In Kurzform meine eigenen Erfahrungen zu trägerübergreifende Zusammenarbeit

  • Hallo,


    In Kurzform meine eigenen Erfahrungen.


    In wenigen Jahren erlitt ich eine Schwerbehinderung 70% (Gehörschaden Taub)


    Niemand intarsiert sich dafür, wie das sein kann. Also selbst ist der Mann!


    Antrag auf Anerkennung als Berufskrankheit gestellt. Erster Gutachter hatte kaum Informationen oder Unterlagen, zum Unternehmen, zu den Gefahren. Selbst die meisten Hördiagramme fehlten.


    Das Ergebnis war zu erwarten.


    Trotzdem beantragte er eine persönliche Lärmmessung. Er fragte mich nach ototoxischen Medikamenten.


    Ich wusste nicht einmal was ototoxisch bedeutete. (Gehörschädigende Stoffe)


    Die persönliche Lärmmessung ergaben Spitzenpegel bis 132dB und gemittelt 91dB. Ich konnte nachweisen des ototoxische Gefahrstoffe in unserem Unternehmen eingesetzt werden. Ich erfuhr zusätzlich (durch Mitarbeiter der BG) des die normalen Hörgeräte, im Lärmbereich kritisch sind, da diese zusätzlich den Schall verstärken. Alle diese Angaben wurden dem zweiten Gutachter und dem Gericht mitgeteilt.


    Obwohl ich mich, mit vielen Unterlagen für die Gerichtsverhandlung vorbereitet hatte, entschied der Gutachter und das Gericht laut Aktenlage gegen mich.


    Im Unternehmen wurde ich 2018 zum ersten Schwerbehindertenvertreter gewählt. Auch den ersten Lehrgang als Schwerbehindertenvertreter habe ich mit Begeisterung bestanden. Ich will meine Erfolge als Schwerbehindertenvertreter, in den 2 Jahren nicht gänzlich unterschlagen. Aber haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon, was mich dieses gekostet hat.


    Des der Schwerbehindertenvertreter ein Einzelkämpfer sei, wurde mir auf dem Lehrgang mitgeteilt. Aber ich hatte nicht erwartet, des weder die BG noch Richter und auch Gutachter sich nicht, für die Belange der Arbeitnehmer und den Einhaltungen von Arbeitsschutzgesetzen interessieren. Selbst als Schwerbehinderter oder Schwerbehindertenvertreter kann man kein Interesse bei ihnen erlangen.


    Ist nicht die trägerübergreifende Zusammenarbeit ein Wunschdenken? Von mir als Schwerbehindertenvertreter wird erwartet des ich mich für die Schwerbehinderten einsetze. Selbst im Straßenverkehr soll zuerst die Unfallstelle abgesichert werden, bevor man erste Hilfe leistet. Hätte ich nicht mein Eigeninteresse und eine soziale Ader, hätte ich meine Tätigkeit schon eingestellt.

  • Guten Tag,


    ich nehme wahr, dass besonders einige Berufsgenossenschaften die trägerübergreifende Zusammenarbeit sehr ernst nehmen. Sie haben hier aber in der Landschaft der Rehabilitationsträger auch eine besondere Rolle, da sie grundsätzlich für alle Leistungsgruppen zuständig sein können und häufig nicht nur mit beruflich bedingten gesundheitlichen Einschränkungen ihrer Mitglieder konfrontiert sind.


    Wir pflegen eine gute Zusammenarbeit mit gewissen Berufsgenossenschaften und ich habe den Eindruck, dass das Bundesteilhabegesetz viel angestoßen hat.


    Aus Sicht eines Rehabilitationsträgers kann ich sagen, dass die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes auch eine große Herausforderung für die (Massen-)Verwaltung ist. Es bedarf viel Kommunikation unter den Rehabilitationsträgern, um eine gute Zusammenarbeit im Sinne der Betroffenen zu etablieren und wir sind alle noch am Lernen.


    Ich konnte aus Ihrem Beitrag leider nicht herauslesen, in welchen Bereichen Sie persönlich und im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Schwerbehindertenvertreter konkret Schwierigkeiten mit der trägerübergreifenden Zusammenarbeit hatten. Vielleicht haben Sie die Möglichkeit, das noch genauer auszuführen?


    Haben Sie vielen Dank!

  • Eine vergleichbare besondere Rolle Wie die Unfallversicherungsträger nehmen die Träger der Eingliederungshilfe ein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine verbesserte systematische Zusammenarbeit der anderen Rehabilitationsträgern mit den Trägern der Einführungshilfe für beide Seiten, insbesondere jedoch die Leistungsberechtigten beziehungsweise die Versicherten außerordentlich nutzbringend wäre. Leider sind mir solche Formen systematischer Kooperation zwischen den Träger der Eingliederungshilfe und im übrigen Rehabilitationsträgern bisher nicht bekannt geworden.

  • Als Schwerbehindertenvertreter unterliege ich der Schweigepflicht.
    Aus diesem Grund ein unverfängliches Beispiel.
    In einem Büro hat eine Mitarbeiterin Probleme mit der Bandscheibe. Diese möchte einen Höhenverstellbaren Schreibtisch. Den Antrag stellt Sie (zum Beispiel) bei der Rentenkasse. Da an dem Schreibtisch, auch andere Mitarbeiter arbeiten könnten, verweist man auf den Arbeitgeber. Dieser verweist auf ihr Headset, mit dem sie sich ja Bewegen kann und nicht immer am Schreibtisch sitzen muss. Ein solcher Schreibtisch kostet (passen zu den anderen Möbeln) 4500€. Kann man also sparen.
    Die Kosten für eine Bandscheiben OP sind? Diese müssten dann die Krankenkasse übernehmen.
    Ist die Mitarbeiterin dadurch öfter Krank, wird sie bei Lohnerhöhungen oder Beförderungen umgangen. Alle Mitarbeiter ob Sicherheitsfachkraft, Betriebsratsvorsitzender oder Schwerbehindertenvertreter, sind durch ihr Dienstverhältnis vom Arbeitgeber abhängig.

  • Vielen Dank für das Beispiel. Dass Sie der Schweigepflicht unterliegen, ist klar und die möchte ich auch nicht verletzt wissen.


    In der Tat hat die Deutsche Rentenversicherung zuletzt beschlossen, grundsätzlich keine Kostenübernahme für höhenverstellbare Schreibtische und ergonomische Bürostühle mehr zu bewilligen, da man hier die Arbeitgeber in der Pflicht sieht, eine adäquate Ausstattung gemäß der geltenden Arbeitsschutzbestimmungen zur Verfügung zu stellen.


    Leider führt dieses Vorgehen in der Praxis dazu, dass Menschen im Zweifelsfall nicht entsprechend versorgt werden - es gibt solche und solche Arbeitgeber.


    Haben Sie denn auch Beispiele für eine trägerübergreifende Zusammenarbeit, die evt. problematisch verlaufen ist (z.B. Einbezug von Berufsgenossenschaft und Rentenversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung u.a.)?

  • SGB IX , 2 1
    Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
    Stand: 12. Dezember 2019


    § 3 Vorrang von Prävention
    (1) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Aufklärung, Beratung, Auskunft und Ausführung von Leistungen im Sinne des Ersten Buches sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern nach § 167 darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird.
    Obwohl Erkenntnisse / Forschungen vorhanden sind und eigentlich unbestritten, kommt die Hilfe nicht an. Ob es sich nur um einen Schreibtisch handelt oder die Wechselwirkung von ototoxischen (Gehörschädigten) Gefahrstoffe in Verbindung mit lautem Lärm handelt.


    Ohne meine CI Hörgeräte bin ich jetzt Taub. Ich habe kein Verständnis mehr für Aussage: Dafür sind wir nicht zuständig, oder ihr Arbeitgeber muss. :( X(

  • Diese Haltung der Rentenversicherung lässt sich hinterfragen, da gebe ich Ihnen Recht.


    Haben Sie versucht, für Ihre Hörgeräte-Versorgung einen beruflichen Mehrbedarf bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger geltend zu machen? Für die Grundversorgung ist die Krankenversicherung zuständig, sollte jedoch ein berufsbedingter Mehrbedarf bestehen, könnte eine Förderung des Mehrbedarfs durch die die Rentenversicherung möglich sein. Das ist natürlich im Einzelfall zu prüfen und gilt dann nur für eine zukünftige Versorgung.

  • Unseren ersten Antrag auf ein TPB (Trägerübergreifendes Persönliches Budget) stellten wir bei der Pflegekasse, einer sehr großen bundesweit agierenden Pflegekasse. Wir dachten, dort wäre die meiste Kompetenz und Erfahrung für einen solchen Antrag vorhanden. Fehlanzeige! Die Arroganz, die Inkompetenz und das Desinteresse an unserem Antrag war kaum noch zu steigern. Nach monatelangem Ringen und einer Zeit, in der wir dem Herrn von der Pflegekasse Texte und Urteile sandten, um seine falschen Informationen zu widerlegen, nach zahlreichen Mails mit der Bitte um rechtskonformes Handeln (z.B. Protokollerstellung für die Budgetkonferenz) zogen wir unseren Antrag zurück und stellten ihn erneut bei einem anderen Leistungsträger. Das bedeutete eine Verzögerung der Leistung von fünf Monaten. Die Zusammenarbeit mit dem Leistungsträger, dessen SachbearbeiterInnen man hier in der Kleinstadt auch manchmal persönlich trifft, ist auch nicht leicht, aber von Respekt getragen.

  • Sehr geehrte Frau Dartenne,


    vielen Dank für Ihren Beitrag, ich finde Ihre Erfahrung illustriert das Problem (leider) sehr gut.


    Das persönliche Budget ist ein gutes und wichtiges Instrument des SGB IX, um die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu fördern. In meiner täglichen Arbeit spielte das (nicht träger-übergreifende) persönliche Budget bislang erst einmal eine Rolle. Zu den Erfahrungen, die Sie mit der Pflegekasse gemacht haben, kann ich beitragen, dass auch mir die Leistungserbringung im persönlichen Budget in der Trägerlandschaft noch nicht besonders etabliert erscheint. Und da möchte ich mich selbst bzw. die Rentenversicherung nicht heraus nehmen.


    Eine trägerübergreifende Leistungserbringung (ob nun im persönlichen Budget oder nicht) erfordert viel Kommunikation - mit den Betroffenen und unter den beteiligten Rehabilitationsträgern. Insbesondere im Bereich Kranken-/Pflegeversicherung sorgt die kleinteilige Trägerlandschaft an dieser Stelle für eine erhöhte Herausforderung (wenngleich Sie betont haben, dass es sich in Ihrem Fall um eine sehr große bundesweite Pflegeversicherung handelte). In NRW sind wir in einem guten Austausch mit den anderen Rentenversicherungsträgern, der Agentur für Arbeit und den zwei überörtlichen Eingliederungshilfeträgern. Auch mit einzelnen Berufsgenossenschaften haben wir eine gute Kommunikation etabliert.


    Es zeigt sich in meinem Arbeitsalltag immer wieder, wie wichtig der direkte, unbürokratische Austausch mit den anderen Rehabilitationsträgern ist. Ohne direkte AnsprechpartnerInnen komme auch ich dabei selten weiter. Nur ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, solche Kontakte bei den Kranken- und Pflegeversicherungen zu etablieren (insbesondere, weil es so viele verschiedene Träger gibt).


    Ich wünsche mir, dass sich alle Träger pro aktiv mit dieser Form der Leistungserbringung auseinandersetzen, um in Fällen, wo die Leistungserbringung im persönlichen Budget beantragt wird, adäquat reagieren zu können. Auch ich habe hier definitiv Nachholbedarf, das möchte ich nicht verschweigen.

  • Meine Erfahrungen mit den Krankenversicherungen sind da auch alles andere als positiv. Einerseits herrscht Unkenntnis aber andererseits auch eine gewisse Arroganz. Was wir da teilweise weitergeleitet bekommen ist erschreckend. Oft müssen die Klienten mehrmals Widerspruch einlegen und dann lange warten bis das bearbeitet wird und oft hilft nur Beistand durch Anwälte oder eine Klage vor den Sozialgerichten. Wir können halt auch erst einhaken wenn die Widersprüche letztendlich abgelehnt werden.

  • Wiebke Denner: Auf einem bundesweiten Austauschtreffen habe ich erfahren, dass bestimmte Gruppen chronisch erkrankter Studierender auch in Ihrem Bundesland Probleme hatten, trotz eindeutiger Diagnose und GdB Leistungen nach SGB9 als PB zu erhalten...Fehlende Unterstützung im Studienalltag von schwerbehinderten Studierenden führt bekanntermassen zu Studienabbrüchen und dann häufig in die Erwerbslosigkeitsspirale....Das Antrags und Bewilligungs Procedere sollte so einfach wie möglich, also am besten zentralisiert gestaltet werden.
    MfG ..

  • Liebe Rosa Nera,


    das glaube ich gern und Ihre Bitte nach einer zentralisierten Antragstellung kann ich nur unterstützen.


    Ansonsten habe ich leider keine ausgesprochene Expertise für die Teilhabe-/Unterstützungsbedarfe von Studierenden, da Studierende üblicher Weise nicht in unsere Zielgruppe fallen (gesetzliche Rentenversicherung).

  • Ich sehe kein Problem darin, einen Antrag auf ein trägerübergreifendes persönliches Budget ordentlich und respektvoll gegenüber der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu bearbeiten, auch wenn man die anderen Leistungsträger nicht kennt. SGB IX klärt doch ziemlich genau, was wann zu tun ist.
    Der Sachbearbeiter der Pflegekasse erachtete es aber noch nicht einmal für nötig, uns die TeilnehmerInnen der Budgetkonferenz zu nennen (wir mussten nachfragen). Er unterließ es, die Moderation und das Protokoll für die Budgetkonferenz zu klären. Und gleich zu Beginn der Budgetkonferenz sagte er, dass die Pflegekasse ja eh nur 901 Euro zahlen werde, so dass er hier eigentlich kaum beteiligt sei.
    Die von mir versandte Muster-Zielvereinbarung wurde negiert, statt dessen hinter unserem Rücken eine Zielvereinbarung mit den anderen Leistungsträgern ausgetauscht und uns erst ganz zum Schluß fertig per Post zugesandt. Wir sollten das umgehend unterschreiben, sonst würden wir die Leistung verzögern. Das war ein Vogel-friß-oder-stirb-Moment.
    Wir haben diese Zielvereinbarung nicht akzeptiert, die unhaltbaren Passagen korrigiert und drei Monate lang versucht, dem Herrn von der sehr großen Pflegekasse (ich vermeide den Superlativ) die Idee des Persönlichen Budgets zu erklären (mit Zitaten aus dem Büchern von Prof. Wansing und Prof. Welti!). Sinnlos! Man blieb bei der kleinteiligen misstrauischen Haltung, bei der nicht die Ziele sondern jeder Cent mit umfangreichen monatlichen Darlegungspflichten geprüft werden sollte. Die anderen Leistungsträger konnten sich dabei hinter der großen Pflegekasse verstecken. Das war die "Zusammenarbeit" der Leistungsträger GEGEN die Antragstellerin.

  • Ist es nicht auffallend, des auch hier viele Forum Schreiber, über einen höheren Bildungsabschluss verfügen und trotzdem sich über die Probleme (bei der Anerkennung usw) beschweren.
    Was ist mit den Schwerbehinderten die sich nicht wehren können gegen eine Willkür?
    Sind wirklich diese Menschen in der Unterzahl? Oder ist es nicht erschreckend, wenn selbst Leute mit einem höheren Bildungsabschluss, Probleme mit dem Erhalt ihrer Leistungen haben?
    Vielleicht ist durch das neue Gesetz etwas besser geworden. Vielleicht auch durch die Zusammenarbeit der einzelnen Stellen.
    Und doch ist es auffallend, wenn Organisationen wie der VDK immer mehr Mitglieder bekommen, obwohl allen Menschen, gleiche Rechte im Grundgesetz garantiert werden. Die Mitgliedschaft ist noch nicht einmal kostenlos.
    Also ich habe den Eindruck des vieles im argen liegt und für Selbstlob die Zeit noch viel zu früh ist. ?( :(

  • Das ist wirklich erschreckend, da stimme ich Ihnen zu. Ich habe einige Fälle bearbeitet, in denen sich Probleme zwischen den Trägern ergeben haben. Ich habe dabei selbst ein Problem damit, wenn ich sehe, dass eine Betroffene/ein Betroffener offensichtlich zum Spielball der Träger wird und ihr/ihm einfach nicht geholfen wird. Mit meinen Bemühungen, die anderen Träger zu "aktivieren" bin ich häufig ins Leere gelaufen.


    Wenn man sieht, dass selbst die "Betroffenen mit höherem Bildungsabschluss" vor die Wand laufen, möchte man sich gar nicht vorstellen, wie es bei denjenigen aussieht, die nicht die Energie und/oder die kognitiven Fähigkeiten haben, entsprechend für Ihre Rechte einzustehen.

  • Eine vergleichbare besondere Rolle Wie die Unfallversicherungsträger nehmen die Träger der Eingliederungshilfe ein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine verbesserte systematische Zusammenarbeit der anderen Rehabilitationsträgern mit den Trägern der Einführungshilfe für beide Seiten, insbesondere jedoch die Leistungsberechtigten beziehungsweise die Versicherten außerordentlich nutzbringend wäre. Leider sind mir solche Formen systematischer Kooperation zwischen den Träger der Eingliederungshilfe und im übrigen Rehabilitationsträgern bisher nicht bekannt geworden.

    Im Verfolgen der Diskussionsbeiträge wird mir deutlich, welch zentrale Rolle eine "systematische Kooerperation zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und den übrigen Rehaträgern", wie es Herr Schmitt-Schäfer formuliert, ist. Dabei kann es nicht von einem Bildungsstand oder andern personbezogenen Faktoren (ICF) abhängen, ob ein Betroffener die angemessene Unterstützung erhält oder nicht. Auch wir als Leistungsträger stehen seit einiger Zeit immer wieder vor dem Problem, dass die Jugendhilfe im Bereich der Unterbringung von jungen Menschen mit seelischer Behinderung und die Agentur für Arbeit (Teilhabe am Arbeitsleben) nicht Hand in Hand arbeiten. Das heißt konkret, dass die Verbindung von heilpädagogischem Wohnen für minderjährige oder junge Volljährige und die Teilnahme an einer beruflichen Maßnahme nicht mehr problemlos in Form eines Kostensplittings möglich ist. Die Leistungsträger stellen gegenseitig Erstattungsansprüche mit der Folge, dass nicht gemeinschaftlich (Teilhabeplanung) nach dem Bedarf des Betroffenen jungen Menschen entschieden wird, sondern nach dem jeweiligen Leistungskatalog des Rehaträgers. Das dies vollkommen entgegeben der Philosophie von Teilhabe nach dem BTHG ist, ist offensichtlich. So erging noch am 02.12.2020 ein gewichtiges Urteil des Verwaltungsgerichts München zur Kostenzuständigkeit der Agenturen für Arbeit und der Jugendämter. Erfreulich ist, dass sich die strittigen Parteien auf Veranlassung durch die Berufsbildungswerke und unter Moderation durch das Bayerische Sozialministerium in Fachgesprächen zu dieser schwierigen Situation austauschen. Es bleibt zu hoffen, dass dies im Sinne der Betroffen zu einer guten Kooperation führt.

  • Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine verbesserte systematische Zusammenarbeit der anderen Rehabilitationsträgern mit den Trägern der Einführungshilfe für beide Seiten, insbesondere jedoch die Leistungsberechtigten beziehungsweise die Versicherten außerordentlich nutzbringend wäre. Leider sind mir solche Formen systematischer Kooperation zwischen den Träger der Eingliederungshilfe und im übrigen Rehabilitationsträgern bisher nicht bekannt geworden.

    Das ist so und es ist nach § 25 Abs. 2 SGB IX und § 94 SGB IX auch im Gesetz angelegt. Die Länder müssten die Träger der Eingliederungshilfe zu dieser regionalen Zusammenarbeit verpflichten. Die Verbände und Behindertenbeauftragten in der Ländern müssen mehr darauf drängen, dass dies eingelöst wird. Insbesondere bei den Kranken- und Pflegekassen fehlt es oft an regional ansprechbaren Personen und Strukturen. Das wäre jedenfalls für die Pflege nach § 7a Abs. 3-7 SGB XI durch gemeinsame Strukturen der Pflegekassen auf Landesebene zu regeln. Die verantwortlichen Aufsichtsbehörden in Bund und Ländern und die Selbstverwaltungsorgane der Kranken- und Pflegekassen müssten dies nachhalten, ebenso die Verbandsvertreter z.B. im Qualitätsausschuss nach § 113c SGB XI.

  • Ich möchte im Rahmen dieser Diskussion auf einen weiteren Aspekt der trägerübergreifenden Zusammenarbeit hinweisen:
    Bei unserer Budgetkonferenz wollten die Kostenträger immer wieder wissen, welcher Prozentsatz der Assistenzleistung auf Eingliederungshilfe und welcher auf Hilfe zur Pflege enthält. Dies entsprach der organisatorischen Logik der Verwaltung, die bis auf den Cent genau ausrechnen möchte, welche Abteilung welchen Anteil an der Budgetleistung überweisen muss.
    Entsprechend haben wir minutengenaue (!) Vorgaben erhalten, wieviele Stunden am Tag mit einer Pflegekraft und wieviele Stunden mit einer Eingliederungshilfe und wieviele Stunden davon wiederum mit unqualifizierten Kräften besetzt werden können.
    Aktuell erhalten wir ja nur einen Vorschuss. Dieser setzt sich dann auch aus unterschiedlichen Teilen zusammen. Die Vorschuss- Bewilligungsbescheide kamen auch von zwei Absendern (zeitverzögert).
    Für mich bedeutet dies, dass die alte Logik "hier Eingliederungshilfe - dort Hilfe zur Pflege - und dort drüben Pflegegeld" noch nicht aufgelöst ist.