Frage: Können bei einem bewilligten PB die laufenden Zahlungen eigestellt weden, nur weil über die Höhe der Geldzahlungen (Bedarfe) unterschiedliche Auffassungen bestehen? Was würde hier weiterhelfen, gegenüber der Verwaltung, bis ein Gericht entschieden hat?
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Mit dem Bewilligungsbescheid (Verwaltungsakt) wird ja geregelt, in welcher Höhe das PB geleistet wird. Entweder ist dies unmittelbar ausgeführt oder es wird Bezug auf die Zielvereinbarung genommen. Dieser Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X).
Kurz: Die Verwaltung hat ihre Ansicht über die Höhe der Geldzahlungen final mit dem bewilligenden Verwaltungsakt kund getan und ist nach dessen Bekanntgabe an diesen gebunden, solange er wirksam ist.
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Hallo,
ergänzend dazu kann noch angeführt werden, dass das PB auch in Form von Gutscheinen erbracht werden kann - manchmal gibt es ja auch Leistungsberechtigte, die mit Geld nicht so gut umgehen können oder bei denen absehbar ist, dass sie bei reinen Geldleistungen auf eine Budgetassistenz angewiesen sein werden.
Die Variante Gutschein bedeutet allerdings für den Leistungsträger immer auch einen "Mehraufwand" und wird nicht so gerne gesehen, was natürlich Menschen mit psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen benachteiligt (insbesondere diejenigen im Bereich Sucht, denn da ist es immer etwas fraglich, ob man hier Betrag X am Anfang des Monats aufs Konto überweisen kann/sollte - sorry, ja ich habe realitätsgeprüfte Vorurteile, aber deshalb sollte man den Personenkreis nicht vom PB ausgrenzen!). -
Ja, Sie haben völlig Recht: Niemand sollte von der Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets ausgegrenzt werden. Aber ist das wirklich so? Das Thema "Budgetassistenz" für alle, die es weder selbst organisieren noch abrechnen können (zwei Themen) sollten wir hier auch noch einmal erörtern. Die ist nämlich kein Selbstgänger und in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Von "einheitlichen Lebensverhältnissen" sind wir weit entfernt...
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Hallo Frau Ehrhardt,
bzgl. der Budgetassistenz bin ich innerlich noch sehr gespalten und dies gleich mehrfach.
Einerseits werden da Aufgaben übernommen, die einerseits durch die rechtlichen Betreuer abgesichert werden sollten (Baustelle 1), andererseits haben wir in der Praxis oftmals das Phänomen, dass Leistunsgerbringer Teile von diesen Aufgaben über fachleistungen abdecken (Baustelle 2) und rittens noch diese neuen Budgetagenturen, die m.E. - zumindest wie das in Teilen aufgezogen wird - schlichtweg verboten gehören (Baustelle 3).
Regelt ein Betreuer im Rahmen seiner Aufgaben den Bereich, erhält er - m.W. - nichts vom Leistungsträger. "Bezahlt" wird er nur über seine Fallpauschale - irgendwie mittlerweile 55€ die Stunde, allerdings sind die Stundensätze gedeckelt dahingehend wie lange er die Betreuung hat (könnte es raussuchen, spare mir das aber - unterste Stufe sind 2 Stunden im Monat).
Die Baustelle 2 haben wir im Betreuten Wohnen schon Jahre lang offen: Was ist Aufgabe des BW und was des Betreuers. Übernimmt das BW dies, dann fällt der Kostensatz für eine Fachleistung an - der ist zwar beim PB etwas reduziert, aber liegt bei uns immer noch über 60€/Stunde. Aufgabe des Betreuers ist ja auch, den betreuten unabhängig von Hilfe zu machen - dies kann er aufgrund der Stundendeckelung nicht und kompensatorisch agiert nun die Fachkraft, die erstens in Summe höher vergütet wird und zweitens durch die EGH zu zahlen ist. Über Marx wurde gesagt, dass er Hegel auf die Füße gestellt habe - sowas fällt hier an dieser Schnittstelle auch noch...
Bausstelle 3: Ich hatte schon einige Anträge, in denen solche Budgetagenturen involviert waren - und da bekomme ich echt Zahfleischbluten beim Lesen. Sorry, eine Agentur die 500km weit weg ist, wo keinerlei Kontakt zu den Antragstellern möglich ist außer fernmündlich oder via (E-)Post und die dann - ohne Leistungserbringer an der Hand zu haben (woher auch, die kennen sich ja nicht aus) und die dann minutiös ausrechen, was die Leistunsgerbringung kostet und dann mal knapp 280 Stunden jährlich (also round-about eine Viertelstelle - wohlgemerkt für eine Person!) für die Budgetassistenz aufrufen, da geht mir alles ab.
Kompliziert wird die Sache noch dadurch, dass nicht klar ist, was der Inhalt der Budgetassistenz ist/sein soll - ist das nur die reine Abrechnung (daran orientiert sich zumindest die Bemssung des Stundensatzes bei uns) oder sind da auch Aufgaben, die etwa die Anleitung der Assistenzkräfte, deren Akquise, etc. betreffen....VG
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Sehr geehrte Hr. Michael, sehr geehrte Frau Ehrhardt,
Ich würde ersteinmal nicht prinzipiell davon ausgehen, dass Menschen, die eine Budgetassistenz benötigen immer Menschen sind die auch eine rechtliche Betreuung benötigen. Ich glaube, dass eine Budgetassistenz eine rechtliche Betreuung verhindern kann. Der Umstand, dass man*frau nicht mit Geld klarkommt, rechtfertigt keine rechtliche Betreuung. Jede andere Hilfe, die eine Betreuung (Einschränkung der Persönlichkeitsrechte) unnötig macht, ist gesetzlich umzusetzen (Erforderlichkeitsgrundsatz). Ich finde die Mitarbeitnden von Leistungserbringern können, wenn sie im Teilhabeplanverfahren dementsprechend beauftragt sind, diese Aufgaben übernehmen können. es ist wichtig, das die Nutzer*innen von Unterstützungsleistungen selbstbestimmt entscheiden, wer sie im persönlichen Budget begleiten.
Ich arbeite oft mit dem Akse e.V. zusammen, die neben der Unterstützung in der Budgetbeantragung auch Budgebgleitung machen und das super gut (laut Nutzerbewertung)! Sie bieten dieses Angebote auch über viele Kilometer an. Bei der Budgetassistenz handelt es sich überwiegend um eine "kaufmänische" Unterstützungsleistung. Das persönliche Budget steht auch für Autonomie, die im Sinne der UN-BRK. Ich finde keine Nutzer*in solte dementsprechend ausgeschlossen werden. Ich bedauere (meine Erfahrung) das die Umsetzung des persönlchen Budget in den Bundesländern so unterschiedlich gehandhabt wird. Würde mich freuen, wenn auf der Bundesebene noch klarere Vorgaben gemacht werden. -
Liebe Mitdiskutierende,
das sind alles gute und wichtige Aspekte.
Ich muss gestehen, dass ich "Budget-Agenturen" nur vom Hörensagen kenne. Das liegt vielleicht daran, dass die Leistungsträger, die ich besser kenne, die Organisation des Budgets nicht "on top" zahlen, dann ist es ja nicht attraktiv. Oder?
Was macht denn eine Budgetassistenz konkret? Sucht/organisiert sie die Assistenzen, auch Vertretungen, kümmert sich um die Verträge? Sorry meine Unwissenheit, die vielleicht (eher sicher) daran liegt, dass wir in BaWü auch nicht an der Spitze der Entwicklung, oder wie Michael schreibt, der Fehlentwicklung sind.Für mich wichtig: ALLEN Leistungsberechtigten muss ermöglicht werden, eine budgetfähige Leistung als PB zu erhalten. Wem das behinderungsbedingt nicht möglich ist, braucht zusätzliche EGH, eben, um dies möglich zu machen. Das ist ja wohl auch die, erstmal gute, Idee der Budget-Assistenz.
Es darf nicht so sein, wie ich schon von einer MAin der EGH gehört habe: "Ja, mei, wenn der das nicht selbst organisieren kann, dann is das (das PB) halt nix für ihn."
Für mich hat das ganze noch immer viele Fragezeichen.
Klar ist mir nur:
1.) rechtliche Betreuer können es nicht machen (so wie Herr Künnecke schreibt, nicht jeder Leistungsberechtigte hat auch einen oder muss einen haben) - die würden sich auch bedanken, wenn man das erwartet.
2.) Wir brauchen bundesweit einheitliche Regelungen
3.) Wie überall braucht man Regelungen, die den Missbrauch und das bloße "Geschäftemachen" verhindern.
Soweit erst einmal von mir.
Schön, dass die Diskussion hier so gut in Gang kommt, auch wenn ich hier mehr Fragen aufgeworfen habe als Antworten geben konnte. -
Hallo Herr Künnecke,
danke für ihre Einwendungen. Inhaltlich haben sie natürlich vollkommen Recht, ich habe mich mit der Aussage mehr vom Faktischen als vom Rechtlichen leiten lassen. Mein Fokus war mehr auf die Personen mit kognitiven und seelisch-psychischen Beeinträchtigungen oder Abhängigkeitserkrankungen gerichtet. Erstgenannte Personengruppen hat in der Regel einen rechtlichen Betreuer, letztgenannte Personengruppe nicht unbedingt, allerdings hatte ich aus dem Bereich noch keinen Antrag auf ein PB vorliegen (wenn man Menschen mit ASS mal ausklammert, die bei uns unter psychische Beeinträchtigungen fallen...).
Was mir sehr gefällt, ist der Begriff der Budgetbegleitung - ich hatte erst unlängst einen "Fall", wo der Budgetassistent eigentlich das ganze Setting ausgebaut und koordiniert hatte und ich mich fragte, warum wir diese Leistung mit dem doch eher lächerlichen Satz für eine Budgetassistenz vergüten...
Da es so meine Art ist, habe ich natürlich auch etwas zu bekritteln: Natürlich braucht nicht Jeder, der nicht mit Geld umgehen kann einen rechtlichen Vertreter, dennoch würde ich die Betreuungsbehörde nur ungern außenvorlassen - denn genuiner Auftrag derselben ist es, die Installation eines solchen möglichst zu verhindern (ja, ich weiß, dass ist bisschen Wolkenkuckucksheim-Denke).
Dafür habe ich 3 Gründe anzuführen:
Erstens erschliesst es sich mir nicht, warum die Betreuunsgbehörden von dieser "Last" entbunden werden sollten und man die entsprechenden Tätigkeiten dann in die EGH abschiebt.
Zweitens habe ich auch Problem damit, dass diese Leistungen dann sehr unterschiedlich vergütet werden - die Budgetassistenz vergüten wir mit knapp 34€, der Betreuer wird mit max. 55€ vergütet, aber die Fachkraft mit über 60€ - und bei den Betreuern haben wir zudem noch eine Pauschalisierung, d.h. der reale Bedarf, resp. der Zeitaufwand für dessen Deckung wird nicht berücksichtigt...
Der 3. Grund ist die mangelnde Transparenz- oder die Loyalitistätsfrage, wenn Budgetassistenz und Leistungserbringung in einer Hand liegt.Ich bin nebenbei auch Case-Manager und ich fühle mich bei dem Konstrukt nicht wohl - zumindest dann nicht, wenn derjenige, der den Hut aufhat abhängig beschäftigt ist beim Leistungserbringer.
Grundsätzlich sollte das PB jedem zur Verfügung stehen, da stimme ich ihnen zu, leider habe ich Bedenken hinsichtlich der derzeitigen Ausgestaltung...@ Frau Ehrhardt:
- Bzgl. Punkt 1: meine Anmerkungen oben beantworten meinen Standpunkt wohl
- Punkt 2: Jein, ich brauchen Minimalstandards, die die Bundesländer gerne auch überschreiten dürfen - wenn wir an dem Punkt auf "Lösungen" warten, dann Tick-Tack-Tick-Tack. Verschiedene Modelle müssen erprobt und wissenschaftlich ausgewertet werden (eine entsprechende Verpflichtung könnte man bundeseinheitlich regeln, wenn man denn wollte...)
- Punkt 3: Wo kann ich dafür unterschreiben? Ich bin dabei!
VG Michael
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Frage: Können bei einem bewilligten PB die laufenden Zahlungen eigestellt weden, nur weil über die Höhe der Geldzahlungen (Bedarfe) unterschiedliche Auffassungen bestehen? Was würde hier weiterhelfen, gegenüber der Verwaltung, bis ein Gericht entschieden hat?
Der Antwort von MFriedrichsen schließe ich mich an und ergänze: Wenn die Verwaltung aus einem wirksamen (nicht wirksam zurückgenommenen - §§ 44, 45 SGB X- , aufgehobenen - § 48 SGB X - oder widerrufenen - §§ 46, 47 SGB X - ) Verwaltungsakt Zahlungen nicht leistet, auf die der Verwaltungsakt einen Anspruch aber enthält, ist die sog. reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG gegeben. Man kann und muss direkt auf die Leistung klagen. Ein Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) ist nicht erforderlich. Ggf. ist auch ein Eilverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG möglich. Dann muss beantragt werden, dass das Sozialgericht die Behörde auf dem Wege der eisntweiligen Anordnung verpflichet, die Zahlungen aus dem Verwaltungsakt zu leisten. Das kann sehr fix gehen.
Grund dafür ist die Asymmetrie im Verhältnis Verwaltung - Bürger: Die Behörde kann aus einem Verwaltungsakt gegen den Bürger vollstrecken, nicht aber umgekehrt.