Beiträge von DRV Bund Rehaberatungsdienst

    Hallo Frau Ehrhardt,

    ich denke uns allen ist bewusst, das Systeme Mängel haben. Wichtig ist es für uns als Berater*innen sie weiter zu erkennen, sprich ein waches Auge zu behalten, und mit den Akteur*innen darüber ins Gespräch zu kommen. Veränderungen brauchen Zeit und Geduld. Wir erhalten regelmäßig Rückmeldungen unserer Versicherten die wir den Bildungsträgern weiter geben bzw. mit ihnen darüber ins Gespräch gehen. Da gibt es gute und schlechte Rückmeldungen bzw. Anregungen.

    Grüße

    Ute Spitzbarth

    Die Themen in einer Beratung zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) sind vielschichtig und orientieren sich am Bedarf des Einzelfalles. Meist geht das Interesse oder das Anliegen von Seiten der zu beratenden Person aus. Im Einzelfall kann aber auch eine Beratung vom Reha-Träger aus und sozusagen "von Amts wegen" angeboten werden. Das kann z.B. der Fall sein, wenn im Zuge der Entscheidung über einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung noch erörtert werden soll, ob das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nicht durch Förderleistungen des Rententrägers vermieden werden kann und ob an der Inanspruchnahme von solchen Leistungen Interesse besteht. Diese Leistungen sind ja vielen Versicherten oft gar nicht bekannt.

    Im Folgenden darf ich typische Themengebiete und Fragen aufzählen, wie sie in unserem Beratungsalltag immer wieder vorkommen:


    - Längere Arbeitsunfähigkeit bei bestehendem Arbeitsverhältnis: Wie geht es weiter? Was ist zu tun? Welche sozialversicherungsrechtlichen

    Konsequenzen sind zu beachten?

    - Mit welchen Leistungen und Hilfen kann der Reha-Träger den Arbeitsplatz sichern bzw. einen neuen Arbeitsplatz erschließen?

    - Unterstützt mich der Reha-Träger im Rahmen eines BEM (Betriebliches Eingliederungsmanagement) bei meinem Arbeitgeber?

    - Welche Angebote an Aus-, Weiterbildungs-bzw. Umschulung stehen zur Verfügung und welche ist die geeignetste davon?

    - In welcher Form werden solche Bildungsmaßnahmen konkret gefördert? Wie sieht die Finanzierung aus? Wie wirkt sich die Teilnahme auf andere

    Sozialleistungen oder auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis aus?

    - Gibt es auch Alternativen zu Bildungsmaßnahmen, also z.B. Praktika, Integrationsmaßnahmen, Coachings....?

    - Verliere ich evtl. Leistungsansprüche wenn ich mich zunächst gegen die Teilnahme an LTA entscheide oder eigene Wege gehe?

    - Welche Aussichten habe ich auf dem örtlichen Arbeitsmarkt? Welche Fähigkeiten und Kenntnisse werden künftig verlangt?

    - Wie kann ich Hindernisse aus dem Weg räumen, die momentan noch einer beruflichen Eingliederung im Wege stehen?

    - Was passiert nach einer erfolgreich durchlaufenen Bildungsmaßnahme wenn ich danach nicht direkt in ein entsprechende Beschäftigung einmünden

    kann? Werde ich bei der Arbeitssuche unterstützt oder bei der Einarbeitung in eine neue Tätigkeit?

    - Wie hängen LTA mit der Thematik Rente wegen Erwerbsminderung zusammen?

    - Was passiert bei Abbruch einer LTA oder bei Nicht-Bestehen einer Abschlussprüfung bei einer geförderten Umschulung?

    - Wie ist das Verfahren und wie sind die Zuständigkeiten bei Aufnahme in eine Werkstatt für Behinderte Menschen?

    - Gibt es für meine Art der Erkrankung besondere, auf diese Erkrankung oder Behinderung zugeschnittene LTA?

    - Wie kann ich herausfinden, ob ich für eine bestimmte Tätigkeit geeignet bin und wie unterstützt mich der Reha-Träger dabei?


    Diese Aufzählung ist sicher nicht vollständig. Je nach Einzelfall kann es auch um andere Themen oder weitere Fragen gehen.

    Wichtig ist, dass die Einstellung der Beratenden personenzentriert ist und sich die Beratung am Anliegen orientiert. Wie schon an anderer Stelle erwähnt steht am Ende eines Beratungsgespräches idealerweise eine konkrete Vereinbarung. Beratungsprozesse führen auch zu konkreten Entscheidungen. Eine professionelle, personenzentrierte und zielorientierte Beratung hat entscheidenden Anteil daran, dass diese Entscheidungen nachhaltig und zielführend sind.

    Andreas Bieringer

    Eine Förderung mit einem Gründungszuschuss (analog wie bei arbeitslosen Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit gem. § 93 SGB III) ist auch im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben möglich. Voraussetzung ist u.a. dass der zuständige Reha-Träger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) dem Grunde nach bewilligt hat. Sind alle weiteren Voraussetzungen erfüllt und die berufliche Eingliederung durch eine selbständige Tätigkeit erreichbar, dann kann ein Gründungszuschuss nach § 49 Abs. 3 Nr. 6 auch im Rahmen eines beruflichen Teilhabeverfahrens möglich sein.

    Dieser besteht aus 2 Förderphasen: In der ersten Phase (6 Monate) wird ein monatlicher Betrag in Höhe des bei Arbeitslosigkeit zustehenden Arbeitslosengeldes gezahlt und zusätzliche eine Pauschale in Höhe von 300,- EUR für die freiwillige soziale Absicherung. Wenn die Gründung erfolgreich verläuft, kann dieser Betrag von 300,- EUR monatlich noch 9 weitere Monate (=Förderphase 2) gezahlt werden.

    Andreas Bieringer

    Natürlich sollen Reha-Berater /Beraterinnen sich auskennen, und oft wissen Ratsuchende nicht so viel. Das ist nun mal Bestandteil unserer Aufgaben. Und, klar, wo Menschen für und mit Menschen arbeiten, gibt es unterschiedliche Risiken (das ist der Fall in vielen Berufen, die ich aber nicht diskriminieren möchte). Grundsätzlich gehört zu unserer Arbeit als Reha-Berater -wie in vielen anderen Berufen- auch eine gewisse professionelle, faire Haltung dazu. Ratsuchende wollen wir über die Möglichkeiten in LTA informieren. Sie sollen eine bewusste Entscheidung treffen können. Sie sollen sich auch weiter, unabhängig von uns informieren können (über Informationstage v. Anbietern, über EUTB, über die Arbeitsagentur, wenn sie dort angemeldet sind, etc...). Ratsuchende sind uns bei weitem nicht ausgeliefert. Manche haben aus unterschiedlichen Gründen es schwerer als andere, eine Entscheidung zu treffen, weitere Informationen zu holen, ja, das glaube ich, und es ist bedauerlich. Aber ich glaube, dass wir unser Bestes geben zu informieren und unsere Arbeit zu reflektieren. Für manche Ratsuchende kann es sogar zu viel der Information bedeuten. Und, dass es finanzielle Zwänge für Ratsuchende gibt, ja, so ist es. Auch darauf verweisen wir, weil das Aspekte sind, die für Betroffene entscheidend sind. Ich habe keinen Einfluss darauf, wann das Arbeitslosengeld endet, aber für Ratsuchende ist es entscheidend auch diesen ggf. finanziellen "Zwang" zu beachten.

    Wichtig ist aus m. Sicht eine faire, empathische, professionelle Haltung in der Beratung, die immer wieder mit Schulungen, Weiterbildungen, Austausch untereinander gepflegt werden sollte. Diese Möglichkeiten sind bei uns gegeben und werden wahrgenommen.

    Frédérique Chaudière

    Im Rahmen er Diskussion möchte ich gerne auf die Bedeutung der Beratung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eingehen.


    Eine Beratung ist aus meiner Perspektive erstmal positiv zu bewerten und es ist davon aus zu gehen, das sie eine positive Wirkung hat. Das einhalten von Beratungsgrundsätzen wie Empathie, einer offenen Gesprächsführung usw. sind hier sehr wichtig, um eine Beratungsprozess einzuleiten. Beratung ist nicht nur Wissensvermittlung, sondern mehr. In einer Beratung zur Teilhabe am Arbeitsleben geht es um das erarbeiten, umsetzen und unterstützen von Perspektiven zur Gestaltung einer zukünftigen beruflich gesundheitlichen passenden Zukunft, die die individuelle Gesamtsituation der zu beratenden Person im Blick hat.


    Ute Spitzbarth

    "Wie wird damit umgegangen, wenn Anliegen von Ratsuchenden nicht oder nicht vollständig geklärt werden können?"

    Ja, die Frage ist sehr gut und schwierig zugleich, weil -wie sehr oft- sie auf sehr verschiedene Situationen übertragbar ist. Im Rahmen einer Beratung kann es genau darum gehen, zu klären, was das Anliegen ist. Die Frage passt z. B. auf eine heutige Beratung, die ich hatte. Das Anliegen war zwar klar aber noch nicht so eindeutig war, ob das gewünschte Qualifizierungsziel im Rahmen der beruflichen Reha gefördert werden kann. Manchmal sind einfach weitere Klärungsschritte notwendig, um beantworten zu können, ob diese oder jene Leistungen förderfähig sind. Dann wird, wie heute mit dem Ratsuchenden, besprochen, was genau und von wem zu klären ist bzw. welche konkreten Informationen zu erbringen sind, damit wir eine Entscheidung treffen können. In dem heutigen Fall werden sowohl der Ratsuchende als auch ich klären, ob sein Umschulungsziel gesundheitlich vertretbar ist, denn es ist wichtig, dass auch er sich im Klaren darüber ist, ob seine (sehr nachvollziehbare) Vorstellung mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen vereinbar ist. Damit war er im eigenen Interesse einverstanden.

    Ob bei der Antragstellung oder bereits nach Bewilligung eines Antrages klären wir eben das Anliegen mit dem Ratsuchenden. Auf die Konstellation kommt es aber darauf an, wie wir es machen. Ggf. wäre diese auch sehr gute Frage noch etwas... zu konkretisieren :-). Frédérique Chaudière

    Sehr geehrte Rentnerin,

    Sie haben Recht, die Regelungen sind teilweise kompliziert. Umso wichtiger ist ja eine kompetente Beratung. Ich bitte um Verständnis, dass konkrete Fragen zu einem persönlichen Sachverhalt auch aus Datenschutzgründen nicht in diesem Forum besprochen und rechtssicher beantwortet werden können. Zudem fehlen konkrete Informationen zum Einzelfall. Generell kann man aber sagen, dass parallel zu einer EM-Rente grundsätzlich die Möglichkeit besteht, zu arbeiten oder ein Praktikum zu machen. Änderungen des Gesundheitszustandes haben erst dann eine Auswirkung auf den Status der Erwerbsminderung wenn sie nicht nur von vorübergehender Dauer sind. Um zu erfahren, wie sich eine Beschäftigung oder ein Nebenverdienst konkret auf die Rente auswirkt, empfehle ich eine Rentenberatung in Anspruch zu nehmen. Auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung finden Sie z.B. unter "Beratung und Kontakt" u.a. eine Beratungsstellensuche, wo man wohnortnah die nächste Beratungsstelle findet.


    Andreas Bieringer

    Es deckt sich mit unseren Erfahrungen, dass oft zu früh - auch im Zusammenhang mit Arbeitslosmeldungen und der Aussteuerung vom Krankengeld - auf einen Rentenantrag wegen Erwerbsminderung verwiesen wird. In vielen Fällen (und im übrigen vom Gesetzgeber auch vorrangig vorgesehen) ist ein Antrag auf Teilhabeleistungen sinnvoller. Insbesondere auch in Hinsicht auf den sozialversicherungsrechtlichen Status der betroffenen Personen. Die Reha-Beratung der Deutschen Rentenversicherung hat immer das Ziel der Vermeidung/Beseitigung von Erwerbsminderung bzw. die berufliche Eingliederung im Blick. Andererseits gibt es aber auch Fallkonstellationen, in denen z.B. aus Gründen der Existenzsicherung eine EM-Rente gewünscht wird, da andere existenzsichernde Leistungen wie Kranken-oder Arbeitslosengeld schon abgelaufen und für das Bürgergeld die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

    Eine gute Beratung nimmt Rücksicht auf die Belange der Ratsuchenden, auf die Komplexität ihrer Lebenssituation. Gemeinsam mit der betroffenen Person suchen wir nach realisierbaren Lösungen im Kontext der beruflichen Rehabilitation. Eine gute Beratung beinhaltet viele Aspekte wie Empathie, gutes, aktives Zuhören, klare Informationen zu den vielen Möglichkeiten und Grenzen von LTA und endet im Idealfall mit einer tragfähigen Vereinbarung. Hilfesuchende sollen gut informiert und im Bewusstsein ihrer Möglichkeiten selbst eine Entscheidung treffen können.


    Andreas Bieringer

    Eine gute Beratung zur Teilhabe am Arbeitsleben sollte nicht erst nach Stellung des Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beginnen sondern schon viel früher ansetzen. Als befristete volle Erwerbsminderungsrentnerin hätte ich mir parallel zum Rentenbescheid eine Information zu einer zuständigen Beratungsstelle gewünscht, die mich dann berät, welche Möglichkeiten es gibt, (langsam) zurück in Arbeit zu kommen oder welche anderen Möglichkeiten der Teilhabe am Sozialleben (Tagesstruktur) es gibt.

    Auf Wunsch bieten die Rehaberater und Rehaberaterinnen der DRV Bund auch Beratungen zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch vollkommen unabhängig von oder vor einer Antragstellung auf Leistungen an.

    Andreas Bieringer

    Akteurinnen und Akteure in der Beratung zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können sein: Reha-Beraterinnen und -Berater der Deutschen Rentenversicherung, der Arbeitsagenturen, der Berufsgenossenschaften, EUTB, Sozialdienste, Integrationsfachdienste, bei Arbeitgebern z. B. BEM-Beauftragte, Vertrauenspersonen, Schwerbehindertenvertreter u. dergleichen, Bildungsträger u. sonstige Netzwerkpartnerinnen und -Partner.

    Frédérique Chaudière