung, technischer Ausstattung, Signalverarbeitung und Bauform
    zur Zuordnung der verschiedenen Schweregrade der Hörbehinderungen (Verstärkung, technische
    Parameter, Signalverarbeitung), Fähigkeiten (Bauform) und Lebensumfeld (Ausstattungen
    und Einstellmöglichkeiten, Signalverarbeitung) des Hörgeräteträgers.


    Für alle Produkte die als gleichwertig und gleichartig eingestuft wurden und somit gegeneinander austauschhbar wären, kann dann ein Festbetrag festgelegt werden. Zu diesem Betrag muss der Akustiker die Versorgung durchführen. Dieses Festbetragsgerät muss er auch bei der Hilfsmittelauswahl/-anpassung dem Versicherten anbieten. Dies wäre dann die für die GKV nach § 12 SGB V erforderliche ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung. Wird "mehr" beansprucht, und das "Mehr" ist nicht notwendig, muss der Versicherte für das "Mehr" zuzahlen. Wäre das "Mehr" aber notwendig (was im Einzelfall zu beweisen wäre) und könnte durch die Festbetragsgeräte nicht mehr abgebildet werden, wäre keine Zuzahlung erforderlich, die Kasse müsste das "Mehr", d.h. das höherwertige Gerät, voll bezahlen.

    Ein Brille für den Arbeitsplatz stellt kein Hilfsmittel der GKV dar. Vielmehr handelt es sich um eine sogenannte "Persönliche Schutzausrüstung", diese ist vom Arbeitgeber zur Verfügung zustellen. Wird die Notwendigkeit der Versorgung ärztlich Bescheinigt, muss der Arbeitgeber hier entsprechend in Leistung treten. Eine spezielle Sehhilfe für die Arbeit am Bildschirm (Bildschirmarbeitsplatzbrille) ist nur für Beschäftigte mit fortgeschrittener Alterssichtigkeit vorgesehen, bei denen die "normale" Brille für den Alltag nicht mehr ausreicht. Die Höhe der zu übernehmenden Kosten sollte vorab zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten geklärt werden. Oftmals orientieren sich dabei die Leistungen dann an den Leistungen, die auch die GKV zahlen würde, wenn Sie einen Anspruch nach § 33 SGB V hätten. Ggf. gibt es auch Aussagen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.

    Nein, eine vorausschauende Beantragung ist nicht möglich. Es ist immer die Situation am Tage der Antragstellung zu bewerten. Benötigen Sie z.B. bei der MS heute eine Gehhilfe und ist damit ihre Behinderung im Bereich der Mobilität ausreibend und zweckmäßig ausgeglichen, besteht keine Notwendigkeit für z.B. einen Rollstuhl. Sollte sich die Versorgungssituation verschlechtern und die Gehilfe wäre nicht mehr ausreichend und zweckmäßig, müsste die Versorgung an den aktuellen Stand angepasst und ggf. auch neu versorgt werden.