Gemeinsame Wahl: Wer darf laden zur Wahlversammlung?

  • Hallo zusammen,
    bisher waren zwei Betriebe für die Wahl der SBV zusammengefasst. Nun soll ein dritter Betrieb in der Nähe dazukommen. Darf dann eigentlich einer von den drei Betriebsräten zu der gemeinsamen Wahlversammlung einladen nach § 19 Absatz 2 SchwbVWO, obwohl er nur für einen und nicht für alle Betriebe zuständig ist? Oder darf keiner dieser örtlichen Betriebsräte einladen, weil keiner für den gesamten Wahlbezirk zuständig ist? Danke!


    http://www.gesetze-im-internet.de/schwbwo/__19.html

  • Es ist aus meiner Sicht zu Begrüßen, dass nicht wahlfähige Betriebe für die SBV Wahl zusammengefasst werden können (§ 177 Abs.1.4 SGB IX). Der Arbeitgeber entscheidet im Benehmen mit dem zuständigen Integrationsamt über dieses Vorhaben. Der Arbeitgeber ist hierbei nicht an die Stellungnahme des Integrationsamtes gebunden.


    Eine zusätzliche Besonderheit sind auch die Sonderformen der Betriebsstruktur (§ 3 BetrVG). Diese Gemeinschaftsbetriebe wirken dann 1:1 auch bei der SBV Wahl (BAG 10.11.2004 - 7 ABR 17/04)


    Wenn nun aber zur Zeit schon/noch eine SBV im Amt ist, lädt diese zur Wahlversammlung ein.

  • Die Frage von Wolfgang spricht ein wichtiges Thema vor allem für kleinere Betriebe an. Betriebe mit weniger als 5 Wahlberechtigten können zusammengefasst werden, auch mit einem räumlich nahen größeren Betrieb, so dass auf diese Weise eine SBV-Wahl ermöglicht wird. Über diese Zusammenfassung entscheidet - das ist ein Ausnahmefall im Wahlrecht der Interessenvertretungen - der Arbeitgeber. Erst wenn diese Entscheidung vorliegt, kann die Wahl eingeleitet werden. Das wird dann regelmäßig eine Wahl im vereinfachten Wahlverfahren sein. Das Recht zur Einladung ergibt sich dann - wie Wolfgang geschrieben hat - aus § 19 Abs. 2 SchwVWO, denn in diesem "zusammengefassten Betrieb" gibt es ja noch keine SBV. Da es im BetrVG eine solche Zusammenfassung nicht gibt, kann der "zusammengefasste Betrieb" mehrere Betriebsräte haben. Hier hat jeder Betriebsrat das Einladungsrecht, denn die Regeln der Zusammenfassung sollen die SBV-Wahl erleichtern und nicht erschweren.
    Ich stimme dem Hinweis von Nils Bolwig auf § 3 BetrVG völlig zu. Wir haben seit 2001 im BetrVG Regeln zur Bildung geeigneter "Wahlbezirke", die nicht einseitig vom Arbeitgeber entschieden werden. Das passt besser zum Wahlrecht der Interessenvertretungen. Wenn eine solche Vereinbarung nach § 3 BetrVG besteht, gilt sie auch für die SBV-Wahl und geht den Regeln der "Zusammenfassung" vor.

  • Betriebe mit weniger als 5 Wahlberechtigten können zusammengefasst werden, auch mit einem räumlich nahen größeren Betrieb, so dass auf diese Weise eine SBV-Wahl ermöglicht wird.


    Ist das mit (maximal?) einem größeren Betrieb wörtlich zu nehmen? Denn in einer ganzen Reihe von SGB IX-Kom­men­ta­ren wird die weite Ansicht vertreten, dass generell auch mehrere größere Betriebe in eine Zu­sam­ti­men­fas­sung zu einem Wahlbetrieb mit ein­be­zo­gen werden könnten, obwohl selbst wahlfähig mit jeweils minndestens fünf Wahlberechtigten (z.B. Hohmann in Wiegand, SGB IX, § 94 Rn. 90 mit zahlreichen Quellen). Dies ergebe sich aus BVerwG vom 08.12.1999.


    Das vermag ich nicht aus diesem Beschluss ab­zu­lei­ten. Wie wird das im Forum gesehen? Welchen Sinn und Zweck sollte das wahlrechtlich haben, örtliche Schwerbehindertenvertretungen zu dezimieren per Zusammenfassung, etwa 4+8+40 ? Halte das für nicht erforderlich bzw. für unzulässige Zweck­ent­frem­dung entgegen verbreiteter Meinung im Fach­schrift­tum.


    BVerwG, 08.12.1999 - 6 P 11.98
    http://tinyurl.com/BVerwG-6-P-11-98

  • Ich habe bewusst in meinem letzten Beitrag geschrieben, dass die Zusammenfassung mir "einem" größeren Betrieb möglich ist. In einigen Kommentaren steht das anders, aber nicht in dem viel zitierten Beschluss des BVerwG vom 8.12.1999 - 6 P 11/98:
    "Da der Gesetzgeber durch die Möglichkeit der Zusammenfassung erreichen will, daß möglichst weitgehend örtliche Schwerbehindertenvertretungen gebildet werden, ist nicht zu verlangen, daß die andere Dienststelle, mit der die Zusammenfassung erfolgt, ebenfalls die Mindestvoraussetzungen für die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung nicht erfüllt "


    Dort geht es um eine "andere" Dienststelle, die größer ist. Wenn dagegen die Zusammenfassung mehrer "größerer" Dienststellen ermöglicht wird, wird der auch vom BVerwG hoch gehaltene Grundsatz der "weitgezhend örtlichen Schwerbehindertenvertretung" mißachtet. Außerdem ist die Zusammenfassung, bei der Arbeitgeber über die wichtige Frage des Wahlbezirks entscheidet, eine Ausnahme im Wahlrecht der Interessenvertretungen, bei der die Beschäftigten die maßgebliche Instanz sind.
    JUnabhängig von der Frage der Zusammenfassung ist es wichtig, dass im Vorfeld der SBV-Wahlen gerade von Betriebsräten und Personalräten geklärt wird, wo noch "weiße Flecken" ohne SBV bestehen, damit von der Einladung nach § 19 Abs. 2 SchwbVWO Gebrauch gemacht werden kann.